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Wenig Freude am Sparen

Der anhaltend günstige Ölpreis freut die Verbraucher. Sie sparen Heiz- und Kraftstoffkos­ten und haben das Geld für andere Konsumgüter oder Reisen zur Verfügung. Die Heizungsindustrie dagegen hat das Nachsehen.

 

Insbesondere der Bereich der Erneuerbaren Energien lahmt regelrecht – und das schon seit gut zwei Jahren. Die deutlich erhöhten finanziellen Förderungen des Marktanreizprogramms zeigen (zu) wenig Wirkung. Der Solarthermiemarkt bleibt weiterhin hinter den Erwartungen zurück. Regelrecht düster sieht es im Segment der Pellet-Kessel aus, die ja gerade im Bestand häufig als Ersatz für Ölkessel verbaut werden. Der Markt musste in den vergangenen Jahren bereits zweistellige prozentuale Rückgänge hinnehmen und auch in diesem Jahr – so scheint es – wird sich die Talfahrt fortsetzen.
Wir erinnern uns: Zu Zeiten teurer Brennstoffpreise wurden Hybridanlagen in den Markt eingeführt, die ein Maximum an Erneuerbaren Energien nutzen und ein Minimum an fossilen Energieträgern verbrauchen. Ob Öl, Holzscheit und Solar, Pellet und Wärmepumpe oder Gas und PV. Beinahe jede Kombination ist möglich. Doch diese hochentwickelte Technologie hat eine Schattenseite: die hohen Kosten. Welcher Verbraucher – abgesehen von den Technikfreaks – ist derzeit noch willens, bis zu 25.000 Euro in eine umfassende Heizungsmodernisierung zu stecken, wenn sich der Öltank vergleichsweise günstig auffüllen lässt und auch Gas zu moderaten Preisen aus dem Versorgungsrohr strömt? Und ob die jüngst von der OPEC angekündigte Drosslung der Öl-Fördermenge den Ölpreis dauerhaft nach oben katapultiert, bleibt erst einmal abzuwarten.
Eine Amortisation innerhalb von 20 Jahren ist heute jedenfalls kaum ein schlagendes Verkaufsargument mehr. Und mit attraktiven Förderungen allein kann man den Verbraucher auch nicht zum Vertragsabschluss bewegen. Insbesondere die Biomassehersteller fahren deshalb inzwischen besondere Verkaufsaktionen: Rabatte auf Kessel, Brennstoffgutscheine oder Tablets. Ob derartige Maßnahmen den Absatz tatsächlich nachhaltig ankurbeln?
In Gesprächen mit Fachhandwerkern hören wir immer wieder, dass derzeit der 1 : 1-Austausch im Schadensfall für Geschäft sorgt. Alter Kessel raus, neuer rein. Umfassende Sanierungskonzepte mit Erneuerbaren dagegen kaum Nachfrage finden. Bewährter Brennwert statt hochmoderner Hybrid. Stellt sich die Frage: Liegt es nur am billigen Brennstoff oder wirkt die immer komplexer werdende Heizungstechnik vielleicht sogar abschreckend auf den Verbraucher? Ist es gerade angesichts billiger Brennstoffpreise notwendig, die Systeme einfacher und damit konkurrenzfähig zu halten?
In der Automobilbranche sind Technologiesprünge jedenfalls das sprichwörtliche Salz in der Suppe. Je mehr Innovationen, desto besser. Und der von einem großen Konzern getätigte Werbespruch „Freude am Fahren“ gilt heute mehr denn je. „Freude am Sparen“ wäre ein auf die Heizungsbranche übertragbarer Slogan. Doch (insbesondere) billiges Öl macht wohl auch diesem Ansinnen einen Strich durch die Rechnung. Dem Fachhandwerk kann’s derweil egal sein. Die Auftragsbücher sind vielfach gut gefüllt – mit Sanitärarbeiten. Das Nachsehen hat die Heizungswirtschaft. Und die Umwelt. Denn mit den derzeitigen Austauschzahlen lässt sich eine Wärmewende nicht realisieren.

Markus Sironi
Chefredakteur
m.sironi@strobel-verlag.de

 


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