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Überrascht und irritiert…

… war ich vor einiger Zeit, als meine Frau mir beim Abendessen nebenbei erzählte, dass der Schornsteinfeger den Zug für den Kaminofen gereinigt hatte.

 

Überrascht deshalb, weil er dafür keinen Auftrag besaß und seine beiden Mitarbeiter wie in guten alten (Monopol)Zeiten losgeschickt hatte. Ein einfaches „wir kommen, um den Kamin zu fegen“ reichte den Vertretern der schwarzen Zunft aus, Einlass gewährt zu bekommen. Auf die Frage, warum Geselle und Lehrling überhaupt ins Haus gelassen wurden, bekam ich zur Antwort: „Das ist doch der Schornsteinfeger, den muss man reinlassen“. So einfach ist das also. Das nennt man wohl Haustürgeschäft nach dem Wegfall des Schornsteinfegermonopols.
Vor dem Hintergrund, dass derzeit bundesweit falsche Schornsteinfeger Kunden abzocken und sogar ausrauben, machte sich bei uns an dem Abend durchaus eine gewisse Verunsicherung breit. Nach Aussage des Bundesverbandes der Schornsteinfeger kündigen sich Schornsteinfeger grundsätzlich an und erscheinen nicht ohne Termin beim Kunden. In unserem Fall war es anders. Dass das Betreten einer Wohnung unter dem Vorwand der Wahrung hoheitlicher Aufgaben einem Hausfriedensbruch gleichkommt, sei nur am Rande erwähnt. Zu erwähnen sei noch, dass uns der Bezirksbevollmächtigte einige Monate vorher bereits ein Angebot über Kehrarbeiten und diverse weitere Leistungen zugeschickt hatte. Dieses hatten wir nicht angenommen, weil keine Preise zu den aufgeführten Leistungen enthalten waren. Offensichtlich sind die Spielregeln der Marktwirtschaft in dieser Branche nicht überall angekommen.
Gegen allgemeine Spielregeln verstößt regelmäßig auch der Internethändler Reuter. Zum wiederholten Male stellt er in provokanten Anzeigenmotiven in verschiedenen regionalen und überregionalen Tageszeitungen den dreistufigen Vertriebsweg als überteuert und unseriös dar. Diesmal wird scharf gegen den Großhandel geschossen. Aussagen wie „Der Handwerker macht die Arbeit und ich das Geld“ oder „Denn falls Hersteller und Großhändler sich abstimmen, zahlen Verbraucher und Installateure drauf“ sind wohl den aktuellen kartellrechtlichen Ermittlungen gegen einige Fachgroßhändler geschuldet. Wir erinnern uns: In einer früheren Kampagne hatte der Online-Händler das Handwerk an den Pranger gestellt. Das war allerdings vor dem Start des Reuter-Profishops, mit welchem man dem Handwerk nun den Rücken stärken will (siehe Standpunkt in Heft 6/2013). Was kommt wohl als Nächstes? Wie dem auch sei. Werbebotschaften wie diese richten sich gegen die gesamte SHK-Branche und bergen durchaus die Gefahr, dass die Profi-Vertriebsschiene in der Gunst der Kunden aufs Abstellgleis gerät. Fairer Wettbewerb sieht jedenfalls anders aus.
Gegenüber der Redaktion äußerten einige Innungsfachbetriebe ihren Unmut über die Diffamierung durch Reuter und forderten eine passende Reaktion seitens der SHK-Organisation. Ob‘s das bringt? Jeder Unternehmer hat es in der Hand, seine Kunden davon zu überzeugen, dass die Vergütung für seinen Auftrag – und dazu gehört im Gegensatz zum reinen Verkauf eben auch Beratung, Planung und Bau – angemessen ist. Stichwort Kundenzufriedenheit. Für mich das beste Argument gegen spitzfindige Kampagnen à la Reuter.

Markus Sironi
Chefredakteur
m.sironi@strobel-verlag.de

 


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