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Wir schaffen auch das - Das 4-Schichten-Modell – ein nützliches Instrument zur Bewältigung der Energiewende

Mit der eingeleiteten Energiewende vollzieht sich ein tiefgreifender Umbruch in der Stromversorgung, der in vergleichsweise kurzer Zeit zu bewältigen ist. Mit dem Umstieg auf Erneuerbare Energien gerät das alte, bisher durchaus erfolgreiche nuklear-fossile System mit zentraler Energiebereitstellung über das öffentliche Stromnetz zunehmend zum Auslaufmodell. Die an ihre Stelle tretenden neuen Energiequellen verfügen über gänzlich andere Eigenschaften, die neuartige technische Lösungen verlangen. Dabei werden vielfältige Ansätze verfolgt, die in ganz unterschiedlichen Bereichen liegen. Es entsteht allerdings der Eindruck einer gewissen Unkoordiniertheit der Maßnahmen, die einer zügigen Umsetzung nicht förderlich ist.

Das 4-Schichten-Modell.

 

Eine mögliche Abhilfe bietet ein struktureller Rahmen, der eine vergleichsweise klare Gliederung mit definierten Teilzielen und Zuständigkeiten bietet und in den sich die verschiedenen Teillösungen einordnen lassen. Dazu wird folgender Vorschlag unterbreitet:

Das 4-Schichten-Modell

Zur Beschreibung der mit der Energiewende verbundenen Aktivitäten wird die Einführung eines aus 4 Schichten bestehenden Modells vorgeschlagen, dessen Gliederung aus Bild 1 hervorgeht.
In jeder dieser Schichten soll eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern möglichst sicher mit Energie versorgt werden, die weitgehend aus eigenem Aufkommen stammt und deren Quellen zunehmend natürlicher Art sein sollen. Damit einher geht das Zurückdrängen der Energieerzeugung aus atomaren und fossilen Quellen. Zwischen den einzelnen Schichten können bedarfsweise Kopplungen der Netze bestehen, was durch die gestrichelten Pfeile angedeutet wird. Die nach unten gerichteten Pfeile symbolisieren dabei die (möglichst gewinnbringende) Übertragung von über den Eigenbedarf hinaus gehender selbst erzeugter Energie. Die nach oben gerichteten Pfeile sollen hingegen die Möglichkeit des Energiebezugs andeuten, welcher vor allem in Mangelsituationen in Anspruch genommen werden kann. Auf diese Weise soll die Versorgungssicherheit der Inselnetze gewährleistet werden.
Die rechtsseitig angeordneten Doppelpfeile entgegengesetzter Richtung verweisen  auf über die Schichten hinweg bestehende Tendenzen. So erhöht sich die Anzahl der in den einzelnen Schichten angesiedelten Inselnetze nach oben hin, während im Gegenzug die Größe der Netze abnimmt.
Im Weiteren wird schichtweise die Ausstattung der Inselnetze näher erläutert.

Schicht 1: Individual- bzw. Bürgernetze

Die in zunehmender Anzahl errichteten Individual- bzw. Bürgernetze folgen einer Tendenz zur Dezentralisierung der Energieversorgung und stellen in gewisser Weise ein mit der Energiewende eingeführtes Novum dar. Hierbei handelt es sich um kleinteilige Inselnetze, welche die benötigte Energie aus regenerativen Quellen weitgehend selbst erzeugen und überwiegend zum Eigenverbrauch nutzen.
Als Objekte eignen sich Ein- und Mehrfamilienhäuser, Wohnanlagen von Genossenschaften, aber auch öffentliche Gebäude, Hotels, Banken, Gewerbeimmobilien und besonders auch landwirtschaftliche Betriebe. Die Orientierung auf Energielösungen bezogen auf Gebäude resultiert aus der Erkenntnis, dass laut einer Studie 40% des insgesamt erzeugten Stroms auf diese Konsumenten entfallen [1]. Solcher Art eingerichtete energieautarke Mininetze auf der Basis EE können das öffentliche Netz wesentlich entlasten und zugleich einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten. Dieser Beitrag erhöht sich mit der Anzahl der sich beteiligenden Systeme.
Die Erstellung solcher Inselnetze gründet sich auf private Initiativen von Einzelpersonen, Bürgervereinigungen oder Investoren, deren Motivation ihrem Umweltbewusstsein, dem Bestreben nach Selbstständigkeit und/oder auch der Erzielung finanzieller Vorteile entstammen kann. Ein zusätzlicher Beitrag zur besseren Energieverteilung kann zusätzlich durch Verlagerung des Betriebs nichtzeitgebundener Verbraucher in Zeiten ungenutzten Energieangebots geleistet werden. Voraussetzung dafür ist die Kenntnis der aktuell bestehenden Lastsituation.
Die in solchen Mininetzen eingesetzte Energiequelle entstammt vorzugsweise PV-Anlagen, die auf dem Dach oder der Fassade der eigenen Gebäude installiert sind. Wegen der tageszeitlich und wetterabhängig schwankenden Intensität der solaren Strahlung werden Energiepuffer benötigt, um eine kontinuierliche Eigenversorgung zu gewährleisten. Die vorteilhafteste Form sind hier Stromspeicher, die in der eigenen Wohn- oder Gewerbe­immobilie an geeigneter Stelle aufgestellt werden [2]. In Erkenntnis der Bedeutung solcher technischer Lösungen wird die Installation von Solarstromspeichern in den Immobilien sogar noch staatlich gefördert [3]. Anstelle der mit mancherlei Nachteilen behafteten herkömmlichen Blei-Säure-Akkumulatoren kommen dafür vor allem Lithium-Ionen-Akkus und in neuerer Zeit auch Redox-Flow-Batterien zum Einsatz [4]. Im Bereich der Solarstromspeicher nimmt Deutschland eine Vorreiterrolle ein.
Bei Überangebot des selbst erzeugten Solarstroms wird ein Teil davon in das Netz der unterlagerten Schicht eingespeist, wobei die Abnahme garantiert und auch vergütet wird. Allerdings reduziert sich seit einiger Zeit der Vergütungssatz. Eine Ankopplung an das Fremdnetz erfolgt auch bei im Inselnetz auftretenden Störungen oder auch längerfristigem Mangel an selbst erzeugtem Strom, der nicht mehr aus eigenem Aufkommen ausgeglichen werden kann. In diesen Fällen wird der benötigte Strom von dort kostenpflichtig bezogen.
Der Umgang mit den vielseitigen Möglichkeiten der Angleichung des Energieangebots aus regenerativen Quellen und dem Stromspeicher sowie die geschickte Verteilung des Verbrauchs stellen gewisse Anforderungen an das Energiemanagement. Dieses liegt nun in den Händen des Eigentümers der Wohn- bzw. Gewerbeeinheit, welcher nunmehr sein eigener Energiemanager ist. Eine Entlastung bietet hier der Einsatz einer intelligenten automatischen Steuerung.

Schicht 2: Kommunal- bzw. Regionalnetze

Wie die Bezeichnung vermuten lässt, handelt es sich hier um Inselnetze mittlerer Ausdehnung. Dazu zählen insbesondere lokale Versorgungsnetze im Rahmen einer Gemeinde, einer Stadt oder Region. Eine Besonderheit stellen Gebiete mit hohem Eigenaufkommen an regenerativer Energie bei vergleichsweise geringem Verbrauch dar. Dazu gehören vor allem Kommunen in Küstennähe bzw. von. im offshore-Bereich errichteten leistungsstarken Windkraftparks.
Eine Besonderheit der hier betrachteten und sich weitgehend selbstversorgenden Netze besteht in der Möglichkeit einer verstärkten Nutzung eines Energiemixes. Die Energiegewinnung aus PV-Anlagen wird hier vor allem durch Beiträge aus Biogas- und Windkraftanlagen ergänzt.
Das möglicherweise eingesetzte Biogas kann je nach Art der lokalen Besonderheiten unterschiedlichen Quellen entstammen. In ländlichen Gemeinden wird solches Gas vor allem durch Vergärung landwirtschaftlich erzeugter Pflanzen, tierischer Ausscheidungen oder aus Deponien gewonnen. In den Städten sind hingegen Wasseraufbereitungsanlagen, in denen die anfallenden Klärschlämme vergoren werden, die hauptsächlichste Quelle für selbsterzeugtes Biogas. Das energiereiche Biogas ist nicht nur ein wichtiger Energieträger, sondern auch als vorteilhaftes Speichermedium bedeutsam. Das produzierte Gas lässt sich problemlos einlagern und kann bedarfsweise jederzeit verstromt oder auch zu Heizzwecken genutzt werden. Ein ähnlicher Effekt lässt sich auch mit der Wasserstoff-Technologie erzielen. Hier wird in Zeiten des Energieüberschusses Wasser auf elektrolytischem Weg in seine Komponenten Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten. Der so erhaltene Energieträger Wasserstoff kann dann beispielsweise in Röhrenspeichern oder Kavernen gespeichert und bei Bedarf unter Wasserbildung in Strom zurückverwandelt werden.
Zum Energiemix gehört insbesondere auch der aus Windkraft gewonnene Strom. Dieser bietet eine wirkungsvolle Ergänzung zur solaren Stromerzeugung, da die für den Betrieb von Windkraftanlagen verantwortliche Stömungsenergie vergleichsweise kontinuierlich und meist auch während der Nachtstunden zur Verfügung steht. Vor allem der ländliche Raum bietet trotz mancherseits bestehender Bürgerproteste weitreichende Möglichkeiten zur Errichtung von Windparks. Auch in städtischem Umfeld ist es Architekten gelungen, kleinere Windkraftanlagen von ggf. andersartiger Ausführungen in Gebäudeensembles zu integrieren, sodass eine urbane Nutzung dieser Energiequelle ebenfalls möglich erscheint.
Eine zentrale Rolle spielt nach wie vor die solare Stromerzeugung. Hier werden meist  großflächige PV-Anlagen eingesetzt, die in den Kommunen vorzugsweise auf Dächern von Schulen, Krankenhäusern, öffentlichen Gebäuden sowie Fabrikhallen installiert oder auch in die Fassaden  integriert sind. In ländlichen Gebieten wird ebenfalls in beträchtlichem Maß Solarstrom gewonnen, welcher vorzugsweise von den auf den Dächern von Stallungen und Lagerhallen landwirtschaftlicher Betriebe installierten Paneelen entstammt. Inzwischen findet man auch auf freiem Feld, Brachen oder ehemaligen Militärgeländen großangelegte sogenannte Solarparks.
Für den Ausgleich des trotz Energiemix noch verbleibenden Reststrombedarfs werden unterschiedliche Speichertechnologien genutzt. Dazu zählen die bereits genannten Gasspeicher sowie gegebenenfalls vorhandene Wasserkraftanlagen. Ein wichtiger Beitrag zur Energiespeicherung kann auch von der Elektromobilität geleistet werden. Dazu besteht die Möglichkeit, die in den Fahrzeugen enthaltenen Lithiumbatterien gesamtheitlich als virtueller Energiepuffer zu nutzen. Diese Batterien werden in Zeiten des Stromüberangebots, also vorwiegend während der Nachtstunden, geladen und die gespeicherte Energie in Zeiten erhöhten Bedarfs wieder entladen.
Mit der Ausweitung der Elektromobilität würde sich die Kapazität dieses virtuellen Speichers fortlaufend erhöhen. Die E-Mobilität kommt allerdings derzeit nur schleppend voran, wofür  unterschiedliche Gründe maßgebend sind. Neben dem vergleichsweise hohen Preis solcher Fahrzeuge fehlt es auch an einem hinreichend dichten Netz an Ladestationen. Hier könnten die Kommunen in Zusammenarbeit mit den Betreibern des öffentlichen Netzes die zügige Errichtung einer flächendeckenden Infrastruktur von Ladestationen voranbringen und damit einen wichtigen Beitrag zur Durchsetzung dieser umweltfreundlichen Technologie leisten. Außerdem könnten die Gemeinden durch Umrüstung ihrer Flotten für kommunale Dienste sowie den Personennahverkehr auf E-Antrieb aus Ökostrom vorangehen.
Die Verwendung von Lithium-Ionen-Batterien beschränkt sich nicht auf mobile Einsatzfälle. Wie zu erfahren ist, wird diese Technologie neuerdings auch in großtechnischen stationären Anlagen genutzt. Die derzeit europaweit größte Anlage eines stationären Stromspeichers in Lithium-Ionen-Technologie befindet sich in der Nähe von Schwerin und hat eine Kapazität von 5 MWh [5].
Mit der Umstellung auf regenerative Energieträger kommen auf die Kommunen noch weitere Maßnahmen zu. Diese betreffen u.a. auch Umstellungen bei der Straßenbeleuchtung und Lichtreklame. Hier können durch Beschränkungen der Betriebsdauer in Verbindung mit dem Einsatz stromsparender Leuchtmittel wichtige Einspareffekte erzielt werden. Eine weitere Möglichkeit besteht in der Selbstversorgung der Straßenbeleuchtungen und Verkehrszeichen durch Verwendung individueller Solarpaneele.
Man stellt wohl zu hohe Erwartungen an die Kommunalpolitik, wenn man darauf baut, dass die für das neue Energiezeitalter notwenigen Maßnahmen zur Umgestaltung durchgängig sorgsam geplant und konsequent und zügig umgesetzt werden. So manche der Aktivitäten werden wohl eher sporadisch erfolgen und auch der Initiative von Privatpersonen und Investoren überlassen bleiben. Eine wichtige Rolle bei der Ausgestaltung und dem Energiemanagement werden aber die Stadtwerke spielen, die damit eine Renaissance erleben.
Die im Rahmen kommunaler bzw. regionaler Einheiten errichteten Inselnetze bieten angesichts der intern bestehenden vielfältigen Möglichkeiten des Ausgleichs von Fluktuationen sowie Bedarfsschwankungen recht gute Voraussetzungen für eine stabile autonome Eigenversorgung. Dennoch sollte auf die Möglichkeit der bedarfsweisen Kopplung mit dem öffentlichen Stromnetzen ebenfalls nicht generell  verzichtet werden. Auf diesem Wege lässt sich nicht nur überschüssiger Strom absetzen, sondern auch die eigene Versorgungssicherheit erhöhen.

Schicht 3: öffentliches Stromnetz

Das öffentliche Stromnetz gehört wohl zu dem Bereich der Energiewende, der mit am stärksten betroffen ist.
Um einen Eindruck vom Ausmaß der anstehenden Veränderungen zu vermitteln, werfen wir zuvor einen kurzen Blick auf das bisherige Regime der Versorgung mit Elektroenergie. Das derzeit bestehende öffentliche Netz gewährleistet eine zentrale Versorgung der Kunden, indem es – nach mehrfacher Transformation der Spannung – bis zu den einzelnen Verbrauchern heranreicht. Der Betrieb des öffentlichen Netzes ist in Deutschland auf  die vier gro­ßen Stromversorger Vattenfall, RWE, E.on und EnBW aufgeteilt. Dort liegen Stromerzeugung und Stromübertragung jeweils in einer Hand, was sich nun als Nachteil herausstellt.
 Besonders die Stromerzeugung durch im Netz verteilte Kraftwerke, die vorwiegend atomare und fossile Energiequellen verwerten, erweist sich nun als enorm hinderlich. Dieser Zustand soll nun zügig verändert werden. Den Anstoß gab die Reaktorkatastrophe von Fukushima im Jahr 2011, deren Bilder der Welt das immense Gefahrenpotenzial dieser Technologie vor Augen führten. Die Bundesregierung hat darauf spontan reagiert, indem sie per Gesetz verfügte, die zehn ältesten Kernkraftwerke unmittelbar vom Netz zu nehmen und die restlichen bis zum Jahr 2020 schrittweise stillzulegen.
Auch die Kohlekraftwerke sind von der Energiewende betroffen, da diese zu den Hauptemittenten klimaschädlicher Abgase zählen. Dementsprechend sind diese laut zentraler Vorgaben verpflichtet, bis zur zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts die Energieversorgung vollständig auf erneuerbare Quellen umzustellen. Damit gehört auch diese Kraftwerksart zu den Auslaufmodellen.
Die Folgen der Energiewende sind somit für die großen Energiekonzerne durchaus dramatisch. Ihnen entgleitet nicht nur die generelle Zuständigkeit für die allgemeine Strombelieferung, sondern sie verlieren mit dem Abschmelzen der klassischen Stromerzeugung auch ihre sprudelnden Einnahmequellen. Zugleich müssen sie hohe Aufwendungen besonders hinsichtlich des Netzumbaus auf sich nehmen.
Zur Erhaltung ihrer wirtschaftlichen Macht haben sie sich durch eine geschickte Lobbyarbeit und Beeinflussung der um ihre Strombelieferung besorgten Bürger dieser Entwicklung zunächst entgegengestellt. Auch hatten sie den von einer rasch zunehmenden Anzahl von Kleinerzeugern dezentral erzeugten und auch dort verbrauchten Ökostrom als Nischenerscheinung unterschätzt. Der stetige Ausbau der Stromerzeugung aus regenerativen Quellen hat inzwischen 25% erreicht. Somit hatten die Stromkonzerne den anstehenden grundlegenden Wandel wohl übersehen.
In das Verhalten der Energieversorger ist inzwischen Bewegung geraten. So sorgt eine von der Leitung des Konzerns E.on gegen Ende des Jahres 2014 verbreitete Mitteilung für Aufsehen, nach der der Konzern künftig in zwei Teile aufgespalten werden soll. Dazu will sich der neu zu schaffende Konzernteil aktiv an der Energiewende beteiligen, den Um- bzw. Neubau der benötig­ten Netze voran bringen sowie ein breites Angebot an Dienstleistungen bereit stellen. Der zweite Konzernteil wird in eine unabhängige Gesellschaft überführt und soll Altlasten aufnehmen. Dazu zählt die Verwaltung und schrittweise Abwicklung der konventionellen Kraftwerke zusammen mit dem Rohstoffgeschäft und dem Energiehandel.
Auch Vattenfall hat angekündigt, sich von seiner Kohlensparte im Osten Deutschlands möglichst schnell zu trennen und sich fortan auf die Ökostromerzeugung zu konzentrieren. Von dem möglichst 2015 zu realisierenden Verkauf sind fünf Tagebaue und mehrere Braunkohlenkraftwerke betroffen, darunter auch die zu den größten Klimaschädlingen zählenden Großkraftwerke Jänschwalde und Boxberg.
Der große Essener Stromanbieter RWE möchte die gesamte Wertschöpfungskette hingegen unter einem Dach halten. Dessen Angebote sind auf den Ausgleich fluktuierender Energieangebote durch Erhalt einer Reservekapazität in Gestalt moderner Kohle- und Gaskraftwerke gerichtet, wofür allerdings vom Staat eine finanzielle Entschädigung erwartet wird.
Auch der auf den Bereich Südwestdeutschlands orientierte Energiekonzern EnBW verhielt sich bezüglich der Umstellung auf die Anforderungen der Energiewende zunächst eher zögerlich. Inzwischen engagiert sich dieser Provider entschieden auf dem Gebiet der Energieversorgung aus regenerativen Quellen, was u.a. am Beispiel der Errichtung eines gro­ßen off shore-Windparks östlich von Rügen deutlich wird. Die Vormontage solcher Windkraftanlagen lässt sich unschwer beim Besuch der Hafenstadt Mukran bei Saßnitz besichtigen.
Auch bezüglich des ebenfalls zum Geschäftsbereich der großen Stromkonzerne gehörenden Leitungsnetzes, ihrem zweiten Standbein, stehen große Veränderungen ins Haus. So ergibt sich einerseits aus dem unkoordinierten Entstehen einer zunehmenden Anzahl energieautarker Inselnetze die Möglichkeit, das vorhandene Leitungsnetz auszudünnen. Zum anderen entstehen neue Anforderungen an den Netzausbau durch die Errichtung möglichst verlustarmer Stromtrassen in Gestalt sogenannter Stromautobahnen.  
Ein weiterer Grund für den Deutschland überquerenden Stromtransfer resultiert aus der stufenweisen Abschaltung der besonders im Südwesten angesiedelten Atommeiler. Dazu gibt es immer wieder Diskussionen bezüglich der Anzahl und des Verlaufs der benötigten Trassen. Die laufende Planung und der Bau dieser Stromtrassen werden von heftigen Bürgerprotesten begleitet. Diese haben immerhin bewirkt, dass ein wesentlicher Teil der Stromleitungen unterirdisch verlegt werden soll, was die Kosten nochmals deutlich steigen lässt. Somit ist mit erheblichen Kosten für die Errichtung der Stromautobahnen zu rechnen, die wohl zu einem wesentlichen Teil den Stromkunden per Ökostromumlage auferlegt werden. Somit ist zu konstatieren, dass auch das öffentliche Netz im Zuge der Energiewende wesentlich verändert werden muss.
Zu den anstehenden Investitionen der Energieversorger gehört auch der Aufbau eines bis zu den Stromkunden reichenden Informationsnetzes. Als Schnittstelle dienen spezielle Endgeräte in Gestalt intelligenter Stromzähler, die Smart Meter genannt werden. Diese ermöglichen einerseits die digitale Erfassung und Abrechnung der jeweils bezogenen Strommenge. Zum anderen soll der Kunde damit über den sich aus Stromangebot und –nachfrage ergebenden aktuellen Stromtarif informiert werden [6].
Mit der zuletzt genannten Funktionalität soll der Kunde zu einer Verhaltensänderung bewegt werden, indem er den Betrieb besonders stromintensiver Verbraucher nach Möglichkeit in Zeiten des Stromüberangebots, also bevorzugt in die Nachtstunden, verlegt. Diese Maßnahme kommt einer gleichmäßigeren Netzauslas­tung zugute, sodass die Regelleistung verringert werden kann. Allerdings könnten diese Smart Meters von Hackern auch als potenzielle  Einfallstore genutzt werden, um die Stromversorgung in den betreffenden Inselnetzen lahmzulegen [7].
Weitere Aufwendungen betreffen die Einrichtung einer möglichst flächendeckenden Infrastruktur für den Anschluss von Stromtankstellen. Dies bildet einerseits die notwendige Voraussetzung für die vorgesehene Ausbreitung der Elektromobilität. Andererseits wird damit den Netzbetreibern eine weitere Absatzmöglichkeit ihres Stroms eröffnet.
Auch auf dieser Ebene ist die Möglichkeit einer Netzkopplung vorgesehen, die in diesem Fall den international organisierten Netzverbund betrifft. Über diese Verbindung können Strommengen veräußert oder auch bezogen werden.

Schicht 4: Netzverbund

Die vierte und damit unterste Schicht des Modells ist den Auswirkungen der Energiewende auf den grenzüberschreitenden Netzverbund gewidmet. Hier ergeben sich zwar vermutlich nur geringe Konsequenzen bezüglich der Handhabung des Stromaustauschs, wohl aber hinsichtlich der Herkunft der Ströme. Bei dem hier stattfindenden Handel mischen sich wohl nicht nur für eine Übergangszeit die aus regenerativen Quellen stammenden Strom­anteile mit denen atomarer und fossiler Herkunft aus anderen Ländern. Als weitere Stromquelle kommt der – vorwiegend aus den eingebundenen Gebirgsländern stammend – aus Wasserkraft gewonnene Ökostrom hinzu. Das Ziel besteht hier in der Reduzierung des aus dem Ausland bezogenen, nicht immer aus regenerativen Quellen stammenden Stroms bei durchaus gewinnbringendem Verkauf selbst erzeugten Stroms.
Der für Deutschland bestimmte bzw. ins Ausland verkaufte Strom wird an der Leipziger Strombörse gehandelt. Welchen Anteil daran der Ökostrom hat und welcher dort wiederum aus den verschiedenartigen regenerativen Quellen bevorzugt wird, ist letztlich eine Preisfrage. Dieser Preis wird nicht nur durch die Entstehungskosten bestimmt, sondern hängt auch von den Subventionen der jeweiligen Stromart ab.
In Deutschland wird der Strom aus regenerativen Quellen hoch subventioniert, sonst könnte sich dieser etwa gegen Atomstrom aus Frankreich national nicht durchsetzen. Aber auch Länder mit einem hohen Anteil an umweltfreundlichen Energieträgern bemängeln inzwischen eine Schieflage des Preisgefüges. So klagt beispielsweise die österreichische Seite über Verwerfungen beim Absatz seines besonders sauber erzeugten und durchaus kostengünstig angebotenen Wasserstroms, dessen Ursache in den hohen Subventionen des in Deutschland produzierten Ökostroms aus Windkraftwerken liegen. Dies fördere den Stromimport aus Deutschland, hemme den weiteren Ausbau der Wasserkraft und verzögere den Bau möglicher Speicherkraftwerke im eigenen Land [8]. Ähnliches mag auch für den aus Wasserkraft erzeugten Strom aus Norwegen gelten.
Ein Novum unter den Stromalternativen wird möglicher Weise das Angebot von Wüstenstrom aus der Sahara sein. Im Rahmen des von einem internationalen Konsortium getragenen Projekts Desertec soll an den sonnenreichsten Standorten der Sahara in großem Stil Solarstrom gewonnen werden [9]. Dazu soll ein weltweit tätiges Konsortium gegründet werden, das die regionalen Aktivtäten koordiniert. Es ist beabsichtigt, einen großen Teil des erzeugten Solarstroms zur Deckung des regionalen Verbrauchs zu verwenden und etwa 20% mittels einer besonders verlustarmen Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung in europäische Verbraucherzentren zu leiten. Somit würde dann ein weiterer Konkurrent für Ökostrom auf den Plan treten. Inwieweit der Stromtransfer nach Europa tatsächlich realisiert wird, ist nach dem Rückzug maßgeblicher Beteiligter allerdings derzeit noch offen.
Der Aufbau solarer Wüstenkraftwerke mit vorzugsweise regionaler Nutzung geht indessen voran. In der im südlichen Marokko gelegenen, mit über 300 Sonnentagen im Jahr besonders ertragreichen Region Quarzazate entsteht das zurzeit weltgrößte Solarkraftwerk mit einer Leistung von 500 MW, dessen Bau inzwischen weit vorangeschritten ist [9]. Damit soll nach seiner Inbetriebnahme 42% des Energiebedarfs des Landes gedeckt werden. Ein anderes, noch im Stadium der Planung befindliches Projekt sieht die Errichtung einer noch größeren Solaranlage in der tunesischen Sahara mit 2000 MW Leistung vor.
Bei den vielerlei möglichen Stromeinspeisungen in Stromnetze bzw. Netzverbünde kann es zu einem Überangebot von Strom kommen. Hierbei handelt es sich um ein durchaus ernsthaftes Problem, da es dabei in schweren Fällen zu Netzzusammenbrüchen sowie Schäden an der Anlage kommen kann. Um dies zu verhindern ist es notwendig, den überschüssigen Strom aus dem Netz zu nehmen, wofür es verschiedene Möglichkeiten gibt.
Die einfachste Art der Stromabnahme besteht in der Aufladung der vorhandenen Speicher, soweit deren Kapazität noch nicht ausgeschöpft ist. Dafür können neben den in verschiedener Form verwendeten Batterien auch nichtelektrische Speicher (Gas-,Wasser-, Wärmespeicher) nach entsprechender Umwandlung der Speichermedien eingesetzt werden. Ein anderer Weg besteht in der Drosselung der Stromerzeugung durch Abschaltung von Stromquellen. Soweit es sich hierbei um regenerative Anlagen handelt, bleibt der potenziell vorhandene und kostenfreie Ökostrom allerdings ungenutzt. Schließlich besteht auch die Möglichkeit, den überschüssigen Strom der Strombörse anzubieten und diesen notfalls sogar zu verschenken.

Sachgerechte Koordination

Wie aus den vorstehenden Ausführungen hervorgeht, lassen sich die bei der Bewältigung der Energiewende eingesetzten vielseitigen Aktivitäten in das hier vorgeschlagene 4-Schichten-Modell problemlos einordnen. Die dazu vorgelegten Ausführungen erfassen allerdings nur die jeweils typischen Aktivitäten. In Einzelfällen können somit durchaus auch größere Abweichungen auftreten. Auch erheben die Darlegungen keineswegs den Anspruch einer vollständigen Berücksichtigung aller bestehenden Ansätze und Lösungsvorschläge.
Die Vorzüge des dargelegten Modells werden darin gesehen, dass es eine gewisse Ordnung in der bestehenden Vielfalt schafft, darüber eine Übersicht vermittelt und auch klare Zuständigkeiten zuweist. Damit entsteht eine verbesserte Grundlage für eine sachgerechte Koordination der verschiedenen Aktivitäten. Wünschenswert wäre dabei, dass dieser Vorschlag zur Beschleunigung der Umsetzung der Energiewende beiträgt. Bleibt noch zu hoffen, dass alle Beteiligten entsprechend ihres Wirkungsrahmens daran engagiert mitwirken.

Autor: Der Berufsweg des Autors Wolfgang Weller führte über Tätigkeiten in der automatisierungstechnischen Industrie, in der Forschung, als Dozent am Higher Institute for Electronics (Ägypten), Honorarlehrkraft an der Universität Rostock zu langjährigem Wirken an der Humboldt-Universität zu Berlin als Professor für Technische Kybernetik. Zu den Arbeitsschwerpunkten der letzen Jahre zählte neben der Erarbeitung intelligenter Verkehrslösungen vor allem die Entwicklung von Konzepten auf dem Gebiet der Erneuerbaren Energien. Kontakt:  BITWeller@t-online.de, Tel.: 030 4858640

Literatur:
[1] N. N.: Das Gebäude als Kraftwerk im Smart Grid. IKZ-ENERGY 3/2012, S. 16-17
[2] W. Weller: Stromausgleich durch virtuelle Speicher. IKZ-ENERGY 1/2012, S. 35-38
[3] W. Weller: Vorschläge für eine energieautarke Selbstversorgung. IKZ-ENERGY 4/5/2013, S. 24-28
[4] Koch, J.: Welche Technologie setzt sich durch? Speichertechnologien im Vergleich. IKZ-ENERGY 8/92014, S. 20-22
[5] Wenzel, F.-T.: Immer die richtige Strommenge. Berliner Zeitung Nr. 216 Teil Wirtschaft, 16. Sept. 2014, S. 9
[6] de.wikipedia.org/wiki/Intelligenter_Zähler
[7] Elsberg, M.: Black out. Morgen ist es zu spät. blanvalet, Verlagsgruppe Random House GmbH, München 2013, ISBN 978-3-442-38029-9
[8] N. N.: Österreichs Stromerzeuger geißeln deutsche Energiewende. Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 212, 12. Sept. 2014, S. 20
[9] de.wikipedia.org/wiki/Desertec
[10] Weller, W.: Marokko – ein Land auf dem Weg in die energetische Zukunft

 


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