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Verein DERlab soll dezentrale Stromerzeugung stärken - Einheitliche Normen für Solaranlagen

Elf führende europäische Forschungsinstitute haben kürzlich in Kassel den Verein DERlab (European Distributed Energy Resources Laboratories) als unabhängiges Labor für die Netzintegration dezentraler Energieerzeuger gegründet. Sitz des Vereins ist beim Institut für Solare Energieversorgungstechnik (ISET) in Kassel.

Mitglieder des DERlab Vereins.

 

Derzeit speisen dezentrale Energieerzeuger wie Solarstromanlagen und Windturbinen ihren Strom weitgehend unkontrolliert auf der Niederspannungs- oder der Mittelspannungsebene ins öffentliche Netz ein. Ihre steigende Anzahl schafft neue Herausforderungen, insbesondere weil es in Europa derzeit weder einheitliche Normen noch einheitliche Anschlussbedingungen und Testverfahren für die Netzeinspeisung gibt.
In dem von der Europäischen Kommission geförderten Exzellenznetzwerk DERlab haben die Forschungsinstitute aus elf Ländern bereits seit Ende 2005 gemeinsame Anforderungen und Qualitätskriterien für den Anschluss und den Betrieb dezentraler Stromerzeuger entwickelt. Außerdem bereiten sie Test- und Zertifizierungsmethoden sowie europaweit gültige Normen für dezentrale Energieerzeuger vor.

Internationales Weißbuch für Stromrichter

Mit der Vereinsgründung haben die Projektpartner nun die weitere Zusammenarbeit nach Ablauf des sechsjährigen Forschungsprojekts besiegelt: Auch nach 2011 nutzen sie gemeinsam die Laborinfrastruktur und tauschen Forschungsergebnisse, Personal und Know-how aus. „Mit unserer Zusammenarbeit wollen wir die Qualität der dezentralen Stromerzeuger sicherstellen und zukünftige Testverfahren frühzeitig untereinander abstimmen“, stellte Philipp Strauß, Vorstandsvorsitzender des neuen Vereins, auf der ersten Mitgliederversammlung am Rande des 13. Kasseler Symposiums Energie-Systemtechnik in Kassel fest. Strauß ist zugleich auch Bereichsleiter Anlagentechnik und Leistungselektronik des ISET und wissenschaftlicher Tagungsleiter des 13. Kasseler Symposiums Energie-Systemtechnik.
Zu den Ergebnissen des Exzellenznetzwerks zählt beispielsweise die Vorbereitung eines internationalen Weißbuchs über den Forschungs- und Standardisierungsbedarf bei Stromrichtern. Diese werden zunehmend für die Integration dezentraler Energieerzeuger eingesetzt und passen beispielsweise die Spannung und Frequenz einer Solarstromanlage an die Netzbedingungen an. Internationale Standards gibt es in diesem Bereich bisher nicht. Das wollen die DERlab-Forscher ändern. Ihr Entwurf wird im Rahmen des dritten DERlab-Stromrichter-Workshops am 9. Dezember 2008 in Nizza auf der internationalen Ebene diskutiert.

Livetest in Kassel

Unterdessen hat das ISET im Rahmen des 13. Kasseler Symposiums Energie-Systemtechnik erstmals mit einem Livetest sein neues Labor für die Prüfung von netzgekoppelten Stromrichtern präsentiert. In dem neuen Labor koppeln die Kasseler Forscher einen Wechselrichter zwischen einen PV Generator-Simulator auf der einen und einen Netzsimulator auf der anderen Seite. Das Testlabor ist ein wesentlicher Baustein des europäischen Exzellenznetzwerkes DERlab. Die neue Prüfeinrichtung simuliert nahezu in idealer Weise das Verhalten eines Netzanschlusspunktes für dezentrale Stromerzeuger.
Darüber hinaus bildet die Prüfeinrichtung auch Solargeneratoren in ihrem dynamischen Verhalten nach. Durch die Variation der simulierten Netz- und Umgebungsbedingungen wird ein Solarstromrichter bei wechselnden Witterungen und unterschiedlichen Netzspannungen überprüft. Außerdem misst die Testeinrichtung die Auswirkungen des Wechselrichters auf das Versorgungsnetz.
Der Anteil Stromrichter im Stromversorgungsnetz nimmt kontinuierlich zu. Deshalb müssen die Stromrichter auch mehr Verantwortung im Netzbetrieb übernehmen und sich an der Stabilisierung der Netzspannung und der Netzfrequenz beteiligen. Bisher wurden sogenannte Netzdienstleistungen zur Frequenz- und Spannungshaltung fast ausschließlich von großen Kraftwerken übernommen. Die Dezentralisierung in kleine verteilte Mikrokraftwerke stellt für die Technik eine große Herausforderung dar, für die das ISET schon Lösungsansätze erarbeitet hat.
Soll nun ein Orchester aus sehr vielen Mikrokraftwerken konzertiert zusammenarbeiten, muss deren Verhalten harmonisiert werden. Bleibt man bei dem Vergleich mit einem Orchester, so sind die Mikrokraftwerke die Instrumente, die Frequenz der Takt und die Spannung die Tonhöhe. Die Symphonie ist nur dann wohlklingend, wenn alle Instrumente im gleichen Takt harmonische Töne spielen. Genauso müssen sich die Stromrichter in den Mikrokraftwerken an bestimmte Regeln halten, um einen stabilen Netzbetrieb zu ermöglichen. Um das zu überprüfen, werden die Stromrichter in ihrem Verhalten gründlich getestet.
Mit dem neuen Simulator ist es dem ISET nun gelungen, vergleichbare und jederzeit wiederholbare Prüfbedingungen für Solarwechselrichter zu schaffen „Damit die sichere Stromversorgung und die Spannungsqualität auch in Zukunft jederzeit gewährleistet sind, müssen wir die Prüfprozeduren weiter entwickeln und europaweit harmonisieren“, stellt Prof. Jürgen Schmid, Vorstandsvorsitzender des ISET, fest.

Forschungsprojekt Optinos

Die ISET-Forscher haben die Entwicklung des Simulators mit der Firma Spitzenberger & Spies aus Viechtach im Rahmen des vom Bundesumweltministerium geförderten Forschungsprojekts Optinos (steht für Untersuchungen und Optimierung von Prüf- sowie Testprozeduren zur Qualitätssicherung und Normenharmonisierung an PV-Stromrichtern) unterstützt. Neben dem ISET sind führende deutsche Wechselrichterfirmen (Conergy AG, Delta Energy Systems (Germany) GmbH, Diehl-AKO Stiftung & Co. KG, GE Global Research-Europe, Kaco Gerätetechnik, Pairan elektronik GmbH, Siemens AG-Bereich Automatisierungstechnik A&D SE PS, SMA Solar Technology AG, Solutronic GmbH, Sputnik Engineering GmbH, STECA Batterieladesysteme und Präzisionselektronik GmbH, Sunways AG, UfE GmbH, Würth Solergy), das VDE Prüf- und Zertifizierungsinstitut aus Offenbach und der Prüfsystemhersteller Spitzenberger & Spies GmbH an dem Forschungsprojekt beteiligt.
Bis zum Ablauf des dreijährigen Projekts im Jahre 2009 wird das ISET zusammen mit den Industriepartnern weitere Prüf- und Testprozeduren entwickeln, die in nationale und internationale Standardisierungsprozesse einfließen sollen. „Mit Optinos wollen wir einen wesentlichen Beitrag zur Qualitätssicherung von PV-Anlagen leisten“, erklärt Strauß.

Bilder: ISET

Kontakt: Institut für Solare Energieversorgungstechnik ISET, 34119 Kassel, Tel. 0561 72940, Fax 0561 7294100, mbox@iset.uni-kassel.de, www.iset.uni-kassel.de


Das ISET
Das ISET befasst sich mit anwendungsorientierter Forschung für die Elektro- und Systemtechnik zur Nutzung EE, insbesondere der PV, Wind-, Meeres- und Bioenergie. Mit rund 180 Wissenschaftlern, Angestellten und Studenten zählt das vor 20 Jahren in Kassel gegründete Institut zu den auf diesem Gebiet international führenden Forschungseinrichtungen. Neben einer Grundfinanzierung des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst wird der Institutsetat in Höhe von rund 9 Mio. Euro überwiegend aus Projektmitteln und Aufträgen von Bund, Land, EU und der Industrie finanziert. Das Tätigkeitsfeld des Instituts erstreckt sich von der ingenieurwissenschaftlichen Grundlagenforschung über die anwendungsnahe Entwicklung von Verfahren und Geräten bis hin zu Normung, Bildung und wissenschaftlicher Beratung.

 


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