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Ressourcenverbrauch kostet Geld - Interview mit Klemens Reignault von der TECE GmbH und Martin Georg von der Dolphin Trust

Das Thema nachhaltiges Bauen erfordert einen stärkeren Dialog aller am Bau Beteiligten. Insbesondere Investoren, Planer und Hersteller sind zunehmend gefordert, Gebäude sowohl unter ökologischen als auch ökonomischen Gesichtspunkten zu erbauen und zu betreiben. Im Vordergrund steht das Ziel, in allen Lebenszyklusphasen den Energie- und Ressourcenverbrauch zu minimieren. Welche Kriterien dabei zu beachten sind und was bereits in der Initiierungsphase zu berücksichtigen ist, darüber sprach die IKZ-ENERGY Redaktion mit Klemens Reignault, Leiter Objektmanagement bei der TECE GmbH, Emsdetten, einem führenden Anbieter für Haustechnik-Lösungen, und Martin Georg von der Dolphin Trust GmbH.

Klemens Reignault.

Martin Georg.

 

IKZ-ENERGY: Herr Reignault, Herr Georg, nachhaltige Entwicklung bedeutet laut Definition des Bundesministerium für Umwelt und Bau „Umweltgesichtspunkte gleichberechtigt mit sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu berücksichtigen, damit nachfolgenden Generationen ein intaktes ökologisches, soziales und ökonomisches Gefüge hinterlassen werden kann.“ Welche Bedeutung hat das nachhaltige Bauen für Sie als Anbieter für Haustechnik-Lösungen?
Klemens Reignault: Nachhaltigkeit definiert sich aus Sicht der Haustechnik-Industrie und aus der Sicht von TECE zunächst mal über die Lebensdauer einer Immobilie. Die Produkte, die wir verbauen, müssen dieser Lebensdauer gerecht werden. Das vermeidet unnötigen Ressourcenverbrauch, vermeidet Arbeitsaufwand und Abfall. Dabei geht es um Materialien, Funktion – ja auch um Design und Farbigkeit. Und Nachhaltigkeit bedeutet natürlich auch Werterhalt und Sicherung der Marktgerechtigkeit der Immobilie – beispielsweise durch zeitgemäß barrierefreie Bäder.
Martin Georg: Zum einen, das ökologische Bewusstsein mit Blick auf die Zukunft gerichtet bzw. auf deren Nutzer und zum anderen als Unternehmer, der ein Produkt bezahlbar und attraktiv herstellen muss.

IKZ-ENERGY: Wie sind Ihre Erfahrungen bei den Investoren, zeigt man sich von dieser Seite aufgeschlossen hinsichtlich dieser Thematik?  
Klemens Reignault: Nachhaltige Entwicklung ist ja nicht nur umweltgerecht. Ganz häufig passen Ökologie und Ökonomie ja auch gut zusammen. Sprich: Ressourcenverbrauch kostet eben Geld. Und zwar bei der Investition genauso wie im laufenden Betrieb. Außerdem ist klar, dass Wohnungskäufer, ja sogar Mieter, das Thema Nachhaltigkeit bei ihren Entscheidungen mit berücksichtigen. Es sind ihre Betriebskosten, die im Extremfall zu einer zweiten Miete anwachsen. Je nachhaltiger eine Immobilie geplant ist, desto besser lässt sie sich vermieten oder verkaufen. Ein Investor will zwar primär kostengünstig bauen – aber er lebt ja nicht auf einem anderen Stern. Die Architektur, die Mieter und viele Einflussfaktoren – beispielsweise Normen und Regelwerke sowie behördliche Auflagen lassen das Thema Nachhaltigkeit immer wichtiger werden. Immobilien geben dem Leben Raum – das ist eine hehre Aufgabe, die letztlich auch untrennbar mit dem Schutz des Lebensumfelds verknüpft ist. Das geht nur, wenn man vorausschauend investiert und wenn wir die richtigen Lösungen dafür bieten.
Martin Georg: Bei unseren Käufern müssen wir unterscheiden zwischen Industriellen, Privaten und Eigentumswohnungs- bzw. Hauskäufern. So wenig, wie Elektroautos in Deutschland umherfahren, so gering ist die Nachfrage nach den Null-Energie-Büros oder dem Null-Energie-Wohnen. Das hat aber nichts damit zu tun, dass nicht jeder gerne sämtliche Einsparungen, die durch technische Innovationen möglich sind, in Anspruch nehmen möchte, sondern vielmehr damit, dass die neuen Technologien fremd, unverständlich und dem Endverbraucher wie von einem anderen Stern erscheinen.

IKZ-ENERGY: Normalerweise werden Gebäude über sehr lange Zeiträume genutzt. Von daher kann erst die Betrachtung über den gesamten Lebenszyklus Aufschluss über die tatsächliche Qualität eines Gebäudes geben. Wie sensibilisieren Sie Ihre Kunden für diese Betrachtungsweise?
Klemens Reignault: Wir müssen nicht sensibilisieren, unsere Kunden sind sensibilisiert. Der Impuls zu mehr Nachhaltigkeit kommt vom Markt: Wir spüren von unseren Kernzielgruppen die Erwartung, dass ein Unternehmen wie TECE auch umweltgerecht und nachhaltig wirtschaftet und produziert. Und dass unsere Lösungen denselben Ansprüchen gerecht werden. Eine Haustechnikmarke ist hier in der besonderen Verantwortung – hier geht’s wie gesagt um das direkte Lebensumfeld, das wir mit gestalten dürfen.
Martin Georg: Wir sensibilisieren überhaupt nicht. Ein Bürogebäude unterliegt immer der aktuellen Nachfrage durch den jeweiligen Zeitgeist, der durch die Büronutzer, standort-, lage- und ortsabhängig bestimmt wird. Somit können Sie selbst in der besten Bürolage mit einem veralteten Büroobjekt keine Mieter bezirzen. Beim Wohnen ist es genau anders herum: bauen Sie heute in einer spekulativen Zukunftslage, die sich in 25 Jahren zu einer guten bis sehr guten Lage entwickelt hat, werden Käufer wie Mieter auch veraltete Bausubstanzen und Haustechnik aufgrund des Wohnwertes der entsprechenden Objekte nachhaltig ignorieren.

IKZ-ENERGY: Hinsichtlich der Baustoff- bzw. Bauproduktebene gliedert sich die Lebenszyklusbetrachtung eines Gebäudes in verschiedene Einzelphasen, wie z.B. Produktherstellung, Errichtung, Nutzung, Instandhaltung, Modernisierung, Rückbau und Recycling. Bekanntlich ist die Kommunikation zwischen Bauherren, die Lösungen für nachhaltiges Bauen suchen, und der Bauindustrie, die Lösungen dazu anbietet, noch zu gering. Wie lässt sich aus Ihrer Sicht die Kommunikationslücke schließen bzw. was tun Sie aktiv dafür?
Klemens Reignault: Ich glaube nicht, dass diese Aussage voll zutrifft – es ist zwar schwierig frühzeitig in Kontakt mit Investoren zu treten, aber es hat sich herumgesprochen, dass der Dialog funktionieren muss – oder es andernfalls bares Geld kostet. Jedes Unternehmen, das wie TECE auf internationalen Märkten Bauprojekte bearbeitet, setzt sich mit dem Thema auseinander. Bauherren, Betreiber und Architekten fordern klare Aussagen zur Umweltverträglichkeit von Produkten und Lösungen, weil sie ja in die Gesamtumweltbilanz eines Gebäudes einfließen. TECE beispielsweise handelt mit seinen Produktsystemen, der Rohr- und der Spültechnik, das Lebensmittel Trinkwasser. Da gibt es keine Kommunikationslücke – im Gegenteil: Ich glaube sogar da gibt es 100-prozentige Transparenz und das ist gut so.
Martin Georg: In diesem Zusammenhang würden wir auf die Plattenbauten der ehemaligen DDR hinweisen. Wer jemals ein solches 20-, 30- oder 40-Jahre altes Objekt besessen hat, wird feststellen, dass er es von Anfang an durch großzügige Installationsschächte in jeder Lebensphase des Objektes mit der Ausstattung zeitgemäßer Mittel für Klima, Lüftung, Sanitär, Elektro sowohl für Planer als auch für Handwerker zu einer echten Freude werden ließ. Ich bin der festen Überzeugung, würden wir sowohl im Bürobau als auch im Wohnungsbau oder beim Einfamilienhausbau pro Einheit zwischen ½ bis max. 1 m² für Installationsschächte als eventuelle Risikovorsorge für die Zukunft berücksichtigen, würden solche Bauten selbst nach 100 Jahren nicht abgerissen.

IKZ-ENERGY: Bei der ökonomischen Sicht der Nachhaltigkeit werden über die Anschaffungs- bzw. Errichtungskosten hinausgehend insbesondere auch die Baufolgekosten betrachtet, die über die gesamte Nutzungs- bzw. Lebensdauer anfallen. Verschiedene Praxisbeispiele zeigen, dass die Baufolgekosten die Errichtungskosten um ein Mehrfaches überschreiten können. Lassen sich hier Einsparpotenziale realisieren?
Klemens Reignault: Intelligente Planung mit intelligenter Haustechnik öffnet vielerlei Einsparpotenziale. Trinkwasser ist teuer, sparsame Spültechnik, wie wir sie bieten, hilft Kosten senken. Aber intelligente Haustechnik geht noch weiter: Regelmäßig zugesetzte Abflussleitungen bei Altbausanierungen können auf Dauer die Einsparpotenziale beim Wasser kostenmäßig weit übertreffen. Unsere Spültechnik bietet die Möglichkeit in beide Richtungen zu justieren: also Leitungen auch gründlicher zu spülen, als es mit der Sparspülung geht. Das sind Alleinstellungsmerkmale, die Wirkung zeigen.
Martin Georg: Die reinen Baukosten inkl. Stahl, Beton, Steine etc. unterliegen in den Ballungszentren einem für viele nicht ersichtbaren Preiskartell. Wir merken das immer wieder, sobald wir beispielsweise Filigrandecken für das Bauvorhaben in Regensburg benötigen, wir dann das Material aber in München ordern. Wenn wir dann den Lieferanten bitten, uns diese nach Regensburg zu liefern, selbst, wenn wir für den Transport sorgen, lehnt er die Lieferung sofort ab. Dieses Preisszenario haben wir auch für die Baunebenkosten (Architekten, Statiker, Ingenieure etc.). Das ist ein Witz in Deutschland, dass ein Architekt keine individuellen Vereinbarungen mit seinem Bauherren treffen kann. Darum ist die Frage über „Einsparungspotenzial“ von uns nicht zu beantworten, denn es gibt keine bundesweite systematische preisreduzierte technische Lösung der zur Verfügung stehenden Energiesparmaßnahmen.

IKZ-ENERGY:
Die Life-Cycle-Costs LCC (Lebenszykluskosten) bestehen aus Errichtungskosten, z.B. Grundstück (mit Erschließungskosten), Planungskosten etc., Nutzungskosten, z.B. Heizwärme, Warmwasser, Strom usw. sowie Rückbaukosten, z.B. für Abriss, Wiederverwendung bzw. -verwertung, Entsorgung. Wo sehen Sie sich als Hersteller in diesem Ablauf? Oder anders gefragt, wäre es nicht sinnvoll, wenn Sie als Hersteller bereits in der Projektierungsphase eingebunden sind?
Klemens Reignault: Im Wohnungsbau und in der Wohnungswirtschaft bieten wir tatsächlich Serviceleistungen an, die bereits in der Projektierungsphase ansetzen. Das Bauen wird immer komplexer – gerade auch das Bad oder die Energieseite. Wir arbeiten da mit industrieller Vorfertigung und liefern komplette, anschlussfertige Sanitärwände, die auf die Baustelle geliefert werden. Damit das funktioniert, sind wir voll in die Planung integriert und übernehmen sogar weitgehend Planungsleistungen. Und die Wirkung solcher Serviceleistungen geht weit über die Bauphase hinaus, in der ja viel Montagezeit gespart wird. Wir übernehmen die Garantien für die kompletten Einheiten.
Martin Georg: Dazu möchte ich Ihnen ein klassisches Beispiel geben: Wir haben heute ein Dachprodukt, welches mind. 100 Jahre nicht nur hält, sondern auch alle technischen Vorgaben erfüllt. Um diesen Zustand dieses Gewerkes bis zum Jahre 2114 zu erhalten, sind intensive Wartungsarbeiten im 5-/10-Jahres-Rhythmus mit entstandenem Kostenaufwand notwendig. Die Frage ist, gibt es genügend Immobilieneigentümer, die tatsächlich so denken oder müssen wir lernen, preiswert, technisch einfacher zu bauen und Immobilien mehr als Verbrauchs- und Wegwerfartikel zu benutzen, die nach 20 – 25 Jahren ihren Zweck erfüllt haben.

IKZ-ENERGY: Laut einer Erhebung des Bundesbauministeriums (BMVBS) betrug das Bauvolumen in Deutschland im Jahr 2012 rund 260 Mrd. Euro. Beim Wohnungsbau betrafen dabei 75% der Baumaßnahmen den Gebäudebestand, also Umbauten oder Sanierungen. Bei Industrie- und Gewerbebauten ist das Verhältnis ähnlich und das seit Jahren. Grund genug, um den Fokus bei der Nachhaltigkeitsbetrachtung verstärkt auf den Bestand zu legen?
Klemens Reignault: Klar. Der Markt liegt im Bestand – und hier liegt das Anforderungsprofil an die Gewerke natürlich anders als im Neubau. Für uns bedeutet das: Wir bieten ein Höchstmaß an Service und Flexibilität, von der Beratung über Planung bis Realisierung und Betrieb.
Martin Georg: Ein denkmalgeschütztes Bürogebäude in direkter Nachbarschaft zur alten Oper in Frankfurt am Main würde jeder von uns mit höchstem finanziellen und technischen Aufwand gerne aufrüsten, um in Konkurrenz zu den neu erbauten Office-Towern bestehen zu können. Das gleiche Gebäude an der Hanauer Landstraße gelegen, im sog. Commercial-Strip, mit Hotels, Büros, Supermärkten, würde man am liebsten der Abrissbirne übergeben.

IKZ-ENERGY: Welche Maßnahmen stehen bei bzw. nach der Bestandsanalyse im Vordergrund?
Klemens Reignault: Bestandsanalyse bedeutet im Renovierungsfall: Wie kann ich diese Immobilie fit für die Zukunft machen? Dazu gehört eine Erneuerung der Infrastruktur für die Wassernutzung – also die Rohrleitungsnetze. Dazu gehört ein barrierefreies Bad – wir setzen da auf die Duschrinne und auf Lösungen wie höhenverstellbares WC oder optionale Stützgriffe. Das alles vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung – die Zahl der alten Menschen wächst. Fakt ist: Wir müssen heute integrierte Barrierefreiheit liefern, die weder nach Sanitätshaus aussieht, noch junge Menschen ausschließt.
Martin Georg: Im Vordergrund steht die Antwort auf die Fragen, welchen Verkaufspreis bzw. welchen Mietertrag kann ich an diesem Zielort, in dieser Lage, für dieses Objekt, mit welchen Investitionskosten erlangen?

IKZ-ENERGY: Nochmals zurück zur Kommunikationslücke: Warum ist das frühe Kontakt-Management zu den Investoren für Sie als die Hersteller besonders wichtig?
Klemens Reignault: Der Bau ist wie gesagt eine komplexe Sache geworden – die Abstimmung über die Gewerke hinweg wird immer wichtiger, nicht zuletzt um die Kosten im Griff zu behalten. Ich kann nur immer wieder betonen, dass Kommunikation allen nützt: uns, weil wir intelligente Lösungen erklären können. Den Investoren, weil sie letztlich von genau diesen Lösungen profitieren können.
Martin Georg: Wir haben eine Verpflichtung  gegenüber unseren institutionellen und auch privaten Investoren! Ich mache das Geschäft nun seit über 30 Jahren und fast alle Investoren machen Kasse bzw. verkaufen ihre Objekte nach einem Zeitraum von 17 – 20 Jahren. Dabei erzielen Sie Nachsteuer-Renditen von 5 – 9% jährlich, indem sie eine Verdoppelung  des ehemals gezahlten Kaufpreises erreichen. Damit das so bleibt, müssen die Bewirtschaftungs- und Instandhaltungskosten günstig sein und bleiben. Das geht nur mit Qualität, sehr guter Bausubstanz und modernster und langlebiger Haustechnik incl. der Nebengewerke und selbstverständlich auch moderner Ökosysteme. Aber bitte: Wenn schon Öko, dann erprobt und ohne Experimente!

IKZ-ENERGY:
Herr Reignault, Herr Georg, wir danken für das Gespräch.

 


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