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Neue Chance für die Dünnschicht - Für ihren endgültigen Durchbruch müsste die Dünnschicht nun nur noch beim Wirkungsgrad zulegen

Weil kristalline Solarzellen rapide billiger geworden sind, sinkt der Marktanteil der Dünnschichtzellen. Dennoch bleibt das Interesse an den schlanken Stromgeneratoren groß: Neue Materialien und Produktionsverfahren können die Kosten deutlich unter die der gängigen Siliciumzellen senken. Forscher forcieren die Arbeit.

Überholte Technik?: In Deutschland wurden in den vergangenen Jahren viele Dünnschichtparks gebaut. Der Boom ist deutlich abgeebbt. Bild: Juwi

Suche nach Innovationen: Im Helmholtz-Zentrum Berlin entwickeln Forscher neue Dünnschichtkonzepte.

Eine Lösung. Druckbare Tinten, die nanostrukturierte Absorber enthalten, könnten die Photovoltaik deutlich billiger machen. Bild: Nanosolar

Zukunft der Dünnschicht: Die schlanken Stromgeneratoren sind leicht und flexibel. Damit eignen sie sich gut für die Gebäudeintegration. Bild: SMA

 

Mit 1 kg Kupfer kann man in der regenerativen Energietechnologie nicht viel bewegen. Die Menge reicht gerade einmal für ein halbes Absorberblech eines Solarthermie-Kollektors aus. Oder für 1 m Kabel in einem 100 m hohen Windrad. In der Dünnschicht-PV hingegen ist 1 kg Kupfer viel wert. „Damit lassen sich etwa 50 m² Fläche beschichten und rund 6 kW Solarleistung herstellen“, erklärt Christoph Adelhelm, Projektmanager des österreichischen Werkstoffanbieters Plansee. Ein kleiner Metallbarren genügt also, um genug PV-Zellen für ein großes Hausdach zu fertigen.
Für die gute Materialausbeute sorgt ein spezielles Beschichtungsverfahren, die sogenannte Sputterdeposition: Gasteilchen schlagen die Elemente aus einem Feststoffkörper, die sich dann hauchdünn auf einem Träger – Glas oder auch Folie – niederschlagen. In marktgängigen Zellen auf Basis von Kupfer, Indium, Gallium und Selen (CIS), wandelt diese maximal zwei Mikrometer dicke Schicht im Schnitt 10 – 12% des Sonnenlichts in Strom um. Weil so wenig Absorbermaterial so wirkungsvoll Strom erzeugen kann, gilt die Dünnschicht vielen als PV-Technik der nächsten Generation. Wobei neben dem CIS noch andere Absorber infrage kommen.
Der US-Hersteller First Solar z.B. ist mit dem CdTe abgekürzten Cadmium-Tellurid sehr erfolgreich, andere Produzenten verwenden Dünnschichtsilicium, das sie heute meist als Doppellage aus je einer amorphen und einer mikrokristallinen Siliciumschicht auf ein Substrat auftragen. Außerdem gibt es verschiedene Beschichtungsmethoden, von denen die thermische Verdampfung neben der Sputterdeposition die verbreitetste ist. Hierbei wird das Ausgangsmaterial durch eine elektrische Heizung solange erhitzt, bis ein Materialdampf entsteht, der auf dem Substrat zu einer Schicht kondensiert. Die Verdampfung läuft wie das Sputtern in geschützter Atmosphäre im Vakuum ab, um den Halbleiter nicht mit schädlichen Fremdkörpern zu verunreinigen.
Doch wie welche Materialkombination letztlich auch verarbeitet wird – das Produkt sind photoaktive Schichten, die dünner sind als ein menschliches Haar. „Das Spannende an der Dünnschicht ist ihr geringer Materialbedarf und die niedrigen Produktionskosten. Außerdem können die Module dank ihrer Flexibilität und ihres geringes Gewichts leicht transportiert und überall eingesetzt werden“, sagt Solarforscher Klaus Lips vom Helmholtz-Zentrum Berlin. Die Technik bringt noch einen weiteren Vorteil mit sich: Neue Materialien und Beschichtungsverfahren können auch in anderen Bereichen wie der Glas- und Fensterindustrie oder der Mikroelektronik angewendet werden. Dünne Schichten schützen und veredeln Oberflächen, isolieren Produkte gegen Hitze und Kälte, leiten und regeln Strom und unterstützen nicht zuletzt die Speicherung von Energie oder Informationen.

Kostenvorteil geschrumpft

Siliciumzellen, die derzeit dominierende PV-Technik, sind weitaus weniger variabel. Zwar arbeiten sie effizienter als ihre feinen Kontrahenten – Siliciumzellen nutzen heute bis zu 20% des einfallenden Lichts für die Stromproduktion aus. Mit rund 180 Mikrometern sind sie aber auch fast hundertfach dicker und damit deutlich materialintensiver. „Die Siliciumscheiben werden aus multi- oder monokristallinen Siliciumblöcken gesägt. Diese Produktionsweise lässt kaum dünnere Wafer zu“, erklärt Lips. Umständlich ist auch die Herstellung der Blöcke. Ein monokristalliner Ingot wird aus einer langsam erstarrenden Schmelze gezogen. Das dauert bei einem typischen Durchmesser von 15 bis 20 cm und einem Gewicht von bis zu 60 kg etwa 1,5 Tage. Zum Vergleich: Die Dünnschichtherstellung ist eine Sache weniger Minuten.
Für ihren endgültigen Durchbruch müsste die Dünnschicht nun nur noch beim Wirkungsgrad zulegen. Im Labor glänzt sie bereits mit Topwerten. Beim Dünnschichtsilicium erreichen Forscher der US-Firma United Solar mit sogenannten Dreifachstapelzellen mittlerweile 16,7% Effizienz. First Solar schafft mit CdTe-Laborzellen sogar schon 17,3%. Noch höhere Werte erreicht das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung (ZSW) Baden-Württemberg mit CIS: 20,3% Wirkungsgrad stehen hier seit 2010 zu Buche.
Doch so kurz vor der Marktdurchdringung scheint den Dünnschichtfirmen finanziell die Puste auszugehen. Statt große Fassaden und das Freiland zu erobern, ist der Marktanteil der schlanken Stromgeneratoren laut der Bostoner Marktforschungsfirma GTM Research seit 2009 um die Hälfte auf 10% zurückgegangen. Hauptgrund für diesen Rückgang ist der massive Preisverfall bei den Siliciummodulen. Übereifrige chinesische Hersteller haben dafür zu viele und zu große Fabriken gebaut. Um ihre Linien am Laufen zu halten, verkaufen sie ihre Produkte nun teilweise unter Fertigungskosten. Daher hat sich der Durchschnittspreis für Siliciummodule aus China nach Erhebungen des Berliner Marktforschers Sologico in den letzten anderthalb Jahren auf 66 Eurocent pro Watt halbiert. Der aus dem geringen Materialverbrauch resultierende Preisvorteil der Dünnschichtmodule ist so in kurzer Zeit dahin geschmolzen – alle drei Dünnschichten sind laut Sologico mit rund 60 Cent pro Watt nur noch unwesentlich günstiger. Dass Investoren bei nahezu identischen Preisen lieber die effizienteren Siliciumanlagen bauen, ist nachvollziehbar.

Neue Zellenkonzepte

Noch ist das Rennen um den Platz an der Sonne für die Dünnschicht aber nicht verloren. „Wir denken, dass die Dünnschicht wieder an Bedeutung gewinnt, denn anders als die kristalline Technik hat sie noch viel Optimierungspotenzial“, sagt Helmholtz-Forscher Lips. Einen Beweis dafür liefert der jüngst nach Japan verkaufte Solarmaschinenbauer Oerlikon Solar aus der Schweiz. Der Dünnschichtspezialist hat dieses Jahr eine schlüsselfertige „ThinFab“ für Module aus Dünnschichtsilicium auf den Markt gebracht, die die Vorgängerlinie aus dem Jahr 2010 in allen Belangen in den Schatten stellt. Bei 23% niedrigeren Investitionskosten schafft sie nach Angaben von Oerlikon einen 17% höheren Durchsatz und bringt um 8% effizientere Zellen mit 10,8% Wirkungsgrad hervor.
Welche Innovationen Dünnschicht-Ausrüster sonst noch anzubieten haben und welche Konzepte auf ihrer Roadmap stehen, zeigte erst kürzlich die internationale Fachmesse für solares Herstellequipment, solarpeq, und die parallel stattfindende glasstec, Weltleitmesse für die Glasbranche.
Dass in der Dünnschicht-PV noch viele Neuerungen möglich sind, glaubt auch die Bundesregierung und fördert die Technik im Rahmen der Innovationsallianz Photovoltaik daher weiter kräftig. Trotz ihres geringen Marktanteils hat ein Drittel aller Projekte der Allianz die Dünnschicht im Fokus. So fließen allein 6,5 Mio. Euro in das Projekt „CIGSfab“, in dessen Rahmen der süddeutsche Anlagenbauer Manz schlüsselfertige Fertigungslinien entwickelt. Die EU pumpt ebenfalls frisches Geld in die Dünnschichtforschung. Sie hat soeben bis 2015 10 Mio. Euro für das Projekt „Scalenano“ bewilligt, an dem sich 13 europäische Forschungsgruppen beteiligen.
Ehrgeiziges Ziel ist die Entwicklung völlig neuer Zellen. Für schnelle Kostensenkungen wollen die Wissenschaftler alternative, vakuumfreie Prozesse entwickeln, bei denen Nanopartikel ähnlich wie Tinte gedruckt werden. Druckverfahren sind günstiger als das Sputtern oder das Aufdampfen von Halbleitern, da sie höhere Geschwindigkeiten und Durchsätze ermöglichen und keine Energie für das Zerstäuben und Verdampfen benötigen. Zudem will die Kooperative neue Absorber, sogenannte Kes­terite, erproben. Diese haben ähnliche Eigenschaften wie die bisher verwendeten CIS-Materialien, nutzen anstelle des seltenen und teuren Indiums aber billigeres Zink und Zinn.
Einer der Schlüsselakteure bei der Erforschung der neuen Zellen ist die Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) in der Schweiz. Sie hat die Aufgabe, Kesteritabsorber auf Basis von Zinn, Zink und Schwefel zu gewinnen und außerdem wirkungsvollere sogenannte transparent leitfähige Oxide zu entwickeln, die in Dünnschichtzellen als elektrische Frontkontakte dienen. „In 5 bis 10 Jahren wollen wir Kesteritzellen aus nanostrukturierten Ausgangsstoffen mit 15 bis 20% Effizienz herstellen, die günstiger sind als Siliciumzellen“, sagt Empa-Solarforscher Jaroslaw Romanyuk. Der jüngste Erfolg des US-Konzerns IBM lässt die Wissenschaftler hoffen. Er stellte im Juni in einer Rolle-zu-Rolle-Beschichtungsanlage die erste Kesteritzelle mit 11,1% Wirkungsgrad her. Ihre Forschungsergebnisse will Empa später auch für andere Bereiche wie Batterien oder intelligente Fenster nutzbar machen. In Fensterscheiben könnten TCO-Nanoteilchen z.B. dafür sorgen, dass Infrarotwärme zur Kühlung im Sommer reflektiert oder im Winter gesammelt wird, so Romanyuk.
Auch das Helmholtz-Zentrum Berlin beteiligt sich an der Suche nach der Dünnschichtzelle der Zukunft. Im Rahmen von Scalenano entwickelt es neue analytische Methoden zur Charakterisierung der Zellen während des Herstellungsprozesses. Mit den Erkenntnissen wollen die Wissenschaftler die Absorberqualität sowie Ausbeute und Durchsatz bei der Produktion verbessern. Möglich wird die präzise Analyse von Schichten durch das neue, 19 Mio. Euro teure Röntgen-Strahlrohr Emil (Energy Materials in-situ Laboratory Berlin), das 2013 an den Elektronenbeschleuniger Bessy II in Berlin angeschlossen werden soll. „Mit Emil können wir den Schichten quasi beim Wachsen zusehen und genau beobachten, welche Prozesse an der Oberfläche ablaufen“, sagt Lips.
Die neue Röntgentechnik will das Helmholtz-Zentrum auch für die Entwicklung katalytisch aktiver Beschichtungen nutzen. Die Katalyse bezeichnet die Beschleunigung, Einleitung oder Lenkung chemischer Reaktionen durch Beteiligung bestimmter Stoffe, sogenannter Katalysatoren. Mit ihrer Hilfe lassen sich multifunktionale Dünnschichtzellen bauen, die ihren Strom an der Oberfläche direkt in speicherbaren Wasserstoff umwandeln. Dieser kann dann im Erdgasnetz gelagert oder als Sprit für Brennstoffzellenautos genutzt werden. Die große Zeit der Dünnschicht steht offenbar erst noch bevor.

KONTAKT: Solarpeq - Messe Düsseldorf, 40001 Düsseldorf, Tel. 0211 456001, Fax 0211 4560668, info@messe-duesseldorf.de, www.messe-duesseldorf.de

 


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