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Kraft-Wärme-Kopplung –viel Potenzial für das SHK-GewerbeTeil 1: Die (Mikro)-KWK im energiepolitischen Umfeld

Die Kraft-Wärme-Kopplung wird hoch gehandelt, wenn auf effektive Art und Weise Energie erzeugt werden soll. Diese KWK-Geräte liefern neben Wärme auch Strom – und das mit einem höheren Wirkungsgrad als die getrennte Erzeugung in Großkraftwerken. Die IKZ-HAUSTECHNIK widmet sich diesem für das SHK-Handwerk viel versprechende Segment mit vier Artikeln (siehe Kasten unten links).

 

Rahmenbedingungen
Um die momentane und zukünftige Rolle der Kraftwärmekopplung richtig einordnen zu können, muss zunächst die Struktur des deutschen und europäischen Stromnetzes und der Stromversorgung betrachtet werden. Erst dann lässt sich ein Szenario der zukünftigen Stromversorgung mit der Integration der Erneuerbaren Energien und der Rolle der KWK beschreiben. Dieser Blick über den Tellerrand lohnt sich.
Die oberste Ebene des Stromnetzes wird als Höchstspannungsebene bezeichnet (ähnlich dem Autobahnnetz). Es verbindet ganz Deutschland und Europa mitein­ander. Hierüber erfolgt auch der Strom-Ex- und -Import. An dieses Netz sind die sogenannten Grundlastkraftwerke angeschlossen, zu denen vor allem Kernkraftwerke, Braunkohlekraftwerke und auch Laufwasserkraftwerke zählen. Abgesehen von den Laufwasserkraftwerken kann die Leistung dieser Kraftwerke nur sehr langsam an eine schwankende Stromnachfrage angepasst werden. Ebenso können diese Kraftwerke nur langsam auf schwankenden Wind- und Solarstrom reagieren.
Ebene zwei und drei werden als Hochspannungs- bzw. Mittelspannungsebene bezeichnet. Auf dieser Ebene werden die Strommengen weiter an die Verbraucher verteilt. Außerdem speisen hier Mittellastkraftwerke Strom in das Netz ein. Diese Mittellastkraftwerke werden mit Steinkohle, Erdgas oder Öl betrieben und sind bes­tenfalls Anlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung. Das bedeutet, dass die Wärme, die bei der Stromerzeugung entsteht, in Fernwärmenetze oder industrielle Wärmeprozesse eingekoppelt wird. Durch diese Kraft-Wärme-Kopplung arbeiten diese Kraftwerke besonders effektiv. Vor allen Dingen können Mittellastkraftwerke schneller auf eine schwankende Stromnachfrage und das schwankende Stromangebot aus Erneuerbaren Energien reagieren. An die Hoch- bzw. Mittelspannungsebene sind auch große Solar- und Windparks angeschlossen.
Im Niederspannungsnetz erfolgt die Verteilung des Stroms an die Endabnehmer. Die Spannung liegt bei 400 V. An diesem Netz sind aber nicht nur Verbraucher angeschlossen, sondern auch viele Anlagen der dezentralen Stromerzeugung. Das sind vor allem Photovoltaikanlagen, einzelne Windkraftanlagen und kleinere Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung, auch Blockheizkraftwerke (BHKW) genannt.
Um die schwankende Stromnachfrage zu befriedigen, muss die Leistung der Kraftwerke angepasst werden, wozu aber nicht alle gleich gut geeignet sind. Auch muss immer „genug Strom im Netz“ sein. Die Integration von schwankender Energieproduktion durch Wind- und Solarenergie stellt dabei eine große Herausforderung dar. Denn Strom wird in dem Moment erzeugt, in dem er verbraucht wird. Er kann nicht gespeichert werden. Strom muss in andere, speicherbare Energieformen umgewandelt werden. Im idealsten Fall stammt diese Energie dann aus erneuerbaren Quellen.

 

Struktur des intelligenten Stromnetzes (Smart Grid). Bild: ABB, Deutsche Telekom
1    Offshore-Windpark
2    Fossiles Kraftwerk
3    Solarfarm
4    Dezentrales BHKW
5    Industriebetrieb
6    Übertragungs- und Verteilnetz
7    Rechner zur Steuerung der Stromerzeuger und -verbraucher
8    Privat- oder Gewerbegebäude
9    Zweckgebäude


Speichertechnologien
Der wohl bekannteste Energiespeicher ist der Pumpspeicher. Er nutzt überschüssigen Strom, um Wasser in einen höher gelegenen Speichersee zu pumpen. In Zeiten hoher Stromnachfrage wird dann die potenzielle Energie des Wassers genutzt, um eine Wasserturbine zu betreiben und Strom zu erzeugen.
Der Aufwand erscheint im ersten Moment sehr hoch, lohnt sich jedoch auch finanziell. Der Strompreis wird an der europäischen Strombörse in Leipzig gehandelt. Ein Teil des Strompreises ist der sog. Baseloadpreis, der durch langfristige Lieferverträge und durch Grundlastkraftwerke gebildet wird. Grundlaststrom ist verhältnismäßig preiswert.
Stromverbrauchsspitzen werden kurzfristig gehandelt und werden als Peakload bezeichnet. Peakload-Strom ist in der Regel wesentlich teurer als Baseload-Strom. Es kann aber auch vorkommen, dass ein kurzzeitiges Überangebot an Strom im Markt besteht. Dadurch wird der Peakload-Strom günstiger als der Baseload-Strom und kann im Extremfall sogar negativ werden. Das heißt, dass Geld für die Abnahme des überschüssigen Stroms gezahlt wird. In diesen Fällen wird der Strom nicht etwa vernichtet, sondern er wird genutzt, um Speicherkraftwerke zu laden. In diesem Fall verdient der Speicherbetreiber dadurch Geld, dass er den Strom günstig einkauft und zu einem späteren Zeitpunkt, wenn der Strom wieder teurer gehandelt wird, wieder verkauft. Dies geschieht schon heute in den Pumpspeicherkraftwerken in den Alpen.
Eine weitere Speichertechnologie sind Druckluftspeicher. Bei dieser Art wird überschüssiger Strom zum Antrieb von Kompressoren genutzt, um Druckluft zu erzeugen. Diese Druckluft wird dann in unterirdischen Kavernen oder großen Rohrleitungssystemen gespeichert. Bei Strombedarf wird die Druckluft über eine Turbine geleitet und wieder in Strom umgewandelt. Der Wirkungsgrad solcher Speichersys­teme kann in der Kombination mit einem GuD-Prozess (Gas und Dampf) bis zu 80 % betragen.
Eine Zukunftsoption zur Energiespeicherung sind Akkumulatoren. Elektrische Energie wird dort in chemische Energie umgewandelt. Die Vergütungssätze für zum Beispiel Photovoltaik-Strom begüns­tigen schon heute den Eigenverbrauch, also die Nutzung des Stroms vor Ort, ohne Einspeisung in das öffentliche Stromnetz. Für Strom aus einer Photovoltaikanlage1)  beträgt die Vergütung 28,74 Cent je kWh, wenn er in das öffentliche Netz eingespeist wird. Wird der Strom lokal verbraucht, so beträgt der Vergütungssatz 12,36 Ct/kWh, wenn weniger als 30 % lokal verbraucht wird, bzw. 16,74 Ct/kWh wenn die Eigennutzungsquote über 30 % liegt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der lokal produzierte Strom nicht eingekauft werden muss. Man spricht hier von vermiedenen oder verdrängten Stromkosten. Der Wert des PV-Stroms beträgt also maximal 16,74 Ct/kWh zuzüglich des Wertes des nicht eingekauften Stroms, beispielsweise 21,47 Ct/kWh. Damit liegt der Wert des selbst genutzten Stroms aus einer Photovoltaikanlage bei 38,21 Ct/kWh und damit 9,47 Ct/kWh über dem des Wertes für den ins Netz eingespeisten Strom.
Gelingt es nun, den Strom der eigenen Photovoltaikanlage vor Ort zu speichern, können solche Akkumulatoren-Systeme zukünftig wirtschaftlich betrieben werden. Die technischen Einrichtungen sind jedenfalls schon vorhanden und erhältlich. Die unterschiedlichen Akku-Systeme haben heute einen Wirkungsgrad von 60 % (Blei-Technologie) bis 90 % (Lithium-Ionen-Technologie).
Geht man einen Schritt weiter und bezieht die zukünftig wachsende Elektromobilität in die Betrachtungen mit ein, werden Akkumulatoren in Fahrzeugen ebenfalls das Netz entlasten. Es stellt sich allerdings die Frage, wie die Speicher in den Elektrofahrzeugen geladen werden. Hierzu gibt es unterschiedliche Szenarien. Schlimms­tenfalls werden die Elektrofahrzeuge am Abend an das Netz angeschlossen und geladen. Dies führt natürlich zu einer weiteren, ungewünschten Lastspitze. Bestenfalls werden die Speicher dann geladen, wenn ein ausreichendes Angebot an Strom aus Erneuerbaren Energien vorhanden ist. Zusätzlich kann die gespeicherte Energie zu einem späteren Zeitpunkt wieder in das Stromnetz abgegeben werden. Dann können auch zukünftig Parkhäuser zu dezentralen Stromspeichern werden. Indem man nämlich den Auto-Akku für einen bestimmten Zeitraum, z. B. während der Arbeitszeit, dem Netzbetreiber für sein Netzmanagement zur Verfügung stellt. Dies ist nicht in kurzer Zeit realisierbar. Aber die Beschleunigung der technologischen Umsetzung der e-mobilität lässt dieses Szenarium zukünftig realistisch erscheinen.

 

Elektromobile als Stromspeicher im Smart Grid.Bild: RWE

 

Intelligente Stromnetze
Zur Steuerung dieser Prozesse ist allerdings ein intelligentes Stromnetz unabdingbare Voraussetzung. Dies wird zurzeit unter dem Begriff Smart-Grid aufgebaut. Das intelligente Stromnetz erlaubt es, Verbräuche in Zeiten mit günstigem Stromtarif zu verlagern (Lastmanagement). Heutige Smart-Meter (intelligente Stromzähler) messen nicht nur die gelieferte Energiemenge, sondern versehen diese mit einer Art Zeitstempel. Stromanbieter werden zukünftig vermehrt flexible Stromtarife anbieten, die tageszeitabhängig variieren. Besteht ein großes Angebot an z. B. Windstrom, wird auch ein günstiger Stromtarif angeboten. Intelligente Haushaltsgeräte wie Waschmaschine oder Wäschetrockner werden dann in Betrieb gesetzt, wenn der Strom günstig ist. Man spricht hier vom „Smart Start“.
Unter dem Label „SG-Ready“ (Smart-Grid-Ready) werden solche Geräte schon heute von einigen Herstellern angeboten. Diese Vorgehensweise sorgt für eine Glättung des Stromlastgangs bzw. die Verlagerung von Lastspitzen in Zeiten mit hohem Anteil erneuerbar erzeugten Stroms. Es wird in Zukunft auch häufiger zur Abschaltung von Wärmepumpen kommen. Sperrzeiten von bis zu 3 mal 2 Stunden am Tag sind in Lieferverträgen für Wärmepumpenstrom schon längst enthalten.
Nun sollen diese zum Teil sehr komplexen Vorgänge das tägliche Leben nicht erschweren. Derzeit beginnt die „Internetisierung“ des Stromnetzes. Energie- und Datennetz werden so miteinander Verknüpft, dass die angesprochenen Vorgänge automatisiert werden. Das Netz „weiß“, dass der Speicher des E-Mobils um 16:00 Uhr soweit geladen sein muss, dass der Heimweg von 20 km problemlos, mit Reserven, zurückgelegt werden kann.

 

Intelligente Geräte zur Anpassung des Strombedarfs. Bild: Miele

 

Dezentrale Kraft-Wärme-Kopplung
Was ist jedoch bei einem Erneuerbaren-Ener­gien-Gau? Wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht? Auch in dieser Situation muss die Stromversorgung sichergestellt sein. Zum einen werden noch auf absehbare Zeit Kraftwerke nötig sein, um die sog. Regelenergie bereitzustellen. Die effektivste Art, Strom auf Grundlage fossiler Energieträger bereitzustellen, ist die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK), also die gleichzeitige Produktion von Strom und Wärme. Bei der KWK wird die Wärme nicht wie in konventionellen Kraftwerken üblich über Kühltürme in die Atmosphäre abgegeben. Vielmehr wird sie direkt im Gebäude genutzt oder in Nah- bzw. Fernwärmenetze eingespeist. Mitunter muss die Infrastruktur aufgebaut werden.
Es besteht aber noch eine weitere Möglichkeit, KWK verstärkt einzusetzen: Die Nutzung des bereits vorhandenen, weit verzweigten Erdgasnetzes in Kombination mit dezentralen Anlagen. Die vorhandene Infrastruktur des Strom-, Gas- und Informationsnetzes erlaubt es, viele kleine KWK-Anlagen zu einem virtuellen Kraftwerk zusammenzuschalten, die dann über eine Leitwarte gesteuert werden. Dies geschieht derzeit in Berlin. Dort betreibt die Vattenfall Europe Wärme AG zusammen mit den Partnern SenerTec, SES Energiesysteme und Stiebel Eltron eines der ers­ten virtuellen Kraftwerke in Deutschland.

 

Dezentrale Energiespeicher in Gebäuden. Bild: SMA

 

Chancen und Herausforderungen
Dezentrale Kraft-Wärme-Kopplung bietet dem Handwerk, insbesondere dem Heizungsbau, ein großes Marktpotenzial. Allerdings stellt es die Beteiligten vor große Herausforderungen. So ist vor allem Netzwerkfähigkeit gefragt. Nicht etwa die Fähigkeit, das Internet zu nutzen, sondern Kooperationsfähigkeit mit dem Elektrohandwerk. Schließlich wird ein konzessionierter Elektroinstallateur zum Anschluss der KWK-Anlage an das Niederspannungsnetz benötigt.
Die großen Chancen und Herausforderungen haben auch die Fachverbände erkannt. So hat der Fachverband SHK in NRW einen Fernlehrgang entwickelt, der unter dem Namen „SHK-Kraftwerker“ zurzeit in Nordrhein-Westfalen und in Berlin-Brandenburg ausschließlich Innungsbetrieben angeboten wird.
Zunehmend wird die KWK auch politisch wieder stärker wahrgenommen. Nach dem förderpolitischen Desaster der nachträglichen Streichung der Förderung der BAFA (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) für Klein-KWK im letzten Jahr plant die Bundesregierung eine Neuauflage eines Förderprogramms2). Es bleibt zu hoffen, dass der Gesetzgeber nicht die Mikro-KWK übersieht und dass diese Förderung kontinuierlich betrieben wird. Eine Situation wie im letzten Jahr ist kontraproduktiv und führt nicht zum gewünschten Erfolg. In diesem Fall wäre es besser, die Kraft-Wärme-Kopplung den Marktmechanismen zu überlassen und auf eine Förderung zu verzichten. Das würde den Ausbau der KWK zwar verlangsamen, aber nicht stoppen. Dazu sind ihre Vorteile zu gravierend.

Autor: Dipl.-Ing. Peter Lückerath, Dozent für Energie- und Umwelttechnik


Kraft-Wärme-Kopplung – viel Potenzial für das SHK-Gewerbe

Teil 1    Die Rolle der KWK im heutigen und zukünftigen energiepolitischen Umfeld
Teil 2    Technologien und verfügbaren Geräte sowie deren Einsatzgebiete
Teil 3    Einflussfaktoren für einen wirtschaftlichen Einsatz
Teil 4    Anforderungen an das Heizungswasser


 

 


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