Werbung

Innovatives Heizen

Erneuerbare Energien und die Entwicklung neuer Brennstoffe für ­ölbeheizte Gebäude eröffnen klimaneutrale Perspektive

Im nordhessischen Wolfhagen wurde im Rahmen eines Modellvorhabens ein 25 Jahre altes Einfamilienhaus mit Gebäude- und Heiztechnik in ein „Innovationshaus“ umgewandelt.

In Wolfhagen erfolgt die Stromversorgung bereits heute überwiegend auf erneuerbare Weise.

Blick in den Heizungskeller des „Innovationshauses“ (v.l.): Hybridgerät, Warmwasser­speicher, Stromspeicher sowie der Tank für Heizöl und neue flüssige Brennstoffe.

Außeneinheit der Wärmepumpe.

 

Die Energiewende in Deutschland kann gelingen, wenn auch der Wärmemarkt einen wesentlichen Beitrag leistet. Der Austausch alter Heizkessel gegen neue Geräte mit ­effizienter Brennwerttechnik spielt dabei eine wichtige Rolle.

Zusätzlich zu dieser Effizienzsteigerung eröffnen die Einbindung Erneuerbarer Ener­gien und die Entwicklung neuer Brennstoffe für ölbeheizte Gebäude langfristig eine klimaneutrale Perspektive. Wie die Zukunft dieser Häuser aussehen könnte, demonstriert das Institut für Wärme und Oeltechnik (IWO) gemeinsam mit Partnern im nordhessischen Wolfhagen. Dort wurde im Rahmen eines Modellvorhabens ein 25 Jahre altes Einfamilienhaus mit Gebäude- und Heiztechnik in ein „Innovationshaus“ umgewandelt.
Erneuerbare Energien und fossile Brennstoffe – in der öffentlichen Diskussion erscheinen die einen oft als Zukunftstechnik, während die anderen für viele die Vergangenheit symbolisieren. Dabei müssen klassische und erneuerbare Energieträger kein Widerspruch sein – das zeigt sich vor allem bei der Beheizung von Gebäuden.

Einstieg in die Energiewende
20 Mio. Menschen beziehen hierzulande ihre Wärme aus Heizöl. Die meisten Ölheizungen sind in Ein- und Zweifamilienhäusern zu finden. Vor allem im ländlichen Raum sind Ölheizungen weit verbreitet. Technisch sinnvolle Alternativen stehen an diesen Orten nicht immer zur Verfügung oder sind für viele Anlagenbetreiber finanziell nicht realisierbar. Für Hauseigentümer mit einer Ölheizung ist dann die Sanierung mit Öl-Brennwerttechnik zumeist der kostengünstigste Einstieg in die Energiewende. So können Treibhausgasemissionen um bis zu 30% gesenkt werden. Zugleich sind die Gebäude damit auch für die Zukunft gerüstet, denn: Öl-Brennwertheizungen lassen sich gut mit Anlagen aus dem Segment der Erneuerbaren Energien wie Solaranlagen oder Holzkaminöfen kombinieren.

Hybridheizungen – ein Weg in die Zukunft
Solche Hybridheizungen, die die Wärmeversorgung auf mindestens zwei Säulen verteilen, sind ein Konzept zur künftigen Wärmeversorgung von Gebäuden. Sie erhöhen den Anteil erneuerbar erzeugter Energie im Wärmebereich, ohne dass die Versorgungssicherheit zum Problem wird: Denn immer dann, wenn die Erneuerbaren nicht genug Energie liefern, steht Heizöl zur Verfügung. Heute nutzen in Deutschland mehr als 50% der Hauseigentümer mit Ölheizung zusätzlich Erneuerbare Ener­gien zur Wärmeversorgung. Das ist das Ergebnis einer Umfrage im Auftrag des IWO (Institut für Wärme und Oeltechnik). Wie weitere Untersuchungen zeigen, werden insbesondere Holzkaminöfen sowie thermische Solaranlagen zur Warmwasserbereitung und Heizungsunterstützung eingesetzt. Rund 940 000 Ölheizungen werden hierzulande gemeinsam mit einer Solarthermieanlage betrieben. Hybridsysteme auf Heizölbasis eignen sich insbesondere auch für gut gedämmte Gebäude mit niedrigem Energiebedarf, da sich das Heizöl über einen langen Zeitraum im eigenen Tank bevorraten lässt.
Mit Power-to-Heat ist technisch die Einbindung von erneuerbar erzeugtem Strom in die Wärmeversorgung möglich. Hybridheizungen, die in der Lage sind, Strom oder Heizöl als Wärmequelle zu nutzen, können ihre Stromnachfrage optimal an die jeweiligen Verhältnisse im Strommarkt anpassen – vollautomatisch und ohne Komforteinschränkungen bei den Hausbesitzern.

Energieversorgung von morgen heute schon testen
Die intelligente Verzahnung von Strom- und Wärmeversorgung ist ein Kernelement des „Innovationshauses“ in Wolfhagen. Die Wahl des Standorts war kein Zufall: Denn in der 30 km westlich von Kassel gelegenen 13.500-Einwohner-Gemeinde erfolgt die Stromversorgung dank eines Solar- und eines Windparks überwiegend auf erneuerbare Weise.
Dabei zeigt sich jedoch, dass das wetterabhängige Öko-Stromangebot und die Nachfrage durch die Haushalte vor Ort nicht immer übereinstimmen. So erfolgt die Versorgung mit erneuerbarem Strom nur jahresbilanziell zu 100%. Schaut man genauer hin, wird klar, dass nur rund 70% des jährlichen Strombedarfs der Region tatsächlich aus dem örtlichen Wind- und Photovoltaik-Park gedeckt werden. Es gilt also Lösungen zu finden. Da das Wind- und Sonnenangebot wetterabhängig und damit nicht beeinflussbar ist, bleibt als Lösung nur eine Steuerung der Stromnachfrage. Daher werden in Wolfhagen dynamische Stromtarife getestet und neue Technologien zum Einsatz gebracht. Wie sich zeigte, reicht aber eine Nachfrageflexibilisierung auf Verbraucherseite nur über weiße Ware nicht aus.
Grund sind die vergleichsweise geringen Verbräuche und Konflikte mit dem Nutzerverhalten. Dank seiner Power-to-Heat-fähigen Heizung vermag das „Innovationshaus“ hingegen hier einen Beitrag zu leisten. Wird beispielsweise gerade sehr viel Öko-Strom produziert, kann es diesen sowohl zur Strom- als auch zur Wärmeversorgung aufnehmen und speichern. Steht nicht ausreichend Öko-Strom zur Verfügung, wird die Wärmeversorgung durch ein Öl-Brennwertgerät sichergestellt.
Das 150 m² große Einfamilienhaus (Baujahr 1992) verfügt über ein internetfähiges Hybridheizgerät mit integriertem Trinkwasser-Ladespeicher (Viessmann Vitolacaldens 222-F), das eine Luft/Wasser-Wärmepumpe und ein Öl-Brennwertmodul kombiniert. Das Brennwertmodul hat einen Nenn-Wärmeleistungsbereich von 9,6 bis 23,6 kW, die Wärmepumpe hat eine Nenn-Wärmeleistung bei A2/W35°C von 2,7 bis 10,9 kW. Das ­Gerät ersetzte einen fast 25 Jahre alten Niedertemperatur-Ölheizkessel. Hinzu ­kommen eine fast 29,5 m² große, 18 Module umfassende Photovoltaik-Anlage auf dem Dach mit 4,9 kWp, ein Batteriespeicher (6,4 kWh), zwei Wärmespeicher sowie ein 1500-l-Heizöltank. Das gesamte System wird durch eine Ansteuerung von Viessmann geregelt und kann sich dem jeweiligen Angebot durch Wind- und Solarstrom anpassen.
In den kommenden Monaten wird nun u.a. untersucht, wann und wie viel Strom aus dem Netz und aus der eigenen Produktion zur Wärmegewinnung genutzt werden kann, wieviel Heizöl sich dabei einsparen lässt, und wann welcher Wärmeerzeuger (Öl-Brennwertgerät/Wärmepumpe) zum Einsatz kommt. Des Weiteren soll untersucht werden, was für finanzielle Effekte der Einsatz dynamischer Stromtarife für den Haushalt haben wird. Dies ist deshalb von Bedeutung, weil die Einführung derartiger Tarife ein Aspekt für die künftige Gestaltung der Energiewende sein wird.

Neue flüssige Brennstoffe
Das „Innovationshaus“ in Wolfhagen soll verdeutlichen, ölbeheizte Häuser im Hinblick auf die künftige, klimafreundlichere Gestaltung des Wärmemarktes als Teil der Lösung zu begreifen. Dies betrifft insbesondere auch den flüssigen Brennstoff. Denn um den klimapolitischen Herausforderungen gerecht zu werden, wird  langfristig auch das Heizöl „grüner“ werden. Grundsätzlich geht es hierbei um die Herstellung synthetischer flüssiger Kohlenwasserstoffe aus regenerativen Quellen. Ziel ist die Entwicklung marktfähiger, innovativer Brennstoffe, die dem bisherigen Heizöl in hohen Anteilen beigemischt werden und dieses langfristig ganz ersetzen können. Auch in dieser Hinsicht wird das „Innovationshaus“ Wolfhagen seiner Bezeichnung gerecht: Eingesetzt wird seit Februar 2018 ein um bis zu 80% treib­hausgasreduzierter Brennstoff. Dafür wird dem herkömmlichen Heizöl „CareDiesel“ beigemischt, der aus Reststoffen biologischen Ursprungs wie Altspeisefetten und Wasserstoff hergestellt wird.

Quelle: IWO (Institut für Wärme und Oeltechnik)

Bilder: IWO

www.zukunftsheizen.de/Innovationshaus

 


Artikel teilen:
Weitere Tags zu diesem Thema: