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Fruchtbare Diskussionen am Elbufer

Landesverbandstag 2018 in Hitzacker zeigte auf: Anforderungen in der SHK-Branche wachsen

Andreas Müller, Geschäftsführer des ZVSHK, berichtete über Projekte und Handlungsfelder der Handwerksorganisation.

Über praktische Erfahrungen der im August 2016 in Kraft getretenen Ausbildungsverordnung berichtete Dennis Peters, Referent Aus- und Weiterbildung beim Fachverband SHK Niedersachsen.

Wachrütteln, provozieren und zum Nachdenken anregen wollte Hermann-J. Kreitmeir mit seinem Vortrag.

Hitzacker an der Elbe war Austragungsort des diesjährigen Landesverbandstags.

Die „Große Ehrennadel in Gold“ erhielten Uwe Kluth, Josef Kreymborg sowie Siegfried Weigang. Links im Bild: Landesinnungsmeister Frank Senger, rechts Geschäftsführer Jürgen Engelhardt.

Zum Festabend gehörte neben der obligatorischen Musikband auch eine Akrobatik-Show. Das Programm kam gut an.

Landesinnungsmeister Frank Senger.

 

Welche Projekte und Handlungsfelder stehen derzeit im Fokus der Handwerksorganisation und wie sind die Erfahrungen mit der gestreckten Gesellenprüfung in Niedersachsen? Antworten auf diese und weitere Fragen gab es auf dem diesjährigen Landesverbandstag vom 14. bis. 16. Juni in Hitzacker an der Elbe. Außerdem wurde die im Frühjahr gestartete Qualitätsoffensive des Fachverbandes NRW, SHK-Expert genannt, vom dortigen Hauptgeschäftsführer Hans-Peter Sproten vorgestellt.

Bereits am Donnerstag startete der Landesverbandstag mit einem Vortrag zur Qualitätsoffensive SHK-Expert. Diese Initiative des Fachverbandes SHK NRW stellte Hans-Peter Sproten, Hauptgeschäftsführer des Fachverbandes SHK NRW, vor. In der anschließenden Diskussion wurde deutlich, dass das Konzept auch in Niedersachsen auf Zustimmung stoßen würde.
Am Freitag machte Andreas Müller, Hauptgeschäftsführer des ZVSHK, den Anfang und stellte Neuigkeiten aus dem Bundesverband vor. „Bei vielen Projekten, die wir durchführen, ist für den einzelnen Betrieb erst einmal kein Nutzen erkennbar“, stellte er eingangs dar. Gleichwohl seien sie elementar für die Branche. Dazu zählte Müller den Bereich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit ebenso wie politische Lobbyarbeit. Oft werde hinter den Kulissen für die Branche gestritten, etwa in Sachen Beibehaltung der Meisterpflicht oder zur Ausbildungsverordnung. Andere Handlungsfelder, wie die steuerliche Förderung von BAFA oder KfW zu Pumpentausch und Heizungsoptimierung oder altersgerechtem Umbau, kämen der Branche dagegen unmittelbar zugute.
Die Digitalisierung im Handwerk sei auch für den Verband eines der zentralen Themen. Als ein Beispiel nannte Müller das Projekt „Open Data Pool“. Ein anderes Thema war die Umsetzung der Datenschutz-Grundverordnung in den Betrieben. Die seit dem 25. Mai geltenden Anforderungen an den Umgang mit Kundendaten seien längst nicht auf breiter Ebene umgesetzt. Gleiches gelte für die Datenschutzerklärung im Internet für Betriebe mit Online-Präsenz. Inzwischen gäbe es erste Fälle, wo Abmahnvereine aktiv gegen Handwerksbetriebe vorgehen. Das aber sei längst nicht ohne Weiteres möglich, so Müller. Sein Rat: „Bei einer Abmahnung erst einmal kein Geld überweisen und Rechtsbeistand einholen.“
Eine zentrale Herausforderung sieht Müller in der politisch gewollten Energiewende. Bis zum Jahr 2050 soll Energie hauptsächlich aus regenerativen Quellen wie Wind- und Wasserkraft sowie Sonnenenergie und Geothermie bezogen werden. „Märkte und Geschäftsfelder aller Sektoren werden sich verändern und müssen gänzlich neu erfunden werden“, so Müller. Das betreffe nicht nur die Technik, sondern auch die Infrastrukturen und die Rahmenbedingungen. Erforderlich sei eine Kompetenzerweiterung des SHK-Handwerks im Segment Strom. „Der Wärmemarkt der Zukunft braucht qualifizierte SHK-E-Betriebe. Mit Nur-SHK-Betrieben können die Herausforderungen nicht gemeistert werden.“ Der Weiterbildungsausschuss des ZVSHK beschäftige sich bereits mit dem Thema.

Offener Erfahrungsaustausch
Die aktuelle Verordnung über die Berufsausbildung zum/zur Anlagenmecha­niker/-in SHK trat am 1. August 2016 in Kraft. Über die ersten Erfahrungen der „gestreckten Gesellenprüfung“ in Niedersachsen berichtete Dennis Peters, Referent für Aus- und Weiterbildung beim Fachverband. Insgesamt 1312 Prüflinge legten im Juni die Gesellenprüfung Teil 1 in Niedersachsen ab. Des Weiteren haben 5 Prüflinge aufgrund einer Verkürzung der Ausbildungszeit die Gesellenprüfung Teil 2 ebenfalls durchgeführt. Die Erfahrungen haben gezeigt, dass die Unterschiede beim Ausbildungsstand der Auszubildenden am Ende des 2. Ausbildungsjahres extremer ausfallen als am Ende der Ausbildung. So sei vielen Prüflingen der praktische Teil schwergefallen, weil die Aufgabenstellung zu komplex schien und die Zeit dafür zu kurz war, stellten einige Delegierte fest.
Einige stimmten dem zu: „Wir sprechen da nicht von den schlechten Auszubildenden, sondern von denen, die noch mit einem Befriedigend abgeschnitten haben“, erläuterte ein Teilnehmer. Ein anderer betonte, dass es sehr wohl Auszubildende gab, die die Prüfung sogar in der Hälfte der zur Verfügung stehenden Zeit absolviert hätten: „Wer strukturiert vorgeht und sich Gedanken dazu macht, der kommt auch sicher durch die Prüfung“. In den Anmerkungen zu der schriftlichen Prüfung wird inzwischen häufiger eine Verständnisproblematik als eine Wissens­problematik festgestellt. Hier besteht ein kausaler Zusammenhang. Dennis Peters formulierte dazu abschließend, worauf es in Zukunft stärker ankommen wird: „Die im Fachverband SHK Niedersachsen zuständige Kommission für die Erstellung der Gesellenprüfung setzt sich seit Längerem mit diesem Thema auseinander und legt Wert auf eine einfache Formulierung der Aufgabenstellung“.

„Jeder Chef hat die Mitarbeiter, die er verdient“
Wachrütteln, provozieren und zum Nachdenken anregen wollte Hermann-J. Kreitmeir mit seinem Vortrag unter der Überschrift „Zeitmanagement – der ganz normale Wahnsinn als SHK-Unternehmer – welche Wege führen heraus?“ „Wie viel Zeit verbringen Sie pro Tag mit Ihren Familien – in Minuten? Und wie oft müssen Sie Fragen beantworten, Fragen von Kunden oder von Mitarbeitern?“ Mit diesen Fragen stieg Kreitmeir in die Thematik ein und lieferte die Antworten gleich mit. So empfahl er beispielsweise, bei Fragen der Mitarbeiter gleichermaßen Gegenfragen zu formulieren und Lösungsvorschläge einzufordern. Ureigenste Aufgabe eines Unternehmers sei es, sich um das Geschäft von morgen Gedanken zu machen. Die Konjunktur laufe schon sehr lange sehr gut – auf künftige Wellenbewegungen müsse man vorbereitet sein. Auch der in den Augen des Betriebsberaters oftmals viel zu geringe Stundenverrechnungssatz müsse eher heute als morgen angepasst werden.
Mitarbeiterführung sei das A und O. „Jeder Chef hat die Mitarbeiter, die er verdient.“ Es gelte, Distanz zu den Mitarbeitern zu schaffen, gleichzeitig aber genügend Spielraum für die individuelle Entfaltung des Einzelnen zu lassen. Mitarbeiter bräuchten klare Regeln, Orientierungslosigkeit erzeuge Unsicherheit.
Kreitmeir bietet seine Expertise speziell SHK-Handwerksbetrieben an, wer das Thema vertiefen möchte, kann sich mit seinen individuellen Fragestellungen an ihn wenden.

Mitgliederversammlung und Aussprache
In seinem Geschäftsbericht ließ Landesinnungsmeister Frank Senger die Themen Revue passieren, die in der jüngsten Vergangenheit die SHK-Unternehmer beschäftigt haben. Dazu gehörten u. a. die bereits erwähnte Plattform Open Data Pool des ZVSHK, die der Landesinnungsmeister befürwortet, das Thema Wartungsaktivitäten seitens der Hersteller oder Versorger sowie Dienstleistungen durch Ablesedienste (siehe auch Interview).
Auch in diesem Jahr wurden wieder einige Delegierte für ihr langjähriges Engagement im SHK-Ehrenamt geehrt. Die „Große Ehrennadel in Gold“ erhielten Uwe Kluth (Buchholz-Sprötze), Josef Kreymborg (Lohne) sowie Siegfried Weigang (Vechelde-Vallstedt). Außerdem fand die Prämierung des Ideenwettbewerbs zur Nachwuchskampagne „Zeit zu starten“ statt. Einen Scheck in Höhe von 3000 Euro erhielt die Innung Braunschweig für ihr Konzept mit Info-Aufhängern, die in öffentlichen Verkehrsmitteln in Braunschweig über die Haltegriffe verteilt werden. 2000 Euro gehen an die Innung Oldenburg, die mit einem Festwagen an dem jährlich stattfindenden Umzug zum Kramermarkt teilnimmt. Der Festwagen wird im Design der Nachwuchskampagne „Zeit zu starten“ gestaltet.
In der Mitgliederaussprache hatten die Delegierten Gelegenheit, die Themen der vergangenen 2½ Tage nochmal aufzugreifen und offene Fragen zu klären.
Im kommenden Jahr wird der Landesverbandstag vom 23. bis 25. Mai in Wilhelmshaven stattfinden. Die diesjährige Herbsttagung wird am 1. November 2018 in Hannover stattfinden.

Bilder: IKZ

„Wir müssen auch unser eigenes Tun kritisch hinterfragen“

Am Rande des Verbandstages äußerte sich Landesinnungsmeister Frank Senger im Gespräch mit IKZ-Chefredakteur Markus Sironi zu aktuellen Themen aus dem Verbandsgeschehen.

IKZ-HAUSTECHNIK:
Seit einem Jahr stehen Sie dem Verband als Landesinnungsmeis­ter vor. Was hat sich seitdem getan?
Frank Senger: Wir haben zunächst den Vorstand neu aufgestellt und organisiert. In gemeinsamen Sitzungen haben wir konkrete Ziele für die kommenden Jahre definiert. Eines lautet: Wir möchten wieder näher an die Innungen, um zeitnah deren Probleme aufnehmen und gezielter und schneller helfen zu können. Der ständige Austausch ist uns wichtig. Unsere acht Bezirksvorsitzenden, die die 53 Innungen vertreten, fragen vor jeder Sitzung bei ihren Innungen nach aktuellen Sorgen und Nöten, um diese zeitnah im Vorstand zu besprechen. Dafür haben wir einen entsprechenden Mailverteiler aufgebaut. Unsere Erfahrungen sind bislang positiv.

IKZ-HAUSTECHNIK:
Schon vor Ihrer Wahl zum Landesinnungsmeister im vergangenen Jahr war Ihnen das Thema Internet für Innungen ein besonderes Anliegen. Hat sich daran etwas geändert?
Frank Senger: Das Thema liegt mir nach wie vor am Herzen. Wir bieten mittlerweile kostenlos eine Internetseite für Innungen an. Diese Seite wird von einem Dienstleister aufgebaut. Die Pflege des öffentlichen und internen Bereiches – der interne Bereich ist passwortgeschützt und steht nur den Innungsbetrieben zur Verfügung – wird vom Fachverband übernommen. Dazu wurde eigens ein Konzept entwickelt. Zusätzlich wird der öffentliche Teil, der für den interessierten Endverbraucher zugänglich ist, teilweise auch durch den Zentralverband mit Fachthemen gefüllt. Unseren Service – und das ist erfreulich – nutzen mittlerweile rund 70 % aller Innungen.

IKZ-HAUSTECHNIK:
Die digitale Transformation geht auch am Handwerk nicht vorbei. Sehen Sie die Betriebe auf dem richtigen Weg?
Frank Senger: Der Digitalisierung muss sich jeder Betrieb individuell stellen – der eine braucht mehr, der andere weniger. Der richtige Weg sieht also immer anders aus. Im Verband sind wir dabei, in Ko­operation eine herstellerneutrale Smart-Home-Lösung für unsere Betriebe zu erarbeiten. Auf der GET Nord in Hamburg im November soll das Projekt vorgestellt werden. Das ist ein Wunsch, der von den Mitgliedern an uns herangetragen wurde. Gezielter Bedarf, beispielsweise nach Schulungen oder anderweitigen Qualifizierungen, ist dagegen nicht angemeldet worden.

IKZ-HAUSTECHNIK: Schon vor der offiziellen Mitgliederversammlung gab es ein Treffen mit den Obermeistern, bei dem die NRW-Qualifizierungsoffensive SHK Expert von Hans-Peter Sproten, Hauptgeschäftsführer des Fachverbandes SHK NRW, vorgestellt wurde. Das Projekt läuft in NRW seit dem Frühjahr 2018. Könnten Sie sich die Qualitätsoffensive auch für Betriebe in Niedersachsen vorstellen?
Frank Senger: Das kann durchaus ein Modell sein, an dem sich Niedersachsen beteiligt. Ich möchte der endgültigen Entscheidung aber nicht vorgreifen. Bei der Vorstellung durch den Geschäftsführer Hans-Peter Sproten gab es aus den Reihen der Mitglieder jedenfalls viel Zustimmung. In der Mitgliederversammlung am Samstag hat der Vorstand deshalb den Auftrag erhalten, das Thema für einen Mitgliederentscheid vorzubereiten. Das Interesse der Betriebe scheint enorm.

IKZ-HAUSTECHNIK: Auftragslage und Perspektiven im Handwerk sind gut, weniger gut ist die Ausbildungssituation – und das trotz einer bundesweiten Nachwuchskampagne. Wie stellt sich die Situation im Flächenland Niedersachsen dar?
Frank Senger: Leider nicht anders als im übrigen Bundesgebiet, wenngleich wir im letzten Jahr erfreulicherweise eine leichte Steigerung bei den Ausbildungszahlen gegenüber den Vorjahren verzeichnen konnten. Aber, und das ist für die Betriebe viel bedrohlicher, es mangelt vor allem an ausgebildeten Facharbeitern. Also die Lehrlinge, die vor 10 oder 15 Jahren ihre Ausbildung absolviert haben und die Betriebe nicht übernehmen konnten, weil es die Arbeitslage damals nicht erlaubt hatte. Heute fehlen sie uns.
Angesichts dieser unschönen Entwicklung ist es an der Zeit, den Beruf des Anlagenmechanikers SHK wieder ins richtige Licht zu rücken. Deshalb hat der Verband eine neue Imagekampagne ins Leben gerufen: „Alles.Richtig.Gemacht.“. Wir tragen diese gerade ins Land – u. a. mit verschiedenen Videoclips und einer starken Ausrichtung auf Social Media. Ziel ist ein Imagegewinn für den Beruf Anlagenmechaniker SHK. Wir brauchen eine Sogwirkung im Handwerk.

IKZ-HAUSTECHNIK: Die fehlenden Montagekapazitäten haben längst auch Auswirkungen auf bestehende Marktpartnerschaften. So gibt es inzwischen Tendenzen, dass Hersteller das Wartungsgeschäft selbst in die Hand nehmen – und direkt an die Endkunden gehen. Wie ernst nehmen Sie diese Marktverschiebungen?
Frank Senger: Von den Mitgliedsbetrieben wurden uns vereinzelt Fälle gemeldet. Als ein flächendeckendes Problem in Niedersachsen sehen wir das derzeit nicht. Verstärkte Aktivitäten nehmen wir dagegen von anderen Marktpartnern wahr, etwa von Energieversorgern. In Bremen kocht das Thema gerade hoch. Der dortige Energieversorger geht mit seinem Wartungsangebot aktiv an Endverbraucher. Hintergrund ist sicher auch die derzeit laufende Gasumstellung, in der wir uns befinden. Da wird das Feld fleißig bereitet, um später ernten zu können. Heute die Wartung, morgen der neue Kessel. Wir werden uns da entsprechend positionieren.
Aber wir müssen auch unser eigenes Tun kritisch hinterfragen. Ich will es mal so ausdrücken: Wenn ich als Betrieb aufgrund hoher Beschäftigungslage das Wartungsgeschäft oder den Störungsdienst an die Hersteller abtrete, anstatt es zum Beispiel an einen Kollegen weiterzugeben, dann muss ich mich nicht wundern, wenn andere Marktpartner – seien es Hersteller oder Versorger – neue Geschäftsmodelle etablieren wollen. Auch da ist wieder die Innung gefragt, um die Vernetzung der Betriebe untereinander zu stärken.

 


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