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Energie plus Frischluft - Komfortlüftungssystem als Teil des Energiekonzepts für ein Plusenergiehaus

Die intelligente Vernetzung regenerativer Energiesysteme hat beim Neubau eines Wohnhauses in Oberbayern dazu geführt, dass das Gebäude mehr Energie produziert als für Gebäudebeheizung, Trinkwassererwärmung, Lüftungstechnik und Haushalt verbraucht wird. Neben unkonventionellen Lösungen – wie einem thermisch aktiven Kiesbett unter dem Haus als saisonalem Wärmespeicher – trägt auch die kontrollierte Wohnungslüftung mit Wärmerückgewinnung sowohl zur Maximierung der Energieeffizienz als auch zur thermischen Behaglichkeit bei.

Das Energiesystem des in Oberbayern erbauten Wohnhauses produziert mehr Energie als für Gebäudebeheizung, Warmwasser und Lüftung benötigt wird. Die Wohnräume werden von einem Komfortlüftungssystem mit Wärmerückgewinnung mit frischer und temperierter Luft versorgt. Unter den PV-Modulen leiten Passivwärmeabsorber die Wärme in einen Erdwärmespeicher unter dem Haus.

Der Technikraum des Wohnhauses ist die Schaltzentrale für intelligent vernetzte Energiesysteme. Das „Vallox“-Lüftungsgerät für die kontrollierte Wohnungslüftung (links) erzielt durch einen Kreuz-Gegenstrom-Wärmetauscher einen Wärmerückgewinnungsgrad bis 90%. Die Wärmepumpe (Mitte) nutzt das thermisch aktive Kiesbett unter dem Fundament als Wärmequelle.

Während der frostschutzmittelfrei betriebene Kreislauf des Erdwärmespeichers im Sommer durch eine einfache Dreiwege-Umschaltung (links) für die Flächenkühlung genutzt werden kann, versorgt das Komfortlüftungssystem (rechts) die Wohnräume mit frischer und gefilterter Luft. In der Raumecke ist das Zentralstaubsauggerät installiert, das den Staub über einen Fortluftfilter ins Freie befördert.

Ein Touchscreen-Display visualisiert den Aufbau und das Zusammenspiel des aus Photovoltaik, Wärmepumpe, Erdwärme und kontrollierter Wohnungslüftung kombinierten Energiesystems. Zur Anzeige und für die Auswertung der Betriebsdaten …

… erfassen im gesamten System platzierte Fühler die aktuellen Istwerte von Temperaturen, Luftvolumenströmen und Durchflussmengen, deren Daten im Schaltschrank zusammenlaufen.

Unter der Dachschräge ist der Platz für das Komfortlüftungssystem einschließlich der schall- und wärmegedämmten Anbindeleitungen für Außenluft, Zuluft, Abluft und Fortluft.

 

„Das Ergebnis des regenerativen Energiekonzepts mit den Hauptkomponenten Solarenergie, Wärmespeicherung, Wärmepumpe und kontrollierter Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung ist ein Plusenergiehaus“, sagt Friedrich Hamp über das Energiesystem des im Frühjahr 2014 fertiggestellten Wohnhauses in der Nähe des Starnberger Sees. Das Prinzip, mit dem der Energieaufwand zur Beheizung, Kühlung und Lüftung von 390 m² Wohnfläche auf einem absoluten Minimum gehalten wird, beruht auf intelligent vernetzter Haustechnik. Z.B. dadurch, dass unter den Modulen der PV-Anlage ein Passivwärmeabsorber die Globalstrahlungswärme aufnimmt: „Bei Sonneneinstrahlung herrschen im Hohlraum unter den PV-Modulen hohe Temperaturen. Dieser Wärmegewinn bleibt ansonsten ungenutzt und heizt im Sommer nur die Räume unter dem Dach zusätzlich auf“, berichtet der TGA-Planer, der in München gemeinsam mit Architektin Ursula Schiefele-Hamp ein Ingenieurbüro für integriertes Planen betreibt. Ihr Werk ist der in klaren Sichtbetonwänden erbaute, an den Bauhausstil angelehnte Baukörper des Wohnhauses, der gleichzeitig ein Referenzbeispiel für integrierte Planung ist.

Wärme aus der Luft

Die Hauptbestandteile des realisierten Energiesystems sind die saisonale Speicherung von „Solarstrom-Abwärme“ in einem Erdwärmespeicher, Wärmerückgewinnung aus der Innenraumluft und eine Sole/Wasser-Wärmepumpe mit 14 kW Heizleistung. Mit den Wärmeabsorbern unter den PV-Modulen wird doppelt Energie erzeugt, weil die Wärmeaufnahme der Absorber gleichzeitig die Module kühlt. Die aus Aluminiumblech und strömungsgünstigen Kupferrohr-Wärmetauschern gefertigten Passivwärmeabsorber sind eine Entwicklung von Friedrich Hamp, die inzwischen patentiert ist. „Anstatt also unter den PV-Modulen nur ‚heiße Luft‘ zu produzieren, erzeugt das System zusätzlich Energie bei gleichzeitig gesteigertem Anlagenwirkungsgrad“, sagt Hamp.
Der erzeugte Solarstrom und die Wärmerückgewinnung aus der Innenraumluft sind innerhalb dieses Energiesystems die unmittelbar genutzten Energiearten, während die aus der Modulkühlung gewonnene Wärme zeitversetzt genutzt wird: „Das Prinzip beruht zum Teil auf der zeitlichen Verlagerung von Energiegewinnung und Energieverbrauch durch saisonale Speicherung“, erläutert Friedrich Hamp. Die PV-Anlage liefert mit einem Jahresertrag von rund 20000 kWh/a mehr Strom, als die Wärmepumpe und alle übrigen Stromverbraucher ganzjährig benötigen.
Um aus der überwiegend regenerativ erzeugten Heizwärme außerdem so viel wie möglich Energie aus der Raumluft zurückzugewinnen, sind im Haus zwei Wohnraumlüftungsgeräte mit integrierter Wärmerückgewinnung aufgestellt. Die Hauptaufgabe der im Untergeschoss sowie im Dachgeschoss vorhandenen Lüftungssysteme ist, im gesamten Gebäude für stets frische Luft und behagliches Raumklima zu sorgen – auch dann, wenn sich die Bewohner gerade außer Haus befinden.

Lüftungskomfort und Raumlufthygiene

Das im Archiv im Dachgeschoss installierte Lüftungsgerät vom Typ „Vallox ValloPlus 800 SE“ führt den Wohnräumen und Büros gefilterte und vorgewärmte Frischluft zu. Ein baugleiches Gerät versorgt im Untergeschoss Schlafräume, Badezimmer und Nebenräume mit frischer Luft; für diese Bereiche wird der Betrieb des Lüftungsgerätes über einen Kanal-Feuchtefühler geregelt. „Die Wahl der Führungsgröße zur Regelung der Lüftungsgeräte orientierte sich an der Raumnutzung“, erläutert Friedrich Hamp. Die Lüftungsgeräte erreichen eine maximale Luftleistung von 790 m³/h und übertragen mit einem großflächigen Wärmetauscher bis zu 90% der Heizwärme aus der Abluft an die einströmende Zuluft. Im Untergeschoss erzielt die Wärmerückgewinnung einen zusätzlichen Effekt, indem die Abwärme von haustechnischen Geräten wie PV-Wechselrichtern zur Beheizung der Wohnräume beiträgt.
In der Ausführung des Lüftungssystems ist detaillierte Planungsarbeit erkennbar. So wurden die Abluft- und Zuluftleitungen für die Räume im Untergeschoss in der darüberliegenden Geschossdecke einbetoniert. Im Dachgeschoss verlaufen die Lüftungsleitungen vor der Wand und sind von Einbauschränken umbaut. Dort sind optisch unauffällig die Zuluftauslässe integriert, aus denen gefilterte und temperierte Frischluft strömt. Haupt- und Nachschalldämpfer sorgen dafür, dass im Raum das Ticken eines Weckers deutlicher zu hören ist als das Strömungsgeräusch. „Die Raumlufthygiene wird durch die leistungsfähigen Zuluftfilter gewährleis­tet, durch die aufgrund der heutigen Filterklassen weder Staub noch Verunreinigungen in das Lüftungssystem gelangen können“, erklärt Friedrich Hamp über die in den Lüftungsgeräten installierten Filter der Filterklasse F7.

Staubsauganlage befördert Staub nach draußen

Zusätzlich sorgt eine zentrale Staubsauganlage dafür, dass sowohl die Raumluft als auch die Raumflächen staubfrei bleiben. Zum Staubsaugen wird anstelle eines sperrigen und kabelgebundenen Bodengerätes nur das Reinigungsset benötigt, das aus einer Bodendüse und einem Saugschlauch besteht. Beim Anschluss des Saugschlauchs an die Saugdose startet automatisch der im Technikraum installierte Zentralstaubsauger. Dort wird die abgesaugte Luft nach dem Zyklonprinzip gefiltert und über einen Fortluftauslass ins Freie geleitet. Das Rohrsystem für die Unterdruck-Saugleitungen besteht beim verwendeten „Allaway-System“ aus Kunststoffrohren mit einem Rohraußendurchmesser von 44 mm. Bei der Herstellung wird dem Rohrwerkstoff ein spezielles Granulat beigemischt, das die statische Aufladung stark vermindert. Die zum „Allaway“-Rohrsystem gehörenden Formteile sind für hohe Strömungsgeschwindigkeiten optimiert und sind in abriebgefährdeten Bereichen mit verstärkten Wanddicken versehen. Beim Staubsaugen muss kein sperriges Bodengerät mitgeführt werden. Der in 8 oder 10 m Länge erhältliche Saugschlauch wird einfach an eine in der Wand installierte Saugdose angeschlossen und ermöglicht einen großen Aktionsradius. Einen wesentlichen Vorteil des zentralen Staubsaugsystems bemerkt der Nutzer daran, dass der typische muffige Geruch ausbleibt. Im Vergleich zur konventionellen Staubbeseitigung wird auch der mit Pollen und Bakterien verunreinigte Mikrostaub zuverlässig entfernt. Der unter Allergien leidende Bauherr bemerkt dadurch bereits im ersten Nutzungsjahr nach dem Bezug des neu erbauten Wohnhauses eine spürbare Verbesserung der Lebensqualität.

Wärme aus PV-Kühlung wird zeitversetzt zum Heizen genutzt

Wo verwertbare Energie anfällt, wird diese für das in Oberbayern erbaute Haus auch konsequent genutzt. Die zunehmend verbreitete Lösung, den Strom für den Betrieb einer Wärmepumpe mit Solarstrom zu decken, war dem Fachplaner für Versorgungstechnik nicht konsequent genug. Die aus der Modulkühlung gewonnene Energie wird im Regelfall nicht unmittelbar benötigt. Deshalb wird die Wärme aus den Solar-Absorbern in einen eigens dafür konzipierten Erdwärmespeicher geleitet. Dieser befindet sich unter der Bodenplatte des Wohnhauses und besteht aus mäanderförmig verlegten PE-Rohren, die in vier Lagen übereinander in einem Kiesbett verlegt sind. Der 1,5 m hohe Erdwärmespeicher erstreckt sich auf eine Grundfläche von 200 m² und wirkt nach Beschreibung des Planers als thermisch aktives Kiesbett. „Im Sommer regeneriert die Kühlung der PV-Module den Erdwärmespeicher, sobald das Temperaturniveau im Passivwärmeabsorber um 3 K höher ist als im Erdwärmespeicher“, berichtet Friedrich Hamp.
Die Sole/Wasser-Wärmepumpe nutzt den Erdwärmespeicher als Wärmequelle und erzielt damit eine JAZ >6. Eine weitere Besonderheit dieser Wärmepumpenanlage ist, dass der Erdwärmeabsorber durch die Lage unter dem Gebäude bereits komplett im frostfreien Bereich liegt. So konnte für das Wärmeträgermedium auf den Zusatz von Frostschutzmittel verzichtet werden, wodurch der Wärmeerzeuger im Grunde als Wasser/Wasser-Wärmepumpe betrieben wird. Im Sommer kann mit dem hydraulischen System rein durch Umwälzung des Wärmeträgermediums über die Fußbodenheizung gekühlt werden. Dadurch ersparte der Bauherr die ansonsten nötige Systemtrennung zwischen Erdwärmeabsorber und dem Heiz-/Kühlkreislauf. Über eine simple Dreiwege-Umschaltung zirkuliert der Kühlkreislauf unmittelbar zwischen Fußbodenheizung und Erdwärmeabsorber.

Kontrolle über Energieverbrauch und Haustechnik
Zu den Wünschen des für energieeffiziente Gebäude aufgeschlossenen Bauherrn zählte auch, den Überblick über die vernetzten haustechnischen Funktionen zu haben. Im Erdgeschoss zeigt ein in die Wand integriertes Touchscreen-Display die jeweiligen Schalt- und Hydraulikschemata der einzelnen gebäudetechnischen Systeme. Von diesem Tableau aus bedienen die Hausbewohner auch alle Einrichtungen von der Beleuchtung bis zur Regelung der gebäudetechnischen Anlagen. Um die mit dem intelligent vernetzten Energiesystem erzielbare Energieeffizienz auch messen zu können, erfassen insgesamt 22 im Heizungs- und Wärmeverteilsystem installierte KNX-Fühler die Raum- und Mediumtemperaturen sowie Durchflussmengen und Luftvolumenströme.
Die bis ins Detail auf maximale Energieeffizienz und optimale Raumlufthygiene ausgefeilte Gebäudetechnik spart Energiekosten und vermeidet Emissionen. Die kontrollierte Wohnungslüftung versorgt die Bewohner rund um die Uhr mit temperierter, gefilterter Frischluft und schafft darüber hinaus thermische Behaglichkeit: „In der kalten Jahreszeit sorgt das Lüftungssystem für eine fühlbar gleichmäßige Verteilung der Heizwärme aus dem Kaminofen im Wohnzimmer. Sichtbar wird dies daran, dass keines der großflächigen Fenster beschlägt. Im Sommer verteilt die Luftströmung die von der Flächenkühlung temperierte Luft, sodass ohne Einsatz von Klimatechnik zum Beispiel bei 33°C Außentemperatur in den Wohnräumen angenehme 26°C herrschen“, berichtet Friedrich Hamp über die bisherigen Erfahrungen des Bauherrn.  

Autor:
Wolfgang Heinl

Bilder: Heinemann GmbH

Kontakt: Heinemann GmbH, 86911 Dießen, Tel. 08807/9466-0, info@heinemann-gmbh.de, www.heinemann-gmbh.de


Integriertes Planen • Architekten • Ingenieure
Die Arbeitsgemeinschaft Integriertes Planen • Architekten • Ingenieure entwickelt Gebäudestruktur und Gebäudetechnik vom Entwurf bis zur Fertigstellung in interdisziplinärer Zusammenarbeit. Die Hand in Hand entwickelte, immer auch gestalterisch anspruchsvolle Gesamtlösung führt zu einem energetisch und ökonomisch optimierten Gebäudekonzept.
Neben einer energetisch optimierten Gebäudehülle zählt zur planerischen Aufgabenstellung der möglichst ausschließliche Einsatz von regenerativen Wärmeerzeugungsarten, beispielsweise durch Nutzung von Solarwärme und inneren Wärmelasten in Kombination mit oberflächennaher Geothermie und Langzeitwärmespeicherung.

 


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