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Weiterbildung dringend erforderlich

Die IKZ im Interview mit Andreas Braun, Referent für Sanitärtechnik beim ZVSHK und Mitglied zahlreicher Normungsgremien

„Die Forderung die Trinkwassertemperaturen abzusenken scheint ja auf den ersten Blick logisch und vor allem schnell umsetzbar. Leider ist dies nicht so einfach gemacht wie gesagt“, sagt Andreas Braun, und verweist auf hygienische Risiken. Bild: ZVSHK

 

Die anstehende Novelle der Trinkwasserverordnung sieht u. a. präventive Maßnahmen für eine hygienisch sichere Trinkwasserversorgung in Hausinstallationen vor. Gut geschulte SHK-Betriebe sind künftig also gefordert, die neuen Anforderungen umzusetzen und so der Trinkwasserverordnung gerecht zu werden. Mit einer neuen Schulungsreihe macht der Zentralverband Sanitär Heizung Klima ZVSHK gemeinsam mit dem Bundesindustrieverband Technische Gebäudeausrüstung (BTGA) und der Bundesvereinigung der Firmen im Gas- und Wasserfach (figawa) die Handwerker fit für Trinkwasser. IKZ-Chefredakteur Markus Sironi sprach darüber mit Andreas Braun, Referent für Sanitärtechnik beim ZVSHK und Mitglied zahlreicher Normungsgremien. 

IKZ-HAUSTECHNIK: Trinkwasser-Schulungen werden vom ZVSHK schon viele Jahre angeboten. Warum braucht es jetzt den Zusammenschluss mit dem BTGA und der figawa?

Andreas Braun: In der Tat bietet der ZVSHK schon viele Jahre die Qualifizierung zur Fachkraft für Trinkwasserhygiene an. Die Schulung vermittelte ähnlich wie andere Schulungsformate, beispielsweise die VDI 6023, die hygienisch relevanten Inhalte für Planung Bau und Betrieb von Trinkwasser-Installationen. Die Nachfrage ist nach wie vor groß, mehr als 20.000 Fachbetriebe haben wir bereits geschult. Die Novellierung der nationalen Trinkwasserverordnung und der europäischen Trinkwasserrichtlinie macht aber eine Überarbeitung der Schulungsmaßnahme notwendig. Dieser Aufgabe haben sich die Verbände BTGA, figawa und ZVSHK gemeinsam angenommen und unter dem Titel „Fit für Trinkwasser“ eine umfassend angelegte Schulungsinitiative ins Leben gerufen. Die Schulung zur „Fachkraft Trinkwasserhygiene“, die inzwischen von den Landesverbänden und zahlreichen Industriepartnern angeboten wird, ist dabei der erste Baustein, um den aktuellen Stand von gesetzlichen, Verordnungs- und Regelwerks-Anforderungen zu vermitteln. Es werden weitere Module zur DIN EN 1717, DIN EN 806 und DIN 1988 folgen, da sich diese Regelwerksreihen momentan in der Überarbeitung befinden.

 

IKZ-HAUSTECHNIK: Die novellierte Trinkwasserverordnung, soviel steht jetzt schon fest, muss in Deutschland bis spätestens zum 12. Januar 2023 umgesetzt werden und fordert eine Risiko-Bewertung von Trinkwasser-Installationen. Wie sieht die konkret aus?

Andreas Braun: Im aktuellen Referentenentwurf der neuen Trinkwasserverordnung wird der risikobasierte Ansatz in Bezug auf Wasserversorgungsanlagen herangezogen. Für die Trinkwasser-Installation im Gebäude können wir aber auch beispielhaft die Vorgehensweise des Water-Safety-Plans (WSP) heranziehen. Im Kern geht es um eine regelmäßige und wiederkehrende Überprüfung der Trinkwasser-Installation. Dabei sind folgende Punkte zu beachten:

1. Planung nach AaRdT

2. Installation nach AaRdT

3. Betrieb nach AaRdT

a. Bestimmungsgemäßer Betrieb

b. Wartung

c. Inspektion

d. Überprüfung auf Zustand 

der Anlage und Betriebliche Voraussetzungen

e. ggfs. Instandsetzung

f. Überprüfung auf Abweichung vom bestimmungsgemäßen Betrieb

g. Überprüfung auf Abweichung von den AaRdT

h. ggfs. Ertüchtigung (sofern nicht durch Bestandschutz abgesichert).

Die regelmäßige Wiederholung der unter 3. aufgeführten Schritte führt dann sinngemäß zu dem geforderten risikobasierten Ansatz. Wichtig ist die regelmäßige und wiederholte Überprüfung der Trinkwasser-Installation. Bei einem bestehenden Wartungsvertrag mit einer regelmäßigen Unterweisung des Kunden ist der größte Teil schon abgedeckt.

 

IKZ-HAUSTECHNIK: Für welche Gebäude soll diese Risiko-Bewertung verpflichtend werden – ist das typische Ein- und Zweifamilienhaus betroffen oder sind es eher die öffentlich zugänglichen Gebäude oder hygienisch sensible Einrichtungen wie Altenheime und Krankenhäuser?

Andreas Braun: Diese Form der Risikobewertung lässt sich natürlich mit wechselndem Umfang auf alle Gebäude anwenden. In erster Linie sind es immer die Gebäude mit sensiblen Einrichtungen. Besonderes Schutzbedürftigen kommt selbstverständlich immer zuerst die Aufmerksamkeit zu teil. Die Hierarchie kann man ganz grob vereinfacht auf diese Weise darstellen:

  • Krankenhäuser
  • Alten- und Pflegeheime
  • Heime und Kindertagesstätten
  • Öffentliche Einrichtungen
  • Gewerbliche Einrichtungen
  • Ein- und Zweifamilienhäuser.

Im Sinne der allgemeinen Verkehrssicherheitspflicht und auch zur eigenen Sicherheit sollte man jedoch für jedes Gebäude mindestens mal einen Wartungsvertrag für die Trinkwasser-Installation abschließen.

Der Abschluss eines Wartungsvertrages hat nicht nur hygienische Aspekte im Fokus. Die Lebensdauer einer Trinkwasser-Installation ist ja schließlich auch begrenzt. Im Sinne der Schadensverhütung ist es meist sinnvoll, die Anlage regelmäßig zu überprüfen. So können Mängel oder Schäden meist frühzeitig erkannt und behoben werden.

 

IKZ-HAUSTECHNIK: Mit der neuen Schulungsmaßnahme reagieren die beteiligten Verbände auf die erwarteten neuen Anforderungen – ohne sie im Detail zu kennen. Wie nahe kann man als Verband dran sein an den neuen Anforderungen und welche Inhalte hat die Schulungsmaßnahme?

Andreas Braun: Die Schulungsmaßnahme Fit für Trinkwasser wurde in erster Linie dazu ins Leben gerufen die aktuellen Erkenntnisse in der Branche zu kommunizieren und das bestehende Wissen aufzufrischen. Wie nahe wir tatsächlich an die neue Verordnung herankommen wird sich zeigen. Ein erster Blick in den Entwurf zur Verbändeanhörung hat gezeigt, dass zumindest in Bezug auf die Nummerierung der Paragraphen mit deutlichen Neuerungen/Verschiebungen zu rechnen ist. Das gleiche gilt für einige Begrifflichkeiten. Ein wesentlicher Vorteil unseres modularen Konzeptes ist es jedoch, dass einzelne Abschnitte gezielt separat überarbeitet werden können. 

 

IKZ-HAUSTECHNIK: Sie sprachen eingangs von einem ersten Schulungs-Baustein. Gibt es mehrere Schulungsteile?

Andreas Braun: Ja. Die neue Qualifikation besteht aus drei Teilen. Sie enthält zum einen den Schulungsteil Fachkraft Trinkwasserhygiene, zum anderen sind die Fortschreibung der Trinkwasserverordnung sowie neue hygienerelevante Erkenntnisse eingeflossen. Insbesondere wurden Anpassungen und Ergänzungen hinsichtlich der Vorgaben der Trinkwasserverordnung und den Anforderungen des Umweltbundesamtes (UBA) vorgenommen. Durch die breit angelegte Schulungsmaßnahme sollen sich Planer, Ausführende und Betreiber auf Augenhöhe über Trinkwasserhygiene austauschen können. Dies dient insbesondere der Information und Sensibilisierung aller Beteiligten für die hygienischen Belange einer Trinkwasser-Installation … und wie gesagt, weitere Module zu den überarbeiteten Normungsreihen werden folgen.

 

IKZ-HAUSTECHNIK: Wie laufen die Schulungen ab – online oder in präsenz?

Andreas Braun: Die Kurse für Errichter, also Fachhandwerker, sind eintägig angelegt, die Kurse für verantwortlich Tätige gehen über zwei Tage. Die Schulungen sind als Präsenz-Veranstaltungen geplant, können aber auch bei Bedarf ins Webmeeting umgezogen werden. Zur Veranstaltungsorganisation bietet die Verbändekooperation auf der Webseite des Berufsförderungswerkes einen „Ticketshop“ an. Alle Termine werden auf der Webseite www.berufsfoerderungswerk.org/schulungen/ zur Auswahl angeboten. Hier können sich potenzielle Interessenten auch über die nächsten Veranstaltungen in ihrer Region informieren. Am Abschluss der Schulung findet eine Wissensabfrage in Form eines Testes statt. Jeder Teilnehmer erhält zur Schulung ein Handout mit den Verwendetet Schulungsfolien. zusätzlich bieten die Verbände ihre Arbeitshilfen wie Kommentare, Merkblätter, Betriebsanleitungen etc. an.

 

IKZ-HAUSTECHNIK: Angesichts voller Auftragsbücher dürfte das Engagement in Sachen Schulungen nicht besonders ausgeprägt sein, zumal sich aktuell vieles um die Heizungssanierung dreht. Deshalb konkret die Frage: Was hat der SHK-Handwerker, was der Betriebsinhaber von dieser Qualifikationsmaßnahme?

Andreas Braun: Zum einen Sicherheit für die tägliche Arbeitspraxis. Die Kenntnis der wesentlichen Anforderungen bei Planung, Bau und Betrieb ist eine fundierte Grundlage für eine regelkonforme Trinkwasser-Installation und elementar für alle Baubeteiligten. Gerade hinsichtlich der aktuell geführten Diskussion zum Klimaschutz ist es wichtig, auch hier gut aufgestellt zu sein. Überdies wird dabei auch das wichtige Thema Wartung ins richtige Licht gerückt. Hier gibt es noch Defizite – vor allem bei den Kunden –, weil der Bedarf oder die Sinnhaftigkeit einer solchen Maßnahmen im Trinkwasserbereich vom Nutzer oftmals nicht erkannt wird. Durch den „erfolgreichen“ Abschluss der Maßnahme lässt sich gegenüber Versorgern, Bauherren, Mietern usw. außerdem belegen, dass man zur Gewährleistung von vertraglichen oder rechtlichen Anforderungen, seiner Pflicht zur Fortbildung nachgekommen ist und fit ist in Sachen Trinkwasserhygiene.

 

IKZ-HAUSTECHNIK: Sie sagten gerade angesichts der aktuellen Lage zur Energieversorgung ist eine Trinkwasserhygieneschulung wichtig. Was meinen Sie damit?

Andreas Braun: Aktuell hört und liest man viel über Energieeinsparung. Leider steckt hier häufig der Fehler im Detail. Die Forderung die Trinkwassertemperaturen abzusenken scheint ja auf den ersten Blick logisch und vor allem schnell umsetzbar. Leider ist dies nicht so einfach gemacht wie gesagt. Die hygienischen Belange und damit der Gesundheitsschutz gehen nun mal immer vor. Eine Absenkung der Temperaturen ist lediglich in den engen Grenzen der allgemein anerkannten Regeln der Technik umsetzbar. Hier gibt es eine Erleichterung für zentrale Anlagen mit hohem Wasseraustausch – zum Beispiel in Ein- und Zweifamilienhäuser. In Großanlagen jedoch sollte das Temperaturkollektiv 60/55 °C immer eingehalten werden. Die Mindestsystemtemperatur darf bis zum Anschluss der Zirkulationsleitung an den Trinkwassererwärmer 55 °C nicht unterschreiten. Auch ein zeitweises Abschalten der Zirkulation – maximal 8 Stunden bei optimalen hygienischen Verhältnissen – sollte vermieden werden. Zum einen muss sichergestellt werden, dass es sich tatsächlich um hygienisch einwandfreie Verhältnisse handelt, zum anderen muss das System im Anschluss wieder vollständig hochgefahren werden. Die erreichte Einsparung hält sich dabei meist in Grenzen.

 

IKZ-HAUSTECHNIK: Wenn ein Absenken der Temperaturen ohne Weiteres nicht in Frage kommt, welche Möglichkeiten zur Energieeinsparung bieten sich dann? 

Andreas Braun: Es gibt durchaus Potenzial. Gerade in mittleren bis großen Wohngebäuden mit zentraler Warmwasserbereitung lässt sich einiges einsparen. Bei Kessel-Tausch-Aktionen wurde häufig beim Trinkwassererwärmer mit neuer Pumpe – meist schon elektronisch geregelt – aufgehört. Wer einen hydraulischen Abgleich mit geeigneten Zirkulationsventilen durchführen lässt, spart direkt deutlich durch geringere Verluste im Leitungssystem und durch die dann erst wirksam werdenden Vorteile der Effizienzpumpen.

Auch die Erzeugung und Bereitstellung bietet noch Potenzial. Hier lässt sich durch eine einfache Überprüfung der Tatsächlich benötigten Speichergröße und damit der bevorrateten Wassermenge bereits ­einiges einsparen. 

 

IKZ-HAUSTECHNIK: Nicht zu vergessen das Thema solare Trinkwassererwärmung.

Andreas Braun: Absolut richtig. Betrachtet man die Dachflächen von großen Wohngebäuden so lässt sich meist reichlich Platz für Solarkollektoren zur Heizungsunterstützung feststellen. Auch wenn über den solaren Ertrag niemand zum Selbstversorger wird, in einem Sommer wie diesem läuft sicherlich die WW-Bereitung problemlos über reinen Solarbetrieb. Der Kessel kann ausgeschaltet bleiben. In der Regel finden wir in Bestandsgebäuden auch noch ungenutzte Schächte in denen eine Leitungsführung vom Dach bis in den Keller möglich ist.

Bei dezentralen Systemen ist eine wirksame Maßnahme das temporäre Abschalten von Kleinspeichern oder Durchlauferhitzer. Oder – wenn dauerhaft gespart werden soll – ein Rückbau. Das ist nicht zwangsläufig mit einem großen Komfortverlust verbunden. Häufig fällt es zum Beispiel kaum auf, wenn nur kaltes Trinkwasser zum Händewaschen auf der Toilette zur Verfügung steht. Auch diese Potenziale gilt es zu heben – aber immer auch mit Fokus auf Einhaltung der Trinkwasserhygiene.

 


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