Verkauf des eigenen Handwerksbetriebs an HomeServe [Seite 1 von 2]
Thomas Rebel, Geschäftsführer von HomeServe, erläutert gegenüber der IKZ, auf welche Art und Weise SHK-Betriebe durch den Verkauf ihres Unternehmens profitieren
Zurzeit steht das SHK-Handwerk vor großen Herausforderungen – und damit auch Chancen: Die Betriebe sind gesellschaftlich relevant wie nie, denn sie werden maßgeblich an der Wärmewende mitarbeiten. Doch zugleich steht das Handwerk vor einigen gravierenden strukturellen Problemen: Während gute Mitarbeiter immer rarer werden, werden Kunden stets anspruchsvoller, Installationen werden komplexer und häufig tragen die teils noch analogen Abläufe zu einer Überlastung der Betriebe bei. Wie Thomas Rebel den gesamten SHK-Markt in den kommenden Jahren einschätzt, welche Lösungen er für die drängenden Probleme dieser Zeit sieht und welche Rolle HomeServe dabei spielt, skizziert er im Interview mit Detlev Knecht, stv. Chefredakteur der IKZ.
IKZ: Deutschland steht vor einer gewaltigen Aufgabe: die Wärmewende. Wie schätzen Sie die aktuelle Situation der SHK-Branche ein?
Thomas Rebel: Die deutschen SHK Betriebe stellen sich dieser Herausforderung in hervorragender Weise. Die meisten Betriebe, mit denen wir sprechen und alle Betriebe in der HomeServe-Gruppe, haben viel Zeit und Geld investiert, Mitarbeiter zu schulen und für Kunden die richtige Heizungs- und Klimalösung anbieten zu können.
Dabei kämpfen alle mit heftigen Herausforderungen, insbesondere die politische Ungewissheit aus Berlin und die Lieferengpässe beim Material. Die Hersteller rüsten mit Hochdruck auf Wärmepumpen um, aber die Lieferketten funktionieren noch nicht gut genug. Auch das Handwerk investiert in Rekordzeit, um sich auf die Umstellung vorzubereiten, aber der Fachkräftemangel ist real und ohne qualitativ hochwertiges Personal werden viele Kunden mehr Ärger als Freude mit ihrer neuen Heizung haben.
IKZ: Blicken wir an dieser Stelle auf HomeServe: Was genau macht HomeServe, um die Betriebe, die Sie übernommen haben, für die anstehenden Herausforderungen fit zu machen?
Thomas Rebel: Neue, alternative Lösungswege müssen jetzt her. An diesen arbeiten wir als Unternehmen mit. Basierend auf unserer jahrzehntelangen Erfahrung in der SHK-Branche begleiten wir Unternehmen, den nächsten Entwicklungsschritt zu nehmen. Oftmals hören wir von Inhabern, dass Sie an eine „gläserne Decke“ stoßen. Hier greifen wir als strategischer Partner den Betrieben unter die Arme und investieren vor allem in digitale Prozesse, effektives Recruiting, bieten Unterstützung bei administrativen Tätigkeiten und regeln darüber hinaus auch langfristig die Nachfolge. Das schafft die Basis, damit Firmen die aktuellen ökonomischen, technologischen und politischen Herausforderungen erfolgreich meistern.
IKZ: Seit wann gibt es HomeServe in Deutschland? Und wie viele Mitarbeiter hat das Unternehmen aktuell?
Thomas Rebel: Seit Januar 2021 sind wir auch in Deutschland und sitzen in Frankfurt am Main. Die Anfänge des Unternehmens waren vor 30 Jahren in Großbritannien, als HomeServe dort als Joint Venture mit einem Wasserversorger startete. Über 300 Mitarbeiter sind in Deutschland beschäftigt. Was innovative Lösungen in der Heiztechnik angeht, sind wir damit weltweit einer der führenden Dienstleister.
IKZ: Sie gehen mit dem Handwerksbetrieb ein Geschäft ein, indem Sie ihn kaufen und in die HomeServe-Gruppe integrieren. Ändert sich für die Betriebe etwas nach der Übernahme? Oder anders gefragt: Wie wird der Betrieb unterstützt?
Thomas Rebel: Nach Anschluss an die HomeServe-Gruppe konzentrieren sich die SHK-Betriebe auf ihr Kerngeschäft, während die Gruppe die Zentralfunktionen bündelt und damit Vorteile bietet. Etwa werden die Personalgewinnung - sowie Ausbildung, Weiterbildung - und Digitalisierung, Verhandlung von Einkaufskonditionen oder das zielgerichtete digitale Marketing verbessert und ausgebaut. Auch die Weiterentwicklung von Dienstleistungen und Prozessen spielen eine Rolle, um die hohen Anforderungen an SHK-Installateure auch zukünftig erfüllen zu können.
Wir investieren also in regional stark aufgestellte Handwerksbetriebe und bieten diesen, durch zentrale Verwaltung ihrer zeitintensiven Dienstleistungsfunktionen, einen großen Mehrwert in puncto Wachstum und Zukunftssicherung - auch in Sachen Nachfolgeregelung. Die Identität der eingesessenen Betriebe bleibt dabei bestehen.
IKZ: Sie, Herr Rebel, sind Mit-Geschäftsführer in allen Handwerksbetrieben der Gruppe. Damit haben Sie ein gehöriges Wort mitzureden, wenn es beispielsweise um neue Geschäftsfelder oder um die Zukunftsstrategie des Betriebes geht. Damit schmilzt die eigene Betriebsidentität dahin.
Thomas Rebel: Wir wählen von Anfang an, sehr selektiv, für uns passende Gruppenmitglieder aus. Da findet sich eine sehr hohe Schnittmenge zwischen unserer Zukunftsstrategie und den Stärken bzw. der Positionierung des einzelnen Unternehmens. Als Eigentümer haben wir dabei natürlich ein Wort mitzureden, wir sehen uns da aber ehrlich als strategischen Partner und treffen die wichtigen Entscheidungen gemeinsam.
IKZ: Das hört sich jetzt an wie ein „Deal auf Augenhöhe“.
Thomas Rebel: Absolut, ein Deal, der vom gleichen Grundverständnis geprägt ist. Wir freuen uns sehr darüber, den deutschen Traditionsbetrieben eine neue Heimat geben zu können. Wir haben größten Respekt vor der Tradition im deutschen Handwerk. Deshalb behalten wir ihre DNA bei: Markennamen, Mitarbeiter und Kunden werden übernommen.
IKZ: Warum aber verkaufen Betriebe an HomeServe? Haben Sie ein konkretes Beispiel?
Thomas Rebel: Manchen Betrieben fehlen zum Beispiel die Optionen, um in schwierigen Zeiten für die Zukunft langfristig gut aufgestellt zu sein und damit auch Mitarbeitern und Kunden positive Perspektiven zu bieten – das ist einer der Beweggründe, warum Betriebe an HomeServe verkaufen. Für einen unternehmerischen Einzelkämpfer mit einem Handwerksbetrieb um die 10 bis 15 Personen beispielsweise wird es immer schwieriger, die komplexen Abläufe hinter dem operativen Geschäft mit den Kunden zeitgemäß zu organisieren.
Sie fragten nach einem Beispiel: Vor kurzem hat sich die Itzehoer Firma Scheel Haustechnik der Gruppe angeschlossen. Scheel wurde vor 92 Jahren gegründet, hat 35 Mitarbeiter und kümmert sich aktuell um die Wartung von mehr als 1200 Heizungen in ihrer Region. Joachim Scheel bleibt weiterhin Geschäftsführer. Er hat den Betrieb in den 2000ern als 30-Jähriger übernommen und hat sich früh Gedanken über die Nachfolge gemacht. Denn seine zwei Kinder wollten das Unternehmen nicht übernehmen. Und in der Familie fand sich auch kein Nachfolger. Dazu kamen dann weitere operative Themen: Die Beschaffung der Materialien und vor allem von modernen, regenerativen Heizungssystemen ist zu einer echten Herausforderung in der jüngeren Vergangenheit geworden. Zudem musste nach und nach in digitale Prozesse und Tools investiert werden. Zusammen genommen sind diese Herausforderungen für einen einzelnen Betrieb immens und werden auch in den kommenden Jahren weiter zunehmen.
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