Verbesserung der Trinkwasserhygiene: Trinkwassererwärmung durch Frischwasserstationen bietet hygienische Vorteile
Nicht erst durch die aktuelle Trinkwasserverordnung vom November 2011 ist die Sicherstellung von gesundem und reinem Trinkwasser das Ziel einer Reihe von Gesetzen, Verordnungen, Normen und der anerkannten Regeln der Technik. Damit unterliegen nun auch gewerbliche Trinkwasseranlagen, z.B. in vermieteten Mehrfamilienhäusern, einer weitgehenden Auskunfts- und Überprüfungspflicht, die durch den am 12. Juni 2012 erschienenen Referentenentwurf zur zweiten Novellierung der Trinkwasserverordnung noch einmal präzisiert werden sollen. Frischwasserstationen und heizungsseitige Pufferspeicher helfen dabei, die Trinkwasserhygiene zu verbessern.
Die aktuelle Trinkwasserverordnung 2011
Die heute gültige Trinkwasserverordnung (TrinkwV) trat am 1. November 2011 in Kraft. Neben redaktionellen Änderungen und der (schrittweisen) Reduzierung des Grenzwertes für Blei ist auch die Einführung eines neuen Grenzwertes für Uran im Trinkwasser enthalten. Die hauptsächlichen Änderungen betreffen jedoch die Einführung einer Untersuchungspflicht für gewerblich genutzte Trinkwasseranlagen, beispielsweise für solche in Mietshäusern.
Dementsprechend müssen nun u.a. alle Großanlagen, in denen Duschen eingebaut sind und die Trinkwasser für gewerbliche Zwecke abgeben, regelmäßig auf die im Anhang der Trinkwasserverordnung aufgelisteten chemischen und mikrobiologischen Parameter, insbesondere auf Legionellen, untersucht werden. Großanlagen nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik definieren sich derzeit hauptsächlich nach den Bestimmungen des DVGW-Arbeitsblattes W 551. Dabei sind Großanlagen alle Anlagen, die einen Speicher-Trinkwassererwärmer mit einem Inhalt von mehr als 400 l besitzen oder alle Anlagen, in denen mindestens eine Rohrleitung einen Wasserinhalt von mehr als 3 l zwischen dem Ausgang aus dem Trinkwassererwärmer und der jeweiligen Entnahmestelle besitzt. Etwaige Zirkulationsleitungen bleiben dabei unberücksichtigt. Alle anderen sowie alle Anlagen in Ein- und Zweifamilienhäusern, gleich welcher Größe, gelten als Kleinanlagen und sind den neuen Untersuchungspflichten nicht unterworfen.
Die Untersuchungen sollen an mehreren repräsentativen Stellen der Trinkwasseranlage vorgenommen werden, z.B. an der entferntesten Entnahmestelle, dem Abgang des Trinkwarmwassers aus dem Trinkwassererwärmer und dem Wiedereintritt der Zirkulationsleitung in den Trinkwassererwärmer. Weitere Probenahmestellen sollten entsprechend der Charakteristik der Trinkwasseranlage vorhanden sein. Die Probenahmestellen müssen zugänglich und abflammbar sein und ausreichend Platz für Probenahmegefäße bieten. In der Regel empfiehlt sich der Einbau von speziellen Probenahmeventilen in der Kellerverteilung.
Die Untersuchung auf Legionellen muss bei öffentlichen und gewerblichen Anlagen regelmäßig jedes Jahr durchgeführt werden (TrinkwV). Wird dabei der sogenannte „Technische Maßnahmenwert“ von 100 KBE je 100 ml erreicht oder überschritten, müssen entsprechende Gegenmaßnahmen eingeleitet werden. Dabei sollte zunächst eine abgestufte Reaktion gemäß DVGW-Arbeitsblatt W 551 Tabelle 1a, bei Bedarf nach Tabelle 1b erfolgen. Die Ergebnisse der Untersuchung sind auf Verlangen bzw. bei positivem Befund dem Gesundheitsamt mitzuteilen. Bestandsanlagen, in denen sich eine Großanlage befindet, aus der Wasser für den gewerblichen Gebrauch abgegeben wird, sind dem Gesundheitsamt unverzüglich zu melden.
Trinkwasserverordnung – Referentenentwurf erschienen
Im Juni dieses Jahres wurde ein Referentenentwurf Trinkwasserverordnung veröffentlicht. Die recht zeitnahe, erneute Veränderung der Trinkwasserverordnung dient u.a. dazu, Gesundheitsämter und Betreiber von gewerblichen Großanlagen etwas zu entlasten, Formulierungen und Anforderungen zu präzisieren und die Verantwortlichkeiten zu verschieben. Da derzeit lediglich ein Entwurf vorliegt, gegen den verschiedene Einsprüche laufen und der auch noch nicht zwischen den Ministerien abgestimmt ist, können sich die folgenden Neuerungen durchaus noch erheblich ändern:
- Die Definition einer Großanlage wird aufgenommen. Sie lehnt sich an das DVGW-Arbeitsblatt 551 an (s.o).
- Maßnahmen müssen nicht mehr beim Erreichen, sondern nur noch beim Überschreiten des technischen Maßnahmenwertes ergriffen werden.
- Die Anzeigepflicht für den Bestand von gewerblichen Großanlagen entfällt.
- Die Verpflichtung zur systemischen Untersuchung der gewerblichen oder öffentlichen Großanlagen bleibt bestehen. Die Untersuchung muss weiter an mehreren repräsentativen Probenahmestellen erfolgen.
- Wird der technische Maßnahmenwert für Legionellen überschritten, hat der Betreiber der Anlage unverzüglich
– Untersuchungen zur Aufklärung der Ursachen durchzuführen, die eine Ortsbesichtigung,
– eine Gefährdungsanalyse erstellen zu lassen und
– die sich daraus ergebenden Maßnahmen auf Grundlage der Empfehlungen des Umweltbundesamtes und der allgemein anerkannten Regeln der Technik durchzuführen.
- Über die obigen Punkte sind Aufzeichnungen anzufertigen und diese mindestens 10 Jahre aufzubewahren sowie auf Verlangen des Gesundheitsamtes vorzulegen.
- Über das Ergebnis der Gefährdungsanalyse und sich etwaig daraus ergebende Nutzungseinschränkungen sind die Verbraucher (z.B. die Wohnungsmieter) unverzüglich zu informieren.
- Gewerbliche Großanlagen sind zukünftig nur noch alle drei Jahre auf Legionellen zu untersuchen (strittig!). Die Erstuntersuchung für Bestandsanlagen muss bis zum 31.12.2013 abgeschlossen sein.
- Das Verbot einer ungesicherten Verbindung zwischen Trinkwasseranlage und einer Nichttrinkwasseranlage (z.B. Brunnenwasser, Regenwasser, Abwasser) wird in die Verordnung aufgenommen. Dieses Verbot ergab sich bisher aus den allgemein anerkannten Regeln der Technik und wird mit Aufnahme in die Trinkwasserverordnung verstärkt.
Technische Regeln zur Einhaltung der TrinkwV
Neben anderen Gesetzen, Verordnungen, Normen und Regelwerken sind derzeit insbesondere die DVGW-Arbeitsblätter W 551 und W 553 sowie die VDI6023, die DIN EN 806, die „Hunderter“-Normenreihe der DIN 1988 und die Energieeinsparverordnung (EnEV) zu beachten. Mit ihnen sollen die Trinkwasseranlagen entsprechend geplant, gebaut, betrieben und gewartet werden. Insbesondere die VDI6023 und das DVGW-Arbeitsblatt W 551 geben die Betriebsbedingungen für Großanlagen vor. Knapp zusammengefasst sind einige der zentralen Forderungen an Großanlagen:
- Einhaltung eines Temperaturbereiches von mindestens 55°C (am Wiedereintritt der Zirkulationsleitung in den Trinkwassererwärmer) bis mindestens 60°C (im Trinkwassererwärmer und dem dort befindlichen Anschlusspunkt der Trinkwarmwasserleitung),
- Einbau einer Zirkulationsanlage oder einer selbstständig regelnden Begleitheizung,
- Begrenzung des Wasserinhaltes von nicht in den Zirkulationskreislauf eingebundenen Leitungen auf maximal 3 l,
- Dämmung der Trinkwarmwasser- und Zirkulationsleitungen nach EnEV,
- Dämmung der Trinkkaltwasserleitungen nach DIN 1988-200,
- Erwärmung von Vorwärmstufen („weitere Erwärmer, z.B. aus Wärmerückgewinnungsanlagen, Solaranlagen“) einmal am Tag auf > 60°C (bei bivalenten Speichern Erwärmung des gesamten Speichers) wenn der Speicherinhalt einschließlich Vorwärmstufe mehr als 400l beträgt,
- Vermeidung von Stagnationsstrecken, d.h. von nicht oder gering mit Trinkwasser durchspülten Rohrleitungsabschnitten.
Bevorratung von Energie in Speichern
Große Trinkwasserspeicher besitzen ein erhöhtes Risiko, durch humanpathogene Keime, beispielsweise Legionellen, befallen zu werden. Durch äußerst geringe Durchströmungsgeschwindigkeiten innerhalb der Speicher und die oft vorhandenen Inkrustationen mit Kalk, Schlamm und Korrosionsprodukten finden Mikroorganismen einen idealen Lebensraum vor, der in der Mischwasserzone im unteren Bereich für sie gut temperiert ist und in dem sie sich gut vermehren können. Dieser Vermehrung wird versucht, mit Speichertemperaturen von 60°C entgegenzuwirken.
Vorteilhafter ist es jedoch ohne Zweifel, generell auf eine Bevorratung von erwärmtem Trinkwasser zu verzichten. Die für die Erwärmung von Trinkwasser benötigte Wärme wird stattdessen in einem heizungsseitigen Pufferspeicher bevorratet. Dieser enthält kein Trinkwasser, sondern speichert die Wärme von Heizungswasser ein. Trinkwarmwasser kann über eine an den Pufferspeicher angeschlossene Frischwasserstation entsprechend dem gerade aktuellen Bedarf erwärmt werden.
Der heizungsseitige Pufferspeicher bietet darüber hinaus noch einige weitere Vorteile. Bei Kleinanlagen nach DVGW W 551 ist es möglich, die Energieeffizienz der Trinkwassererwärmung durch regenerative Energiequellen bei gleichzeitiger Einhaltung der Trinkwasserhygiene zu optimieren. Bei Großanlagen können ein oder mehrere Wärmeerzeuger, auch mit Unterstützung von regenerativen Wärmequellen, einzeln oder zusammen den Pufferspeicher mit Wärme befüllen. Dadurch kann z.B. sowohl eine Vorerwärmung durch eine thermische Solaranlage stattfinden als auch mehrere kleinere Wärmeerzeuger als Kaskade arbeiten. Auch der Anschluss von Blockheizkraftwerken, holzbeschickten Wärmeerzeugern o.ä. ist möglich.
Eine bestehende Großanlage kann in eine Kleinanlage umgewandelt werden. Dazu muss der Trinkwasserspeicher entfernt und ein heizungsseitiger Pufferspeicher mit Frischwasserstation eingebaut werden. Diese sind auch mit Zirkulationspumpen erhältlich. Eine Untersuchung der bestehenden Trinkwasserinstallation vor Umbau ist jedoch dringend zu empfehlen, um sicherzustellen, dass die Anlage keine sonstigen hygienischen Mängel besitzt und die 3-l-Regel in jedem Fall sicher eingehalten wird.
Funktionsweise einer Frischwasserstation
Frischwasserstationen beziehen ihren für die Trinkwassererwärmung benötigten Wärmebedarf aus dem Reservoir des Pufferspeichers. Die Pumpe der Frischwasserstation wird dabei, abhängig von der benötigten Trinkwarmwassertemperatur, der Wassermenge und der aktuellen Vorlauftemperatur des Pufferspeicherkreises geregelt und kann Schwankungen der Vorlauftemperatur ausgleichen. Es ist möglich, die gewünschte Trinkwarmwassertemperatur an der Ausgangsseite der Frischwasserstation einzustellen. Das Trinkwarmwasser wird im Wärmeübertrager nach dem aktuellen Bedarf erwärmt. Eine Bevorratung findet nicht statt.
Frischwasserstationen bei hohem Warmwasserbedarf
Handelt es sich bei einer Anlage um eine Großanlage nach DVGW-Arbeitsblatt W 551, müssen die Temperaturen in den Trinkwarmwasserleitungen 55 bis 60°C betragen. Um diese Temperaturen realisieren zu können, muss der Pufferspeicher die geforderten Trinkwarmwassertemperaturen zuzüglich eines gewissen Aufschlages für den Wärmetauscher der Frischwasserstation bereitstellen. Trotzdem bietet der Einsatz einer Frischwasserstation auch hier den unbestreitbaren Vorteil, dass kein Trinkwarmwasser mehr gespeichert wird, was eine erhebliche Verbesserung der Trinkwasserhygiene bedeutet.
Genügt die Schüttleistung einer einzelnen Frischwasserstation nicht, ist es möglich, mehrere Frischwasserstationen zu einer Kaskade zusammenzufassen. Die Schüttleistung erhöht sich damit ebenfalls um die Summe der entsprechenden Einzelstationen. Um eine ausreichende Zirkulationswassermenge zu gewährleisten, sollten alle Stationen mit Zirkulationsfunktion ausgestattet sein. Durch eine wechselnde Beanspruchung der einzelnen Frischwasserstationen werden diese gleichmäßig genutzt. Reparatur- und Wartungsarbeiten sind im laufenden Betrieb möglich.
Planung von Frischwasserstationen
Die Anforderungen an die Planung und Ausführung von Trinkwasseranlagen unterscheidet sich, außer bei der Auslegung der Pufferspeicher und der Frischwasserstation, nicht von herkömmlichen Anlagen. Die Dimensionierung der Rohrleitungen und Armaturen sowie die Auslegung der Zirkulationsanlage bleiben gleich.
Ebenfalls muss, wie bei herkömmlichen Anlagen, in der Trinkwasser-Zirkulationsanlage zwingend ein hydraulischer Abgleich der Rohrleitungsteilstränge vorgenommen werden. Der hydraulische Abgleich erfolgt dann mit entsprechenden Regulierventilen.
Weitere Verbesserung der Trinkwasserhygiene
Trinkwassererwärmer und -speicher dienen, genau betrachtet, nicht der Bevorratung von Trinkwasser, sondern der Speicherung von Wärme. Der große Nachteil besteht darin, dass sich durch die Bevorratung von Trinkwasser dessen Qualität (z.B. durch Stagnation, Temperaturschichtungen, Inkrustationen) verschlechtern kann. Frischwasserstationen bieten den großen Vorteil, den Teil der Wärmebevorratung aus dem eigentlichen Trinkwassernetz auszulagern.
Trotzdem ist es, insbesondere bei Großanlagen, möglich, dass sich die Wasserqualität innerhalb des Rohrnetzes verschlechtert. Aus diesem Grunde wird auch in den allgemein anerkannten Regeln der Technik die Einhaltung einer Mindesttemperatur und der Einbau einer Zirkulationsanlage (oder einer anderen wirksamen Maßnahme) vorgeschrieben, sobald ein Wasserinhalt von 3 l in den einzelnen Rohrleitungsstrecken überschritten wird. An dieser Stelle kommt man zu dem Gedanken, nicht nur den Trinkwasserspeicher, sondern auch weitestgehend alle Trinkwarmwasser- und Zirkulationsleitungen auszulagern. Das kann erreicht werden, indem man Frischwasserstationen in die Nähe der Verbraucher rückt und den ihnen nachfolgenden Wasserinhalt auf maximal 3 l bis zur ungünstigsten Entnahmestelle begrenzt. Aus einer Großanlage mit einer (oder mehreren) Frischwasserstationen entstehen damit viele Kleinanlagen, die nur ein geringes hygienisches Risiko aufweisen. Und selbst wenn in einer der Kleinanlagen ein erhöhter Befall mit Mikroorganismen auftreten würde, könnte er sich nicht über das gesamte Trinkwarmwassernetz verbreiten.
Diese Lösung würde sicherlich die übliche Bauweise von Trinkwasseranlagen erheblich verändern, hätte aber eine Reihe von Vorteilen:
- Trinkwarmwasseranlagen sind so klein, wie es sinnvoll möglich ist (maximal 3 l Wasserinhalt in der ungünstigsten Rohrleitung),
- Zirkulationsanlagen sind unnötig und können damit eingespart werden,
- Verteilungs- und Strangleitungen und ein Teil der Stockwerksleitung der bisherigen Trinkwarmwasserleitungen sind unnötig und können damit eingespart werden, ebenso die damit verbundenen Dämmungen,
- Brandabschottungen der Rohrleitungen werden reduziert,
- die Wärmeabgabe über die gedämmten Verteilungs-, Strang- und Stockwerksleitungen entfällt,
- der Planungsaufwand für das Trinkwarmwassernetz reduziert sich erheblich,
- Kosten für regelmäßige Untersuchungen des Trinkwassers in einem Prüflabor entfallen.
Um diese Ziele zu erreichen, wurden die Frischwasserstationen entwickelt. Sie sind so konzipiert, eine einzelne Wohnung oder mehrere Räume, z.B. in einem Hotel, mit hygienisch erwärmtes Trinkwasser zu versorgen.
Autor: Dipl.-Ing. (FH) Alexander von Ahnen, von der Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Sanitärtechnik
Bilder, sofern nicht anderes angegeben: Oventrop GmbH, Olsberg
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