Unterschiedliche Beprobungsintervalle, geänderte Anzeigepflichten - Die zweite Novelle der Trinkwasserverordnung verspricht mehr Praxisnähe und Entbürokratisierung
Mitte Dezember letzten Jahres ist die Zweite Verordnung zur Änderung der Trinkwasserverordnung in Kraft getreten. Vor allem die Untersuchung von Großanlagen auf Legionellen wurde vereinfacht. Für die meisten gilt jetzt beispielsweise eine 3-Jahres-Frist. Lediglich bei öffentlichen Gebäuden „mit Patienten mit höherem Risiko für Krankenhausinfektionen“ bleibt es zwingend beim jährlichen Untersuchungsintervall. Außerdem sind SHK-Fachhandwerker künftig die ersten Ansprechpartner der Gebäudewirtschaft, wenn es in großen Trinkwasser-Installationen Probleme geben sollte – und nicht mehr automatisch das Gesundheitsamt. Ein Überblick.
Nach dem Erscheinen in 2001 ist die Trinkwasserverordnung (TrinkwV) mittlerweile zwei Mal aktualisiert worden: Mit der ersten Novelle wurden 2011 unter anderem klare Untersuchungs- und Anzeigepflichten hinsichtlich Legionellen eingeführt und die Rechte und Pflichten vor allem für die Betreiber von Trinkwasser-Installationen präziser zugeordnet. Das sollte aber aufgrund des großen Bestandes – über zwei Millionen Anlagen – speziell die Gesundheitsämter und die Wohnungswirtschaft schnell überfordern.
Durch die erneute Novellierung der Trinkwasserverordnung ist seit Mitte Dezember unter anderem dieses Problem beseitigt: Angezeigt werden müssen Großanlagen im gewerblichen Bereich nur noch, wenn bei Legionellen „der technische Maßnahmenwert überschritten wird“. Unter „gewerblichen“ Trinkwasser-Anlagen sind solche zu verstehen, aus denen regelmäßig auf selbstständiger Basis und aus Gewinnerzielungsabsicht Wasser abgegeben wird (z.B. in vermieteten Objekten). Als „technischer Maßnahmenwert“ gelten 100 Legionellen pro 100 ml. Außerdem wird klargestellt, dass beim Überschreiten des technischen Maßnahmenwertes nicht primär von einer Gesundheitsgefährdung auszugehen ist, wie dies beispielsweise beim Fäkalbakterium E. coli der Fall ist.
Was Großanlagen sind, ist jetzt in der Trinkwasserverordnung ebenfalls klar beschrieben und so definiert, wie es bisher schon aus dem DVGW-Arbeitsblatt W551 bekannt war. Als untersuchungspflichtige Großanlagen gelten also Anlagen in Gebäuden
- mit einem Speicher/Durchflusserwärmer >400l Inhalt
- und/oder mit einem Rohrleitungsvolumen >3l bis zur am weitesten entfernten Entnahmestelle (ohne Inhalt der Zirkulationsleitung)
- und in denen Wasser vernebelt wird, z.B. in Duschen.
Ein- und Zweifamilienhäuser werden unabhängig von der Art der Nutzung (privat oder gewerblich) oder von den tatsächlichen Volumina von Speicher und Installation immer als Kleinanlage und damit als nicht untersuchungspflichtig betrachtet.
Unterschiedliche Beprobungsintervalle
Bei den Beprobungsintervallen auf Legionellen sind nach der aktuellen Trinkwasserverordnung drei Typen von Trinkwasser-Anlagen zu unterscheiden:
- Trinkwasser-Anlagen in gewerblich genutzten Objekten,
- Trinkwasser-Anlagen in öffentlichen Gebäuden „mit Patienten mit höherem Risiko für Krankenhausinfektionen“ und
- Trinkwasser-Anlagen in öffentlichen Gebäuden „ohne Patienten mit höherem Risiko für Krankenhausinfektionen“.
Bei gewerblicher Tätigkeit müssen die Objekte künftig im 3-Jahres-Rhythmus beprobt werden; die erste Beprobung hat bis zum 31. Dezember 2013 zu erfolgen. Bisher war eine jährliche Beprobung vorgesehen. Bestehen bleibt die jährliche Beprobung hingegen bei öffentlichen Gebäuden „mit Patienten mit höherem Risiko für Krankenhausinfektionen“. Dazu zählen beispielsweise Krankenhäuser, Einrichtungen für ambulantes Operieren, Dialyseeinrichtungen oder andere Gebäude mit solchen Risikopatienten. Bei öffentlichen Gebäuden „ohne Patienten mit höherem Risiko für Krankenhausinfektionen“ darf das Untersuchungsintervall vom Gesundheitsamt auf bis zu drei Jahre ausgedehnt werden,
- wenn die jährliche Beprobung drei Mal hintereinander ohne Auffälligkeiten war,
- wenn die Installation den „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ entspricht und
- wenn die Betriebsweise der Trinkwasser-Installation keine deutliche Änderung des Betriebes zum Untersuchungsintervall aufweist, wie beispielsweise großflächiger Leerstand.
Betreiber in der Pflicht
Fällt bei den Beprobungen etwas auf – dann ist jetzt der Betreiber der Trinkwasser-Installation „unverzüglich“ in der Pflicht, „ohne dass es einer Anordnung des Gesundheitsamtes bedarf“. Als „Betreiber“ gilt nach dem Regelwerk „der Unternehmer oder der sonstige Inhaber“ der Trinkwasser-Installation. Er hat bei Auffälligkeiten unverzüglich
„Untersuchungen zur Aufklärung der Ursachen durchzuführen oder durchführen zu lassen; diese Untersuchungen müssen eine Ortsbesichtigung sowie die Prüfung der Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik einschließen,
eine Gefährdungsanalyse zu erstellen oder erstellen zu lassen und
die Maßnahmen durchzuführen oder durchführen zu lassen, die nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik zum Schutz der Gesundheit der Verbraucher erforderlich sind“.
Außerdem muss der Betreiber dem Gesundheitsamt „unverzüglich die von ihm ergriffenen Maßnahmen mitteilen“.
Unterstützung findet der Betreiber der Anlage beim qualifizierten SHK-Fachhandwerk. Das gilt nämlich im Sinne der aktuellen Trinkwasserverordnung als „geeignete Stelle, an der sich der Verantwortliche fachlichen Rat holen“ soll. Dass diese Beratung zu den Ursachen der Kontamination (und wie man sie in den Griff bekommt) eine kostenpflichtige Dienstleistung des Handwerkers ist, versteht sich von selber.
Neutrale Gefährdungsanalyse
Als Basis für die in der TrinkwV geforderte, vom Betreiber zu veranlassende „Gefährdungsanalyse“ gelten die Tabellen 1a und 1b im DVGW-Arbeitsblatt W551, in denen unter anderem bei höchster Gefährdung (>10000 Legionellen in 100 ml) sowohl eine direkte Gefahrenabwehr (wie Duschverbote) als auch eine kurzfristige Sanierung und entsprechende Nachuntersuchungen gefordert werden.
Treten diese Auffälligkeiten auf, muss für die Gefährdungsanalyse eine Ortsbesichtigung erfolgen, und zwar durch den Verantwortlichen für die Trinkwasser-Installation sowie einen hygienisch-technischen Sachverständigen. TGA-Planer und SHK-Fachhandwerker zählen zu diesen „Sachverständigen“, wenn sie über eine entsprechende berufsbegleitende Fortbildung verfügen. Eine solche Qualifikation ist zum Beispiel die Hygieneschulung des ZVSHK. Ebenfalls anerkannt ist die Hygieneschulung nach VDI 6023.
Außerdem darf die Gefährdungsanalyse nur von Fachleuten durchgeführt werden, die nicht befangen sind, die also nicht an Planung, Bau oder Betrieb der Trinkwasser-Installation beteiligt waren. So ist eine neutrale Prüfung der Anlage auf Basis der TrinkwV und der Allgemein anerkannten Regeln der Technik gewährleistet.
Die Gefährdungsanalyse geht über die zunächst durchgeführte systemische Untersuchung deutlich hinaus: Das Umweltbundesamt (UBA) fordert in einer Empfehlung die Ausweitung hin zu „weitergehenden Untersuchungen“, wie man sie aus dem DVGW-Arbeitsblatt W551 kennt. Diese „weitergehende Untersuchung“ erfolgt im Rahmen einer Ortsbesichtigung, sodass die Trinkwasser-Installation bis hin zu jeder einzelnen Entnahmestelle vollständig erfasst und bewertet werden kann. Im Mittelpunkt stehen dabei die Fragen,
- wo es möglicherweise individuelle hygienische Gefährdungen im Bereich der Entnahmestellen gibt oder
- welche lokalen Ursachen zu einer Beeinträchtigung der Trinkwassergüte geführt haben bzw. führen könnten.
Die Ergebnisse der Gefährdungsanalyse werden dann in einer schriftlichen Dokumentation, ähnlich einem Gutachten, festgehalten und durch konkrete Handlungsempfehlungen ergänzt. Gemäß den UBA-Empfehlungen ist der Betreiber der Trinkwasser-Installation für die Vollständigkeit dieses Gutachtens verantwortlich. Er hat anhand einer Checkliste zu überprüfen, ob im Gutachten zu 6 wesentlichen Sachverhalten Aussagen gemacht wurden. Für die Richtigkeit dieser Aussagen ist wie bisher der Sachverständige verantwortlich.
Verbraucher informieren
Grundsätzlich sind die betroffenen Verbraucher der Trinkwasser-Installation (beispielsweise Mieter) unverzüglich zu informieren, wenn in der Anlage zum Beispiel der technische Maßnahmenwert für Legionellen überschritten ist. Der Hintergrund: Nur so kann ein Mieter, der seine Vorerkrankungen kennt, schon bei einer geringen Überschreitung des Technischen Maßnahmewertes eigenverantwortlich Schutzmaßnahmen einleiten. Das Gesundheitsamt wird im gewerblichen Bereich nur noch bei Nichtbeachtung der Pflichten tätig, darf dann aber ersatzweise Maßnahmen auch direkt anordnen und kann bereits eine unterlassene Information über die ergriffenen Maßnahmen als Ordnungswidrigkeit ahnden.
Chance zur Optimierung
Die Zweite Verordnung zur Änderung der Trinkwasserverordnung baut für die Betreiber von Trinkwasser-Großanlagen zum einen viel Bürokratie ab: Die generelle Anzeigepflicht von Großanlagen fällt ebenso weg wie die Übersendung von Untersuchungsergebnissen ohne Auffälligkeiten an das Gesundheitsamt. Zum anderen eröffnet die Fristverlängerung bis Ende 2013 den Betreibern solcher Anlagen zusätzlich eine Chance, erst einmal Probennahmestellen nachzurüsten und die Anlage auf den Stand der Technik zu bringen.
Mögliche Sofortmaßnahmen sind beispielsweise
- Sicherstellung des Temperaturkollektivs 60°C am Speicherausgang und mindestens 55°C in allen Zirkulationssträngen,
- gegebenenfalls Anheben der Temperatur im Speicher und Einbau von thermostatischen Zirkulationsregulierventilen, die im Bestand unter Umständen auf höhere Temperaturen als 60°C eingestellt werden müssen und
- die Anpassung zu großzügig bemessener Speicher an den tatsächlichen Bedarf.
Nachgefragt
IKZ-FACHPLANER: Woraus leitet sich die generelle Forderung nach einer Beprobung von Trinkwasser-Installationen ab?
Dr. Peter Arens: In erster Linie aus der Trinkwasserverordnung, hier insbesondere Paragraph 14. Seit der zweiten Novellierung beschreibt sie exakt, welche Trinkwasser-Installationen von der Beprobungspflicht betroffen sind, dass geeignete Probennahmestellen vorhanden sein müssen und in welchen Intervallen die Beprobungen zu erfolgen haben.
IKZ-FACHPLANER: Wo innerhalb einer Trinkwasser-Installation müssen die Proben gezogen werden?
Dr. Peter Arens: Die TrinkwV hat das offen gelassen. Konkrete Hinweise geben das DVGW-Arbeitsblatt W 551 sowie eine Empfehlung des Umweltbundesamtes (UBA). Danach müssen in einem Gebäude an repräsentativen Stellen Wasserproben entnommen werden, wie zum Beispiel am Warmwasserspeicher und am Steigestrang mit dem längsten Fließweg. Voraussetzung dafür ist, dass damit auch die übrigen Leitungswege verlässlich beschrieben sind. Keine leichte Aufgabe, das zu entscheiden. Im Zweifelsfall sollten lieber einige Probennahmestellen zusätzlich gesetzt und dort mindestens die Wassertemperatur geprüft werden. Die kompletten Empfehlungen des UBA hat Viega im Internet als Download zur Verfügung gestellt (www.viega.de/Trinkwasserverordnung).
IKZ-FACHPLANER: Muss die Beprobung endständig erfolgen oder dürfen auch im Rohrleitungsnetz Probennahmestellen gesetzt werden?
Dr. Peter Arens: Es kommt natürlich auf die Fragestellung an, die man mit den Probennahmen beantworten möchte. Die systemische Beprobung beispielsweise sollte nah am Steigestrang erfolgen. Dazu können in aller Regel die vorhandenen Armaturen genutzt werden. Zusätzlich sind immer Probennahmestellen vor und hinter dem Trinkwasserspeicher einer Großanlage notwendig. An diesen Stellen befinden sich selten entsprechende Armaturen für eine Wasserentnahme. Auch hier gilt: Im Zweifelsfall lieber einige geeignete Ventile nachrüsten. Denn nur so kommt man zu einer fachgerechten Bewertung der Anlage.
Einfach nachgerüstet
Um die fachgerechte Wasserentnahme in der Trinkwasser-Installation einfach zu gestalten, hat Viega das zweiteilige Easytop-Probennahmeventil entwickelt: Es ist sowohl chemisch als auch thermisch desinfizierbar, sodass die Wasserentnahme unter labornahen Bedingungen erfolgen kann. Bei der jetzt vorgestellten Ausführung des Easytop-Probennahmeventils ist die Gewinde- und Dichtgeometrie verbessert. Außerdem lässt sich über ein aufsteckbares Kunststoff-Handrad das Ventil einfach bedienen und exakt regulieren. Alternativ kann auch ein Entlüftungsschlüssel eingesetzt werden.
Die zweiteilige Armatur besteht aus dem fest installierten Easytop-Entnahmeventil und einer sterilisierbaren Betätigungseinheit, die nur noch für die Probennahme aufgesteckt wird. So kann mit nur einer Betätigungseinheit die Beprobung an mehreren Entnahmestellen in der Trinkwasser-Installation erfolgen. Für die einfache Handhabung sind sowohl die Betätigungseinheit als auch das zugehörige Auslaufrohr um 360 Grad drehbar. Die dauerhaft wasserberührten Teile des Entnahmeventils sind aus Edelstahl, die abnehmbare Betätigungseinheit selbst ist aus Rotguss und Edelstahl gefertigt.
Das Nachrüsten von Probennahmestellen kann im Bestand mit dem neuen Sanpress-T-Stück G¼ erfolgen: Es hat auf der einen Seite einen Pressanschluss mit SC-Contur, auf der anderen ein Einsteckende. In Verbindung mit der Sanpress-Schiebemuffe ist es also mit wenigen Handgriffen in die aufgetrennte Rohrleitung eingesetzt und verpresst. Über das G¼-Gewinde steht dann ein zulässiger Anschluss für das Probennahmeventil zur Verfügung – ohne aufwendige Umbauten der Installation oder zeitraubendes Einhanfen von Schraubverbindungen. Die Montage eines Entleerungsventils ist ebenfalls möglich. Ein Reduzierstück als Übergang entfällt.
Viega liefert das Sanpress-T-Stück G¼ mit Einsteckende in den Dimensionen 15 bis 54 mm. Das Sanpress-T-Stück ist aus Rotguss gefertigt und kann in alle Kupfer- und Edelstahl-Rohrleitungssysteme des Herstellers eingesetzt werden.
Autor: Dr. Peter Arens, Leiter Kompetenzzentrum Trinkwasser, Viega GmbH & Co. KG
Bilder: Wenn nicht anders angegeben, Viega
www.viega.de/Trinkwasserverordnung