Strömungsteiler-Installationen
Niedrige Kaltwassertemperaturen bereits bei bestimmungsgemäßem Betrieb
Häufiger als erwartet werden in Trinkwasser-Installationen für Krankenhäuser, Seniorenwohnheimen, Kindergärten, Schulen, usw. – den sogenannten Risikoinstallationen – Kontaminationen des kalten Trinkwassers mit Legionellen nachgewiesen. 1) Die Kontaminationen treten in der Regel endständig (distal) auf und beschränken sich damit überwiegend auf Stockwerks- und Einzelzuleitungen. Die Ursache lässt sich fast immer zurückführen auf eine zu geringe Nutzung der hier angeschlossenen Entnahmearmaturen und auf relativ hohe Temperaturen (> 25 °C) des Kaltwassers in länger andauernden Stagnationsphasen.
Einfluss des Wasserwechsels auf die Temperatur des kalten Trinkwassers
Wie schnell sich das nach einem Entnahmevorgang stagnierende Kaltwasser wieder erwärmt, ist von der Umgebungslufttemperatur, dem Wasserinhalt der Rohrleitung und in untergeordnetem Maße auch von den Eigenschaften der Leitungsdämmung abhängig. Ist die Umgebungslufttemperatur hoch (> 25 °C) und der Inhalt der Kaltwasserleitung gering, erfolgt die Erwärmung über 25 °C sehr schnell, meistens in weniger als einer Stunde (Temperaturerhöhungszeit). Stockwerks- und Einzelzuleitungen mit geringem Innendurchmesser (DN 12 / DN 15) sind in konventionell aufgebauten Trinkwasserinstallationen besonders temperaturkritisch, da hier die Stagnationszeit zwischen zwei Wasserentnahmen i. d. R. erheblich länger ist als die Temperaturerhöhungszeit2) (Bild 2). Eine kritische Temperaturerhöhung in Stockwerks- und Einzelzuleitungen kann realistisch nur durch eine erhebliche Erhöhung des Wasseraustausches vermindert bzw. gänzlich vermieden werden. Aus diesem Grund heißt es in der VDI-Richtlinie 60233): „Die Leitungsführung und die Anordnung der Entnahmestellen sind so zu planen, dass ein höchstmöglicher Wasseraustausch erreicht wird. Einzelzuleitungen sollen auch im Hinblick auf Ausstoßzeiten so kurz wie möglich sein.“
Reihenleitungen
Ein erster Schritt zur Verbesserung der Durchströmung temperaturkritischer Leitungen ergibt sich bereits, wenn die Stockwerksinstallationen – statt mit den in der Vergangenheit üblichen Stichleitungen – mit Reihenleitungen ausgestattet werden. Mit Nutzung der am Ende angeordneten Entnahmearmatur werden dann alle Teilstrecken der Stockwerksinstallation bis hin zum jeweiligen Armaturenanschluss durchströmt. Ein Optimum für die Durchströmung ergibt sich, wenn die am häufigsten genutzte Entnahmestelle, das ist im Normalfall das WC, am Ende der Reihenleitung angeschlossen wird.4)
Das Temperaturverhalten einer solchen Reihenleitungskonstruktion verdeutlicht eine Beispielberechnung für eine Doppelnasszelle, wie sie z. B. im Bettentrakt eines Krankenhauses üblich ist (Bilder 1 und 2). Bei einer unterstellten Nutzung der WC-Anlage sechsmal am Tag und einer hier zu erwartenden Umgebungslufttemperatur von z. B. 28 °C, ergibt sich in der markierten Teilstrecke (15 x 1) ein Temperaturverlauf gemäß Bild 2. Die Temperatur des kalten Trinkwassers befindet sich dabei mehr als 14 Stunden am Tag über 25 °C und nur ca. 2 Stunden unter 20 °C.
In der DVGW-Information WASSER Nr. 90 (Juli 2016), mit Informationen und Erläuterungen zu Anforderungen des DVGW Arbeitsblattes W 551, wird folgendes gefordert: „Damit […] das Trinkwasser (kalt) in Technikzentralen sowie Installationsschächten und -kanälen mit Wärmequellen nicht auf eine Temperatur von über 25 °C erwärmt wird, ist ein ausreichender Wasseraustausch sicherzustellen. In der Praxis hat sich gezeigt, dass bei Trinkwassertemperaturen unter 20 °C nur sehr selten Legionellen nachgewiesen werden (DVGW-Information Wasser Nr. 74).5)“
Wie das Berechnungsbeispiel zeigt, muss davon ausgegangen werden, dass In Reihenleitungs-Installationen die Temperaturanforderungen für das kalte Trinkwasser aus einschlägigen VDI/DVGW-Regelwerken nicht erfüllt werden können, da der zu erwartende Wasseraustausch dafür nicht ausreichend ist! Selbst die relativ moderate 30-Sekunden-Regel aus DIN 1988-2006) kann bei Reihenleitungen häufi g nicht erfüllt werden.
Bei so konstruierten Trinkwasserinstallationen können reaktive Maßnahmen zum Regelbetrieb gehören, wie z. B. die personalintensive Durchführung von manuellen Spülmaßnahmen, der dauerhaft e Einsatz von endständigen Filtern an den Entnahmearmaturen und/oder die Durchführung von chemischen Desinfektionsmaßnahmen.
Ringleitungen mit Strömungsteilern
Aus den Formulierungen, Legionellen können sich bei Temperaturen unter 20 °C nicht nennenswert vermehren7), bzw. dass bei Trinkwassertemperaturen unter 20 °C nur sehr selten Legionellen nachgewiesen werden8), muss geschlossen werden, dass das Risiko einer Kontamination des kalten Trinkwassers mit Legionellen erst dann auf ein Minimum reduziert ist, wenn in allen Leitungsteilen die Kaltwassertemperatur im laufenden Betrieb dauerhaft unter 20 °C gehalten werden kann.
So genannte Strömungsteiler-Installationen für das kalte Trinkwasser stellen im Gegensatz zu Reihenleitungs-Installationen einen hohen Wasseraustausch in allen Teilstrecken einer Stockwerksinstallation bereits mit dem bestimmungsgemäßen Betrieb sicher. Der hohe Wasseraustausch, in den ansonsten schlecht durchströmten Stockwerksleitungen wird dadurch erreicht, dass eine Ringleitung über einen sogenannten Strömungsteiler an eine Verteilungsleitung angeschlossen wird. Durch die Ringleitung ist bereits sichergestellt, dass bei Wasserentnahmen an beliebiger Stelle im Ring in jeder zugehörigen Teilstrecke Trinkwasser fließt (Bild 3, hellblaue dargestellte Messwerte). Schon dadurch ist der Wasseraustausch intensiver als bei einer Reihenleitung. Mit der Durchströmung eines Strömungsteilers wird eine geringfügige Druckdifferenz (‹ 20 hPa) zwischen den Ringleitungsanschlüssen erzeugt. Dadurch fließt in der Ringleitung zusätzlich ein signifikanter Volumenstrom, wenn in Fließrichtung hinter dem Strömungsteiler eine Entnahmearmatur betätigt wird. Der auf diese Weise in der Ringleitung erzeugte Volumenstrom wird als Induktionsvolumenstrom bezeichnet (Bild 3, dunkelblau dargestellte Messwerte). Die Entnahmevolumenströme in Kombination mit den Induktionsvolumenströmen führen zu einem so intensiven Wasseraustausch in der Ringleitung, dass die Stagnationszeit fast immer kleiner ist als die Temperaturerhöhungszeit. Dadurch bleiben die Kaltwassertemperaturen bereits bei bestimmungsgemäßem Betrieb – d. h. gänzlich ohne aktive Maßnahmen (Spülen/Kühlen) – über fast 17 Stunden am Tag unter 20 °C. Nur in den Nachtstunden übersteigt die Temperatur des kalten Trinkwassers kurzzeitig die 25-°C-Grenze (Bild 3).
Gegenüber der Reihenleitungs-Installation, mit einer mittleren Temperatur des kalten Trinkwassers von 25 °C, liegt die mittlere Temperatur bei einer Strömungsteiler- Installation bei 20 °C. Nur bei diesem Temperaturniveau (‹ 20 °C) hat sich gezeigt, dass […] sehr selten Legionellen nachgewiesen werden (DVGW-Information Wasser Nr. 74).8)
Fazit
Mit einer Strömungsteiler-Installationen liegt die mittlere Temperatur des kalten Wassers bereits bei bestimmungsgemäßem Betrieb um ca. 5 K niedriger als bei einer konventionellen Reihenleitungs- Installation.9) Strömungsteiler-Installationen können darüber hinaus problemlos mit automatisierten Prozessen zur Temperaturkontrolle und zum Wasseraustausch kombiniert werden. Damit können Schwächen und Fehler in der Betriebsführung ggfs. vollständig ausgeglichen und das Betreiberrisiko auf ein Minimum reduziert werden! Wie Vergleichsberechnungen belegen, werden die funktionalen Vorteile einer Strömungsteiler-Installation nicht zu Lasten eines höheren Wasserinhalts und durch eine größere wasserbenetzte Innenoberfläche des Rohrnetzes erzielt. Im Vergleich zu einer Installation mit Reihenleitungen sind diese hygienerelevanten Rohrnetzparameter immer von gleicher Größenordnung. Im Beispielfall werden z. B. die Druckverluste von 20 in Reihe geschalteten Strömungsteilern (‹ 400 hPa) durch den geringeren Druckbedarf einer Ringleitung in der Doppelnasszelle mehr als kompensiert (Stockwerks-Druckverlust Reihenleitung Bild 2: pSt = 661,7 hPa im Vergleich zu einer Ringleitung Bild 3: pSt = 107,7 hPa). Im Beispielsfall – Krankenhausinstallation mit 200 Nasszellen – führt das zu einem Gesamtwasserinhalt der Trinkwasserinstallation von 1834 l bei einer Reihenleitungs-Installation bzw. zu 1845 l bei einer Strömungsteiler-Installation.
Autoren: Prof. Dr. Lars Rickmann, SRH Hochschule Nordrhein-Westfalen,
Thomas Spöler M. Eng., Timo Kirchhoff M. Eng., beide Fa. Kemper, Olpe
1) Flemming, C., et al. (2010). Erkenntnisse aus dem BMBF-Verbundprojekt „Biofilme in der Trinkwasserinstallation“. Bundesministerium für Bildung und Forschung
2) Die Temperaturerhöhungszeit ist die Zeit, die es dauert, bis sich das stagnierende Kaltwasser nach einer Wasserentnahme wieder auf eine Temperatur von 25 °C erwärmt hat.
3) VDI/DVGW 6023:2013-04 Hygiene in Trinkwasser-Installationen - Anforderungen an Planung, Ausführung, Betrieb und Instandhaltung
4) Ergebnisse einer Expertenanhörung am 31.03.2004 im Universitätsklinikum in Bonn, veröffentlicht im Bundesgesundheitsblatt 2006 49:681-686
5) DVGW-Information WASSER Nr. 90, Juli 2016 Informationen und Erläuterungen zu Anforderungen des DVGW Arbeitsblattes W 551 Wörtlich zitierte Textstellen sind kursiv gesetzt
6) DIN 1988-200, 3.6 Betriebstemperatur Bei bestimmungsgemäßem Betrieb darf maximal 30 s nach dem vollen Öffnen einer Entnahmestelle die Temperatur des Trinkwassers kalt 25 °C nicht übersteigen und die Temperatur des Trinkwassers warm muss mindestens 55 °C erreichen.
7) Robert Koch Institut (Februar 2013) Epidemiologisches Bulletin Nr. 8
8) DVGW-Information Wasser Nr. 74 Hinweise zur Durchführung von Probennahmen aus der Trinkwasser-Installation für die Untersuchung auf Legionellen
9) Rickmann, L. (2014): Einfluss neuer Konzepte bei Planung und Konstruktion von Trinkwasserinstallationen in Großgebäuden auf die hygienische Qualität des Trinkwassers, Dissertation UMIT