Streitpunkt Kostenvoranschlag Was Handwerker unbedingt wissen sollten
Mit solidem Handwerk allein kann heute kaum noch ein SHK-Betrieb bestehen. So zahlt sich ein breit gefächertes Zusatzwissen gerade im rechtlichen Bereich besonders aus, z.B. Kenntnisse der wichtigsten Regeln und Vorschriften im Betriebsalltag. Einen besonders für die Betriebe der SHK-Branche wichtigen Aspekt bildet dabei das rechtlich einwandfreie Aufsetzen eines Kostenvoranschlags. Denn viel zu oft liegen die Ansichten und Erwartungen der Auftraggeber über Inhalt, Kosten und Verbindlichkeit meilenweit von denen der Unternehmer entfernt.
Um zu erfahren, mit welchen Ausgaben sie für ein Projekt zu rechnen haben, bitten viele Kunden bereits im Vorfeld ihren SHK-Betrieb um eine möglichst präzise Aufstellung der erwarteten Kosten. Doch bereits bei der Formulierung der schriftlichen Kostenschätzung ist für den Handwerker Vorsicht geboten: Obwohl die Begriffe "Kostenvoranschlag" und "Angebot" im alltäglichen Sprachgebrauch meist das Gleiche bedeuten, sollte der Unternehmer im Geschäftsverkehr hier genau trennen. Die beiden inhaltlich so ähnlich scheinenden Worte haben nämlich in Wahrheit nicht die gleiche Bedeutung.
Mit einem "Angebot" schlägt der Handwerker dem Kunden in der Regel einen verbindlichen Festpreis vor. Das bedeutet, dass der Unternehmer keine Möglichkeit hat, hiervon abzuweichen - weder was den Umfang der Arbeit noch was den Preis betrifft. Nimmt der Kunde das Angebot an, kommt der Vertrag genau zu den vereinbarten Konditionen zustande und der Betrieb bleibt auf später eventuell auftretenden Mehrkosten sitzen.
Dagegen handelt es sich bei einem Kostenvoranschlag (KVA) um eine möglichst präzise - aber damit nicht grundsätzlich verbindliche - Schätzung. Der Handwerksbetrieb darf somit die veranschlagte Summe überschreiten, wenn auch nur in einem gewissen Rahmen. Um von Anfang an für größtmögliche Klarheit zu sorgen, gehören in einen KVA unbedingt Angaben wie:
- mit wie vielen Arbeitsstunden der Kunde rechnen muss,
- welche Materialkosten einkalkuliert werden müssen und
- ob beispielsweise besondere Aufwände wie mehrfache Anfahrts- oder gar Übernachtungskosten zu Buche schlagen werden.
Tipp: Achten Sie genau auf die Wortwahl und schreiben Sie den korrekten Begriff über Ihre Kostenaufstellung. "Angebot" und "Kostenvoranschlag" unterscheiden sich im Grad der Verbindlichkeit erheblich. Verwenden Sie deshalb nur in einem festen Angebot Begriffe wie "Festpreis", "Pauschalpreis" oder "garantierter Preis". In einen nicht bindenden Kostenvoranschlag gehören dagegen Zusätze wie "etwa", "ca." oder "unverbindlich".
Darf ein KVA etwas kosten?
Nicht selten investiert ein Unternehmer viel Zeit und Mühe, alle relevanten Angaben und Werte für einen umfassenden Kostenvoranschlag zusammenzutragen. So müssen besonders die SHK-Gewerke meist eigens beim Kunden anreisen und die Sache ausführlich begutachten, um eine gewissenhafte Kalkulation vornehmen zu können. Oft nehmen auch die Recherche und das Zusammentragen von Daten, Maßen und Materialpreisen eine gewisse Zeit in Anspruch.
Umso ärgerlicher ist es dann, wenn es nicht zum Auftrag kommt. Leider passiert es zudem immer häufiger, dass der Kunde zum Zwecke des Preisvergleichs den eigens ausgearbeiteten Kostenvoranschlag an andere Dienstleister weitergibt und sich schließlich für das günstigste Angebot entscheidet.
Das Problem liegt dabei auf der Hand: Während der erste Betrieb die umfangreiche und detaillierte Kalkulation in Vorleistung erbrachte, freut sich die Konkurrenz über das fertige Leistungsverzeichnis. Entscheidet sich der Kunde dann tatsächlich für das billigere Konkurrenzangebot, ist das nicht nur frustrierend für den ersten Betrieb, ihm entsteht durch die erbrachten Vorleistungen auch ein wirtschaftlicher Schaden.
Beispiel: Ein SHK-Betrieb soll eine defekte Klimaanlage reparieren. Zum Zwecke der Preistransparenz wünscht sich der potenzielle Kunde vorab einen Kostenvoranschlag. Um dem Kundenwunsch zu entsprechen, muss der Klimaanlagen-Experte das Problem vor Ort in Augenschein nehmen. Hierfür nimmt er eine Anreise von 25 km in Kauf, identifiziert zeitaufwendig den Fehler und erstellt schließlich einen detaillierten und fairen Kostenvoranschlag.
Natürlich könnte der selbstständige Handwerker es sich nicht auf Dauer leisten, diesen Aufwand allein in der Hoffnung auf einen Auftrag zu erbringen. Je nach Kalkulationsaufwand haben Betriebe daher oft keine andere Chance, als den Kostenvoranschlag oder wenigstens die Anreise in Rechnung zu stellen - der Betrag wird dann bei Auftragserteilung meist mit der Auftragssumme verrechnet.
Doch Achtung: Insbesondere bei privaten Kunden herrscht die verbreitete Meinung, dass Kostenvoranschläge nichts kosten dürfen. Hintergrund für diese Vermutung ist ein manchmal missverstandener Satz im BGB: "Ein Kostenanschlag ist im Zweifel nicht zu vergüten" (§ 632 Abs. 3 BGB). Tatsächlich ist damit gemeint, dass in der Regel keine Kostenpflicht besteht, falls mit dem Kunden ausdrücklich nichts anderes vereinbart wurde. Kommt es dann später zum Streit über die Vergütung des Kostenvoranschlags und landen die beiden Parteien schließlich vor Gericht, ist der Handwerker in der Beweispflicht. Gelingt ihm der Nachweis einer Vereinbarung zur Kostenübernahme nicht, so wird nach der Rechtslage davon ausgegangen, dass der Kostenvoranschlag kostenfrei erbracht wurde.
Tipp: Erwarten Sie eine Vergütung Ihrer Anstrengungen für die Kalkulation des Auftrags. Weisen Sie den Kunden ausdrücklich darauf hin, dass der Kostenvoranschlag nicht umsonst ist. Sie können zum Beispiel vereinbaren, dass der Betrag bei Auftragserteilung verrechnet wird. Eine passende Formulierung wäre etwa: "Gutschrift der Rechnung für den Kostenvoranschlag zu 100 % bei Auftragserteilung."
Für eine ausdrückliche Vereinbarung genügt es im Übrigen nicht, einfach eine Vergütungspflicht für Kostenvoranschläge in die Allgemeinen Geschäftbedingungen oder in entsprechenden Preislisten aufzunehmen. Eine solche Regelung in den AGBs wird von der Rechtsprechung oftmals als sogenannte "überraschende Klausel" eingestuft und als unwirksam erachtet. Deshalb sollte der Auftragnehmer in keinem Fall darauf verzichten, den Kunden ausdrücklich und klar auf die Kostenpflichtigkeit des KVA hinzuweisen - sogar, wenn eine Vergütung durchaus als "branchenüblich" gilt.
Doch auch ohne konkrete Vereinbarung gibt es Ausnahmen von der grundsätzlichen Kostenfreiheit des Kostenvoranschlags: Wenn bereits von vornherein klar ist, dass es nie zum Auftrag kommen wird, dürfen Kostenvoranschläge auch ohne exakte Vereinbarung in Rechnung gestellt werden. Denn in einem solchen Fall stellt der Kostenvoranschlag quasi die Leistung dar, welche der Betrieb für den Kunden erbringt. Und natürlich kann diese dann auch ganz normal berechnet werden.
Wie verbindlich ist ein Kostenvoranschlag?
Trotz sorgfältiger Planung passiert es immer wieder, dass die in der Praxis angefallenen Aufwendungen am Ende die gewissenhaft erarbeitete Kostenschätzung übersteigen. Das eigentliche Problem ist dabei nicht die Überschreitung an sich, sondern vielmehr der Umfang, in dem sich der angebotene Preis verteuert hat. Eine unwesentliche Überschreitung des KVA muss der Kunde in der Regel akzeptieren. Allerdings gibt es keine allgemein gültige Prozentzahl, an die man sich halten kann - entschieden wird von den Gerichten im Einzelfall. Als Orientierung für eine unwesentliche Abweichung gelten Überschreitungen von 10-20%, in seltenen Fällen bis zu 25%.
Aus einer übermäßigen Kostenzunahme erwächst dem Kunden ein Sonderkündigungsrecht. Macht er davon Gebrauch, kann der Handwerksbetrieb nur den Teil der Leistung in Rechnung stellen, den er tatsächlich erbracht hat (§§ 650, 645 BGB).
Sollte es der Auftragnehmer zudem versäumt haben, seinen Auftraggeber frühzeitig über eine sich abzeichnende Kostenexplosion zu informieren, kann der Kunde unter Umständen sogar Schadenersatz fordern.
Autorin: Anne Kronzucker, Rechtsexpertin der D.A.S.-Versicherung
Inhalt des Kostenvoranschlags
Da der Kostenvoranschlag die Grundlage für den Werkvertrag und die Abschlussrechnung darstellt, sollte er möglichst detailliert ausgeführt werden. Folgende Punke sollte ein KVA deshalb unbedingt enthalten:
eine Beschreibung zu Art und Umfang der nötigen Arbeiten,
die dafür nötige Arbeitszeit und die zugehörigen Arbeitskosten,
das dafür nötige Material und die zugehörigen Materialkosten,
die ausgewiesene Mehrwertsteuer,
die voraussichtlichen Spesen und Fahrtkosten,
den Erfüllungszeitraum (z. B. in Form einer Gültigkeitsdauer),
die genaue Firmenbezeichnung und korrekte Anschrift,
das Datum der Erstellung.
Der Kostenvoranschlag bildet in der Regel die Vertragsgrundlage. Stimmt der Kunde dem KVA zu, ist der Betrieb zur Erfüllung der veranschlagten Leistungen und Konditionen verpflichtet. Deshalb sollte beim Aufsetzten des Kostenvoranschlags unbedingt auch eine Gültigkeitsdauer festgelegt werden. Denn möglicherweise entschließt sich der Kunde erst nach sechs Monaten zur Auftragserteilung - und dann ist der Unternehmer bereits mit anderen Arbeiten ausgelastet oder die Materialpreise sind zwischenzeitlich erheblich gestiegen. Eine Gültigkeitsdauer von zwei Monaten hat sich daher in der Praxis als guter Zeitrahmen bewährt.
Urteile zum Kostenvoranschlag
Kostenpflicht in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB)
Legt der Unternehmer in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen fest, dass stets eine Vergütungspflicht für Kostenvoranschläge besteht, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart wird, so ist diese Klausel unwirksam. Quelle: Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 29.12.2005, Az. 19 U 57/05
Wie viel darf ein KVA kosten?
Die Tatsache, dass ein Kostenvoranschlag kostenpflichtig sein kann, bedeutet nicht, dass der Auftragnehmer völlig frei in der Preisgestaltung ist. Er muss sich vielmehr an den örtlichen Gepflogenheiten orientieren. Eine Vergütungsvereinbarung für einen Kostenvoranschlag, die über dem Doppelten des ortsüblichen Betrages liegt, verstößt gegen die guten Sitten und ist damit nichtig. Quelle: Arbeitsgericht Landsberg, Urteil vom 24. 02. 2009, Az. 3 C 739/08
Literatur-Tipp
Recht für Handwerk und Gewerbe
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