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Spannende Wochen

Zugegeben, die Ziele, den Energieverbrauch und die CO2-Emissionen bis 2020 um jeweils 20 % zu senken und gleichzeitig den Anteil Erneuerbarer Energien auf 20 % zu erhöhen, sind ambitioniert.

 

Doch während die EU in Sachen CO2-Reduzierung und bei den Erneuerbaren planmäßig vorankommt, tut sie sich in puncto Ener­gieeinsparung schwer. Jüngsten Kommissionsschätzungen zufolge wird die EU – sollte sie so weitermachen wie bisher – die für das Ende dieses Jahrzehnts angestrebte Energieeinsparung nur zur Hälfte erreichen.
Damit diese Situation nicht eintritt, hat die EU-Kommission Anfang März dieses Jahres einen neuen Energieeffizienzplan vorgestellt. Angefangen bei Gebäuden über den Verkehrs- und Industriesektor bis hin zu Produkten stehen zahlreiche Maßnahmen an. Das größte Energieeinsparpotenzial liegt, wie sollte es anders sein, im Gebäudebereich. Hier sollen die Regierungen der EU-Länder u. a. verstärkt in die energetische Sanierung von öffentlichen Liegenschaften investieren. Gefordert wird eine Erhöhung der Sanierungsrate auf jährlich 3 % – was für Deutschland knapp eine Verdreifachung der Sanierungsfläche zur Folge hätte. Zudem will die Kommission strengere Verbrauchsstandards für Heizkessel, Warmwasserbereiter, Klimaanlagen, Pumpen und für verschiedene Haushaltsgeräte festlegen.
Die Umsetzung der Pläne bedarf allerdings enormer finanzieller Anstrengungen: Rund 270 Mrd. Euro – so die Schätzungen – werden pro Jahr zusätzlich benötigt, um die Maßnahmen realisieren zu können. Ob die Länder – trotz Aufteilung dieser gewaltigen Summe – der kapitalen Kraftanstrengung gewachsen sind, ist fraglich. Aber wenn die Pläne umgesetzt werden können, versprechen sie lohnenswerte Aussichten. Denn mit der Durchführung der geplanten Maßnahmen lassen sich laut EU nicht nur die Energieeffizienzziele erreichen, sondern auch pro Jahr und Haushalt Einsparungen von durchschnittlich bis zu 1000 Euro erzielen. Zudem würden bis zu 2 Mio. neue Arbeitsplätze entstehen.
Fast im Einklang mit den europäischen Tönen stehen die Themen Energieeinsparung und Regenerative Energien auch hierzulande ganz oben auf der politischen Agenda – nicht zuletzt vor dem Hintergrund der japanischen Atomkatastrophe. Mitte April wurde eilends ein „Energiegipfel“ im Kanzleramt einberufen, bei dem ein rekordverdächtiger Zeitplan für die Festlegung von Maßnahmen beschlossen wurde. Bereits am 17. Juni sollen erste Gesetzespakete zur Frage des Atomausstiegs und zum Ausbau Erneuerbarer Energien beschlossen werden.
Es werden also vielleicht die fünf spannendsten energiepolitischen Wochen, seit Beschlüsse zu Energieeffizienzmaßnahmen und zum Ein- bzw. Umstieg von Fossilen zu Erneuerbaren Energien gefasst wurden. Für die Baubranche klingt dies zunächst zwar vielversprechend, da die Maßnahmen einen weiteren Aufschwung bedeutet. Aber Aufschwung bedeutet auch, dass mehr Arbeitskräfte benötigt werden. Daran mangelt es jedoch in der Branche. Bereits heute fehlen in den naturwissenschaftlichen/technischen Berufen in Deutschland rund 117 000 Fachkräfte. Besonders gravierend, die Ingenieurlücke: Anfang Januar gab es hier 72 100 offene Stellen. Und wegen des demografischen Wandels könnten einer Expertenhochrechnung zur Folge im Jahr 2030 sogar 5,2 Mio. Arbeitskräfte fehlen, darunter 2,4 Mio. Hochschulabsolventen.
Fatale Situation: Einerseits bemüht sich die Branche fortlaufend um bessere und kontinuierliche Förderbedingungen. Andererseits fehlen Fachkräfte, die die anstehenden Arbeiten bewältigen. Laut Umweltbundesamt können aufgrund des Fachkräftemangels derzeit nur etwa ein Drittel der Energieeinsparpotenziale im Gebäudebestand ausgeschöpft werden. Für die gesamten deutschen Mittelständler bedeutet dies einer Studie zufolge jährlich Umsatzeinbußen in Höhe von 30 Mrd. Euro. So bleibt zu hoffen, dass bei den vielen Plänen zur Energieeinsparung nicht die Energie zu kurz kommt, die für die Umsetzung der anstehenden Sanierungen nötigt ist – gemeint sind effiziente Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel.

Markus Münzfeld
Redakteur IKZ-HAUSTECHNIK
m.muenzfeld@strobel-verlag.de

 


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