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„Revolution mit Bedacht“

Digitalisierung der Sanitärtechnik – Teil 2

Das Bad wird „smart“: Licht, Heizung und Home-Entertainment, aber auch Wasserprogramme in der Dusche lassen sich digital steuern. Und perfekt aufeinander abstimmen – für ein Maximum an individuellem Wohlgefühl. Bild: Ulrich Beuttenmüller/Gira

„Ein gutes Smart-Home-System richtet sich stets nach dem Nutzer und steht in dessen Dienst – nicht umgekehrt. Es macht ein umfassendes Angebot, lässt dabei dem Nutzer aber immer die Freiheit zu entscheiden, wie smart er es denn persönlich zu Hause haben möchte“, erklärt Christian Feltgen, Technik-Geschäftsführer bei Gira. Bild: Gira

Gesundheitscheck auf dem WC: „BioTracer“ untersucht mithilfe von Teststreifen, die in einer Kartusche im WC-Körper untergebracht sind, vollautomatisch den Urin der Nutzer. Die Messwerte u. a. über den Blutzucker werden an die dazugehörige App übertragen. Bild: Duravit

Weltweit digital vernetzt. Die verschiedenen Komfort- und Hygienefunktionen der mit viel Elektronik ausgestatteten Dusch-WCs lassen sich heute vielfach auch per App bedienen. Wer will, kann seine Lieblingseinstellungen speichern und per Smartphone abrufen – überall auf der Welt, wo er auf das entsprechende WC-Modell trifft. Bild: Geberit

„Perspektivisch wird das smarte Bad ein Raum sein, in dem verschiedene Aspekte einer aktiven Gesundheitsvorsorge zusammenlaufen“, ist sich Andreas Dornbracht sicher. „Von gesundheitsfördernden Wasseranwendungen, die optimal auf den individuellen Gesundheitszustand zugeschnitten sind, bis hin zur Integration von Fitnessgeräten in das Bad.“ Für den Dornbracht-Chef ist der Megatrend Gesundheit sogar der „wichtigste Innovationstreiber“ im Bad. Bild: Dornbracht

Intelligente Algorithmen optimieren die Spülmenge: In die Keramik eingebrannte Sensoren messen nach jedem Spül­vorgang den Verunreinigungsgrad. Auf dieser Basis werden das Spülvolumen und damit auch der Wasserverbrauch kontinuierlich optimiert. Bild: VitrA Bad

Sensorgesteuerter Schutz vor Wasserschäden: Nicht nur im Bad erkennt „Grohe Sense“, wenn Wasser austritt, und alarmiert per Nachricht aufs Smartphone sowie per akustischem wie auch visuellem Signal. Der auf die Hauptwasserleitung installierte „Grohe Sense Guard“ unterbricht bei Leckagen automatisch die Wasserzufuhr. Bild: Grohe

„Für das Handwerk kommen neue Arbeitsbereiche hinzu, daher sind Vorbehalte verständlich, denn die Installation und das Betreiben solcher Technik unterscheidet sich von der klassischen Arbeitsweise“, betont Claudio Conigliello, Marketingchef bei VitrA Bad.

Digital gesteuert: Spezielle, auf die Bedürfnisse des Nutzers abgestimmte, gesundheitsfördernde Wasseranwendungen in der Dusche lassen sich vorab programmieren. So setzt z. B. Dornbracht mit dem Konzept „LifeSpa“ auf das wachsende Gesundheitsbewusstsein der Menschen. Bild: Dornbracht

 

Auf Dauer werden sich, so Christian Feltgen vom Gebäudesteuerungsspezialisten Gira, nur solche Smart-Home-Systeme durchsetzen, die „möglichst sicher, leicht bedienbar, updatefähig, weitgehend kompatibel und wirklich Technik im Dienst der Menschen sind“. Und die dem Nutzer im Alltag tatsächlich Mehrwerte bringen. Das „smarte Bad“ macht hier keine Ausnahme. Daraus ergeben sich neue Aufgaben und große Herausforderungen für Sanitärindustrie und Handwerk.

Die digitale Vernetzung hat längst die Gebäudetechnik erreicht. Doch noch – so scheint es – macht das „Smart Home“ einen Bogen um das Badezimmer. Auch die ISH hat gezeigt, dass es für die Sanitärbranche alles andere als selbstverständlich ist, dass „klassische Badprodukte und Hightech-Funktionen zum Digital Bathroom verschmelzen“, wie es die Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft (VDS) vorhersieht. Worauf es beim „smarten Bad“ ankommt, hat Teil 1 unseres Artikels, erschienen in Ausgabe 9, dargelegt. Entwicklungen in der Unterhaltungselektronik und in der Kommunikationstechnologie können dabei genauso wie die digital vernetzte Haustechnik Treiber sein, um sinnvolle, nutzerorientierte Lösungen zu entwickeln. Auch das „eine Bad für alle“ – der generationengerechte und barrierefreie „Easy Bathroom“ – liefert entsprechende Ansätze. Im nachstehenden zweiten Teil lesen Sie, inwieweit die Megatrends „Individualisierung“ und „Gesundheit“ die Digitalisierung von Sanitärprodukten und deren intelligente Vernetzung befördern und welche Rolle „Big Data“, die Generierung von Daten im „smarten Bad“, spielt. Im Mittelpunkt stehen aber die Herausforderungen, die mit dem „smarten Bad“ auf Industrie und Handwerk zukommen. Den kompletten Artikel finden Sie auch online unter www.ikz.de (Eingabe ins Suchfenster: Revolution mit Bedacht).

Treiber 3: Das Bad als individueller Wohlfühlort
Die Digitalisierung von Sanitärprodukten und mehr noch ihre intelligente Vernetzung zahlen auf den Übertrend „Individualisierung“ ein, weil sie es um einiges einfacher machen, auf die persönlichen Vorlieben und Bedürfnisse der Nutzer einzugehen. „Die Dusche kennt meine persönliche Wohlfühltemperatur, die Wanne befüllt sich von selbst, am Waschtisch kann ich mit einem Knopfdruck die ideale Temperatur für eine schonende Gesichtsreinigung einstellen und vieles mehr“, hebt auch Andreas Dornbracht, geschäftsführender Gesellschafter des gleichnamigen Armaturen- und Brausenherstellers aus Iserlohn, hervor. Seine Aufzählung ließe sich weiter fortsetzen. Vor allem die verschiedenen Komfort- und Hygienefunktionen der mit viel Elektronik ausgestatteten Dusch-WCs sind schon heute vielfach digital steuerbar. Der VDS gelten die Highend-Toiletten derzeit nicht ohne Grund als potentielle „Renner im Digital Bathroom“. Jedoch muss hier der Nutzer noch selbst per Bedieneinheit oder per App seine Lieblingseinstellungen von der Temperatur des beheizbaren Sitzes bis zu Intensität und Richtung des Waschstrahls einstellen und abrufen. Nicht immer nur des heimischen Dusch-WCs, sondern im Fall des Grohe „Sensia Arena“ und der Geberit „AquaClean“-Varianten überall auf der Welt, wo man auf diese Modelle trifft.

Treiber 4: Das Bad als Gesundbrunnen
Bereits einen großen Schritt weiter geht Duravit mit dem weltweit ersten App-gesteuerten WC „BioTracer“, das vollautomatisch den Urin der Nutzer analysiert. Es ermittelt mithilfe von verschlossenen Teststreifen, die in einer Kartusche im WC-Körper untergebracht sind, zehn Messwerte im Urin, die laut Hersteller „für die persönliche Fitness und eine gesunde Lebensweise von Bedeutung sind.“ Die Daten werden drahtlos an die dazugehörige passwortgeschützte App übertragen, über die sich der Nutzer seine Messergebnisse auf Smartphone oder Tablet anzeigen lassen kann. Sollte ein Wert von der Norm abweichen, gibt die App einen entsprechenden Hinweis. So erfährt der Nutzer selbst mehr über seine Physis; denkbar ist aber auch, dass künftig die auf diese Weise gesammelten Gesundheitsdaten für telemedizinische Services oder beim nächsten Arztbesuch genutzt werden.
„BioTracer“ greift damit den aktuellen Trend zum sogenannten „selfment“ oder „betterment“ auf: dem Wunsch infolge eines gestiegenen Bewusstseins für den Wert der eigenen Gesundheit, aktiv etwas für sich und seinen Körper zu tun – ein Wunsch, der die Bereitschaft einschließt, über spezielle Geräte und Tools den Zustand der eigenen Fitness zu messen und digital zu erfassen.
In den eigenen vier Wänden wird das Bad dabei eine wichtige Funktion übernehmen und so etwas wie der heimische Gesundbrunnen werden (siehe auch Beitrag in IKZ-HAUSTECHNIK 5/2017). Nach einer Studie des Zukunftsinstituts wünscht sich knapp die Hälfte der Deutschen eine gesundheitsorientierte Ausstattung des Bads. „Perspektivisch wird das smarte Bad ein Raum sein, in dem verschiedene Aspekte einer aktiven Gesundheitsvorsorge zusammenlaufen“, ist sich auch Andreas Dornbracht sicher. „Von gesundheitsfördernden Wasseranwendungen, die optimal auf den individuellen Gesundheitszustand zugeschnitten sind, bis hin zur Integration von Fitnessgeräten in das Bad.“ Für den Dornbracht-Chef ist der Megatrend Gesundheit sogar der „wichtigste Innovationstreiber“ im Bad. Der Armaturen- und Brausenhersteller setzt dabei ganz bewusst auch auf das, „was die Digitalisierung ermöglicht.“ Etwa spezielle, auf die Bedürfnisse des Nutzers abgestimmte Wasseranwendungen in der Dusche, die „Signature Treatments“, wie z. B. Wechselduschen oder eine Entspannungsdusche mit graduell ansteigender Temperatur. Heute müssen diese Wasserprogramme noch von Menschenhand erstellt werden; in ein paar Jahren kann die digital vernetzte Duschsteuerung so intelligent sein, dass sie selbst anhand der zur Verfügung stehenden Gesundheitsdaten des jeweiligen Nutzers die für ihn optimale Anwendung zusammenstellt.

Treiber 5: Das Bad als Datenquelle
Digitale Vernetzung bedeutet immer auch, dass Daten gesammelt und kommuniziert werden. Dies ist im „smarten Bad“ nicht anders. Schon heute sind erste WC-Spülungen etwa von VitrA Bad in der Lage, selbstständig zu erkennen, welcher Verunreinigungsgrad vorliegt und mit wieviel Wasser daher gespült werden muss. In die Keramik eingebrannte Sensoren ermitteln nach jedem Spülvorgang entsprechende Daten. Intelligente Algorithmen des in die Drückerplatte integrierten Computerchips verarbeiten diese, um das optimale Spülvolumen zu ermitteln und bei Bedarf anzupassen. Auf bis zu 60 % beziffert der Hersteller die Wassereinsparungen,
die sich so erzielen lassen. Andere Systeme „merken“ sich, wann das letzte Mal die Spülung betätigt worden ist und führen bei einer entsprechend langen Spülpause automatisch einen Spülvorgang durch, damit weder Kalkränder noch schlechter Geruch in WC und Spülkasten entstehen.
Darüber hinaus könnte beispielsweise die digitale Steuerung von Armaturen an Waschtisch, Wanne und in der Dusche erfassen, wieviel Wasser mit welcher Temperatur verbraucht wird. Diese Verbrauchsdaten, die bislang in der Regel nur der gesammelten Jahresabrechnung zu entnehmen sind, könnten jedem Nutzer unmittelbar über ein Display angezeigt werden und diesen so unter Umständen zu einem ressourcenschonenden Nutzungsverhalten animieren. Hotels gewännen auf diese Weise einen schnellen Überblick über den Wasserverbrauch ihrer Gäste. Zumindest in der Theorie wäre es vorstellbar, dass hier künftig je nach Verbrauchsverhalten die Zimmerpreise variieren.
Aber auch Hersteller der Sanitärindustrie könnten auf der Basis natürlich zu anonymisierender Daten weitergehende Informationen über das praktische Nutzerverhalten generieren, um ihre Produkte zu optimieren oder ganz neue Ideen zu entwickeln: Wie oft werden in der Brause wirklich Strahlarten gewechselt, welche Strahlart wird favorisiert, welche Wasseranwendungen werden genutzt, wie lange dauert das Duschbad unter der Woche am Morgen, wie lange am Abend und Ähnliches mehr.
Sensorgestützte Datenerfassung ist auch die Grundlage zweier Neuheiten, die Grohe auf der ISH 2017 präsentierte: „Grohe Sense“ und „Grohe Sense Guard“ sind zwei Sensorsysteme, die wasserbezogene Probleme im gesamten Haushalt aufspüren und per Datenübertragung bzw. Vorort-Alarm melden. „Grohe Sense“ erkennt laut Hersteller nicht nur austretendes Wasser, sondern misst zudem regelmäßig die Luftfeuchtigkeit und Temperatur in einem Raum, um auf diese Weise Schimmelbildung und Leckagen auf die Spur zu kommen. Der direkt an der Hauptwasserleitung angeschlossene „Grohe Sense ­­Guard“ ist in der Lage, Gefahren wie potenzielle Frostschäden, Mikroleckagen und Leitungsschäden zu identifizieren und im Bedarfsfall die Wasserzufuhr unmittelbar und selbsttätig stoppen. Dazu erfasst er durchgängig Wasserdruck, Wassertemperatur und Wasserdurchfluss, um auf ungewöhnliche Abweichungen zu reagieren. Gesteuert und überwacht werden beide Wasserschaden-Warnsys­teme, die auf WLAN-Technologie gemäß Industriestandard basieren, über eine App. Beide Sensorsysteme sind für eine Einbindung in die Steuerung der gesamten Haustechnik geradezu prädestiniert, um so ihr Angebot an Service und Komfort zu erhöhen. Natürlich ist es bereits eine Hilfe, dass der Nutzer alarmiert wird, wenn z. B. die Zimmertemperatur unter 3 °C fällt und ein Frostschaden an den Wasserleitungen droht. Falls dies aber im weit entfernten Ferienhaus passiert, wäre es um einiges hilfreicher, wenn – eine entsprechende Ausstattung vorausgesetzt – durch eine Kommunikation der Wasserwarn-Sensoren mit der Heizungssteuerung diese die Raumtemperatur automatisch hochfährt.

Herausforderung für die Sanitärindustrie
Die Beispiele machen deutlich, welche enorme Aufgaben hier auf die Hersteller der Sanitärindustrie zukommen. Im Prinzip muss „eine ganze Produktwelt neu überdacht werden“, heißt es mit Blick auf die Digitalisierung zu Recht im Trend-Report 2017 der VDS. „Funktionen und Bedienungen ändern sich und mit ihnen die grundlegenden Rahmenbedingungen für Armaturen, Waschtische und Duschen.“ Die Ansätze hierzu, die auf der ISH zu sehen waren, bestätigen, wie groß die Herausforderung ist. Und wie schwer sich manche Unternehmen damit tun. Es geht nicht allein darum, wie Claudio Conigliello von VitrA Bad anmerkt, elektronische „feuchtraumtaugliche Produkte zu entwickeln, die auch bei hoher Luftfeuchtigkeit einwandfrei funktionieren“ und die „mindestens so einfach zu handhaben sein (sollten) wie ein analoges Produkt“. Darüber hinaus kommt es auch darauf an, das eigene digitale Produkt „vernetzungsfähig“ zu machen, sodass es sich in eine übergeordnete Steuerung der Haustechnik einbinden lässt. Nicht ohne Grund sieht Andreas Dornbracht in der aktuell vielfach noch fehlenden „Kompatibilität verschiedener Hersteller untereinander – Stichwort Konnektivität“ – ein großes Hindernis auf dem Weg zum „smarten Bad“.
Zudem stellen sich Fragen des Datenschutzes und der Datensicherheit, auf die auch die Anbieter digitaler Sanitärtechnik überzeugende Antworten geben müssen. Denn vernetzte oder per Fernzugriff via App bedienbare Geräte tauschen Signale und Daten aus, die – genauso wie Zugangsdaten und Passwörter – vor einem unbefugten Zugriff zu schützen sind. Es kommt angesichts der dynamischen Entwicklung digitaler Technologien hinzu, dass Hard- und Software grundsätzlich updatefähig sein müssen. Denn nur so ist für den Kunden gewährleistet, dass seine Investition in ein entsprechendes Produkt oder System auch in Zukunft Bestand hat. Schließlich muss geklärt sein, wie sich digitale Technik im Bad im Fall eines – möglicherweise länger anhaltenden – Stromausfalls bedienen lässt. Dabei gilt es bereits heute in den Blick zu nehmen, dass Experten wie Christian Feltgen, Technik-Geschäftsführer bei Gira, einem der führenden Hersteller von Systemen zur Gebäudesteuerung, davon ausgehen, dass „Funktionsauslösung und Bedienung künftig multimodal funktionieren“ müssen. Denn der Nutzer wird je nach Situation oder persönlichen Vorlieben wählen wollen, ob er per Touchscreen an der stationären Bedieneinheit, per App am Smartphone, über eine Sprachsteuerung wie „Amazon Alexa“ oder aber eben analog die Wanne füllen, die Temperatur der Fußbodenheizung erhöhen oder das Licht am Waschtisch dimmen möchte.
Mit anderen Worten: Auf die Sanitärindustrie kommen zahlreiche neue Fragen zu, für die Lösungen gefunden werden müssen. Viel Zeit scheint angesichts der Rasanz, mit der sich die digitale Transformation auch im Alltagsleben vollzieht, dafür nicht zu bleiben. In diesem Umfeld auf eine „Revolution mit Bedacht“ zu setzen, ist durchaus mit dem Risiko verbunden, dass starke Player aus der Netzwirtschaft sich mit Macht des Themas annehmen, wie sie es schon in anderen Branchen getan haben. Vielleicht konzentrieren sich deshalb vergleichsweise viele Versuche, das eigene Produktportfolio um digitale Angebote zu ergänzen, auf Einzellösungen. Dies überzeugt zumindest im Moment aber nur dort, wo einfach handhabbare Lösungen einen schnellen und eindeutigen Mehrwert bieten. Auf Dauer wird es jedoch darauf ankommen, über das einzelne Produkt hinaus zu denken und es in einen sinnvollen Zusammenhang zur gesamten vernetzten Haustechnik zu stellen. Denn welcher Nutzer möchte schon zig verschiedene und dann vermutlich auch noch ganz unterschiedlich aufgebaute Apps bedienen, um im Bad Licht, Wärme, Wasser, Jalousien und vielleicht auch noch Unterhaltungselektronik zu bedienen? Dies führt zu einer Komplexität, die das Nutzererlebnis beeinträchtigt.
Mit Komfort hat dies ebensowenig zu tun wie mit einem „smarten“ Zuhause.
Es geht bei der Digitalisierung und Vernetzung des Bads nicht um das einzelne Produkt, sondern vielmehr um das dahinterstehende Konzept, ist Andreas Dornbracht überzeugt: „Wir betrachten das Bad ganzheitlich. Es geht nicht nur um gutes Design oder eine sinnvolle Zusammenstellung von Produkten, sondern um individuelle Bad-Konzepte“. „LifeSpa“ heißt dieses Konzept bei Dornbracht, das darauf abzielt, den Menschen in einer gesundheitsbewussten Lebensweise zu unterstützen. Und das sich dafür digitale Steuerungstechnologie zu Nutze macht.
Das Bad ganzheitlich zu betrachten, heißt in diesem Kontext aber auch, nicht nur das eigene Gewerk in den Blick zu nehmen, sondern seine Vernetzungsfähigkeit mit den übrigen haustechnischen Anwendungen sicherzustellen. Bei Dornbracht verfügen entsprechend alle digitalen Produkte des „Smart Water“-Systems „über eine offene, IP-fähige Schnittstelle, durch die sie in jede vorhandene Smart-Home-Technologie integriert werden können bzw. sich mit anderen digitalen Anwendungen verknüpfen lassen.“ Zudem ist der Armaturen- und Brausenhersteller Teil der Allianz „Connected Comfort“, zu der sich Haustechnik-Marken wie Gira, Vaillant, Revox, Miele, Brumberg, Loewe, Warema und jetzt auch Viega zusammengeschlossen haben. Der Vorteil: Gemeinsam betrachtet man das Haus als zusammenhängendes System und führt dessen Funktionen – also auch die sanitärtechnischen – in einem Standard zusammen, der eine Kommunikation zwischen den einzelnen haustechnischen Gewerken und ihren digitalen Bausteinen zulässt. Und Bedienkonzepte aus einem Guss ermöglicht.

Herausforderungen für das Handwerk
In der Tat scheinen solche gewerk­übergreifenden Allianzen am vielversprechendsten, um die Herausforderung der Digitalisierung des Wohnens erfolgreich anzugehen. Dies gilt nicht nur für die Seite der Hersteller, sondern ebenso für das Sanitärfachhandwerk. Denn ihm stellen sich genauso ganz neue Aufgaben, zu deren Bewältigung erweiterte Kompetenzen notwendig sind. „Für das Handwerk kommen neue Arbeitsbereiche hinzu, daher sind Vorbehalte verständlich, denn die Installation und das Betreiben solcher Technik unterscheidet sich von der klassischen Arbeitsweise“, betont Claudio Conigliello. Oder wie Andreas Dornbracht es auf den Punkt bringt: „Im smarten Bad geht es schließlich um mehr als um Dusche, Toilette, Waschtisch – nämlich um Mehrwerte wie Komfort und Erlebnisqualität.“ Hier ist jeder SHK-Betrieb gefragt, sich notwendiges Know-how anzueignen: entweder durch entsprechende Ergänzung des eigenen Personals oder Partnerschaften mit Firmen des Elektrohandwerks und anderer Gewerke.
Doch auch die Sanitärindustrie ist hier  gefordert, ihre Marktpartner für das „smarte Bad“ fit zu machen. Noch sind entsprechende Schulungen in den Seminarangeboten der Hersteller aber rar gesät. 86 Handwerksbetriebe hat die Allianz „Connected Comfort“ geschult – ein kleiner Anfang, der eher zeigt, wieviel noch zu tun bleibt. Denn nicht jeder Handwerker sieht die Notwendigkeit, Digitalisierungs-Know-how aufzubauen. „Die einen sind technikaffin und sofort begeistert, die anderen gegenüber der Neuerung zurückhaltend“, weiß VitrA-Marketingchef Claudio Conigliello. „Die aktuellen Meinungen reichen von ‚Braucht man nicht’ bis hin zu ‚Muss ich haben‘.“
Dabei bietet die Herausforderung „smartes Bad“ für das Sanitärhandwerk zahlreiche Chancen. Um sich vom Wettbewerb zu differenzieren, um zusätzliche Leistungen anzubieten und um sich im Rennen um gute Fachkräfte und Auszubildende als innovatives, spannendes Arbeitsumfeld zu präsentieren. Die Fachbetriebe, die sich früh und vorausschauend der Digitalisierung im Bad angenommen hätten, „haben heute einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil gegenüber denen, die diese Entwicklung verpasst oder erst spät darauf reagiert haben“, hat Andreas Dornbracht beobachtet und er prophezeit: „Diese Entwicklung wird sich in den kommenden Jahren weiter verstärken: Es werden sich Fachbetriebe ausbilden, die sich nicht nur durch ihr technisches Know-how vom Wettbewerb differenzieren, sondern auch durch ihre Kundenansprache und eine hohe Beratungskompetenz.“
Selbst wenn es schwierig ist, die zukünftige Entwicklung genau vorherzusagen – eines scheint gewiss: Digitalisierung und Vernetzung werden vor der Badezimmertür nicht haltmachen. Und darauf gilt es sich vorzubereiten: mit Visionen vom digitalen Bad und intelligenten Konzepten – mit Bedacht eben, aber nicht im Schnecken­tempo.

Autor: Dr. Carsten Tessmer

 


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