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Prüfzeugnisse im Nullabstand als Problemvermeider

Fachhandwerker haftet für regelgerechte Schachtbelegung

Typische Deckendurchführung: Wer garantiert, dass die nachfolgenden Installationen auch regelgerecht gegen die vorhandenen abgeschottet werden?

Beim Brandschutz sind die Handwerker der verschiedenen Gewerke untereinander abstimmungspflichtig

Geprüfter Brandschutz mit Null-Abstand bei einer Mischinstallation: nicht brennbare Entsorgungsleitung und Viega-Rohrleitungssys­tem.

Viega dokumentiert in einer speziellen Broschüre die unterschiedlichsten Installationssituationen, die über die Übereinstimmungserklärungen des Herstellers auf Nullabstand realisiert werden können.

 

Der BGH hat in diversen Urteilen die Koordinationspflicht auf Baustellen unter den einzelnen Gewerken bestätigt. Besonders brisant sind diese Urteile im Hinblick auf einzuhaltende Brandschutzvorschriften bei Durchführungen von Rohrleitungen, Kabeln oder Kanälen durch Brandschutzabschnitte. Einen Ausweg stellen für das SHK-Handwerk die gegen Fremdsysteme auf Nullabstand geprüften Brandschutzsysteme dar, da sie nahezu universell ohne Detailüberprüfung sämtlicher Belegungen eingesetzt werden können.

Der Gesetzestext zur Verkehrssicherheitspflicht aus der Musterbauordnung 2002, § 3, ist bereits im 1. Absatz eindeutig: „Anlagen sind so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere Leben, Gesundheit und die natürlichen Lebensgrundlagen, nicht gefährdet werden.“ Für jeden Fachhandwerker, der zum Beispiel im Rahmen von Sanierungsarbeiten im Geschosswohnungsbau Steigestränge auswechseln und damit Leitungen durch einen Brandschutzabschnitt unter Einhaltung der Brandschutzvorschriften neu legen muss, ist das bereits eine ziemlich deutliche Ansage. Die wird noch deutlicher, wenn man als Nächstes in das Strafgesetzbuch schaut. Dort heißt es in §  319 zum Thema „Baugefährdung“: „Wer bei der Planung, Leitung und Ausführung eines Baues … gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik verstößt und dadurch Leib und Leben eines anderen Menschen gefährdet, wird mit Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“
Verkürzt: Stimmt der Brandschutz in der Durchdringung von Wänden oder Decken  nicht, hat der ausführende Fachhandwerker – in aller Regel das Gewerk Heizung/Sanitär – ein richtiges Problem.
Doch warum gerade dieses Gewerk, selbst wenn es vielleicht eine Bauleitung gibt? Weil der SHK-Fachhandwerker gerade bei umfangreicheren Sanierungsmaßnahmen, zu denen häufig genug auch Lüftung oder Gebäudeautomation gehören, zwar selten den kompletten Auftrag hat – aber immer die Koordinationspflicht (mit den anderen Gewerken) des Auftragnehmers nach VOB. Das ist mittlerweile durch diverse Urteile des Bundesgerichtshofes bestätigt (Quelle: Juristische Reihe tenea; jurawelt.de; Bd. 49). Theoretisch hört sich das vernünftig und lösbar an. In der Praxis gibt es aber zahlreiche Probleme:

  • Wer belegt beispielsweise bei Schächten als erster und wer als letzter den ohnehin meist viel zu knappen Platz – und entscheidet dann darüber, ob die von Kollegen verarbeiteten Abschottungen gegen die eigenen Systeme geprüft und zugelassen sind?
  • Wer erstellt und plant notwendige Kernbohrungen, zum Beispiel durch Decken als Brandschutzabschnitt, und vor allem – wer verschließt sie später fachgerecht?
  • Eine Frage, die sich genauso bei recht­eckigen Wanddurchbrüchen stellt – dort aber noch an Brisanz gewinnt, wenn zusätzlich eine Trasse mit im Vergleich zu Rohrleitungs- und Lüftungssystemen wieder speziell abzuschottenden Elektroleitungen geführt wird.


In der Regel wäre die Abstimmung zu solchen Belegungen ganz klar eine Aufgabe der Bauleitung respektive des zuständigen Fachplaners. Steht der aber, aus welchen Gründen auch immer, nicht als Ansprechpartner zur Verfügung, müssten sich die Gewerke untereinander verständigen und auf eventuelle Konflikte hinweisen. Müssten, denn die Baupraxis sieht anders aus, wird von Zeitdruck, Hektik, kurzfristigen Planänderungen und nicht zuletzt Sprachproblemen bestimmt.

Abstimmung notwendig
Spätestens beim Verschließen der Durchführung aber ist die Übereinstimmung mit den einschlägigen Regelwerken zu bestätigen. Das kann der qualifizierte SHK-Fachhandwerker für seine Arbeiten in aller Regel recht problemlos, wenn er sich entlang der als Bauarten (z. B. Rohrabschottungen) geprüften und zugelassenen Installationskomponenten und -systeme bewegt. Kritisch wird es, wenn in direkter Nachbarschaft andere Gewerke mit ins Spiel kommen: Die Bauart, die hier normalerweise völlig problemlos installiert werden kann, verliert dann möglicherweise allein durch die Nachbarschaft zu den anderen Systemen ihre Zulassung – wenn nicht die Prüfung und damit die Übereinstimmungsserklärung gegenüber dem Fremdsystem vorliegt.
Der Hintergrund: Als Bauarten haben Brandschutzabschottungen zum Beispiel von Rohrleitungen zum Nachweis ihrer Verwendbarkeit bekanntlich entweder ein

  • allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis (abP)

oder eine

  • allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (abZ).


Die baurechtlich noch mögliche Lösung der  Zustimmung im Einzelfall (ZiE) sei an dieser Stelle außen vor gelassen.
In diesem Nachweis (abP oder abZ) ist genau geregelt, welche Bauprodukte wie und unter welchen Randbedingungen verwendet werden dürfen und wie aus Bauprodukten eine Bauart hergestellt wird. Zulassungen und Prüfzeugnisse bestimmen in der Regel auch den Abstand untereinander und gegebenenfalls zu anderen „fremden“ Systemen.
System A kann danach also je nach Verwendbarkeitsnachweis (abP, abZ) oder Leitungsanlagen-Richtlinie (LAR) auf 50, 100 oder 200 mm Abstand zu System B und C installiert werden – aber nicht zum Lüftungskanalsystem der Hersteller D oder E. Oder das Abwassersystem XYZ erlaubt mit der Brandschutzmanschette F zu benachbarten Rohrleitungssystemen einen Nullabstand – aber eben definitiv nur mit dieser einen Manschette, nicht mit der vermeintlich baugleichen des Herstellers G. Dann gelten wieder andere Abstände.
Das sollte schon in der Planung bekannt sein, wird aber meist kaum geplant oder berücksichtigt.
Damit hat jedes Gewerk, das beispielsweise Leitungen durch einen Brandschutzabschnitt belegt, so oder so ein Problem: Das erste, häufig Heizung/Sanitär, hat zwar Platz – aber keine Idee, mit welchem zugelassenen System der nächste Kollege, hier: der Lüftungsbauer, kommt. Der hat zwar immer noch Platz, wenn auch weniger – aber müsste erst einmal prüfen, was bereits zugelassenerweise im Durchbruch installiert ist und wie sich sein (ebenfalls zugelassenes) System dazu verhält. Und falls das wider Erwarten regelgerecht funktionieren sollte – dann hat spätestens Kollege 3 (hier: vielleicht der Elektriker) den schwarzen Peter, weil er weder Platz noch aller Wahrscheinlichkeit nach ein für die bereits arg durchmischte Belegungslage zugelassenes Installations- bzw. Abschottungssystem hat…
Die baulich immer noch mögliche Lösung über die Zustimmung im Einzelfall (ZiE) sei an dieser Stelle bewusst außen vor gelassen, da sie häufig zeitaufwendig, mit Sicherheit aber kostentreibend ist.

Nullabstand mit System
Der praktikabelste Ausweg aus diesem „Ablaufdilemma“ auf der Baustelle sind – speziell aus Sicht des SHK-Gewerkes – möglichst flexible Systeme, die als Bauarten in unterschiedlichsten Kombinationen und Nennweiten idealerweise auf Nullabstand geprüft und zugelassen worden sind, bestätigt durch Prüfzeugnisse oder Zulassungen:

  • Durch das Prüfzeugnis bzw. die Zulassung auf Nullabstand ist definitiv der geringstmögliche Platzbedarf abgesichert. Die ausführenden Gewerke bedienen also mit ihren notwendigen Anforderungen den Wunsch der Bauherren und ihrer Architekten, möglichst wenig des aufwendig hergestellten umbauten Raums für Schachtkonstruktionen oder andere Durchführungen zu beanspruchen.
  • Die Installationen sind unter brandschutztechnischen Gesichtspunkten auch dann noch regelgerecht, wenn während der Realisierungsphase zum Beispiel andere Rohrmaterialien im Bereich der Entsorgungsleitungen als ursprünglich ge­plant eingesetzt werden.
  • Unabhängig von bereits bestehenden Schachtbelegungen, wie es häufig bei Sanierungen der Fall ist, bleibt die Entscheidungsfreiheit bezüglich Rohrdimensionen und –werkstoffen sowie die Kombination in der Belegung erhalten.


Gerade an diesem Beispiel wird zugleich der Unterschied der „offenen“ Systeme gegenüber den in sich als geschlossene Einheit geprüften Systemschächten deutlich.

Fazit
Die korrekte Schachtbelegung oder Wanddurchführung unter Brandschutzvorgaben lässt wenig Spielraum für frei gewählte Installationen. Während in der Praxis unter beengten Platzverhältnissen zum Beispiel beim Wärmeschutz durchaus Kompromisse eingegangen werden, sind beim Brandschutz die Rohrleitungen und ihre Abschottungen so exakt als definiertes Bauprodukt geprüft und zugelassen, dass es ohne Zustimmung im Einzelfall (ZiE) definitiv keine Veränderungen geben darf. Ein besonders praxisgerechter und wirtschaftlicher Lösungsansatz sind daher Systeme, die mit den gängigen Rohrleitungen und Abschottungen in unterschiedlichsten Kombinationen auf Nullabstand geprüft wurden, beispielsweise auch für Mischinstallationen oder für brennbare Abwasserleitungen. Bestätigt wird das durch ein allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis, das zugleich als Nachweis für die Einhaltung des Brandschutzes durch den Fachhandwerker gegenüber dem Bauherrn oder Auftraggeber zählt.

Autor: Markus Berger, Sachverständiger für baulichen und gebäudetechnischen Brandschutz (EIPOS), Leiter des Kompetenzbereichs Brandschutz bei Viega, Attendorn


Bilder: Viega, Attendorn

www.viega.de

 


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