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Planungsfehler vermeiden

Auszüge aus einem Gerichtsgutachten zur Planung und Installation einer Regenwassernutzungsanlage

Es werden drei verschiedene Berechnungsverfahren für die Ermittlung des Nutzvolumens für Regenwasserspeicher angeboten. Neben der „richtigen“ Auswahl des Verfahrens ist es auch wichtig, nachträgliche Änderungen, beispielsweise der Anzahl der Verbrauchsstellen, für das Nutzvolumen zu berücksichtigen.

Eine Erweiterung des Regenspeichers zu einer 2-Behälter-Anlage ist ggf. nachträglich möglich.

Speicherinhalt (Nennvolumen) ist nicht Nutzvolumen. Bei der Planung ist für die Versorgung das Nutzvolumen (zwischen Mindestwasserspiegel und Speicherüberlauf) entscheidend.

Hauswasserwerk mit Rückspülfilter. Hier wurde befürchtet, dass durch Tageslichteinwirkung im Schauglas des Rückspülfilters Algenwachstum entsteht.

Unter qualitativen Gesichtspunkten sind die Auffangflächen wesentlich – und in Abhängigkeit von der Anlagentechnik zur Aufbereitung des Regenwassers und der beabsichtigten Nutzung zu beurteilen. Grundsätzlich sollen möglichst gering belastete Flächen für den Regenertrag genutzt werden.

Die Einleitung von Schmutzwasser in angeschlossene Abläufe einer Regenwassernutzungsanlage sollte durch entsprechende Hinweise bei den Nutzern vermieden werden.

 

Regenwassernutzung ist seit etwa 25 Jahren Stand der Technik. Das Bundesland Bremen sowie die Kommunen Heidelberg, Bad Mergentheim und Gräfelfing fördern aktuell solche Anlagen. Regenspeicher und Pumpe sind wesentliche Bestandteile. Doch damit alleine funktioniert die Betriebswasserversorgung auf Dauer nicht. In einem Fall, der hier in Auszügen vorgestellt wird, hatten die Nutzer Mängel beklagt. Die Planer widersprachen, der Fall landete vor Gericht. Die hier gewonnenen Erkenntnisse lassen sich auf die meisten Anlagen zur Nutzung von Regenwasser übertragen.
Für Regenwassernutzungsanlagen ist seit April 2002 mit DIN 1989-1 eine allgemein anerkannte Regel der Technik (a.a.R.d.T.) vorhanden, die Hinweise zur Planung, Ausführung, zum Betrieb und zur Wartung gibt. Die Norm gilt für die Nutzung von Regenwasser in Haushalten, Gewerbe- und Industriebetrieben sowie in öffentlichen Einrichtungen, in denen es z.B. für Toilettenspülung, Kühlzwecke, Wasch- und Reinigungsanlagen sowie zur Bewässerung von Grünanlagen genutzt wird. DIN 1989-1 enthält alle erforderlichen Angaben, um die Behauptungen der Kläger bewerten zu können. Bei dem Fall handelt es sich um eine 6-Parteien-Eigen­ tümergemeinschaft, die drei nebeneinander stehende Doppelhäuser in einem Wohngebiet einer Stadt in Süddeutschland bewohnen.

Behauptung: „Zu kleiner Speicher“
„Die Zisterne ist für die Wohnanlage mit sechs Familienwohnungen zu klein. Nach vollständiger Füllung ist diese nach nur zwei bis drei Tagen wieder leer. Bei Regen geht ein erheblicher Teil nach der Füllung in den Überlauf verloren.“
DIN 1989-1, Kapitel 16 empfiehlt: „Die optimale Größe des Nutzvolumens von Regenwasserspeichern sollte in einem ausgewogenen Verhältnis zwischen Regenwasserertrag und Betriebswasserbedarf stehen. Eine Optimierung des Nutzvolumens ist unter quantitativen und wirtschaftlichen Aspekten durchzuführen“. Es werden dann drei verschiedene Berechnungsverfahren angeboten, von denen hier das zweite, das sogenannte „Vereinfachte Verfahren“ infrage kommt und auch angewendet wurde. Das erste, „Verkürzte Verfahren“, ist für Ein- und Zweifamilienhäuser gedacht, das dritte, „Differenzierte Verfahren“, für spezielle Fälle, bei denen ein Zeitraum von 5 bis 10 Jahren simuliert werden soll.
Das Ergebnis des angewendeten vereinfachten Verfahrens ergab einen Regenspeicher mit 7200 l nutzbarem Volumen, für die geplante Verbrauchsstelle Gartenwasser. Da im Bauverlauf allerdings die Verbrauchsstellen „WCs“ hinzugefügt wurden, ohne eine korrigierte Berechnung der Regenspeichergröße durchzuführen, ist das zur Verfügung stehende Volumen zu klein. Für 20 Bewohner sind demnach für die Gartenbewässerung und den gleichzeitigen Anschluss aller Toilettenspülungen 12 500 l Nutzvolumen erforderlich.
Mögliche Lösung: Die vorhandene Zis­terne kann nachträglich erweitert werden zu einer 2-Behälter-Anlage. Für die Arbeiten auf dem Grundstück ist ein Minibagger erforderlich. Das Versetzen des neuen Speicherbehälters erfolgt in der Regel mit einem Autokran. Der neue Behälter wird dann in Höhe der Behältersohle durch ein Verbindungsrohr an den vorhandenen Speicher angeschlossen.

Behauptung: „Zu große Ansaughöhe“
„Die große Ansaughöhe erlaubt nicht die Nutzung des gesamten Speichervolumens der Zisterne. In der Zisterne bleibt unterhalb der Entnahmevorrichtung unbenutztes Wasser stehen.“
DIN-1989-1 erwähnt in Kapitel 12.4: „Entnahmeleitungen sind so anzuordnen, dass Schwimm- oder Sedimentschichten nicht angesaugt werden. Die Entnahme kann durch eine schwimmende Entnahmeleitung oder durch ein Standrohr erfolgen.“
Eine solche schwimmende Entnahme ist in der vorhandenen Zisterne montiert. Die Höhe des erforderlichen Mindestwasservolumens soll nach Angabe des Herstellers 20 bis 30 cm betragen. Bei diesem Objekt sind 29 cm vorhanden und empfehlenswert, da der Vorfilter als unzureichend bewertet wurde. Bei starken Niederschlägen lässt dieser Filtergut passieren, sodass mit stärkerem Sedimentanfall  als üblich am Boden der Zisterne gerechnet werden muss.
Fazit: Unterschiede von Nennvolumen und Nutzvolumen bei Regenspeichern beachten! Tatsächlich nutzbar ist nur das Volumen zwischen Mindestwasserspiegel und Speicherüberlauf. Dieses Nutzvolumen wird durch Berechnung nach DIN 1989-1, Kapitel 16, ermittelt. Im vorliegenden Fall war das Mindestwasservolumen korrekt, aber das Nutzvolumen deutlich zu gering (siehe Behauptung „Zu kleiner Speicher“).

Behauptung: „Filter mit Schauglas ist unzweckmäßig“
„Durch die Tageslichteinwirkung kommt es im Rückspülfilter mit Schauglas zu Algenwachstum. Ein Filter mit Schauglas ist unzweckmäßig.“
Ein Rückspülfilter als Teil der Druckerhöhungsanlage ist bei diesem Objekt im Technikraum montiert. Bei geschlossenen Türen gelangt aber kein Tageslicht in diesen Raum. Am Filter ist zudem eine rote Abdeckung über dem Schauglas, die Lichteinfall auf das Wasser weitestgehend verhindern würde. Das elektrische Licht im Raum und indirekter Tageslichteinfall, der beim Betreten des Technikraumes und bei gelegentlichem Offenstand der Türen einfallen kann, ist im Hinblick auf unerwünschtes Algenwachstum auf dem Filtergewebe unerheblich.
Fazit: Auch wenn Rückspülfilter heute gemäß DIN 1989-1 aufgrund insgesamt anderer Anlagenkonfiguration nicht mehr benutzt werden, ist der Rückspülfilter in der hier eingebauten Form in Kombination mit dem Filterschacht vor der Zisterne und dem Filtergewebe der schwimmenden Entnahme im Speicher dennoch zweckmäßig. Begründung: Die mangelnde Qualität der vorgeschalteten beiden Filtereinrichtungen führt aller Wahrscheinlichkeit nach zu gelegentlichem Eintrag von Feinsediment in die Entnahmeleitung, das vom Rückspülfilter zurückgehalten wird. Nur bei fehlender Filterwartung ist mit Problemen zu rechnen.

Behauptung: „Zu kleine Auffangflächen“
„Die Auffangflächen sind zu klein für den Regenwasser-Bedarf der Wohnanlage zur Toilettenspülung und Gartenbewässerung.“
Regelmäßig wird in Fachpublikationen darauf hingewiesen, dass es unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten kaum gelingen wird, den Bedarf einer Regenwassernutzungsanlage zu 100% durch das gesammelte Niederschlagswasser zu decken. Ebenso wenig ist es sinnvoll, durch einen größeren Speicher zu verhindern, dass der Regenspeicher überläuft und gesammeltes Wasser verloren geht.
Fazit: Die Berechnung ergibt eine Bedarfsmenge, die geringer ist als der jährliche Regenertrag. Die vorhandenen Auffangflächen reichen also für eine wirtschaftlich und ökologisch gleichermaßen sinnvolle Lösung aus. Sie gestatten aber nicht 100% Bedarfsdeckung. Extreme Wetterlagen bringen neben Starkregen gelegentlich auch Trockenperioden. Deshalb gilt im mehrjährigen Mittel: 5 bis 10% der Bedarfsmenge werden pro Jahr automatisch aus dem Trinkwassernetz ins System eingespeist. Für den Fall, dies grundsätzlich vermeiden zu wollen, müsste der Regenspeicher etwa 10-mal größer sein. Die Mehrinves­tition dafür wäre extrem unwirtschaftlich.

Behauptung: „Wasser von Hofeinläufen setzt Siebe, Leitungen und WC-Spülkästen zu“
„Über die Hofeinläufe gelangt mit Kfz-Ölen und Reifenabrieb kontaminiertes Wasser in die Zisterne und somit in die Gartenbewässerung, die WC’s und in den Überlauf der Zisterne. Dieser Schmutz setzt die Siebe, Leitungen und WC-Spülkästen zu.“
Es heißt in Kapitel 5.2 der DIN 1989-1: „Unter qualitativen Gesichtspunkten sind die Auffangflächen wesentlich – und in Abhängigkeit von der Anlagentechnik zur Aufbereitung des Regenwassers und der beabsichtigten Nutzung zu beurteilen. Grundsätzlich sollen möglichst gering belastete Flächen genutzt werden.“ In Kapitel 5.3 steht u.a.: „Bei der Regenwassernutzung in Haushalten gilt im Allgemeinen der Grundsatz, dass möglichst alle verfügbaren Auffangflächen, die nach 5.2 qualitativ geeignet sind, genutzt werden sollen.“
In dem vorliegenden Fall sind zwei mit Gitterrost abgedeckte Hofabläufe an die Zis­terne angeschlossen. Diese nehmen noch zusätzlich das nicht verschmutzte Regenwasser auf, das von den Gründächern der Carports abläuft.
Fazit: Um genügend Wasser im Speicher zu haben, ist es hier sinnvoll, die Hofeinläufe im Sammelsystem zu lassen. Mehrere Aspekte sprechen dagegen, dass regelmäßig eine nennenswerte Menge Schmutzwasser vom Belag der Carports zur Zisterne abläuft. Dies gilt vor allem dann, wenn außer Niederschlagsabfluss nicht zusätzlich durch aktives Zutun der Bewohner, wie z.B. Entleeren von Putzeimern oder Fahrzeugwäsche, tatsächlich bedenklich verschmutztes Wasser eingeleitet wird.

Autor: Klaus W. König, Ö.b.u.v. Sachverständiger für die Bewirtschaftung und Nutzung von Regenwasser, Überlingen

Bilder: Klaus W. König

 


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