Mit KWEA zur Energiewende beitragen - Von neuen Entwicklungen und klassischen Bauformen
Wer sich mit dem Gedanken trägt, Strom dezentral für den Eigenverbrauch erzeugen zu wollen, der sollte sich auch mit Kleinwindenergieanlagen (KWEA) befassen. Mittlerweile gibt es sehr unterschiedliche Konzepte: Angefangen bei den Mikrowindanlagen bis 1,5 kW Nennleistung und maximal 6 m² Windangriffsfläche bis hin zu Hauswindnebenanlagen mit bis zu 70 kW Nennleistung und 200 m² Rotorfläche.
„Kleinwind lohnt sich und ist ausgereift, aber der richtige Standort ist wichtig“, sagt Roger Schneider, Erster Vorsitzender des Bundesverband Kleinwindanlagen e.V. (BVKW). „Da der Ertrag einer KWEA stark von den Windverhältnissen am Standort abhängt, sollte eine Abschätzung des Windpotenziales für jeden, der sich überlegt eine KWEA anzuschaffen, der erste Schritt sein. Außerdem gilt es abzuklären, ob dort eine Anlage errichtet werden darf.“
Zur Eignung des Standorts können Online-Tools wie beispielsweise www.windfinder.de erste Anhaltspunkte liefern. Bei Investitionen, die über den Betrieb einer Hobby-Anlage hinausgehen, ist eine professionelle Windmessung und eine genaue Überprüfung des Standortes ratsam. Außerdem sollten Faktoren wie Anschaffungspreis, Genehmigungs-, Montage-, Anschluss- und Wartungskosten in die Berechnung der Wirtschaftlichkeit mit einfließen.
KWEA ja – aber welche?
Hat man den Entschluss gefasst, eine KWEA zu errichten, stellt sich die Frage nach dem passenden Modell. Eine freie, nach Westen ausgerichtete Fläche ist der ideale Standort für eine Windkraftanlage. Im Bereich der Kleinwindanlagen haben sich inzwischen Horizontalläufer mit Pitch-System bewährt. Um den optimalen Wirkungsgrad zu erreichen, wird die Leistung der Anlage über ein automatisches Verstellen der Rotorblätter je nach vorherrschender Windgeschwindigkeit geregelt. Ist bei sehr hohem Windaufkommen die sogenannte Fahnenstellung erreicht, schaltet sich die Anlage automatisch ab. Die Horizontal-Achser kommen in der Landwirtschaft ebenso zum Einsatz wie in klein- und mittelständischen Betrieben.
Für den Verbraucher ist es oftmals schwierig, aus der Vielzahl der angebotenen Anlagen die passende auszuwählen und festzustellen, ob die Anlage auch hält, was der Hersteller verspricht. „Die meisten in Deutschland angebotenen Kleinwindkraftanlagen sind nicht zertifiziert“, sagt Patrick Jüttemann vom Portal www.klein-windkraftanlagen.com und fügt hinzu: „Auch Hersteller guter Anlagen können oftmals keine Zertifizierung vorweisen. Bislang fehlt in Deutschland ein entsprechender Standard, wie ihn beispielsweise Großbritannien mit MCS und die USA mit KWEA haben. Und die Zertifizierung nach der internationalen Norm IEC 61400-2 ist sehr teuer.“ Ist der Hersteller nicht zertifiziert, empfiehlt es sich daher, eine KWEA direkt vor Ort sowohl bei schwachem als auch bei starkem Wind zu testen.
Sehr interessant sind auch die Ergebnisse von Kleinwindanlagen-Testfeldern. Dort werden die Anlagen in Reihe aufgestellt und unterliegen damit einheitlichen Windbedingungen. Testergebnisse, Qualitätskriterien und Empfehlungen für Kleinwindturbinen mit horizontaler Achse hat Jüttemann in einem Marktreport zusammengefasst. Der Report kann über das Kleinwindkraftanlagen-Portal bezogen werden.
Immer öfter findet man auch KWEA mit vertikaler Achse. Der Vorteil der optisch ansprechenden Vertikal-Achser ist jedoch gleichzeitig auch ihr Hemmschuh: Zeitgleich bewegt sich immer ein Rotorblatt gegen den Wind. Das führt zu einem geringeren Wirkungsgrad. Andererseits kommen die Anlagen besser mit Verwirbelungen zurecht. Unabhängige Leistungsmessungen und Geräuschgutachten liegen für die Vertikalläufer derzeit aber kaum vor.
Für den Schwachwindbereich hat die Firma Low Wind System (LWS) ein unauffälliges Windkraftmodul entwickelt, das sich auch für geringe Höhen eignet. Der modulare Aufbau der durch Gummilagerung geräuschlosen Module erlaubt zudem einen schrittweisen Ausbau der KWEA.
Mit einem Gewicht von etwa 6,2 kg lassen sich die schmalen Windmodule überall dort einsetzen, wo Windströme entstehen. Geeignete Standorte für die nahezu wartungsfreien Module sind beispielsweise die Ausgangsschächte von Klimaanlagen und Häuserschluchten. Außerdem kommen Hochgaragen, Tunnel und Unterführungen infrage. Ein weiterer Anwendungsbereich ist die moderne Architektur. Dort bietet es sich an, die KWEA hinter Lamellenwänden anzubringen. Ideal sind auch Solarparks. Hier leiten PV-Module vorherrschende Winde direkt in die am oberen Ende montierten Windkraftmodule. Somit lassen sich Sonnen- und Windenergie zeitgleich nutzen.
Die LWS Windkraftmodule basieren auf sogenannten PXW-Rädern (Power Cross Wheel). Die neu entwickelten Schaufeln unterscheiden sich wesentlich in der Krümmung und im Winkel zu bisherigen Ausführungen. Es stehen – je nach Windbereich – dreieckige, quadratische und runde Modulkörper zur Verfügung. Außerdem lassen sich die Module sowohl waagerecht als auch senkrecht aufstellen. Spoiler und Windlaufbleche erhöhen die Aufnahme unterschiedlicher Windströmungen.
Die kernlosen Permanent-Magnet-Windgeneratoren haben kein Rastmoment. Damit ist die Startanlaufleistung sehr niedrig. Auch wenn die Module bereits in Windbereichen von unter 3 m/s arbeiten, sind Standorte mit Windgeschwindigkeiten ab 4 – 5 m/s zu empfehlen. Nur so können die Module akzeptable Erträge erwirtschaften. Auch hier empfiehlt es sich, die Leistung der Anlage direkt vor Ort zu testen.
Baubehörde mit ins Boot nehmen
Bislang gibt es noch keine einheitliche Regelung auf Bundesebene für die Genehmigung von KWEA. Das jeweilige Landesrecht gibt das Genehmigungsverfahren vor, was Unterschiede in den einzelnen Bundesländern zufolge hat. KWEA mit einer Höhe von über 10 m sind jedoch in allen Bundesländern genehmigungspflichtig.
Um sich Ärger zu ersparen, sollte man auf jeden Fall vor dem Aufstellen einer KWEA Kontakt mit dem Bauamt aufnehmen und sich zudem mit den Nachbarn absprechen – auch wenn KWEA unter 10 m Höhe in den vergangenen Jahren in immer mehr Bundesländern verfahrensfrei, d.h. ohne Baugenehmigung, aufgestellt werden konnten. Jedoch hat ein Betreiber in diesem Fall keine Rechtssicherheit für den dauerhaften Betrieb. Fühlt sich beispielsweise ein neuer Nachbar von der KWEA gestört, kann die Baubehörde den Rückbau verlangen.
Wer Hilfestellung bei der Frage nach der richtigen Anlage und den geeigneten Standort sucht, kann sich an den BVKW wenden. „Fest steht, im Bereich der KWEA ist noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten“, sagt Roger Schneider. „Unserer Erfahrung nach lehnen Bauämter KWEA oft pauschal und ohne fundierte Begründung ab. Interessenten geben dann meist auf, da sie Kosten und Unannehmlichkeiten fürchten. Hier möchten wir unterstützen und aufklären.“
Fazit
Die Wirtschaftlichkeit einer Anlage hängt entscheidend vom Wind ab und lässt sich daher nicht pauschal einschätzen. Neben dem tatsächlichen Windaufkommen spielen Parameter wie beispielsweise der Strompreis und der tatsächliche Eigenenergieverbrauch eine Rolle. Wer sich für eine KWEA interessiert, sollte sich daher gründlich beraten lassen – in Hinsicht auf das Genehmigungsverfahren als auch auf den Standort und das für die vorherrschenden Windverhältnisse passende Anlagenkonzept.
Autor: Carola Tesche