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Mehr als nur eine Frage der Größe

Die passgenaue Auslegung von Trinkwassererwärmern mithilfe von Simulationssoftware reduziert Erstellungs- und Energiekosten

Bild 1: Beispiel für die Anwendung des Summenlinienverfahrens bei einer Talsperre.

Bild 2: Summenlinienverfahren nach neuer DIN EN 12831-3.

Bild 3: Regelverhalten eines Warmwasserspeichers mit einem Fühler auf halber Speicherhöhe.

Bild 4: Vergleich Summenlinienverfahren zum realen Energieinhalt.

Bild 5: Vorauswahl für Warmwasserspeicher.

Bild 6: Animation eines Ladespeichers bei Ladebetrieb.

Heiko Heitefuss: „Passgenau bedeutet eben nicht kleinster möglicher Warmwasserbereiter.“

 

Trinkwassererwärmer werden oftmals nur als Anhängsel der Heizungsplanung behandelt. Während z. B. Heizlast und Rohrnetz aufwendig berechnet werden, kann es bei Warmwasserbereitern nicht schnell genug gehen. Eine falsche Auslegung erhöht den Energieverbrauch signifikant und kann bisweilen sogar zu Schäden am Kessel führen. Aber selbst eine korrekte Auslegung nach geltender Norm kann zu Fehlplanungen führen, wie die folgenden Negativbeispiele zeigen.

Das erste Beispiel ist eine Wohnanlage mit zwei Blöcken und insgesamt 200 Wohnungen. Hier wurden vor einigen Jahren die Heizzentrale und eine Unterstation erneuert. Dies umfasste einen Gasbrennwert-Kessel und zwei Speicherladesysteme mit je 750 l. Die Planung erfolgte gemeinsam mit dem Kesselhersteller nach DIN 4708. Kurz vor Ablauf der Gewährleistung kam es zu einem Totalschaden des Kessels durch Korrosion der Abgasseite. Der Schaden betrug etwa 25 000 Euro.
Was war die Ursache? Die im Nachhinein gemessenen Wärmeverluste der Warmwasser- und Zirkulationsleitungen betragen je Block ca. 17 kW, sodass die Ladespeicher innerhalb von ca. 15 Minuten von 60 °C Solltemperatur auf 55 °C abkühlen. Aus hygienischen Gründen musste die Nachladung beginnen und der Brenner starten. Tatsächlich wurden knapp 32 000 Brennerstarts pro Jahr gemessen, was laut Hersteller infolge der häufigen thermischen Spannungen zum Schaden geführt hat.
Mittlerweile hat der Hersteller übrigens seine Gewährleistungsbedingungen für Stahlkessel um die Forderung nach max. 15 000 Brennerstarts pro Jahr ergänzt. Ungeklärt bleibt leider die Frage, wie das Takten vorab berechnet werden kann, damit Planer bzw. Installateure diese Anforderung einhalten können.
Das zweite Beispiel offenbart die erschreckend hohen Wärmeverluste des Rohrnetzes für Warmwasser und Zirkulation. Ein Zweifamilienhaus wurde kernsaniert, wobei auch die Rohrleitungen erneuert wurden. Am Warmwasserbereiter wurden sowohl Wasserzähler wie auch Wärmemengenzähler installiert, sodass Energiebedarf und -verbrauch verglichen werden können: Trotz sehr guter Dämmung betragen die Wärmeverluste rund 10 000 kWh pro Jahr, was einem Anteil von 62 % am Energieaufwand für Warmwasser entspricht. Die jährlichen Mehrkosten für Gas betragen etwa 800 Euro. Fast jede andere Lösung wäre energetisch, ökologisch und preislich günstiger, sogar Elektro-Durchlauferhitzer.
Das dritte Beispiel zeigt, wie bedenklich ein übertriebenes „worst-case“-Szenario bei der Planung sein kann. Für eine Schulsporthalle mit einem alten 2000-l-Speicher und 10 Duschen wurde der Warmwasserverbrauch (60 °C) über einen Monat gemessen. Der Tagesverbrauch lag im Mittel bei nur 50 l (max. 110 l), weil die Halle neben Schulsport fast nur von Kindersportvereinen benutzt wird. Der Wasseraustausch im alten Speicher dauert also 40 Tage und liegt damit 13-fach über dem zulässigen Grenzwert der VDI 6023 zur Trinkwasserhygiene für einen bestimmungsgemäßen Betrieb. In dieser langen Zeit können sich Mikroorganismen (z. B. Legionellen) stark vermehren und Metalle aus Speicher- und Rohrwandung im Trinkwasser anreichern.
Alle drei Beispiele zeigen, dass sich vor allem das Problembewusstsein ändern muss: Die richtige Planung eines Warmwasserbereiters ist viel mehr als nur eine Größenbestimmung. Sie muss wichtige Kriterien berücksichtigen, beispielsweise das Taktverhalten des Wärmeerzeugers oder die Einhaltung der Trinkwasserhygiene nach VDI 6023.

Die alte DIN 4708 – NL-Zahl versus Realität!
Hauptwerkzeug in der bisherigen Planungspraxis ist die DIN 4708 für Wohngebäude. Die Norm erschien erstmals im Jahr 1979. Die Vorarbeiten reichen wohl bis in die 1960er-Jahre zurück. Der Warmwasserverbrauch im sogenannten Bedarfszeitraum wird als Gauß’sche Glockenkurve angenommen. Kurvenform und Dauer des Bedarfszeitraums (3,5 bis 7 Std.) ändern sich in Abhängigkeit der Anzahl an Einheitswohnungen
N (3,5 Pers., 1 Badewanne). Aus tatsächlich vorhandenen Wohnungen, Räumen, Belegung und Ausstattung der Sanitärräume wird das Äquivalent an Einheitswohnungen (NL-Zahl) ermittelt.
Im Labor wird kontrolliert, ob ein Warmwasserbereiter die NL-Zahl einhält. Das NL-Zapfprofil besteht aus fünf Zapfungen und wird abgeleitet aus der jeweiligen Gaußkurve. Nur was im Labor bestanden wurde, darf auch auf den Produkt­unterlagen stehen.
Einerseits neigt die DIN 4708 zu erheblicher Überdimensionierung, weil sich die Warmwasserverbräuche je Wohnung seit den 1970ern stark vermindert haben und die realen Zapfungen sich über den ganzen Tag verteilen und nicht nur im Bedarfszeitraum auftreten. Die genaue Berechnung für ein Mehrfamilienhaus mit 48 Wohnungen ergab beispielweise einen 500-l-Warmwasserspeicher statt eines 1000-l-Speichers nach DIN 4708.
Andererseits ist das Anwendungsgebiet der DIN 4708 sehr eingeschränkt: Grundsätzlich gilt sie nicht für Nichtwohngebäude. Es fehlen Prüfvorschriften für Frischwasserstationen mit Heizungspufferspeichern oder Warmwasserbereiter, die von Wärmepumpen auf niedrigem Temperaturniveau beheizt werden. Auch das lange Aufheizen von Holzkesseln bei einem Kaltstart (Reaktionszeit) wird nicht berücksichtigt. Bei Nichtwohngebäuden und größeren Wohngebäuden lassen sich daher viele Planer und Installateure die Trinkwassererwärmer von Handel und Herstellern auslegen. Gravierender Nachteil: Das Planungs-Know-how leidet darunter – und ebenfalls das Bewusstsein um mögliche Risiken und Probleme!

DIN EN 12831 (Teil 3, Entwurf 2014) – Grundprinzip und Kritik
Diese Norm soll die altersschwache DIN 4708 ersetzen und bringt sinnvolle Neuerungen: Das Rechenverfahren basiert auf 1-Tages-Zapfprofilen für verschiedene Wohn- und auch Nichtwohngebäude, sodass der Anwendungsbereich deutlich größer ist. Außerdem werden die Wärmeverluste des Rohrnetzes und die Reaktionszeit des vorgelagerten Heizsys­tems (z. B. für das Aufheizen von Holzkesseln) berücksichtigt.
Am einfachsten ist das Prinzip am Beispiel einer Talsperre (Bild 1) erklärt: Als grafisches Verfahren basiert es auf der statistischen Auswertung von Zustrom und Entnahme über einen Zeitraum. Der Zustrom ist im Frühjahr besonders groß, während die Entnahme im Sommer am stärksten ist. Zu- und Abflüsse werden jeweils aufsummiert und als Summenlinien übereinander für den betrachteten Zeitraum dargestellt. Der Anfangsinhalt des Speichers als Fußpunkt der Zufluss-Summenlinie wird geschätzt. Die Differenzen beider Summenlinien geben den zeitlichen Verlauf des Füllstandes an. Wenn sich beide Linien treffen, ist die Talsperre trocken gefallen und der Bedarf kann nicht mehr gedeckt werden. Die Talsperre wäre zu klein oder der Verbrauch insgesamt höher als der Zustrom. Der höchste zeichnerische Füllstand ergibt die Mindestgröße der Talsperre.
Für die DIN EN 12831-3 (Bild 2) wurde das Summenlinienverfahren modifiziert und auf eine Energiebetrachtung [kWh] umgestellt. Für eine vorgegebene Kombination aus Speicherinhalt und Dauerleistung wird die Eignung im Kapazitätenschaubild überprüft. Aus dem Zapfprofil wird die Bedarfskurve (braun) ermittelt, Wärmezufuhr und Anfangsladestand ergeben die Angebotskurve (blau) des Speichers. Die Differenz der beiden Kurven stellt den aktuellen Energieinhalt bzw. Ladestand dar. Die Umrechnung von Volumen zu Energie erfolgt rechnerisch über eine einfache Gleichung.
Für die Bedarfskurve gehen das summierte Zapfvolumen sowie die Temperaturen von Kalt- und Warmwasser ein. Bei der Angebotskurve sind dagegen das Speichervolumen und die mittlere Speichertemperatur zu verwenden.
Die (rote) Einschaltkurve bestimmt den Beginn der Nachladung. Wenn die Angebotskurve die Einschaltkurve unterschreitet, wird die Ladung ausgelöst. Die Einschaltkurve ist eine Parallelverschiebung der Bedarfskurve und ergibt sich nur aus der Höhe des Einschaltfühlers im Speicher. Die tatsächlichen Einstellungen an der Regelung (Ein-/Ausschalttemperaturen) werden nicht berücksichtigt. Liegt der Fühler beispielsweise auf 40 % der Höhe von unten gesehen, wird die Ladung ausgelöst, wenn 40 % der ­Energie verbraucht ist. Die Ladung endet, wenn der Speicher wieder zu 100 % geladen ist, was als (graue) Obergrenze eingezeichnet ist.
Das Kapazitätenschaubild kann man übrigens gut mit dem Flug eines Heißluftballons (= Angebotskurve) über einen Berg (= Bedarfskurve) veranschaulichen. Kühlt der Ballon ab, sinkt er. Wird die Mindestflughöhe (= Einschaltkurve) unterschritten, wird nach Ablauf der Reaktionszeit nachgeheizt und der Ballon steigt wieder.
Der Energieinhalt eines Speichers lässt nach zuvor genannter Gleichung lediglich Rückschlüsse auf die mittlere Speichertemperatur zu, aber nicht auf die Temperaturverteilung im Speicher. Daher werden Regelverhalten und Wärmetauscherleis­tung v. a. bei Gebäuden mit Zirkulationsleitungen teilweise recht ungenau wiedergegeben, wie folgende Beispiele zeigen:

Überdimensionierung bei DIN-gerechter Auslegung
Das erste Beispiel zeigt das Regelverhalten eines Warmwasserspeichers mit einem Fühler auf halber Speicherhöhe (Bild 3). In Realität wird die Nachladung ausgelöst, wenn die Einschalttemperatur am Fühler unterschritten wird. Dies erfolgt z. B. aus hygienischen Gründen, wenn der Speicher infolge Zirkulation von 60° auf 55 °C abgekühlt ist, selbst wenn es zwischenzeitlich keine Zapfung gab. In diesem Fall ist noch 90 % der Energie im Speicher vorrätig. Nach DIN EN 12831-3 springt die Ladung aber erst an, wenn der Energieinhalt unter 50 % sinkt, weil nur die Höhenlage des Fühlers berücksichtigt wird. Bild 4 vergleicht die Energieinhalte kurz vor einer Phase starker Zapfungen. Nach DIN-Verfahren (lila) wäre die Hälfte der Energie verbraucht. In Wirklichkeit (blau) ist der Speicher wegen der früheren und häufigeren Nachladung komplett aufgeladen, sodass ein kleinerer Speicher mit weniger Leistung reicht, um die bevorstehende Zapfphase (braun) zu überwinden. Folgen: Die DIN EN 12831-3 neigt zur Überdimensionierung der Speicherinhalte bei gleichzeitiger Unterschätzung der Anzahl der Brennerstarts.
Das zweite Beispiel betrifft Speicherladesysteme, deren Leistung nach Norm als konstant angenommen wird. Tatsächlich wird das Wasser unten aus dem Ladespeicher mit nahezu konstantem Volumenstrom entnommen, im externen Wärmetauscher auf Solltemperatur erwärmt und oben im Speicher wieder zugeführt. Hat sich zuvor Kaltwasser im Speicher gesammelt, beträgt die Erwärmung 50 K. Hat sich Zirkulation gesammelt, sind nur 5 K zu erbringen und die Leistung des externen Wärmetauschers sinkt. Dagegen rechnet die Norm mit konstant hoher Leistung, sodass die rechnerisch verfügbare Energie manchmal höher ist als in Wirklichkeit.
Die Anwendung der neuen DIN EN 12831-3 als Ersatz für die veraltete DIN 4708 ist zwar grundsätzlich zu begrüßen, weil Nichtwohngebäude, Wärmeverluste und Reaktionszeit erfasst werden. Leider ist die Berechnung doch recht ungenau. Anders gesagt: Die neue Norm schließt genauere Berechnungsverfahren nicht aus!

Simulation Thermasim als Lösung
Ziel dieser Software ist ein hoher Schutz vor Fehlplanungen und Schäden durch genauere Berechnung und die Berücksichtigung zusätzlicher Entscheidungskriterien. In wenigen Schritten führt die Software zu nachvollziehbaren Ergebnissen. Vielfach sind hiermit kleinere und kostengünstigere Trinkwassererwärmer möglich.
Thermasim ist als Weiterentwicklung der DIN EN 12831-3 mit einem neuen „Motor“ zu verstehen: Die wesentlichen dynamischen Prozesse in Speichern und Wärmetauschern werden simuliert, was die realitätsnahe Abbildung der Temperaturschichtung im Speicher, des Regelverhaltens und der Wärmetauscherleistung ermöglicht. Außerdem werden Langzeitmessungen von Zapfprofilen in hoher Auflösung verwendet, um die Vielfalt wirklichen Nutzerverhaltens besser zu erfassen und die Ergebnisse auf eine breitere statistische Basis zu stellen. Eine Vielzahl von Mus­ter-Gebäudetypen ist bereits eingearbeitet. Für eine bessere Genauigkeit können individuell gemessene Zapfprofile eingelesen werden. Zu Vergleichszwecken sind zudem Zapfprofile nach DIN 4708 hinterlegt.
Die Software eignet sich für Warmwasserspeicher, Speicherladesysteme und Frischwasserstationen mit Heizungspufferspeicher. Sie ist unabhängig, herstellerneutral und umfasst eine Vielzahl von Geräten gängiger Hersteller.
Zentrale Bedeutung hat die sogenannte Vor­auswahl. Hier wird das konkrete Gerät zunächst ausgewählt und anschließend nachgerechnet. Beispielhaft ist sie für Warmwasserspeicher in Bild 5 dargestellt. In der Vorauswahl werden die wichtigsten Entscheidungskriterien grafisch und übersichtlich zusammengeführt: Die verfügbaren Speicher sind mit Inhalt und Dauerleistung als farbige Punkte entsprechend ihrer voraussichtlichen Eignung dargestellt. Als Auswahlhilfe dient die blaue Kurve, die eine ungefähre Mindestgröße angibt. Darunter liegende Geräte sind vermutlich zu klein. Speicher in grauen Bereichen sind bezüglich Taktverhalten oder Trinkwasserhygiene (Wasseraustausch) ungünstig.
Thermasim geht gerade auch auf Aspekte ein, die bisher weder in der DIN 4708 noch in der DIN EN 12831-3 betrachtet wurden. Hierzu gehören das Risiko von Kesselschäden wegen häufiger Brennerstarts und hygienische Risiken durch seltenen Wasseraustausch. Zur Vorbeugung gegen eine falsche Systemwahl wird auch die Energieeffizienz bewertet. Damit wären die drei eingangs beschriebenen Negativbeispiele sicher vermieden worden.  
Ein weiterer Nutzen für den Planer ist die Berechnung der Reserve. Dabei wird ermittelt, wie stark man die Lastannahmen (z. B. Personenzahl) bzw. das Zapfprofil erhöhen könnte, ohne dass es zu einem Versorgungsengpass käme. Wenn die Reserve bei 50 % liegt, muss sich der Planer also keine großen Sorgen mehr machen, ob er die Anzahl an Personen, Gästen usw. richtig geschätzt hat. Neben zahlreichen Diagrammen sorgt v. a. die Animation des Speichers (Bild 6) für eine gute Nachvollziehbarkeit.

Fazit
Die kommende DIN EN 12831-3 ersetzt die veraltete DIN 4708 und zeigt in die richtige Richtung, weil sie auch für Nichtwohngebäude offen steht. Die Software Thermasim geht noch entscheidende Schritte weiter und macht da weiter, wo die neue Norm aufhört: Sie simuliert Speicher und Wärmetauscher, sodass die Planung noch genauer wird und ggf. zu kleineren und kostengünstigeren Ergebnissen führt. Im Planungsprozess werden zusätzlich auch die wichtigen Aspekte Trinkwasserhygiene, Energieeffizienz und Taktverhalten des Kessels berücksichtigt, weshalb die Software einen hohen Schutz vor Fehlplanungen bietet.

Autor: Dipl.-Ing. Heiko Heitefuss, Ingenieurbüro h4plan GmbH, Hannover

Bilder: Heiko Heitefuss

www.thermasim.de

 

 

Nachgefragt

IKZ-FACHPLANER: Die große Herausforderung für den TGA-Fachplaner besteht doch darin, den Warmwasserbedarf zeitlich als auch energetisch realitätsnah abzuschätzen. In der Praxis scheint gerade diese Bedarfsermittlung unmöglich. Der Immobilieneigentümer kann nichts sagen, der Architekt will nichts sagen, längst nicht für jeden Gebäudetypen gibt es Nutzerprofile. Kann die Simulation mit Thermasim diesen gordischen Knoten tatsächlich auflösen?
Heiko Heitefuss: Die Bedarfsermittlung bzw. Lastannahme teilt sich in zwei Aspekte, die man getrennt betrachten muss: Wahl eines geeigneten Zapfprofils (Tagesverlauf WW-Verbrauch) und Bestimmung der Objektgröße (z. B. Bewohner- oder Bettenzahl). Die schlechte Datenbasis an Zapfprofilen war in der Vergangenheit tatsächlich ein großes Problem, weshalb man auch fast 40 Jahre lang die theoretischen Gaußkurven (N-Zahlen) für Wohngebäude nutzen musste. Und für Nichtwohngebäude sah die Datenlage noch schlechter aus. Thermasim ist die wohl erste herstellerunabhängige Software, die bereits zahlreiche gemessene Muster-Zapfprofile verschiedener Gebäudetypen (Wohngebäude, Hotels, Heime usw.) und Gebäudegrößen beinhaltet, die dann auf die genaue Größe umgerechnet werden. Wir arbeiten außerdem mit Hochdruck daran, die Datenlage noch zu verdichten. Aber natürlich gibt es auch Gebäudetypen, die ein zu individuelles Verbrauchsprofil haben, z. B. Flughäfen oder Nahrungsmittelindustrie. Hier bietet Thermasim die Möglichkeit, eigene Messungen oder Szenarien einzulesen.
Die zweite Herausforderung, die Bestimmung der Objektgröße, liegt natürlich in den Händen des Planers und in der engen Abstimmung mit dem Auftraggeber. Dieses Eingrenzen und Abschätzen ist tagtägliches Geschäft von Planern. Thermasim gibt bei Wohngebäuden übrigens umfangreiche Hilfestellungen. Und wenn man sich entschieden hat, ermittelt Thermasim die Reserve für den konkret gewählten Warmwasserbereiter. Damit kann der Planer selber entscheiden, ob die Sicherheit in den Lastannahmen ausreicht.

IKZ-FACHPLANER:
Wäre bei unklarem Verbrauchsverhalten die Anwendung von ggf. kaskadierten Frischwasserstationen eine Lösung, um zumindest das Speichervolumen im Trinkwasserbereich zu reduzieren?
Heiko Heitefuss: Einen Königsweg gibt es leider nicht. Auch Frischwasserstationen mit Heizungspufferspeicher können falsch ausgelegt werden. Bei zu kleiner Pumpenwahl vom Kessel zum Pufferspeicher durchmischt sich beispielsweise der Speicher, sodass die nachgeordnete Frischwasserstation vielleicht keine 60° Warmwasser mehr liefern kann. Das wäre hygienisch auch bedenklich. Egal welches System man wählt: Wichtig ist die Abwägung zwischen den verschiedenen Anforderungen, z. B. zwischen dem Wasseraustausch trinkwasserführender Speicher und einer wirklich sicher ausreichenden Größe. Konkret formuliert: Kann ich als Planer noch den nächst größeren Warmwasserspeicher wählen und erhalte mehr Reserve, oder ist dann schon die Hygiene bedroht? An die hygienischen Grenzen stoßen trinkwasserführende Speicher übrigens vor allem bei Gebäuden mit stark schwankender Auslastung, z. B. Messehotels, die wochenlang kaum genutzt werden.

IKZ-FACHPLANER:
Gehen wir in die Planungspraxis. Welche Schritte und Maßnahmen empfehlen Sie, um zu einer passgenauen Speicherauslegung zu gelangen? Auch vor dem Hintergrund potenzieller Regressforderungen des Kunden bei Planungsmängeln.
Heiko Heitefuss: Vorweg gesagt: Passgenau bedeutet eben nicht „kleinster möglicher Warmwasserbereiter“, es müssen ja auch andere Kriterien berücksichtigt werden. Kleine Speicher können vielleicht den Bedarf decken, aber wegen häufigen Nachladens evtl. zu Kesselschäden führen. Auch das wäre ja ein Planungsmangel. In der Praxis ist eine enge Abstimmung mit Architekt oder Bauherr über Lastannahmen (insbesondere Bewohner-, Bettenzahl usw.) und ggf. absehbare Nutzungsänderungen bzw. Erweiterungen höchst sinnvoll, weil hier die Hauptursache von Fehlplanungen liegt. Bei großen Gebäuden oder individuellen Nutzungen lohnt auf jeden Fall eine vorherige Messung des Warmwasserverbrauchs über mind. 14 Tage in einer Hauptnutzungsphase, die man in Thermasim einlesen kann. Dies kann z. B. unterbrechungsfrei mit einem Ultraschall-Durchflussmessgerät in 1-Minuten-Auflösung erfolgen. Handelt es sich beispielweise um den Neubau eines Schlachthofes einer Unternehmenskette, kann man vielleicht ein vergleichbares Gebäude an einem anderen Standort finden. Die Kosten pro Messkampagne (inkl. Auswertung) betragen grob geschätzt etwa 1000 Euro. Bereits der Sprung von einem 750-l-Warmwasserspeicher auf einen 500-l-Speicher spart mehr Geld! Aber noch wichtiger ist die Vermeidung von sehr viel teureren Schäden oder hygienischen Problemen.

IKZ-FACHPLANER:
Eine Frage zu der im Text erwähnten Reserve, die das Programm ermittelt. Wenn die Reserve bei 50 % liegt, muss sich der Planer also keine großen Sorgen mehr machen, ob er die Anzahl an Personen, Gästen usw. richtig geschätzt hat, heißt es. Ist aber nicht gerade diese Reserve kontraproduktiv, was die Effizienz und Hygiene des Systems angeht?
Heiko Heitefuss: Das Gegenteil ist der Fall! Bisherige Planung funktioniert doch leider so: Zunächst wird bei der Lastannahme bereits ein üppiger Angstzuschlag verwendet, dann ggf. sichere Annahmen im Berechnungsverfahren getroffen und zuletzt auch noch der nächst größere Warmwasserbereiter ausgesucht. Diese Überlagerung von Sicherheiten führt manchmal zu sehr unrealistischer Überdimensionierung. In Thermasim wird dagegen die (Gesamt-)Reserve für den konkret gewählten Warmwasserbereiter ermittelt und der Planer kann entscheiden, ob sie ausreicht. Die Lastannahmen bleiben realitätsnah – also ohne zusätzlichen Sicherheitszuschlag. Für unvermeidliche Ungenauigkeiten bei Messung der Zapfprofile, Lastannahmen und im Rechenverfahren erscheint eine Reserve von 30 % ideal. Weil es keine beliebigen Zwischengrößen bei Warmwasserbereitern gibt, hat das nächst passende Gerät meist eine etwas höhere Reserve. Und trotzdem sind die meisten Warmwasserbereiter immer noch deutlich kleiner als nach bisheriger Auslegungspraxis.
Für trinkwasserführende Speicher ist zudem sichergestellt, dass der nach VDI 6023 geforderte Mindest-Wasseraustausch innerhalb von 72 Stunden eingehalten wird. Thermasim geht hier sogar weiter und empfiehlt 36 Stunden.

IKZ-FACHPLANER:
Wo gibt es weitere Informationen zu Thermasim?
Heiko Heitefuss: Am schnellsten unter www.thermasim.de. Dort gibt es Infos zum Leistungsumfang der Software und zu besonderen Serviceleistungen wie etwa Planungen oder Zapfprofilmessungen. Außerdem kann sich der Fachmann dort direkt anmelden, denn die Software arbeitet webbasiert. Abschließend ein Wort zu den Kosten: Die Nutzungsgebühr beträgt 19,90 Euro/Monat, die Mindestlaufzeit zwei Jahre.

 


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