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Luft-Erdwärmetauscher in der Praxis - Messtechnische Auswertung einer Luft-Erdwärmetauscheranlage für ein Bürogebäude

Der Einsatz von Klimatisierung und Belüftung von Gebäuden hat in den letzten Jahren aufgrund steigender interner Lasten und architektonischer Besonderheiten an Bedeutung gewonnen. Dadurch ist auch ein Zuwachs von Luft-Erdwärmetauschern zu verzeichnen. Diese eignen sich hervorragend zur Unterstützung herkömmlicher Lüftungs- und Klimaanlagen.

Bild 1: Temperaturverteilung im Erdreich.

Bild 2: Aufbau Versuchsanlage.

Bild 3: Temperaturmesspunkte im Wärmetauscherrohr.

Diagramm 1: Vergleich Erdreichtemperatur ungestört/gestört.

Diagramm 2: Messwerte Sommerbetrieb (August 2012).

Diagramm 3: Messwerte Winterbetrieb (Januar 2013).

 

Um einen möglichst praxisnahen Einsatz abzubilden, sollten Luft-Erdwärmetauscheranlagen (LEWT-Anlagen) mittels detaillierter Simulationen geplant werden, die sowohl klimatische als auch bodenkundliche Parameter am Einsatzort, wie beispielsweise den Einfluss von Grundwasser, berücksichtigen können. Obwohl die Simulationen sehr genau durchgeführt werden, zeigt sich bei einigen realen Anlagen, dass ein höheres Potenzial für die Unterstützung der Klimatisierung von Gebäuden genutzt werden kann als zunächst berechnet wurde.
Die sich daraus ergebende bessere Effizienz der LEWT-Anlagen führt somit zu einer höheren Betriebskosteneinsparung als berechnet und kürzeren Amortisationszeiten. Um diese erhöhten Einsparungen bereits bei der Simulation genauer zu ermitteln ist es erforderlich, bestehende Berechnungstools auf Basis realer Messdaten regelmäßig zu validieren. Eine Darstellung aufgenommener Messdaten an einer realen LEWT-Anlage zeigt, wie die Effizienz und das Regenerationsvermögen der Anlage beeinflusst werden. Dabei wird sowohl auf den Sommer- als auch auf den Winterbetrieb eingegangen.

1. Lufterdwärmetauscher

Unter einem LEWT versteht man eine geothermische Anlage zur direkten Nutzung des Erdreichs mit relativ einfachem Grundprinzip. Angesaugte Außenluft wird durch ein in den oberen Erdschichten verlegtes Rohrsystem geführt und dabei durch die Temperaturdifferenz zwischen dem Erdreich und der Luft erwärmt oder abgekühlt. Hierbei werden saisonale Temperaturverschiebungen im Erdreich ausgenutzt, welche sich in Tiefen bis 10 m vor allem durch das Zusammenwirken von einer ausgeprägten Speicherfähigkeit des Erdreichs und einem jahreszeitlich schwankenden Einfluss von Sonnenstrahlung und Niederschlägen ergeben. Die Schwankung über den Jahresverlauf in einer Tiefe zwischen 1,5 m und 3 m sind in Bild 1 zu erkennen. Praxiserfahrungen zeigen, dass dies die häufigsten Installationstiefen für LEWT sind.

2. Lufterdwärmetauscher im Praxistest

2.1 Anlagenaufbau
Zur Unterstützung der Klimaanlage eines Bürogebäudes in Mittelfranken wurde eine LEWT-Anlage mit einem maximalen Volumenstrom von 9000 m³/h geplant und anschließend ausgeführt. Die Anlage wurde mit speziellen auf die Anwendung als Luftleitung zur Erdverlegung abgestimmten Kunststoffrohren aus Polypropylen (PP) der Firma Rehau realisiert. Dabei wurde das System mit Rohren von 800 mm Innendurchmesser zur Verteilung sowie Sammlung und Luftführung zum Gebäude realisiert. Die als Wärmetauscherfläche genutzten Rohre haben einen Innendurchmesser von 232 mm (DN 250). Insgesamt wurden 24 Wärmetauscherrohrreihen mit einer Länge von 48 m installiert (Bild 2). Die Wärmetauscherrohre haben einen zentrischen Abstand von 1 m zueinander.
Die Verlegung der Rohre erfolgte mit einem Gefälle von etwa 2%. Erforderlich wird dies wegen des Entstehens von Kondensat an der Rohrinnenwand und der damit verbundenen hygienischen Anforderung nach VDI 6022, dieses schnell aus dem System abzuleiten. Sollte das Kondensat nicht schnell aus der Anlage herausgeführt werden, können die hygienischen Anforderungen an das als Lebensmittel zu betrachtende Fluid Luft nicht erfüllt werden.
Um für vergleichbare Temperaturbedingungen zu sorgen, wurde bereits bei der Planung der Anlage darauf geachtet, dass die Höhenlage der Oberfläche im gleichen Gefälle ausgeführt wird wie die Verlegung der Rohre. Somit blieb die Überdeckungshöhe über die gesamte Rohrlänge konstant bei etwa 1,5 m über der Rohrachse.

2.2 Messanlage

In einzelnen Wärmetauscherrohren sowie im Erdreich und im Verteiler- bzw. Sammelrohr wurden verschiedene Sensoren installiert. Hierbei werden nachfolgende Messgrößen erfasst:

  • Lufttemperaturen im Luft-Erdwärmetauscher [°C],
  • Luftfeuchtigkeit im Luft-Erdwärmetauscher [%],
  • Strömungsgeschwindigkeit im Luft-Erdwärmetauscher [m/s],
  • Erdreichtemperaturen [°C].

Zusätzlich wurde eine Wetterstation an der Anlage errichtet, welche die Oberflächentemperatur, Windrichtung, Windgeschwindigkeit, Niederschlag sowie die Helligkeit aufnimmt.
Da unter Berücksichtigung physikalischer Gesetzmäßigkeiten sowie aus Simulationen bekannt war, dass sich die Temperatur über die Länge nicht linear ändert, sondern einen asymptotischen Verlauf besitzt, wurde der Abstand der Messfühler am Ende der betrachteten Messstrecke verkürzt. Die Anordnung der Sensoren über die Länge ist in Bild 3 dargestellt.
An jedem Messpunkt wird die Lufttemperatur im Wärmetauscherrohr, die Erdreichtemperatur am und 0,5 m über dem Rohr und zwischen zwei Rohren gemessen. Die Messung der relativen Luftfeuchte wird jeweils am Anfang und am Ende eines Wärmetauscherrohres gemessen. Für die Messung der Strömungsgeschwindigkeit kommen in der LEWT-Anlage Hitzedrahtanemometer zum Einsatz. Zum Vergleich wird in der Lüftungsanlage  der Gesamtvolumenstrom aufgenommen.

3. Ergebnisse der Messung

3.1 Ungestörte Erdreichtemperatur
Unter einer ungestörten Erdreichtemperatur wird die Temperatur verstanden, welche sich in der betrachteten Tiefe unter natürlichen Bedingungen einstellt. Die direkte Nutzung des Untergrundes durch den LEWT sollte in der grundsätzlichen Überlegung einen direkten Einfluss auf die ungestörte Erdreichtemperatur besitzen. Um den Unterschied darstellen zu können, muss zunächst die ungestörte Erdreichtemperatur ermittelt werden und mit der gestörten (gemessenen) verglichen werden.
Nach dem Ansatz von Arya (2001) kann aus einer mittleren Jahrestemperatur Tm, der Jahresamplitude As sowie der Verlegetiefe z die ungestörte Erdreichtemperatur mit nachfolgender Formel berechnet werden.

  • Siehe Formel 1

Hierbei ist t der zu betrachtende Zeitpunkt, tm der Zeitpunkt, an welchem die mittlere Jahrestemperatur erreicht wird und P die Periode (8760 h). Der Parameter d stellt die Dämpfung der Schwingung dar und ergibt sich aus:

  • Siehe Formel 2

Mit ah ist hierbei der einzige bodenspezifische Kennwert, die Temperaturleitfähigkeit, in die Formel eingebunden. Die für die Berechnung benötigten Werte wurden aus der vor Ort installierten Wetterstation ermittelt. Im Diagramm 1 sind die Werte für eine Tiefe von 1,5 m und 1 m unter Geländeoberkante (GOK) dargestellt. Zum Vergleich sind in diesem Diagramm auch die Messwerte der Erdreichtemperatur dargestellt, wie sie in der Versuchsanlage zwischen den Rohren sowie 0,5 m über den Rohren am Messpunkt 1 m festgestellt werden konnten.
Es zeigt sich, dass eine kaum messbare und nur auf sehr kurze Zeiträume beschränkte Beeinflussung vorhanden ist. Dies ist ein deutlicher Unterschied zu wassergeführten Geothermiesystemen.

3.2 Sommerbetrieb

Bei der hier vorgestellten Anlage dient der sommerliche Betrieb des LEWT zur Unterstützung der Klimaanlage. Wie in Diagramm 1 zu sehen ist, liegen die maximalen Temperaturen des Erdreichs im Bereich um 20°C. Da im Sommer deutlich darüber liegende Lufttemperaturen vorherrschen, ist eine Abkühlung die Folge. Verbunden mit einer Abkühlung in den Bereich der Erdreichtemperaturen ist auch ein Anstieg der relativen Luftfeuchtigkeit zu verzeichnen, der bedingt durch die Temperaturbereiche im Erdreich bis zur Sättigung der Luft führen kann.
Wie sich dies in der Praxis darstellt, ist in Diagramm 2 zu erkennen. Die relative Luftfeuchtigkeit beim Eintritt ins System ist bei hohen Außentemperaturen niedriger als beim Austritt. Eine relative Luftfeuchtigkeit von 100% wird selten erreicht. Trotzdem sollte nicht davon ausgegangen werden, dass nur selten Kondensatausfall stattfindet. Dieser erfolgt insbesondere beim Kontakt mit den kühlen Außenwänden der Rohre, während alle Messungen in der Mitte des Luftstroms stattfinden.
Der Betrieb in der Nacht sowie in den Morgenstunden erfolgt bei der vorgestellten Anlage als freie Kühlung. D.h., die Luft wird ohne Behandlung durch die Klimaanlage ins Gebäude geleitet. Dabei können sich durch den Einsatz eines LEWT ebenfalls Vorteile ergeben. Der Prozess der freien Kühlung kann nur dann erfolgen, wenn die Außentemperatur nicht zu niedrig ist, da sonst die Taupunkttemperatur der im Gebäude befindlichen Luft unterschritten wird. Durch den Einsatz des LEWT erhöht sich somit die mögliche Betriebszeit, da niedrige Außentemperaturen etwas angehoben werden. Zusätzlich hat dies einen positiven Effekt auf die Regeneration des Erdreichs.

3.3 Winterbetrieb

Im Winterbetrieb steht die klassische Vorerwärmung der Luft in frostfreie Bereiche im Vordergrund. Im Gegensatz zum sommerlichen Betrieb sind die Veränderungen der Luftfeuchtigkeit nicht so extrem, vielmehr zeigt sich ein über den betrachteten Zeitraum gleichmäßiges Bild. So wird durch die durchgängige Temperaturerhöhung immer eine leichte Minderung der relativen Luftfeuchtigkeit erzielt. Bei der Betrachtung der Temperaturen fällt auf, dass die Austrittstemperatur immer im positiven Bereich liegt. In der Auswertung aller Messwerte von 08/2011 bis 04/2013 ist nur an einem einzigen Tag, dem 06.02.2012, die Austrittstemperatur unter 0°C auf minimal -1,1°C gefallen. Die Eintrittstemperatur lag in diesem Fall mit -18,4°C allerdings deutlich im negativen Bereich. Eine eventuell erforderliche Installation einer Defrostereinheit am Wärmerückgewinnungsgerät sollte beim Einsatz eines LEWT überdacht werden.

3.4 Betrachtung der Leistungspotenziale

Bei der Betrachtung der Vorwärmung im Winter und der Vorkühlung im Sommer fällt auf, dass sich sowohl die Temperatur als auch die relative Feuchte der Luft ändern. Beide Werte beeinflussen die Enthalpien der Zustände am Ein- und Austritt und lassen damit eine Berechnung der Leistung des LEWT zu (Formel 3). Es wird deutlich, dass sich im Winter und verbunden mit dem Abbau von Latentwärme bei der Kondensation vor allem auch im Sommer erhebliche Leistungspotenziale ergeben. Dies wird bei der Betrachtung eines LEWT häufig vernachlässigt.

  • Siehe Formel 3

Die hier betrachtete Anlage konnte bereits im ersten Betriebsjahr jeweils etwa 50000 kWh Wärmeenergie für die Vorwärmung beziehungsweise -kühlung übernehmen. Diese Energie musste dementsprechend nicht von nachfolgenden, teilweise fossil betriebenen Anlagen erzeugt werden.

4. Fazit

Die Messergebnisse der LEWT-Anlage zeigen, dass sich bei einer gut geplanten Anlage die Erdreichtemperaturen dem natürlichen Verlauf der ungestörten Erdreichtemperatur weitgehend angleichen. Gleichfalls lässt sich erkennen, dass in beiden Jahreszeiten die Temperatur innerhalb des Wärmetauscherrohrs am Anfang deutlicher ab- bzw. zunimmt als am Ende.
Die theoretischen Ansätze der Veränderung der relativen Luftfeuchte können durch die Messergebnisse bestätigt werden, wobei im Sommer eine höhere Schwankungsbreite vorhanden ist, die durch die nächtliche/morgendliche Kühlung auch zu entgegengesetzten Prozessen führt.
 Im winterlichen Betrieb wurde deutlich, dass Austrittstemperaturen unter 0°C nur bei extremen Wetterbedingungen auftreten und somit die Defrostereinheit einge­spart werden könnte. Im sommerlichen Betrieb werden durch Abkühlung und teilweise Entfeuchtung bei der Kondensation erhebliche Leistungspotenziale erkennbar.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass eine LEWT-Anlage insbesondere zur Unterstützung der Klimatisierung und Vorerwärmung der Luft bestens geeignet ist und somit zu einem ökonomisch und ökologisch betrachteten Betrieb einen wertvollen Beitrag leistet.

Literatur:
[1] Dibowski G. (2005); Luft – Erdwärmetauscher Planungsleitfaden , Teil 2; AG- Solar NRW
[2] Blümel E. et al. (2001); Luftdurchströmte Erdwärmetauscher; Fraunhofer Institut Solare Energiesysteme
[3] Zimmermann M. (1999); Handbuch der passiven Kühlung; EMPA , Bern
[4] Arya S.P. (2001); Introduction to Micrometerology
[5] Koenigsdorff. (2011); Oberflächennahe Geothermie für Gebäude; Fraunhofer IRB Verlag, Stuttgart
[6] Verein Deutscher Ingenieure (09/2004); VDI 4640 Bl.4 Thermische Nutzung des Untergrundes – Direkte Nutzungen
[7] Verein Deutscher Ingenieure (07/1998); VDI 6022 Bl.1 Hygienische Anforderungen an Raumlufttechnische Anlagen Büro- und Versammlungsräume

Autoren:
Dipl. Ing. (FH) Mario Psyk, Head of Design and Software, Rehau AG + Co
M. Eng. Marco Fischer, Product Manager (techn.) AWADUKT THERMO, Rehau AG + Co

Bilder: Rehau

Kontakt: Rehau AG + Co., 91058 Erlangen, Tel. 09131 9250, Fax 09131 771430, erlangen@rehau.com, www.rehau.com

 


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