Legionellen lieben alte Gebäude
Auswirkungen der Bauphysik auf die Trinkwasserhygiene
In unzulässig erwärmten Trinkwasserleitungen besteht das Risiko einer mikrobiellen Kontamination mit Erregern wie Legionellen. Das regelmäßige und vollständige Ausspülen der Rohrleitungen mittels intelligenter Freispül-Automatik vermeidet eine Erwärmung und unterstützt damit den bestimmungsgemäßen Betrieb.
Die VDI/DVGW 6023 fordert, dass Kaltwasser die Temperatur von 25 °C nicht überschreitet. Darüber hinaus empfiehlt die Richtlinie die Einhaltung einer Maximaltemperatur von 20 °C. Der Grund: Bereits ab einer Wassertemperatur von 22 bis 23 °C finden Legionellen den für eine rasante Vermehrung erforderlichen Wohlfühlbereich vor. Die Gefahr einer Legionellen-Kontamination ist also längst nicht nur auf Warmwasserleitungen beschränkt. Vielmehr geraten in jüngster Zeit Kaltwasserleitungen ins Visier von Sachverständigen und Hygieneinspektoren.
Problem der vorhandenen Bausubstanz
Die unzulässige Erwärmung des Kaltwassers kann verschiedene Auslöser haben und wird im Bestand wesentlich durch die vorhandene Bausubstanz beeinflusst. So sorgt beispielsweise die gemeinsame Verlegung von Warm- und Kaltwasserleitungen im selben Schacht dafür, dass es auch bei bester Dämmung der Rohre zu einer Wärmeübertragung kommt. Neue Erkenntnisse zeigen darüber hinaus, dass z. B. die in Trockenbauwänden zu Dämmungszwecken eingesetzten Materialien an den Warmwasserleitungen zu Hitzestaus führen können, was ein verstärktes Durchschlagen der Wärme in die nebenliegenden Kaltwasserleitungen zur Folge hat. Doch es gibt noch weitere baulich bedingte Faktoren, die wesentlich zur Erwärmung des Kaltwassers beitragen können.
In DIN 4108 – Wärmeschutz im Hochbau – heißt es, dass Rohrleitungen für die Wasserversorgung nicht an Außenwänden liegen sollen. Gerade im Bestand sieht es oftmals anders aus. Wirkt die Wärmestrahlung der Sonne auf die Außenwände eines Gebäudes ein, so erwärmen sich diese. Mittels Wärmeleitung und Wärmestrahlung gelangt die aufgenommene Wärme in die in den Wänden verlaufenden Wasserleitungen. Grundsätzlich sind zwar alle Kaltwasserleitung entsprechend DIN 1988-200 zu dämmen. Doch die Praxis zeichnet ein anderes Bild – insbesondere im Bestand. Untersuchungen zeigen überdies, dass in den Leitungen stagnierendes Trinkwasser auch in gedämmten Leitungen bereits nach wenigen Stunden die Temperatur seiner Umgebung angenommen hat. Dies zeigen Versuche mit 15 °C kaltem Wasser in einer Umgebungstemperatur von 30 °C. Steht das Wasser in Rohren mit einem Durchmesser von 15 x 1 mm sowie mit 100 % Dämmschichtdicke, so überschreitet es bereits nach knapp drei Stunden die von der VDI/DVGW 6023 geforderte Maximaltemperatur von 25 °C.
Ebenso führt die Beheizung von Räumen zu einer Wärmeübertragung in die Wände. Dabei ist naheliegend, dass die Heizungsanlagen in alten Gebäuden nicht mehr den aktuellen Ansprüchen gerecht werden, selbst wenn sie nach dem damaligen Stand der Technik errichtet wurden. So fand etwa die Forderung nach einer Dämmung der Leitungen erst ab 1982 Eingang in die deutsche Heizungsanlagen-Verordnung. Alte Unterputz-Heizungsrohrleitungen sind nicht selten nur mit Zeitungspapier isoliert.
Gebäudebaustoffe aus alten Zeiten
Die in einem Bestandsgebäude verwendeten Bauformen und Baustoffe spielen bei diesen Prozessen ebenfalls eine wichtige Rolle und stellen einen weiteren Aspekt dar. So weist beispielsweise eine Fachwerkwand mit Feldsteinausmauerung aus dem 18. Jahrhundert einen deutlich höheren Wärmedurchgangskoeffizienten (U-Wert) auf, als eine in den unmittelbaren Nachkriegsjahren aus Ziegelsplitt oder Bimshohlblocksteinen errichtete Mauer. Ebenso unterbindet ein in den späten 1990er-Jahren errichtetes Gebäude aufgrund der seit damals üblichen Konstruktionsweise mit Dämmschichten die Wärmeübertragung in der Regel effektiver als ein vorwiegend aus Beton gefertigter Plattenbau aus den 1970er-Jahren. Letztere verfügen zwar bereits über eine Zwischendämmung. Diese ist zumeist aber sehr dünn und an den Verbindungen der Platten häufig auch fehlerhaft, weshalb Plattenbauten nicht zu Unrecht im Ruf stehen, sich im Sommer schnell aufzuheizen.
Geringe Nutzung, großes Problem
Auch die häufige Überdimensionierung von Trinkwasser-Installationen in Bestandsbauten im Zusammenwirken mit mangelndem oder schwankendem Nutzerverhalten wirkt sich negativ auf die Trinkwasserhygiene aus. Dazu kommt: Seit den 1990er-Jahren sinkt der Wasserverbrauch in Deutschland beständig von einst 147 l pro Kopf auf heute 122 l. Damit sind selbst vor wenigen Jahren errichtete Trinkwasser-Installationen nach heutigen Maßstäben überdimensioniert. Dies fördert die Stagnation des Trinkwassers. Saisonal bedingte Schwankungen bei der Nutzung kommen dazu.
Besonders deutlich wird dies bei Sportstätten und Schulen. Da es die Sportler und Sportlerinnen bei schönem Wetter verstärkt auf den Bolzplatz oder ins Freibad zieht, fällt der Wasserverbrauch in den Hallen deutlich ab. Dieselbe Problematik tritt zur Ferienzeit im schulischen Bereich auf, wenn Turnhallen wochenlang ungenutzt bleiben. Die Folge ist Trinkwasser, das bei hohen Außentemperaturen in den Leitungen stagniert und hervorragende Bedingungen für die Vermehrung mikrobakterieller Krankheitserreger bietet.
Die Lösung: Intelligente Freispül-Automatik
In der Praxis sollen Hausmeister oder Hallenwart per Hand für einen Wasseraustausch an allen Entnahmestellen im Gebäude sorgen. Doch zum einen kennen die Hygieneverantwortlichen in der Regel nicht die tatsächlich stattgefundene Wasserentnahme an jeder einzelnen Armatur. Darüber hinaus besteht die Problematik weiter, wenn sie ihrer Pflicht urlaubs- oder krankheitsbedingt nicht nachkommen können. Eine effektive Maßnahme, um einen regelmäßigen und vollständigen Wasseraustausch auch bei mangelnder oder schwankender Nutzung zu gewährleisten, stellt das automatische Ausspülen der Wasserleitungen dar. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund eines in der VDI/DVGW 6023 geforderten vollständigen Wasseraustauschs in einer Trinkwasserinstallation binnen maximal 72 Stunden.
Gesamtkonzept zum Erhalt der Trinkwasserhygiene
Armaturen mit intelligenter Freispül-Automatik können die Trinkwasserhygiene verlässlich sicherstellen. Sie helfen zudem dabei, den ungewollten, unzulässigen Anstieg der Kaltwassertemperatur zu begrenzen. Denn das regelmäßige Nachströmen von frischem Wasser trägt dazu bei, dass sich das Kaltwasser nicht auf kritische Temperaturen erwärmen kann. Das „WimTec HyPlus“-Gesamtkonzept stellt vom öffentlichen und gewerblichen Bereich über das Gesundheitswesen bis hin zum Privatbad die Trinkwasserhygiene bis zum Punkt der Entnahmestelle in sanitären Anlagen sicher. Darüber hinaus ermöglicht die intelligente Freispül-Automatik einen wirtschaftlichen Betrieb. Erfolgt beispielsweise eine ausreichende Entnahme bereits durch die Nutzung im Alltag, so setzt die intelligente Elektronik den Spülvorgang aus. Bei unzureichender oder ausbleibender Nutzung wird so viel Wasser ausgespült, wie zum Erhalt der Trinkwasserhygiene nötig ist. Je nach Abgabestelle ist eine maximale Spülleistung von bis zu 2592 l pro Tag möglich, wodurch auch überdimensionierte Leitungen verlässlich gespült werden. Egal, ob Dusche, Waschtisch, Küche, WC oder Urinal – Das „WimTec HyPlus“-Gesamtkonzept ist für alle Wasserabgabestellen im Bestand und Neubau verfügbar. Der optionale Batteriebetrieb der Armaturen erlaubt eine einfache Nachrüstung – ganz ohne Stemmarbeiten und Neuverfliesung.
Bilder: WimTec Sanitärprodukte GmbH
Nachgefragt
IKZ-FACHPLANER: Kaltgehende Trinkwasserleitungen werden erst in jüngster Zeit als Kontaminationsquelle identifiziert. Die Ursachen liegen oft in der von Ihnen beschriebenen Fremderwärmung. Wie aber lassen sich potenziell gefährdete Zapfstellen in einem Gebäude ausfindig machen? Alle Armaturen auszutauschen, das kann doch kaum die Empfehlung sein.
Günter Dülk: Ein Austausch an allen Wasserabgabestellen ist tatsächlich nicht zielführend. Es kommt darauf an, die relevanten Abgabestellen in Spülstationen umzuwandeln. Dabei sollte berücksichtigt werden, um was für ein Gebäude es sich handelt und wie die grundsätzlichen Hygieneanforderungen aussehen. So herrschen in einem Krankenhaus andere Ansprüche an die Hygiene als in einer Sporthalle. Ein wichtiger Indikator zur Feststellung der Wasserqualität ist die Wassertemperatur. Laut VDI 6023 darf Kaltwasser bei vollständig geöffneter Entnahmestelle nach 30 Sekunden mit maximal 25 °C aus der Leitung kommen. Ansonsten besteht die Gefahr einer Verkeimung. Eine weitere Möglichkeit besteht in der Bewertung des Nutzerverhaltens an einzelnen Zapfstellen.
IKZ-FACHPLANER: An welchen Zapfstellen empfehlen Sie den Einsatz von Spülstationen mit Freispül-Automatik?
Günter Dülk: Die intelligente Freispül-Automatik sollte immer an selten genutzten Zapfstellen zum Einsatz kommen. Klassische Beispiele sind der nicht mehr benutzte Abstell- oder Putzraum am Ende des Ganges. Aber auch in Räumen mit schwankender Nutzung stellt das automatische Freispülen der Leitungen die Trinkwasserhygiene sicher. Ein Beispiel dafür ist das selten genutzte behindertengerechte WC in einem Gebäude, das sich oft am Ende der Verteilleitungen befinden. Hier empfiehlt es sich, in den Toiletten mittels Spülstation das Kaltwasser und am Waschtisch das Warmwasser zu spülen. Das ist effizient und beeinträchtigt den laufenden Betrieb nicht.
IKZ-FACHPLANER: Stellen Sie mit intelligenter Freispül-Automatik auch die bestimmungsgemäße Nutzung der Warmwasserleitung sicher oder fokussieren Sie sich rein auf die Kaltwasserseite?
Günter Dülk: Die intelligente Freispül-Automatik WimTec HyPlus spült sowohl die Warm- als auch Kaltwasserleitungen frei. Egal, ob in der Küche oder am Waschtisch – die Leitungen können je nach Bedarf ganz gezielt mit Kalt-, Warm- oder Mischwasser gespült werden. Das erfolgt, ohne dass der Nutzer beeinträchtigt wird. Handelt es sich etwa um eine Abgabestelle mit Einhandmischer und der Nutzer hat zuletzt Warmwasser entnommen, spült die intelligente Elektronik auch die Kaltwasserleitung frei. Je nach den gegebenen Hygieneanforderungen können dabei abhängig von der Wasserabgabestelle bis zu maximal 2592 l pro Tag freigespült werden. Damit wird die Trinkwasserhygiene auch in überdimensionierten Trinkwasser-Installationen sichergestellt.
IKZ-FACHPLANER: Der Wasserausstoß wird durch die Zapfdauer bestimmt, die sich wiederum aus der stagnierenden Rohrleitungslänge ergibt. Welches Profil haben Sie standardmäßig hinterlegt und wie lassen sich die Ausstoßzeiten anpassen?
Günter Dülk: Das Spülintervall lässt sich von 0,5 h bis 24 h und die Spüldauer von 10 s bis 180 s an jeder Abgabestelle individuell anpassen. Das erlaubt eine exakte Abstimmung an die örtlichen Hygieneanforderungen. Egal, ob in Zukunft mehr oder weniger Wasser entnommen wird – die intelligente Elektronik erkennt immer die jeweilige Situation und spült nur so viel Wasser aus, wie zur Aufrechterhaltung der Trinkwasserhygiene erforderlich ist.
IKZ-FACHPLANER: Welche Unterstützung bieten Sie Planern und Fachhandwerkern im täglichen Geschäft?
Günter Dülk: Fachplaner und Fachhandwerker haben laut Trinkwasserverordnung die Verantwortung darüber, die Voraussetzungen für einen hygienischen Betrieb einer Trinkwasserinstallation zu schaffen. Darum unterstützen die erfahrenen Mitarbeiter von WimTec Planer und Fachhandwerker bei Planung, Bau und Wartung von Trinkwasser-Installationen, damit die Trinkwasserhygiene sichergestellt wird. Weitere Informationen erhalten Sie unter ausschreiben.de, info@wimtec.de oder Tel.: 089 88984180.