Inklusion erlebbar machen
Produkte und Ideen für gemeinsam nutzbare barrierefreie Bäder
Als Zielgruppen für Hilfsprodukte sieht Hubert unter anderem ältere Menschen sowie Menschen mit eingeschränkter Bewegungs- oder Sehfähigkeit und/oder Demenz. Die Produkte sollen helfen, Selbstständigkeit zu erhalten und zu unterstützen, sodass ihre Nutzer möglichst lang in der eigenen Wohnung bleiben können. Inklusion ist dabei eine Idee, die sich die Hersteller in ihren Antworten auf unsere Umfrage zunehmend zu eigen machen. Colette Humbert zum Beispiel, die Geschäftsführerin der Deubad GmbH & Co. KG (Leonberg), nennt die Produkte ihres Unternehmens „übergenerationsfähig“, weil sie „im Bad nicht auffallen, aber im sogenannten Normalumfeld sowohl von jungen als auch von älteren Leuten benutzt werden können.“ Eines der wichtigsten Merkmale bei den Serien für den öffentlichen Bereich ist laut Humbert der dauerhafte, antibakterielle Schutz durch Silberionen.
Die Modebegriffe „Wellness“ und „Design“ allerdings lassen sich sehr unterschiedlich interpretieren. Laut Michael Hubert ist „Wellness“ für viele Menschen schon erreicht, wenn sie das Bad überhaupt nutzen können. Zu den Basisanforderungen gehöre seiner Erfahrung nach, eine angenehme Temperatur sicherzustellen (zum Beispiel bei Spastik), sicheres Sitzen zu ermöglichen und für ein angenehmes Badezimmererlebnis zu sorgen. Produkte mit dem (funktional) richtigen Design „erleichtern auch pflegerische Handlungen durch Angehörige oder professionelle Pflegekräfte“, sagt der Ergotherapeut.
Design hat dennoch viel mit dem Aussehen zu tun und „ist von maßgeblicher Bedeutung für die Akzeptanz von barrierefreien Produkten“, meint Gerhard Rummerstorfer, Leiter Werbung & Öffentlichkeitsarbeit bei der Artweger GmbH. & Co. KG (Ainring). „Barrierefreie Produkte dürfen nicht stigmatisieren oder ausgrenzen. Gutes Design ist generationsübergreifend.“ Andrea Bußmann, Regional Vice President Sales Central Europe der Grohe AG und Geschäftsführerin der Grohe Deutschland Vertriebs GmbH (Porta Westfalica), sieht es ähnlich: Entscheidend ist für sie bei der Gestaltung des Multigenerationenbades, „dass kein Seniorenbad entstehen soll, sondern ein Bad, das für jedes Alter einen Gewinn bedeutet und alle Generationen einschließt.“
Dass dem in der Praxis (manchmal enge) Grenzen gesetzt sind, wissen nicht nur SHK-Fachleute aus eigener Erfahrung: „Zwar ist ein gutes Design unter Umständen hilfreich für die Akzeptanz von Veränderungen“, räumt auch Hubert ein, „doch muss eine seriöse Beratung im Blick behalten, was der Einzelne finanzieren kann.“ Eine nutzerspezifische Planung ist also in jedem Fall wichtig. Vorrangige Ziele einer Anpassungsmaßnahme sind die Sicherheit im Bad, Sturzprävention (R10 bei Bodenfliesen), das Ermöglichen der selbstständigen Toilettennutzung und Pflegeerleichterungen. Hilfreich ist es, Beratungsangebote und Erprobungsmöglichkeiten, z. B. in ergotherapeutischen Fachabteilungen oder unabhängigen Wohnberatungsstellen, zu nutzen, empfiehlt Hubert. Aus Sicht der einbauenden Betriebe führt das zu gut informierten Interessenten und damit tendenziell zu einer besseren Zusammenarbeit mit den Auftraggebern.
Waschtische und Waschraumlösungen
Für zwingend hält Hubert wie viele Experten in diesem Bereich die Ebenerdigkeit und Bewegungsflächen bei Rollstuhlnutzung. Damit aber jeder Nutzer das Bad uneingeschränkt nutzen kann, ist nach Auffassung von Ralf Elbrächter, Verkaufsleiter bei der Granberg Deutschland GmbH (Bielefeld), darüber hinaus ein höhenverstellbarer Waschtisch „unablässig“. Höhenverstellmöglichkeiten für Waschtische bieten neben Granberg zum Beispiel Hewi, SFA Sanibroy, Viega oder Walraven. Häufiger sind unterfahrbare Waschtische, unter anderem im Programm bei Duravit und Lux Elements. Einige der Waschtische (etwa von Ideal Standard und Laufen) haben Griffmulden. Gut durchdachte Haltegriffe sind weitere Funktionsideen, die sich durchaus mit – nicht nur funktional – anspruchsvollem Design vereinbaren lassen.
Ein Beleg dafür ist etwa die neue Kollektion O.novo Vita von Villeroy & Boch (Mettlach), bei der die Elemente zurückhaltend ins Gesamtdesign integriert und dadurch erst auf den zweiten Blick sichtbar sind. „Besonders die frontal positionierten Haltegriffe zum Heranziehen an den Waschtisch sind für mich als Rollstuhlfahrerin sehr komfortabel“, zitiert das Unternehmen Anna Schaffelhuber, die 21-jährige Paralympics-Gewinnerin von Sotschi, die aktuell als Testimonial dort tätig ist. Die Griffmulden an der Vorderseite des 80er-Waschtisches dienen als Stützhilfe und bei Bedarf als Handtuchhalter, sodass auf einen separaten Klapp-Haltegriff verzichtet werden kann. Der unterfahrbare, höhenverstellbare Omnia-Architectura-Waschtisch (65 x 55 cm) lässt sich ebenfalls auch von Menschen im Rollstuhl benutzen. Neu ist eine 60 cm breite Variante für kleinere Bäder.
Dass man bei Barrierefreiheit aber nicht nur an ältere Menschen und Rollstuhlnutzer denken sollte, zeigt anschaulich Keramag mit fröhlich-bunten Waschtisch- und Waschraumlösungen für Kinder, die vor allem, aber nicht nur für Kindertageseinrichtungen angeboten werden: Auch geringe Körpergröße und noch nicht gelernte Orientierung stellen Barrieren dar, die es zu überwinden gilt.
WC-Systeme für unterschiedliche Nutzungsgruppen
Eher an großen, übergewichtigen, aber auch an rückengeschädigten Menschen ausgerichtet sind zwei WCs der Produktserie Connect Freedom der Ideal Standard GmbH (Bonn): Das um 6 cm erhöhte WC erleichtert die Nutzung sowohl für hochgewachsene Personen als auch für solche mit Rückenleiden. Ein WC, das 9 cm breiter als gewöhnliche Toiletten ist, wird Menschen mit erhöhtem Platzbedarf gerecht. „Die WCs sind aufgrund ihrer standardisierten Montageanschlüsse einfach umzurüsten und zu Vorwandsystemen mit Hub- und Absenkmechanismen kompatibel“, erklärt Thomas Kreitel (Manager Marketing Kommunikation). Das erfülle alle ergonomischen Anforderungen und ist seiner Aussage nach sowohl für das private Bad als auch für den Einsatz im Objekt- und Healthcare-Bereich geeignet.
Die Montagehöhe des WCs hat auch sonst Einfluss auf den Nutzungskomfort. Kinder zum Beispiel (auch in diesem Produktbereich u. a. von Keramag als Zielgruppe anvisiert) kommen besser zurecht, wenn das WC tiefer hängt. Erwachsene und besonders ältere Menschen bevorzugen eine höhere Sitzposition. Zum gemeinsamen Nutzen gibt es höhenverstellbare Varianten. Dafür hat Walraven elektrisch und mechanisch höhenverstellbare Vorwandelemente. Auch Viega, SFA Sanibroy und Hewi haben WC-Modelle im Programm, die sich der individuellen Sitzhöhe anpassen.
Interessant sind die WC-Varianten mit Eingriffrillen am Deckelrand und optional blauen Sitzen für Demenzkranke, die Villeroy & Boch vorwiegend für öffentliche und halböffentliche Einsatzfälle anbietet. Daneben sind viele weitere barrierefreie WC-Lösungen am Markt (Geberit, Keramag, Laufen), darunter auch Dusch-WCs (Geberit oder Montafon) und spülrandlose WCs (Keramag, Duravit, Laufen). Grohe bietet Installationselemente für nachrüstbare Haltegriffe am WC sowie Betätigungsplatten mit großem, leicht herausragendem Betätigungsknopf.
Bodengleiche Duschen richtig entwässern
„Der bodengleiche Duschplatz ist ein wichtiger Baustein auf dem Weg zum intergenerationellen barrierefreien Badezimmer – stellt er doch sicher, dass sich auch körperlich eingeschränkte bzw. ältere Menschen ohne Hilfe von anderen der täglichen Körperpflege widmen können“, betont Almut Wittrock, Marketingleiterin bei der Poresta Systems GmbH (Bad Wildungen). „Ausgehend von der höchsten Anforderung an die Nutzung können alle weiteren Nutzergruppen von dem barrierefreien Duschplatz profitieren. Bei ausreichender Dimensionierung und Auswahl der geeigneten, rutschhemmenden Beläge sowie entsprechenden Armaturen und Beschlägen ist der bodengleiche Duschplatz nutzbar vom Kleinkind bis zu den Großeltern.“
Die Poresta-Produktreihe bodengleicher Duschelemente umfasst zehn verschiedene Systeme für Renovierung oder Neubau. Sie haben unterschiedliche Designmerkmale und lassen sich in die Untergruppen Punkt-, Rinnen- und Schattenfugenentwässerung unterteilen. BF 70 ist laut Wittrock „das flachste am Markt verfügbare bodengleiche Duschsystem mit waagerechtem Ablauf und normgerechtem DN-50-Anschluss“. Die Duschplätze könnten, mit Schallschutzzubehör kombiniert, auch bei sehr hohen Schallschutzanforderungen nach DIN 4109 oder VDI 4100 eingesetzt werden.
Selbst für kleine Badgrundrisse bieten sich barrierefreie Lösungen an, wie Marcus Möllers, Manager Public Relations bei der Franz Kaldewei GmbH & Co. KG (Ahlen), versichert: „So können beispielsweise großzügige emaillierte Duschflächen anstelle einer Badewanne eingeplant werden.“ Die Stahl-Email-Duschflächen seien so stabil, dass sie auch mit einem Rollator oder Rollstuhl befahren werden könnten. Ihre hygienische Oberfläche lasse sich schnell reinigen und die fugenlosen Duschflächen verhindern, dass Durchfeuchtungsschäden aufgrund undichter Fliesenfugen entstehen. Das Kaldewei-Modell Xetis ist seiner Aussage nach die erste emaillierte Duschfläche mit integriertem Wandablauf. Die fugenlose Duschfläche lasse sich mit allen gängigen Vorwandinstallationen kombinieren und farblich auf aktuelle Boden- und Materialtrends abstimmen.
Für ungünstige Badgrundrisse, besonders für Schlauchbäder im Altbau, haben Michael Pohl und Jacqueline Lachwa von der Roth Werke GmbH (Dautphetal-Buchenau) eine Produktempfehlung: die Halbkreisdusche Laguna Maxi, deren Türelemente sich vollständig wegfalten lassen, sodass die Duschfläche bei bodengleicher Montage zur Bewegungsfläche im Bad wird. Barrierefreie Duschen mit mehr Bewegungsfreiraum bietet – als Neuheit zur ISH 2015 – auch Artweger an. Verschiedene Anforderungen im Bereich bodengleicher Duschen decken unter anderem Keramag, Kermi, Hüppe, Koralle, Repabad und Lux Elements mit unterschiedlichen Produkten ab. Wandverkleidungssysteme (z. B. von HSK) eignen sich für die Teilsanierung von Bädern (Dusche statt Wanne).
Selbst bei Entwässerungslösungen wird inzwischen verstärkt auf Optik gesetzt. „Wo früher die Funktionalität überwog, fordert der Verbraucher heute das passende Design“, erklärt Erik Grootenhuis, General Manager bei der ESS GmbH (Easy Sanitary Solutions, Bad Bentheim), einem Hersteller von Duschrinnen und Bodenabläufen, die seiner Aussage nach schon mit vielen internationalen Designpreisen ausgezeichnet wurden: „Wir haben mit unseren Designabdeckungen S-Line und Nano Xs sowie der XS-Line-Serie – auf Kundenwunsch auch in Gold oder mit Swarovski-Kristallen verarbeitet – diese Lücke gefüllt.“
Weitere Duschrinnen, Entwässerungswannen sowie Badabläufe bietet Aco Passavant, während zum Programm von Lux Elements bodengleiche Duschböden mit passender Ablauftechnik und Zubehör zählen (einschließlich Pumpe, wie der Anbieter betont). Designpreise gewonnen hat Dallmer für sein Produkt CeraWall S, ein Wandablaufsystem für bodengleiche Duschen, und Volker Röttger, Head of Marketing Communications bei der Geberit Vertriebs GmbH (Pfullendorf), berichtet von ähnlichen Ansprüchen: „Heute sehen viele Sanitärtechnikunternehmen den Begriff Barrierefreiheit nicht nur als Synonym für modernste Technik, sondern auch für elegantes Design. Aus diesem Grund haben wir beispielsweise für das Design unserer neuen Duschrinne CleanLine den Designer Christoph Behling beauftragt. Dieser hat sich bereits im Luxusuhrensegment einen Namen gemacht.“
Sichtschutz, Spritzschutz und Zubehör
Trotz aller Forderungen nach freier Zugänglichkeit wollen viele Menschen nicht auf Sicht- und Spritzschutz in der Dusche verzichten. So haben Duschkabinen, Türen, Abtrennungssysteme, Duschvorhänge und ähnliche Produkte nach wie vor ihre Daseinsberechtigung und finden ihren Markt. „Das Prinzip der Barrierefreiheit zielt im weiteren Sinne darauf ab, dass alle Menschen und deren Bedürfnisse in die frei zugängliche Nutzung der baulich gestalteten Umwelt einbezogen werden“, formuliert Manuela Fundneider, Key Account Manager bei der Provex Industrie GmbH (Bruneck/Italien). Der Wunsch nach Spritz- und / oder Sichtschutz ist eines dieser Bedürfnisse. Zu den ISH-Neuvorstellungen des Unternehmens zählen in diesem Jahr einige rahmenlose Duschkabinenmodelle der Serien X-Line und Arco. Auch andere Anbieter (etwa Kermi und die Roth Werke) haben Duschkabinen im Programm, die sich in barrierefreie Umgebungen einfügen lassen.
Dazu kommen Duschabtrennungsprodukte wie die von Hüppe (mit Schwing- und Gleittüren), von HSK oder Koralle, Badewannenabtrennungen wie die der Roth Werke, mobiler Spritzschutz (Roth Sanitärprogramme) sowie Schiebetüren (Geze, Koralle, Repabad) und Raumspartüren, wie Küffner Aluzargen sie für beengte Platzverhältnisse anbietet. Alternativ dürfen es Duschvorhänge sein, etwa von Keuco, einem Unternehmen, das zudem u. a. Brausevorhangstangen im Portfolio hat. Neu im Programm der Erlau AG (Aalen) sind seit diesem Frühjahr unter anderem ebenfalls Duschvorhangstangen. Marketing Managerin Annabelle Stock nennt darüber hinaus neben Konsolgriffen (als Kombinationen von Ablagen und Griffen) und Haltegriffen, die gleichzeitig als Handtuchhalter fungieren, noch Brausestangen, die als Haltegriff genutzt werden können. Wichtig sind für eine barrierefreie Nutzung der Dusche in vielen Fällen Duschsitze (angeboten z. B. von Deubad, Erlau, FSB, Hewi, Keuco oder Normbau) oder zumindest Hocker (wie u. a. von FSB, Hewi, Keramag).
Doch auch für Menschen, die auf ein Wannenbad (noch) nicht verzichten wollen und müssen, gibt es Erleichterungen, etwa die Duschbadewanne Twinline oder den Wannenlift Artlift von Artweger. Mit seiner Easy-in-Dusche zum Duschen und Baden und seinen Dampfbädern spielt Repabad ebenfalls auf dieser Klaviatur. Badewannen mit integrierten Griffen wie bei Kaldewei bieten ein Mehr an Sicherheit. Kommt eine Trittstufe mit Griff dazu, wird außerdem der Einstieg erleichtert (Beispiele für derartige Einstiegshilfen finden sich bei Erlau und Laufen).
Griffe und Ablagen, Armaturen und Halterungen
„Haltegriffe kann man nicht zu viele haben“, fordert (nicht nur) der Ergotherapeut Michael Hubert. Das muss allerdings nicht nach Krankenhaus aussehen: Dietmar Stephan, bei der Emco Bad GmbH & Co. KG (Lingen) zuständig für Produktmanagement und Marketingkommunikation, findet, „dass barrierefreie Produkte stilvoll aussehen und sich harmonisch in die bestehende Badeinrichtung integrieren lassen“ sollten. Zur hauseigenen Accessoireserie System 2 zählen vor allem Sicherheitselemente für die bedarfsgerechte Unterstützung der Bewegungsfreiheit und unterschiedlich lange Stützgriffe (klappbar und wahlweise mit Papierhalter). Die Haltegriffe gibt es in verschiedenen Längen- und Winkelvarianten oder kombiniert mit Brausestange. Alle Griffelemente lassen sich mit rutschhemmendem Kunststoff TÜV-sicher teilummanteln. Auch zur Serie Loft, die für die einheitliche Gestaltung besonders von Privat- und Hotelbädern konzipiert ist, zählen barrierefreie Elemente, darunter einige Neuheiten zur ISH 2015.
Das Marktangebot an verschiedenen Griffvarianten ist groß: So gibt es, um nur einige Beispiele zu nennen, von Deubad Ablagen mit Griff und von Erlau, zu dessen Gesamtprogramm unter anderem Halte- und Konsolgriffe, Stützklappgriffe einschließlich Zubehör sowie Accessoires gehören, neue Griffsysteme. Weiterhin von FSB ein Griffprogramm in Kombination mit Zubehörelementen wie Papierrollenhaltern, von Hewi integrierte und mobile Haltegriffe, von Keuco Relingsysteme, Griffe und Accessoires, von Provex Sitz- und Griffsysteme, von Roth Sanitärprogramme mobile Halte- und Stützgriffe, von Villeroy & Boch in Keramik integrierte Haltegriffe mit Handtuchhalter-Funktion sowie WCs mit Eingriffrillen am Deckelrand.
Auch Armaturen können für ältere oder aus sonstigen Gründen in ihren Möglichkeiten eingeschränkte Menschen Bedienungsprobleme bedeuten. Barrierefreie Einhebelmischer wie die von Aquafit für den öffentlich/halböffentlichen Bereich orientieren sich deshalb in der Bedienung am sogenannten Zwei-Sinne-Prinzip: Einerseits sorgt die griffige Hebelform mit leichter Wölbung und Fingeraussparung im vorderen Bereich für eine taktile, also ertastbare, Hilfe. Andererseits leistet eine kontrastreich gelaserte Fläche auf der Hebeloberseite für eine visuelle – sichtbare – Unterstützung und Orientierung. Daneben gibt es, ebenfalls vor allem für den öffentlichen Bereich, elektronisch gesteuerte Armaturen (zum Beispiel von Grohe) sowie Duscharmaturen (u. a. HSK). Accessoires wie Handtuchhalter und Krückenhalterungen (Deubad) oder Blindabdeckungen für einhängbare Stützklappgriffe (Normbau, schwerpunktmäßig für den öffentlich/halböffentlichen Einsatz) ergänzen die Barrieren abbauenden Badelemente.
Licht, Farbe und Spiegelsysteme
Neben Bewegungseinschränkungen gehören Einschränkungen der Sehfähigkeit und/oder Demenz zu den Barrieren, die es abzubauen gilt. Das lässt sich etwa durch ein LED-Orientierungslicht erreichen, wie Bemm es zum Teil bei seinen Badheizkörpern anbietet. Auch das neue Farbkonzept von Hewi kann man einsetzen, um Orientierung zu bieten. Barrierefreie Lichtschalter (u. a. für dimmbares Licht) sowie Steckdosen gibt es von Jung, ergänzt durch ein Unterputz-Radio, das sich einfach bedienen und nicht versehentlich von der Ablage fegen lässt. Die blauen WC-Sitze, die Villeroy & Boch für Demenzkranke im Programm hat, sowie die knallbunten Kinderangebote von Keramag zählen ebenfalls zu dieser Kategorie.
Da es für kleine oder im Rollstuhl sitzende Menschen schwierig ist, sich in einem Standardspiegel zu betrachten, gibt es verschiedene Lösungsansätze wie Kippspiegel (u. a. von Deubad oder Roth Sanitärprogramme) oder Schrägspiegelelemente und Schrägfrontspiegelschränke (für den öffentlich/halböffentlichen Bereich, von Roth Sanitärprogramme). Sinnvoll für Menschen mit eingeschränkter Sehfähigkeit sind Lichtspiegelelemente (u. a. von Keramag). Weitere Spiegel bieten z. B. Erlau und Keuco an.
Heizung und Lüftung
Barrierefreie Badheizkörper müssen unter anderem die Griffe in einer Höhe haben, die von kleinen und großen, stehenden und im Rollstuhl sitzenden Menschen erreicht werden kann. Zu den Anbietern gehören zum Beispiel Bemm, Kermi und Zehnder. Lüftungsgeräte für Einzelräume (Helios) und elektronische Durchlauferhitzer (Stiebel Eltron) runden das weite Feld der Angebote ab, die sich von der Idee der Inklusion, des Miteinanders verschiedenartigster Menschen, leiten lassen.
Für zusätzliche Informationen empfiehlt der von uns befragte Fachmann Michael Hubert das Rehadat-Hilfsmittelportal www.rehadat-hilfsmittel.de, die DIN 18040-2, die Basisanforderungen an barrierefreie Badezimmer in Wohnungen definiert, die VDI-Richtlinie 6008-2 zu barrierefreien Lebensräumen sowie das Internetportal www.nullbarriere.de.
Autorin: Elke H. Speidel
Nachgefragt
Die Architektin Prof. Dr. Dagmar Everding, Inhaberin des Lehrstuhls „Dezentrale Strukturen und Systeme“ und Autorin des Handbuchs „Barrierefreies Bauen – Leitfaden zur DIN 18040 und weiteren Normen des barrierefreien Bauens, zählt Barrierefreiheit zu ihren Spezialgebieten. Sie beantwortete nachfolgend einige grundlegende Fragen zum Thema.
IKZ-HAUSTECHNIK: Frau Prof. Everding, was versteht man unter baulicher Inklusion im Badezimmer? Ist das überhaupt möglich?
Prof. Dr. Dagmar Everding: Inklusion bedeutet in diesem Fall, dass das Badezimmer barrierefrei ist, das heißt für ganz unterschiedliche Menschen komfortabel, also zum Beispiel für große und kleine, alte und junge, sehbehinderte und rollstuhlfahrende gleichermaßen.
IKZ-HAUSTECHNIK: Wie muss denn ein solches Bad beschaffen sein?
Prof. Dr. Dagmar Everding: Wichtig ist, dass es über eine ausreichend große Fläche verfügt. Zu enge Bäder bieten weniger Möglichkeiten, sie für unterschiedliche Bedürfnisse auszustatten und auch umzurüsten.
IKZ-HAUSTECHNIK: Welche Probleme müssen bei der Badplanung vor allem bedacht werden?
Prof. Dr. Dagmar Everding: Da ist zum Beispiel das Problem von Höhenabstufungen und Schwellen: Die Badewannen sind eine häufige Ursache von Unfällen, ebenso die Duschbecken. Waschbecken und Toiletten können für manche Menschen zu hoch, für andere zu niedrig sein.
IKZ-HAUSTECHNIK: Und wie lässt sich das Problem lösen?
Prof. Dr. Dagmar Everding: Komfortabel und auch sehr verbreitet sind bodengleiche Duschen für alle, kombiniert mit einem rutschfesten Belag. Dazu kommen Waschbecken, die in der Höhe verstellbar sind, sowie Toiletten mit Sitzerhöhungen bzw. Podesten. Für Badewannen, die ja heute zum Teil sehr groß und eventuell sogar mit Whirl-Funktionen ausgestattet sind, gibt es technische Hilfsmittel, die das Besteigen erleichtern, Badewannenlifte oder Haltegriffe zum Beispiel.
IKZ-HAUSTECHNIK: Wie groß muss denn die Fläche sein, um eine Barrierefreiheit für unterschiedliche Nutzergruppen zu ermöglichen?
Prof. Dr. Dagmar Everding: 5 m² halte ich im Wohnungsbau in der Regel für ein Minimum. Die Flächenanforderungen findet man in der DIN-Norm für barrierefreies Bauen 18 040.
IKZ-HAUSTECHNIK:Wie lässt sich sicherstellen, dass nicht nur Menschen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, berücksichtigt werden, sondern eben das komplette Spektrum von Nutzenden mit unterschiedlichen Einschränkungen?
Prof. Dr. Dagmar Everding: Flexibilität ist das A und O. Sie ist heute sehr gut durch Technik herstellbar. Waschbecken sollten unterfahrbar sein oder sogar höhenverstellbar, es gibt Paternoster-Schränke, es gibt hochklappbare Haltegriffe an den Toiletten… zum Teil sind es ganz einfache Möglichkeiten. Unbedingt beachten sollte man, dass der Bodenbelag nicht glatt und rutschig ist. Auch dafür hält der Markt sehr gute Angebote bereit.
IKZ-HAUSTECHNIK: Sehen Sie Widersprüche in den Anforderungen zum Beispiel für seh- und gehbehinderte Menschen?
Prof. Dr. Dagmar Everding: Im öffentlichen Bereich kann das sein, also im Städtebau, im Badbereich weniger. Wichtig wären allerdings für sehbehinderte Menschen stärkere Kontraste im Bad. Die Badobjekte und auch Armaturen sowie Griffe jeglicher Art sollten farblich und hell-dunkel abgesetzt sein. Leider widerspricht das dem gängigen Geschmack, es gilt nicht als „schick“. Da müssten sich die Hersteller etwas einfallen lassen, um ein edles Design mit den Anforderungen zu kombinieren.
IKZ-HAUSTECHNIK: Wie wichtig ist in diesem Zusammenhang die Beleuchtung?
Prof. Dr. Dagmar Everding:Auch hier ist Flexibilität gefragt: Einerseits sollte die Beleuchtung nicht zu grell sein, um das Bad entspannend wirken zu lassen, andererseits benötigen Menschen mit eingeschränkter Sehfähigkeit bzw. alle Menschen genügend Helligkeit, um sich zurechtzufinden sowie für die Körperpflege. Dimmbares Licht oder mehrere unterschiedlich einsetzbare Lichtquellen werden beiden Anforderungen gerecht und sind daher sehr zu empfehlen.
(Die Fragen stellte für die IKZ-Redaktion Elke H. Speidel.)