Hamburg beschränkt Einsatz mechanischer Raumkühlung in Gebäuden
Das Hamburgische Klimaschutzgesetz (HmbKliSchG) mit seiner (umstrittenen) Beschränkung für mechanische Raumkühlung ist im Mai 2020 in Kraft getreten. Darauf weist die Bonner Stimme, ein Projekt der drei Kälte-Klima-Verbände VDKF, BIV und ZVKKW, hin. Der Gastbeitrag geht der Frage nach, für welche Gebäudetypen und funktionalen Nutzungen der Einbau mechanischer Raumluftkühlanlagen nach dem § 13 des HmbKliSchG noch erlaubt ist.
Von den 31 Paragraphen des HmbKliSchG waren drei Paragraphen nach europarechtlichen Vorschriften notifizierungspflichtig: das „Ölheizungsverbot“, das „Stromdirektheizungs-“ und das „Klimaanlagenverbot“. Das Verfahren bei der EU-Kommission wurde im Dezember 2019 eingeleitet. Wegen der laufenden Frist hatte die Hamburgische Bürgerschaft diese Paragraphen bei der Verabschiedung des Gesetzes im Februar (20.02.20) zunächst noch zurückgestellt. Die EU-Kommission hat das Hamburger Klimaschutzgesetz allerdings zwischenzeitlich vollständig genehmigt, so dass die Hamburgische Bürgerschaft die zurückgestellten Vorschriften Anfang Mai verabschiedet hat. Das Gesetz ist am 16.05.2020 in Kraft getreten.
Der § 13 des HmbKliSchG, der bereits im Vorfeld zu erheblichen Diskussionen geführt hat, enthält folgenden Wortlaut:
§ 13 Beschränkungen für mechanische Raumkühlung
(1) Die Neuinstallation von raumlufttechnischen Anlagen oder Bauelementen zur mechanischen Kühlung von Gebäuden oder Aufenthaltsräumen ist nur zulässig, wenn die bestimmungsgemäße Nutzung nicht durch bautechnische oder andere geeignete Maßnahmen auf wirtschaftlich vertretbare Weise erreicht werden kann. Raumkonditionen, die abweichend von den allgemein anerkannten Regeln der Technik einen höheren Energieaufwand erfordern, sind unzulässig.
(2) Der Senat wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung diejenigen Gebäude und Aufenthalts-räume zu bestimmen, für die eine mechanische Raumkühlung nach Maßgabe von Absatz 1 zulässig ist.
Verschiedene Presseveröffentlichungen haben hieraus bereits ein pauschales „Aus“ für Klimaanlagen herausgelesen. Dies hat zu erheblichen Verunsicherungen bei Kunden und Betreibern geführt. Tatsächlich ist nach dem §13 des HmbKliSchG die Neuinstallation moderner, energieeffizienter Klimaanlagen unterschiedslos verboten, sofern die „bestimmungsgemäße Nutzung“ der Räume auch anders erreicht werden kann. Es stellt sich also die Frage, für welche Gebäudetypen und funktionalen Nutzungen der Einbau mechanischer Raumluftkühlanlagen nach dem § 13 des HmbKliSchG noch erlaubt ist.
Alternative Maßnahmen prüfen
Für die Gebäudeeigentümer besteht die Auflage, vor dem geplanten Einbau einer Anlage zu prüfen, ob die für eine bestimmungsgemäße Nutzung der Gebäude oder Aufenthaltsräume notwendigen Raumtemperaturen nicht durch bautechnische oder andere geeignete Maßnahmen auf wirtschaftlich vertretbare Weise erreicht werden können. Infrage kommen Maßnahmen an der Fassade (z. B. Sonnenschutzverglasung, Verschattung, außenliegender Sonnenschutz) oder eine Nachtauskühlung, die Reduktion innerer Lasten oder anderweitige passive Kühlung zu Verringerung von sommerlichem Wärmeeintrag. Die Gebäudeeigentümer sind zum Nachweis verpflichtet, dass alternative Maßnahmen entweder technisch nicht möglich sind oder nicht auf wirtschaftlich vertretbare Weise umgesetzt werden können. Dazu sind Kostenschätzungen durch einen Gebäudeenergieberater einzuholen und nachvollziehbar zu dokumentieren. Werden bei dieser Prüfung bautechnische oder andere passive Maßnahmen verworfen, so hat im Fall der Installation einer Kühlanlage deren Energieeffizienz oberste Priorität.
Beschränkung nur für Neuinstallationen
Im neuen HmbKliSchG gilt die Beschränkung für mechanische Raumkühlung nur für die Neuinstallation von Anlagen. Alte Klimaanlagen haben Bestandsschutz. Im Übrigen werden in dem Gesetz mit der Ausgestaltung einer Rechtsverordnung nach § 13 Abs. 2 noch Ausnahmen für bestimmte Gebäude und Aufenthaltsräume zu prüfen sein. In der Gesetzesbegründung zu § 13 werden bereits Hinweise auf mögliche Ausnahmeregelungstatbestände gegeben.
Mit der Rechtsverordnung soll durch eine pauschale Ausnahmeregelung die Umsetzung des § 13 HmbKliSchG in der Praxis vereinfacht und der Aufwand für die Gebäudeeigentümer verringert werden. Es ist geplant, die folgenden Gebäude und Aufenthaltsräume von der Beschränkung des Einbaus von Anlagen zur Raumkühlung auszunehmen (Beispiele):
- Krankenhäuser
- Pflegeheime
- Altenheime
- Hotels und Gaststätten
- Gebäude für industrielle Produktion
- Warenhäuser und Verkaufsstätten
- Räume, die aus technologischen oder hygienischen Gründen zu kühlen sind
- Veranstaltungsräume
- EDV-Räume
- Räume mit einer hohen inneren Wärmelast durch Anlagen und Geräte, die nicht im Bilanzkreis des Gebäudes sind.
Infrastruktur darf nicht gefährdet werden
Hier finden sich auch städtische Gebäude- und Infrastrukturen wieder, deren verlässliche Nutzbarkeit durch Hitzeperioden nicht gefährdet werden darf. Hierbei ist zwingend zu beachten, dass bestimmte Gebäude aus betriebstechnischen Gründen besondere Anforderungen an das Raumklima stellen und daher ausschließlich mittels raumlufttechnischer Anlagen gekühlt werden können. Dies gilt beispielsweise für Produktionsräume in Gebäuden (Kühlräume, Tiefkühlzellen, Serverräume, Leichenkühlung etc.).
Arbeitsstättenverordnung ist einzuhalten
Grundsätzlich sind auch die Anforderungen an Arbeitsstätten – Arbeitsschutzgesetz und darauf basierend Arbeitsstättenverordnung bzw. Technische Regeln für Arbeitsstätten (ASR) – zu erfüllen. In den technischen Regeln für Arbeitsstätten sind sowohl Mindestwerte als auch Maximalwerte bezüglich der Raumtemperatur am Arbeitsplatz aufgeführt. In der ASR A 3.5 werden die Raumtemperaturgrenzen bzgl. des Gesundheitsschutzes sowie Schutzmaßnahmen als Mindestanforderung definiert. Für Arbeitsstätten wird die maximal mögliche Raumtemperatur auf 35°C begrenzt, wobei im Bereich zwischen 26°C und 35°C neben geeigneten Sonnenschutzsystemen (ASR A 3.5, Abs. 4.4, Satz (1)) flankierende technische und organisatorische Maßnahmen zu ergreifen sind. Die ASR 3.5 definiert beispielhafte Maßnahmen, die Arbeitgeber treffen können, wenn die maximale Temperatur in Arbeitsstätten überschritten wird. In schwierigen Fällen ist eine Gefährdungsbeurteilung zu erstellen. Die endgültige Auswahl geeigneter Vorkehrungen ist dem Arbeitgeber überlassen. Unter Umständen sind letztlich nur entsprechende technische Maßnahmen denkbar, um eine erhöhte Raumtemperatur am Arbeitsplatz zu vermeiden, etwa durch den Einsatz von dezentralen Klimageräten.
Kälteanlagen unter Umständen zwingend notwendig
In einem Büroraum, einer Versammlungsstätte oder einer Privatwohnung ist die bestimmungsgemäße Nutzung stets der Aufenthalt von Menschen. Hierbei geht es immer um die um die klassische Behaglichkeitsklimatisierung. Die allgemein anerkannten Regeln der Technik zur Behaglichkeitsklimatisierung werden z. B. in der DIN EN 16798:2017-11 (ehemals DIN EN 13779) beschrieben. Um z. B. einen Büroraum, eine Versammlungsstätte oder eine Privatwohnung gemäß den Behaglichkeitskriterien der DIN EN 16798 zu klimatisieren, ist eine mechanische Kälteanlage unter Umständen zwingend notwendig, insbesondere um die Anforderungen an die Raumluftfeuchte im Sommerfall einzuhalten.
Anmerkung der Redaktion: Klimatisierung ist in vielen Bereichen sinnvoll, mitunter sogar wichtig bis unerlässlich. Das zeigen die aufgeführten Beispiele des Gastbeitrags. Ein generelles und vorbehaltloses Verbot wäre daher kontraproduktiv. Mit den zahlreichen Ausnahmen im HmbKliSchG bieten sich dem Fachhandwerk ausreichend Argumente für den Einsatz effizienter Klimatechnik. Ähnliche Gesetzesvorhaben in anderen Bundesländern sind übrigens nicht bekannt.