Familientreffen in Nürnberg
Fragen und Antworten rund um den Messeauftritt
Die Fachmesse Chillventa ist unter den Besuchen sehr beliebt und bildet die gesamte Bandbreite der Kälte-, Klima-, Isolier-, MSR- und der Lüftungstechnik sowie den Bereich Automation und Wärmepumpen ab. Wir von der IKZ wollten hinter die Kulissen schauen und haben mit Christoph Brauneis über die Messe und über aktuelle Branchenthemen gesprochen. Er ist Beauftragter für Politik und Medien beim VDKF, bei der Landesinnung Kälte-Klima-Technik Hessen-Thüringen/Baden-Württemberg sowie bei der Bundesfachschule Kälte-Klima-Technik. Somit kennt er die Branche wie kaum ein anderer.
IKZ: Die Chillventa öffnet in den kommenden Wochen Ihre Tore. Wo sehen Sie die Hauptthemen, die für die Besucher im Fokus stehen werden?
Christoph Brauneis: Das ist schwer zu sagen, denn jeder Besucher kommt natürlich mit ganz individuellen Zielen und Fragestellungen auf eine Messe. Die meisten werden aber sicher die Chillventa nutzen, um sich darüber zu informieren, welche Auswirkungen die novellierte F-Gase-Verordnung auf ihren beruflichen Alltag haben wird. Die Branche hat in vielen Anwendungsbereichen über Jahrzehnte F-Gase als Kältemittel eingesetzt. Deren Einsatzmöglichkeiten und auch Verfügbarkeit werden durch die Verordnung jetzt deutlich eingeschränkt. Auf den Einsatz der alternativen Kältemittel Propan, Ammoniak und Kohlendioxid sind aber noch nicht alle vorbereitet. Gleiches gilt für die Wärmepumpentechnik, deren Siegeszug im Heizungsmarkt nicht aufzuhalten ist. Die Messe ist daher eine gute Gelegenheit, sich schlau zu machen. Noch nicht ganz spruchreif, aber sicher auch Messethema, wird das mögliche PFAS-Verbot sein, von dem neben vielen Komponenten auch die allermeisten fluorierten Kältemittel betroffen wären. Wer Details wissen möchte, ist herzlich zu einem persönlichen Gespräch oder zu meinen passenden Vorträgen im Begleitprogramm eingeladen. Man findet mich auf dem VDKF-Messestand in Halle 9, Stand 211 oder auf dem Stand der Bundesfachschule Kälte-Klima-Technik in Halle 9, Stand 314.
IKZ: Messen haben augenscheinlich an Stellenwert verloren. In Gesprächen sehen zahlreiche Fachunternehmer keinen großen Nutzen in einem Besuch. Ich sehe dagegen sehr wohl einen Gewinn. Wo sonst trifft man eine solch geballte Expertise an einem Ort gebündelt? Welche Erfahrungen haben Sie gemacht und was veranlasst den VDKF als ideellen Träger der Chillventa seit 2016 am Format Messe festzuhalten?
Christoph Brauneis: Es stimmt, dass manche Fachmessen mit geringeren Besucher- und Ausstellerzahlen zu kämpfen haben. Für die Chillventa trifft das aber nicht zu. Sowohl Quantität als auch Qualität der Besucher werden stets von den Ausstellern gelobt. Ich teile diese Bewertung ohne Abstriche. Ich erinnere mich gut an ein Gespräch mit einem Aussteller, der vor zwei Jahren zu mir sagte, dass er sich an keine Chillventa erinnern könne, auf der er so viele erstklassige Gespräche auf seinem Messestand führen konnte. Auch wer die ausnahmslos positiven Kommentare der Messebesucher und Aussteller in den sozialen Netzwerken verfolgt hat – „großartiges Event“, „überwältigend“, „erfolgreichste Chillventa aller Zeiten für uns“, „riesiges Interesse für unsere Produkte“, „unheimlich viel Spaß gehabt“ usw. –, kann nur zu dem Schluss kommen, dass die Chillventa 2022 ein Erfolg auf ganzer Linie war. Ich sehe keinen Grund, warum dies 2024 anders sein sollte. Insofern steht es auch für den VDKF – als wichtigstem Wirtschaftsverband der Kälte- und Klimabranche – und für die Bundesfachschule als einem der größten Bildungsträger der Kältebranche völlig außer Frage, dass wir selbstverständlich mit einem Messestand auf der Chillventa vertreten sein werden und uns aktiv mit Vorträgen ins Rahmenprogramm einbringen. Neben den Fachgesprächen ist es uns auch wichtig, der „Kältefamilie“ einen Anlauf- und Treffpunkt auf der Messe zu bieten. Die Branche ist nun mal überschaubar, man kennt sich untereinander und freut sich auf ein Wiedersehen.
IKZ: Über die Jahre ist das Interesse am Thema Lüftungs- und Klimatechnik in der Fachwelt stets gewachsen – egal ob im Neubau oder in der Sanierung. Manche Stimmen ordnen die Klimatisierung im Neubau sogar oberhalb der Beheizung ein. Welchen Stellenwert geben Sie dem Thema?
Christoph Brauneis: Schon allein durch den Klimawandel und die damit zusammenhängenden längeren und heißeren Hitzeperioden wird der Klimatisierung von Wohn- und Geschäftsräumen eine wachsende Bedeutung zukommen. Ob nun die Heizung oder Kühlung von Gebäuden wichtiger ist? Die Diskussion darüber ist müßig und nicht zielführend. Wir sollten stattdessen den Begriff des „thermischen Komforts“ stärker in den Fokus rücken. Es gibt nun mal einen Temperaturbereich – auf den Zusammenhang mit der Feuchtigkeit will ich jetzt gar nicht eingehen –, in dem man sich als Mensch in einem Gebäude wohlfühlt. Aufgabe der Gebäudetechnik ist es sicherzustellen, dass dieser Bereich eingehalten wird – im Winter muss geheizt werden und im Sommer eben gekühlt. Punkt. Ich persönlich finde übrigens 18 °C Raumtemperatur im Winter besser erträglich als 28 °C im Sommer. Wenn einem zu kalt ist, zieht man sich einfach etwas wärmer an. Gegen die Hitze kann man aber fast nichts unternehmen – vor allem bei langen Hitzeperioden, in denen auch Maßnahmen wie Verschattung irgendwann kaum mehr etwas bringen. Eine Klimaanlage ist aus meiner Sicht daher genauso wenig Luxus wie eine Heizung – und mit einer Luft-Luft-Wärmepumpe kann man sogar auf einfache Weise zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen und Heizen und Kühlen mit einem System ermöglichen.
IKZ: Lassen Sie uns etwas technischer werden und auf aktuelle Diskussionen eingehen. Die novellierte F-Gase-Verordnung ist großes Thema in zahlreichen Meldungen und Fachbeiträgen. Ist sie Fluch oder Segen?
Christoph Brauneis: Die Antwort auf diese Frage wird völlig unterschiedlich ausfallen, je nachdem wen Sie fragen. Für die Hersteller und Händler von F-Gasen ist sie verständlicherweise ein Fluch, für das Umweltbundesamt ein Segen. Das Thema ist äußerst komplex und die Wahrheit liegt wie oft in der Mitte. Der VDKF und die Bundesfachschule Kälte-Klima-Technik haben sich intensiv in den Novellierungsprozess der Verordnung eingebracht und stets für einen pragmatischen Ansatz geworben, dass man alternative Kältemittel überall dort einsetzen soll, wo es technisch möglich und sinnvoll ist. Ziel der Verordnung ist doch, die Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Es hilft also der Umwelt nicht, wenn man zwar auf F-Gase und die damit zusammenhängenden möglichen direkten Emissionen verzichtet, sich diesen Vorteil aber durch höhere indirekte Emissionen aufgrund eines höheren Energieverbrauchs erkauft. Die Diskussion wird allerdings von vielen nicht technisch und lösungsorientiert, sondern fast dogmatisch geführt. Ein Fluch ist die Verordnung sicher auch für viele Betreiber von Kälte- und Klimaanlagen, die in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, Investitionen in neue Anlagentechnik tätigen müssen. Viele sind gezwungen, eine funktionierende Anlage auszutauschen, weil sie für ihre Prozesse zwingend auf die Kälteanlage angewiesen sind, aber nicht sicher sein können, dass im Fall einer nie auszuschließenden Leckage das nötige Kältemittel verfügbar sein wird. Das Handwerk muss sich fit machen für die Verwendung der alternativen Kältemittel und entsprechend umdenken – das ist aber zu leisten und die Auftragsbücher werden bei den meisten voll bleiben. Wer weiter stoisch auf F-Gase setzt, wird aber bald ein Problem bekommen.
IKZ: Eine letzte Frage an Sie als Branchenkenner: Wenn wir die Chillventa im Ganzen betrachten, welche Route sollte der Besucher nehmen? Was ist ein Muss auf der diesjährigen Messe, wenn wir die Produktpräsentation mal außen vorlassen? Haben Sie ein persönliches Highlight?
Christoph Brauneis: Die beste Route durch die Messehallen muss jeder für sich selbst festlegen; dafür sind die Interessen zu unterschiedlich, um hier eine Empfehlung abzugeben – außer natürlich ein Besuch am Messestand des VDKF und der Bundesfachschule. Ich würde mich als Besucher im Vorfeld intensiv mit dem Vortrags- und Rahmenprogramm beschäftigen und mir dort ein paar Highlight-Vorträge herauspicken. Und ansonsten keine Gelegenheit zum fachlichen Austausch im persönlichen Gespräch auslassen. Die Ansprechpartner der Hersteller und Verbände sind vor Ort – nur auf einer Messe hat man eine vergleichbare Gelegenheit, sich in kurzer Zeit über so viele Themen und Produkte zu informieren. Ein ganz persönliches Highlight ist für mich aber immer der praktische Wettkampf der besten Gesellen aus den einzelnen Innungen um die Deutsche Meisterschaft im Kälteanlagenbauerhandwerk. Ich werde mir auch die Vorträge und Vorführungen zum Thema Lecksuche in der Sonderpräsentation der Bundesfachschule anschauen bzw. anhören. Ein Besuch auf dem Chillventa Congress am Vortrag der Messe ist ebenfalls fest eingeplant, um mich fachlich und ohne Messetrubel um mich herum auf den neuesten Stand der Dinge zu bringen. Vor allem aber freue ich mich auf ein Wiedersehen mit vielen Bekannten und Freunden aus meiner Kältefamilie.