Effektives Doppel
Fachgerechte Inbetriebnahme einer Trinkwasser-Installation nach Corona-Lockdown mittels Impulsspülverfahren und Desinfektion – ein Beispiel aus der Praxis
Wirkungsweise Comprex-Reinigung.
Schema Comprex-Einheit „CU 3300“ zur Einspeisung in die Gebäudeinstallation.
Zyklonabscheider an einer Entnahmestelle. (Archivbild)
Mobile Comprex-Einheit „MCU-TI“ mit Desinfektionsmodul MDM (Archivbild). (Archivbild)
Die Corona-Krise mit ihren bundesweiten Lockdown-Maßnahmen hat auch im Bereich Hotel- und Gaststättengewerbe zu außergewöhnlichen Herausforderungen geführt. Gebäude mussten mitunter mehrere Monate lang schließen, die Trinkwasser-Installationen standen still. Andere, neu errichtete Gebäude konnten gar nicht erst in den bestimmungsgemäßen Betrieb gehen. Einfach die Zapfstellen öffnen reicht für eine (Wieder-)Inbetriebnahme nicht. Vielmehr ist es notwendig, die Trinkwasser-Installation zu reinigen und zu desinfizieren.
Eine bewährte Variante für die Reinigung ist das Impulsspülverfahren. Dabei werden getrennte Luft- und Wasserpakete alternierend durch die Trinkwasser-Installation geschickt. In Versuchen und in der Praxis hat sich gezeigt, dass zum Ablösen und zum Austragen von Ablagerungen unterschiedliche Einstellungen optimal sind. Das Comprex-Verfahren berücksichtigt diese Erkenntnisse. Es beruht auf einer kontrollierten, impulsartigen Zugabe komprimierter, reiner Luft innerhalb eines definierten Spülabschnitts. Wichtig hierbei ist, dass genau dosierte Luftblöcke in den abgedrosselten Wasserstrom gesetzt werden. Sie durchströmen, dem Durchmesser angepasst, die Rohrleitung wie Luftmolche. Um sie herum entstehen sehr starke turbulente Strömungen. Die Druckluftimpulse beschleunigen die Wasser- und Luftblöcke in weniger als 0,1 s auf Geschwindigkeiten von ca. 10 bis 15 m/s. Im Zusammenspiel mit Kavitationserscheinungen, Scher- und Schleppkräften bewirken sie eine Ablösung aller mobilisierbaren Ablagerungen von den Rohrinnenwänden.
Bei der systematischen Reinigung mit dem Verfahren werden Kalt- und Warmwasserstränge einzeln gespült. Normalerweise erfolgt die Drucklufteinspeisung am Verteiler nach dem Wasserzähler. Manchmal ist es erforderlich, Bauteile auszubauen und Druckschläuche über Adapter anzuschließen. An den Zapfstellen trennen Zyklonabscheider die ausgeleiteten Luftmolche von Wasser und Ablagerungen. Die entspannte Luft wird, falls notwendig, über Filter abgeleitet.
Nach DVGW W 557 (A) ist eine Spülung oder Reinigung in jedem Fall erforderlich, während die Anlagendesinfektion eine zusätzliche Sicherheitsmaßnahme darstellt. Wenn durch die Reinigung alle Ablagerungen im Rohrsystem beseitigt sind, genügt üblicherweise eine Desinfektion mit der minimal empfohlenen Desinfektionsmittelkonzentration und Einwirkzeit.
Beispiel: Neueröffnung Flughafen Hotel
Das folgende Beispiel aus der Praxis beschreibt die Maßnahmen nach der Außerbetriebnahme infolge von Krisensituationen.
Ein Betreiber zahlreicher Hotels an Standorten in ganz Deutschland eröffnete im Spätherbst 2021 ein Hotel in der Umgebung eines großen deutschen Flughafens. Ursprünglich war die Eröffnung bereits für das Jahr 2020 geplant. Das war aufgrund der Corona-Pandemie nicht möglich. Es kam mithin zu einem mehrmonatigen Leerstand des neu errichteten Gebäudes. Trotz eines vom Betreiber realisierten Spülregimes wurde bei der routinemäßigen Untersuchung des Trinkwassers ein Legionellenbefund oberhalb des Technischen Maßnahmenwertes festgestellt. Ein Gutachter empfahl daraufhin eine Hygienespülung mit anschließender Desinfektion. Diese Maßnahme war mit dem zuständigen Gesundheitsamt abgestimmt. Hierzu wurde das Comprex-Impulsspülverfahren mit anschließender Standdesinfektion der HAMMANN GmbH gewählt.
Ein Projektingenieur der HAMMANN GmbH führte im September 2021 die technische Vorplanung durch und stimmte anschließend die notwendigen Umbaumaßnahmen wie die Herstellung von Spülanschlüssen mit einem beauftragten Installationsunternehmen ab.
Das Gebäude besitzt 6 Etagen mit jeweils 36 Zimmern. 6 Steigstränge versorgen also jeweils 36 Zimmer mit Kalt- und Warmwasser. Die Techniketage befindet sich im 7. OG und beinhaltet die Wasserenthärtung, Warmwasserbereitung sowie die Heizungszentrale. Außerdem ist das Gebäude mit einer Tiefgarage und Kellerräumen unterkellert. Die Trinkwasser- Installation besteht aus nichtrostendem Stahl.
Das Technikteam der HAMMANN GmbH führte zunächst eine Reinigung der Kaltwasserinstallation mit dem Impulsspülverfahren und anschließend eine Standdesinfektion mit einer Chlordioxid- Lösung durch. Dazu war das Team von zwei bis drei Technikern 8 Arbeitstage mit insgesamt 67 Stunden Arbeitszeit vor Ort. Das Team arbeitete mit einer HAMMANN „CU 3300“ Technikeinheit zum Erzeugen und Bereitstellen der Druckluft, einer mobilen „MCU-TI“-Einheit zum Steuern der Comprex-Druckluftimpulse direkt an der Einspeisestelle, also im vorliegenden Fall im Hausanschlusskeller am Kaltwasserverteilerbalken, sowie mit dem neuen HAMMANN-Desinfektionsmodul „MDM“. Ausgehend von der Einspeisestelle wurden ca. 250 Entnahmestellen, verteilt über insgesamt sieben Etagen, gereinigt und desinfiziert. Das Spektrum der Entnahmestellen erstreckte sich dabei auf ca. 180 Zimmer, sowie Toiletten im Erdgeschoss, die Küche und Büroräume sowie Keller- und Putzräume.
Die neuwertigen Brauseschläuche wurden bei der Maßnahme abgebaut und 15 min lang bei 80 °C desinfiziert. Zudem wurden auch 210 Strahlregler ausgetauscht.
Zur anschließenden Desinfektion mit Chlordioxid kam eine Desinfektionslösung von 6 mg/l zum Einsatz. Die Einwirkzeit betrug 12 Stunden. Anschließend wurde das Trinkwassersystem bis zum Nachweis einer Restkonzentration von 0 mg/l freigespült.
Die abschließend durchgeführten Beprobungen bescheinigtem durchweg eine einwandfreie Trinkwasserqualität. Alle Werte für die mikrobiologischen Parameter lagen weit unter den Grenzwerten oder dem Technischen Maßnahmewert bei 0 KbE/100 ml, so dass das Hotel anschließend im Spätherbst 2021 wie geplant den Betrieb aufnehmen konnte.
Autor:
Dipl.-Chemieingenieur Volker Wöhrmann, Wasserchemie und Wassertechnologie, HAMMANN GmbH
Bilder: Hammann GmbH, Annweiler am Trifels
