Duscherlebnis und Ablauftechnik – vielfältige Optionen
Die Badgestaltung hat sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten verändert. Für die meisten der künftig neu zu bauenden oder zu sanierenden Bäder gilt: Das Wunschbad des Kunden ist keineswegs mehr eine Aneinanderreihung von Funktionen, sondern präsentiert sich als Raumerlebnis. Ein Bad mit ruhiger Ausstrahlung sowie ohne Stolperfallen, das zur Erfrischung und Entspannung dient und dabei hohe ästhetische Ansprüche erfüllt. Parallel zum Trend bodenebener Duschen gewinnt auch der rein technische (Rand-)Aspekt der Duschenentwässerung zunehmende Bedeutung.
Brausen sind in den letzten Jahren immer größer geworden, der Durchfluss zuweilen äußerst kraftvoll („Regenhimmel“ mit mehr als 30 l/Min.) und die Zahl der Auslässe ist gestiegen – dazu tragen Seitenbrausen und Kombinationen von Duschregen und Schwallbrause bei. Und selbstverständlich gilt: Das Wasser muss am Ende weg – und das im Sinne des Bauherrn meist gerne unsichtbar. Dies entspricht der heutigen, wertigen Auffassung von Badgestaltung, die architektonische Lösungen bevorzugt. Vorbei die Zeiten, als die Dusche im buchstäblichen Sinne als rein funktionale Nasszelle mit tiefer Duschwanne auf einem Sockel abgetrennt war. Das Thema Dusche wird heute auf zweierlei Weise betrachtet: als Wellnessbereich für das reinigende und erfrischende Körpergefühl; und als ein Bereich im Raum, der zum Gestaltungskonzept passt und als harmonische Fortsetzung des Bads wahrgenommen wird. Daher auch die planerische Sorgfalt, die viele Bauherren auf die Gestaltung und technische Optimierung des Duschbereichs verwenden.
Eine Planung, die flache Wannen im XL-Format oder einen durchgefliesten und mehr oder weniger offenen Duschbereich setzt, wird sich auch frühzeitig mit der Ablaufplanung und ihrem Design beschäftigen. Wo früher die Wanne für die Duschkabine die Position und Gestalt ihres Ablaufs praktisch einheitlich vorgab, gibt es heute viele Optionen – und damit auch die Freiheit in einem bescheidenen, aber nicht unerheblichen Detail der Badgestaltung. Wenn geklärt ist, wie groß das Duscherlebnis ausfallen soll (maximales Wasservolumen) und welche baulichen Gegebenheiten zu berücksichtigen sind, wird die Entscheidung über die Aufbauhöhe fallen, die bereits weniger als 70 mm betragen kann. Größeres Duschwasservolumen verlangt zumeist Abläufe mit mehr als 100 mm Aufbauhöhe, aber auch hier kann mit der Auswahl und Anordnung der Entwässerung flexibel geplant werden. Zudem bieten sich gestalterisch beim Ablauf unterschiedliche Optionen an.
Ablauf auf den Punkt gebracht
Den klassischen Punktablauf gibt es seit Längerem sowohl mit einer zentralen Position als auch mit seitlicher Anordnung. Die inzwischen übliche Abdeckung passt zur übrigen Wannenfläche – oder kann optional in einem anderen Design in Kontrast dazu gewählt werden, um beispielsweise in Farbe oder Material einen Akzent zu setzen. Die seitliche Position kommt der Standsicherheit zugute – ist aber auch Geschmackssache, da zum Teil die symmetrische Optik der Duschfläche bevorzugt wird. Der mittige Ablauf kann im Falle einer Verfliesung der Duschfläche dann zum Hingucker werden, wenn die Fugen der entsprechend zugeschnittenen Bodenfliesen quasi sternförmig zum Abfluss führen, allerdings erfordert diese Lösung auch einen gewissen Aufwand beim Zuschnitt. Alternativ lässt sich der mittige Ablauf auch mit kleinen Fliesenformaten bis hin zum bewährten Mosaik am Boden kombinieren. Allein aufgrund der Geometrie bedarf der Mittenabfluss geringeren Gefälles. Die Frage des notwendigen Gefälles ist bei den Stahlemail- oder Mineralstoffwannen ebenso werkseitig beantwortet wie bei den Fertigelementen (Duschboards) zum Verfliesen.
Der Punktablauf wird mit großer Wahrscheinlichkeit seine Bedeutung behalten, da es sich nicht zuletzt bei den integrierten Lösungen aus Duschwanne und Ablauf um komplette Systeme handelt, die eine problemlose Montage mit einfacher Pflege für den Endkunden verbinden. Darüber hinaus ist diese Form der Entwässerung auch ein Stück „gelernte Optik“ in der Dusche, während andere Lösungen wie Linienentwässerung vor oder in der Wand für den Privatbadbesitzer noch ungewohnt sind. Diese kommen allerdings zunehmend zum Einsatz.
Duschvergnügen auf ganzer Linie
Duschrinnen, die Alternativen zu Punktabläufen, gab es früher in privaten Bädern äußerst selten, weil sie mit den meist üblichen Edelstahlrosten an öffentliche Schwimmbäder und Duschanlagen erinnerten. Das hat sich massiv geändert, denn für das Privatbad oder anspruchsvolle Spa sind inzwischen unterschiedlichste Designs verfügbar. Duschrinnen sind eine konsequente Lösung, um die Duschfläche frei von störenden Abtrennungen und Kanten zu halten. Der homogene Boden im Standbereich der Dusche vermittelt nicht nur Hygiene sondern Sicherheit.
Für die fließend in den Boden eingearbeitete Abdeckung der Linienentwässerung wird vielfach das gleiche Material aus dem übrigen Bodenbelag verwendet. So kommt meist Fliesenkeramik oder Naturstein für die Blende zum Einsatz, die das Ablaufgehäuse im Boden kaschiert. Zur Auswahl stehen aber auch puristische Lösungen mit einem sichtbaren Metallprofil in Edelstahl matt oder glänzend, nicht zuletzt in Glas, die Designakzente in einem ausgesucht architektonischen Bad setzen. Eine Ablaufrinne direkt vor der Wand schafft einen markanten, optischen Abschluss der bodengleichen Duschfläche.
Besondere Varianten des Rinnenablaufs stellen solche Lösungen dar, die entweder das Wasser in einer Schattenfuge an der Wand so gut wie unsichtbar verschwinden lassen oder den Ablauf seitwärts der Duschfläche in die (Vor-)Wand integrieren. Eine solche Linienentwässerung fügt sich zurückhaltend in die Badarchitektur ein, da sie praktisch nicht auffällt und zu diesem Zweck von verschiedenen Anbietern auch maßgerecht zugeschnitten werden kann: für eine auf die bauliche Situation angepasste Lösung von Wand zu Wand bzw. auch im Winkel. Die Rinne kann darüber hinaus auch als gestalterisches Mittel eingesetzt werden, um den Übergang vom „trockenen“ Bad-Bereich in die Dusche zu akzentuieren. Duschrinnen führender Hersteller lassen sich dazu beim Einbau individuell und millimetergenau kürzen. Zur besonderen Gestaltung des Badambientes kann die Linienentwässerung mit einem wassergeschützten LED-Lichtband kombiniert werden, das stimmungsvoll zur Orientierung beiträgt.
Die Schattenfuge für die Duschenentwässerung wie auch der Wandablauf waren noch vor wenigen Jahren lediglich als aufwendige Einzellösungen denkbar. Heute finden sich beide variantenreich bei verschiedenen Anbietern als Systemlösungen. So bieten beispielsweise Duschboard-Fertigmodule den seitlichen Ablauf bereits werkseitig an. Optional kaschiert ein Abschlussprofil den Wandablauf und zeigt diskret, wo das Wasser bleibt. Dabei werden geringe Einbautiefen mit z. B. nur 25 mm in der Wand erzielt.
Zur Reinigung wird auch bei den Rinnenlösungen die Blende (oder das Rost) einfach abgenommen und das Ablaufprofil ausgewischt. Bei den Bodenabläufen lässt sich generell der Tauch-Siphon auch vom Endanwender zur Wartung aus dem geöffneten U-Profil herausnehmen, um das Haarsieb zu kontrollieren. Die Anbieter der Ablauftechnik liefern das notwendige Entnahmewerkzeug mit. Möglicherweise sehen viele Kunden die Linienentwässerung als komfortabler in der Pflege an, da das Ablaufprofil breiter ist und leichter zugänglich scheint als mancher Punktablauf. Letztlich sind aber beide Lösungen gleichwertig und natürlich Geschmackssache.
Autor: Heinz Kaiser, Hamburg
Nachgefragt
IKZ-HAUSTECHNIK: Als das Bad noch Nasszelle war, blieb der Raum in seiner Uniformität ewig unverändert. Heute ist bei der Badgestaltung von Stilwelten und Trends die Rede. Sind das Bad und sein Design inzwischen modisch geworden?
Heinz Kaiser: Nicht wirklich modisch, aber viel individueller. Diese Individualität manifestiert sich an vielen Stellen, etwa bei der Auswahl von Oberflächen und Materialien, der Zusammenstellung der Einrichtungs- und Dekorationsobjekte, der Entscheidung für bestimmte Funktionalitäten. Entscheidend sind dabei die Fragen: Was tut mir gut? Was gefällt mir? Was brauche ich im Bad? Da jeder hier ganz persönliche Antworten gibt, sind die Ansprüche an das Bad, seine Gestaltung und seine Funktionen deutlich vielfältiger geworden als früher.
IKZ-HAUSTECHNIK: Was ist derzeit besonders angesagt im Bad?
Heinz Kaiser: Der momentane Zeitgeist ist in Einrichtungsfragen Retro-Design und Vintage, also dem Neben- und Miteinander verschiedener Stilrichtungen, verpflichtet. Im Trend liegen Collagen – im Wohnzimmer beispielsweise das Kombinieren von einem Teppich im „Used Look“ und modernen Möbeln. Im Bad gehören die wiederentdeckten alten Fliesenmuster und traditionellen Vorbilder für Waschtische und Wannen dazu. Solche Collagen sind als eine Mischung, die uns unser persönlicher Geschmack zusammenstellen lässt und damit zum Wohlfühlfaktor wird, der perfekte Ausdruck von Individualität.
IKZ-HAUSTECHNIK: Mit Blick auf das Bad ist vielfach von einer „neuen Wertigkeit“ die Rede. Wie drückt sie sich aus?
Heinz Kaiser: Grundsätzlich wird sie von einer insgesamt stark gestiegenen Wertschätzung getragen, die dem Bad innerhalb der eigenen vier Wände entgegengebracht wird. Diese macht sich daran fest, dass Einrichtungsentscheidungen für das Bad nach denselben Kriterien getroffen werden, die auch in Wohn- und Schlafzimmer oder in der Küche angelegt werden. Letztlich geht es heute auch im Bad um Wohnlichkeit und Aufenthaltsqualität. Entsprechend werden Materialien und Einrichtung ganz bewusst ausgewählt, zumal sie auch noch morgen die passende Lösung sein sollen. Da sind dann zum Beispiel haptisch erlebbare Oberflächen, ein optisch hochwertiger Materialglanz oder erkennbar aufwendig verarbeitete Objekte gefragt.
IKZ-HAUSTECHNIK: Erklärt die „neue Wertigkeit“ auch die Wiederbelebung von Maß- und Handarbeit im Bad?
Heinz Kaiser: Diese Renaissance hat mehrere Gründe. Zum einen hat sie mit dem Trend zur Individualität zu tun. Das Bad „von der Stange“ möchte niemand. Unikate wie eine individuell gefertigte Steinwaschschüssel oder die Armatur mit einer Sonderoberfläche vermitteln auch Exklusivität und senden damit ein persönliches Statement aus. Maßanfertigungen können aber auch die Reaktion auf räumliche Gegebenheiten sein, die keine Standardlösung zulassen.
IKZ-HAUSTECHNIK: Wie sehr sind das Bad und seine Gestaltung bereits in der Architektur des Wohnens angekommen?
Heinz Kaiser: Auch wenn man sicher grundsätzlich festhalten kann, dass die Menschen das Bad nicht mehr als schlichten Raum für die Körperhygiene betrachten, muss die Antwort auf Ihre Frage noch lauten: nur zum Teil. Insgesamt wird bei der Gestaltung der Wohnarchitektur inzwischen viel stärker als bisher berücksichtigt, wie Wohnen eigentlich funktioniert und wie das private Leben in den eigenen vier Wänden abläuft. Das Bad spielt bei dieser, wenn man so will, Ablaufplanung des häuslichen Alltags eine zentrale Rolle, weil es immer wieder Schnittstelle zu unterschiedlichen Bereichen ist. Es geht bei moderner Badgestaltung also nicht nur darum, wie ich diesen Raum einrichte, sondern wie ich ihn im Gesamtlayout des Wohnens behandle. Dies passiert sicher bislang nur in Ansätzen, bietet aber ein spannendes Betätigungsfeld für Architekten, Interior Designer und natürlich auch Badplaner.
Im Mietwohnungsbau wird das Bad aber leider immer noch sehr stiefmütterlich behandelt. Hier dominiert vielfach noch das überholte Konzept der Nasszelle. Dabei ist eine attraktive und zeitgemäße Badgestaltung einer der wesentlichen Schlüssel, um die Vermietungschancen zu verbessern und eine nachhaltige Wertentwicklung der Immobilie sicherzustellen. Denn das bessere Bad ist eine Voraussetzung, damit Eigentumswerte erhalten bleiben.