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Die Kundenheizung immer auf dem Schirm

Internetfähige Biomasseheizungen können Service- und Wartungsarbeiten vereinfachen

Internetfähige Biomassekessel erlauben es, vom Schreibtisch aus ihren Betrieb online zu überwachen. Bild: Ökofen

Mit Herstellerprogrammen lassen sich die Daten von Biomasseheizungen online auslesen und auf dem Computerbildschirm darstellen. Bild: Hargassner

Besitzer und Installateure können sich über Firmenapps jederzeit über den Betriebszustand der Heizung informieren. Bild: KWB

Mit seiner App bietet Paradigma Hilfestellung vor Ort. Installateure können mit ihr sämtliche Unterlagen zum Produkt, z.B. Bedienungsanleitungen, vor Ort herunterladen. Außerdem sind Checklisten hinterlegt, mit denen sich Schritt für Schritt eine Inbetriebnahme vornehmen lässt. Bild: Paradigma

Um mehrere Kundenheizungen verwalten zu können, müssen Installateure bei Paradigma nur einen Zugang kaufen, über den sich dann sämtliche Anlagen managen lassen. Bild: Paradigma

Heizungsapps für Pelletkessel melden automatisch, z. B. auf das Tablet, wenn etwas nicht stimmt. Bild: Fröling

Heizungsanlagen mit einer digitalen Steuerung können bis zu 15 % Energie einsparen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Bundesverbandes der Deutschen Heizungsindustrie. Bild: BDH

 

Zum Service ins Internet anstatt in den Keller: Smarte Biomassekessel sparen Installateuren manchen Weg zum Kunden. Doch die Digitalisierung macht bei der Heizung nicht Halt. Künftig werden es Heizungsbetriebe immer häufiger mit vernetzter Haustechnik zu tun bekommen.

Meldete sich früher ein Kunde wegen einer Kesselstörung, blieb dem Installateur meist wenig anderes übrig, als zu ihm hinzufahren, in den Heizraum zu gehen und nach dem Rechten zu sehen. Heutzutage kann er die Meldung automatisch vom Kessel per SMS bekommen und manches Problem unter Umständen vom Schreibtisch aus lösen. Mit dem Computer kann er die Anlage kontrollieren, wenn der Kunde den Online-Zugriff freigeschaltet hat. Die Betriebsdaten moderner Biomassekessel und -öfen lassen sich online auslesen und die Geräte von der Ferne aus bedienen. So können Installateure über Online-Plattformen die Betriebsdaten der Heizung einsehen und Einstellungen verändern.
Die Fernwartung bietet Installateuren die Möglichkeit, ihren Kunden einen persönlichen Service anzubieten. „Sie wählen sich aus der Ferne auf das Heizsystem ein und helfen so viel schneller und zielgerichteter weiter“, erklärt Herbert Schwarz, Vertriebsleiter des österreichischen Biomassekesselherstellers Hargassner. Serviceeinsätze ließen sich auf diese Weise minimieren. Sollte sich das Problem online nicht lösen lassen, kann der Installateur oder Servicetechniker über den Internetzugang dennoch genügend Informationen sammeln, um sich optimal auf seinen Einsatz vorzubereiten. Er spart Zeit und Kosten. „Besonders im mehrgeschossigen Wohnungsbau mit einer größeren Anzahl von Mietern ist die digitale Vernetzung der Heizung sinnvoll“, sagt Deutschland-Geschäftsführerin Beate Schmidt-Menig des österreichischen Pelletkesselspezialisten Ökofen.

Zwei Wege ins Internet
Um die Heizung digital vernetzen zu können, braucht es Netzwerkgeräte, sogenannte Router. Die Daten zwischen Kessel und Router lassen sich entweder per Funk oder über Kabel austauschen. Während ein WLAN-Netzwerk (Wireless Local Area Network) kabellos über ein lokales Funknetz funktioniert, überträgt ein LAN-Netzwerk (Local Area Network) die Daten über Kabel. WLAN-Netze bieten den Vorteil, dass man über einen WLAN-Router mit jedem onlinefähigen Gerät, sei es ein Laptop, ein Smartphone oder ein Tablet-PC, überall im Haus ins Internet kommt, ohne vorher Kabel verlegt haben zu müssen. Dafür bietet ein LAN mehr Sicherheit. Ein Zugriff von außen kann nur über einen mit dem Netzwerk verbundenen Computer erfolgen.
Paradigma-Marketingleiter Wendelin Heinzelmann empfiehlt, im Haus immer ein LAN-Kabel in den Heizungskeller zu legen. Die Pelletheizungen des Unternehmens aus Dettenhausen im Landkreis Tübingen sind über die Regelung „Systa Comfort II“ mit dem Internet verbunden. Sie hat einen Steckplatz für ein LAN-Kabel. Bei Hargassner verbinden sich die Kessel ebenfalls über ihre Regelung und Internet-Gateways mit dem World Wide Web und kommunizieren dann mit einem Zentralserver. „Weil über das Gateway eine SSL-Verschlüsselung möglich ist und daher das System sicherheitstechnisch abgeschirmt ist“, erläutert Vertriebsleiter Herbert Schwarz, warum Hargassner diesen Weg gewählt hat.
Die Hersteller von Biomasseheizungen bieten Installationsassistenten für Funk- oder Kabelverbindungen mit dem Internet an. Die Daten der Heizgeräte lassen sich über Apps und Internetportale der Firmen einsehen und bearbeiten sowie Einstellungen verändern. Bei Ökofen beispielsweise greift die App „myPelletronic“ und das Portal „my.oekofen.info“ auf Livedaten des Heizsystems zurück.

Heizung vernetzt sich mit Haustechnik
Die digitale Entwicklung geht weiter. Künftig werden Biomassekessel nicht nur mit dem Internet verbunden sein, sondern auch mit anderen Haustechnikgeräten kommunizieren können. Via Schnittstellen wie Modbus/TCP lassen sie sich in ein Smart Home einbinden. „Der Trend scheint zur absolut vernetzen Haustechnik zu gehen“, sagt Schwarz von Hargassner. Vor allem im Neubaubereich spüre das Unternehmen, dass vermehrt auf die Smart-Home-Systeme KNX/EIB und Loxone gesetzt werde. Hargassner-Kessel lassen sich deshalb bereits mit KNX/EIB, Loxone, ModBus und Android- bzw. iPhone-App verbinden.
„Die Kunden, vor allem die jüngeren, setzen voraus, dass die Produkte einfach und komfortabel z. B. über das eigene Smartphone gesteuert werden können“, beschreibt Andreas Zahrhuber, Marketingleiter des österreichischen Herstellers von Holzheizungen, die Zukunft. Genauso sieht es Hargassner-Mitarbeiter Schwarz: „Der Verbraucher will mit einer App so viele Komponenten seines Hauses wie möglich steuern können.“ Eine Entwicklung, die Amazon, Apple, Google und Co. schon heute vorantreiben. Manche Firmen denken deshalb über die digitale Einbindung der Holzkessel in Systeme wie Amazon Alexa oder Google Home nach, weil sie bequem über WLAN und damit ohne den Installationsaufwand eines Bussystems funktionieren. Ökofen bietet eine Sprachsteuerung bereits an.
In einem Smart Home vergleicht ein Energiemanagementsystem nicht nur Soll- und Istwerte der Heizung, sondern kombiniert die Heizungsdaten mit Informationen von anderen Geräten im Haus. Die für den Datenaustausch notwendige Ethernet-Schnittstelle ist bei vielen neuen Biomassekesseln bereits serienmäßig integriert. Bei Paradigma bietet der „Systa Comfort II“-Systemregler eine Modbus/TCP-Schnittstelle für Gebäudeleitsysteme.
Auch Helmut Matschnig, Geschäftsführer des österreichischen Biomassekesselherstellers KWB, erwartet, dass es durch die Digitalisierung künftig zu einer starken Vernetzung unterschiedlicher Haushaltsgeräte kommen wird: „Heute sind die Systeme in sich vernetzt. Im Bereich Komfort ist z. B. die Beleuchtung mit der Beschattung und im Bereich der Energie die Heizung mit der Klimaanlage verbunden. Zukünftig werden diese Systeme über die Grenzen hinaus vernetzt sein.“

Die Herausforderung der Zukunft werde sein, Komfortsysteme wie Beleuchtung und Entertainment mit Sicherheitssystemen wie Alarm- und Zutrittsanlagen sowie mit Energiesystemen wie Heizungen oder Photovoltaik- und Klimaanlagen über ihre Grenzen zu verbinden, damit ein echter Kundennutzen entstehe. So werde die Beschattung z. B. mit der Heizung oder der Klimaanlage und dem Zutrittssystem kommunizieren. „Letzteres regelt die Heizung und Lüftung, indem es meldet, wann Personen im Raum sind, oder eben nicht.“

Hersteller bieten Hilfestellung
Die Hersteller unterstützen Handwerksbetriebe dabei, die internetfähigen Biomassekessel zu installieren und einzurichten. So können sie mit der Paradigma-App beispielsweise sämtliche Unterlagen zum Produkt, u. a. Bedienungsanleitungen, vor Ort herunterladen. In dem Programm sind außerdem Checklisten hinterlegt, wie sich Schritt für Schritt eine Inbetriebnahme vornehmen lässt. Ähnliche Hilfestellung bietet die App, wenn es um Wartungsarbeiten geht. Mit dem Angebot richtet sich die Firma v. a. an den Nachwuchs. „Ich denke, sie wollen zu keinem Betrieb, der in einigen Jahren noch verlangt, dass Inbetriebnahme- oder Wartungszettel ausgefüllt werden müssen. Die wollen das mit dem Tablet machen“, ist sich Paradigma-Marketingleiter Wendelin Heinzelmann sicher. 
Doch es gibt auch direkte Hilfe, z. B. bei Fröling. „Falls notwendig kann unser Kundendienst vor Ort die Einrichtung übernehmen“, sagt Andreas Zahrhuber. Darüber hinaus bieten die Unternehmen an, in Schulungen die Produkte detailliert kennenzulernen. KWB beispielsweise stellt nicht nur jedem Installateurpartner einen Gebietsleiter als persönlichen Ansprechpartner zur Verfügung, der ihm bei Problemen hilft. Die Firma hat außerdem Antworten auf die häufigsten Fragen auf seiner Plattform zusammengefasst. Zusätzlich gibt es Video-Tutorials auf YouTube oder im internen Service-Wiki.

Installateurberuf wandelt sich
Die Sanitär- und Heizungsbranche bleibt von der Digitalisierung nicht unberührt. Internetfähige Kessel, Smartphones und Apps verändern die Heiztechnik. Netzwerktechnologie und die Konfiguration unterschiedlicher Systeme der Haustechnik rücken damit für Installateure in den Fokus. Je mehr Kessel mit intelligenter Technik ausgestattet sind, desto anspruchsvoller wird der Umgang mit ihnen. „Ein Heizungsmonteur muss heute ganzheitlich und systemübergreifend denken und aufgrund der rasanten technischen Entwicklung ständig auf dem Laufenden bleiben“, sagt KWB-Geschäftsführer Helmut Matschnig.
Der Umgang mit elektronisch gesteuerten Systemen wird das Berufsbild des Heizungsmonteurs künftig stark prägen. Darin sind sich die meisten Hersteller einig. Auch darin, dass die Entwicklung nicht so weit führen wird, aus einem Installateur einen Informationsspezialisten zu machen. Für Ökofen-Geschäftsführerin Beate Schmidt-Menig ist es zwar wichtig, den Fachhandwerkern die Vorteile der neuen Technologien zu vermitteln, aber ein Informatikstudium dürfe dafür keine Voraussetzung sein. Und Hargassner-Vertriebsleiter Herbert Schwarz sagt: „Der Heizungsbauer sollte sich meiner Meinung nach weitgehend aus der Vernetzungsthematik raushalten können.“ Die Anbindung der Netzwerktechnik sollte weiterhin Spezialisten überlassen bleiben, die Heizungsindustrie „nur“ die Schnittstellen zur Verfügung stellen.

Digitalisierung beeinflusst Heizungsmarkt
Auswirken wird sich die Digitalisierung auch auf den Heizungsmarkt. „Sie wird ihn zwar nicht verändern, aber beeinflussen“, sagt Wendelin Heinzelmann von Paradigma. Systeme ließen sich nach der Installation besser kontrollieren und justieren, etwa bei der Hydraulik in Heizungsanlagen oder bei thermischen Solaranlagen. Außerdem lasse sich mithilfe der Digitalisierung der Arbeitsablauf von der Bestellung bis zur Einweisung der Benutzer effektiver gestalten. „Die Installation aber muss erfolgen. Und das wird weiterhin eine sehr handwerkliche Arbeit sein“, ist sich der Marketingchef sicher.
„Smart-Home-Systeme werden sich in Zukunft noch weiter durchsetzen“, davon geht nicht nur Schmidt-Menig aus. „Schon aus dem Grunde, da das Fachhandwerk ausgelastet ist, wird es diese Services nach und nach verstärkt nutzen, um Zeit und auch Anfahrtswege zu sparen.“ Doch auch in den Vertriebsstrukturen werden sich Veränderungen ergeben. Die Digitalisierung hat die Erwartungshaltung von Kunden verändert. Informationen zu Produkten und Dienstleistungen müssten im Internet schnell verfügbar sein. Genauso wird erwartet, dass sich der Installateur bei einer Störung die Kundenheizung auf den Schirm holt und nach dem Fehler sucht. 

Autor: Joachim Berner, freier Journalist

 


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