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Blei im Trinkwasser - Empfehlungen für Maßnahmen im Falle einer Grenzwertüberschreitung

Die europäische Trinkwasser-Richtlinie aus dem Jahr 1998 (98/83/EG) und deren nationale Umsetzung – die deutsche Trinkwasserverordnung (TrinkwV 2001) – legen fest, dass an der Entnahmestelle, d.h. am Wasserhahn, die Qualitätsanforderungen an das Trinkwasser erfüllt werden müssen. Damit sind Veränderungen der Trinkwasserbeschaffenheit zu berücksichtigen, die bei der Verteilung und in der Trinkwasser-Installation erfolgen können. Hierzu sind neben den mikrobiologischen Anforderungen vor allem die Grenzwerte für die relevanten Metalle im Trinkwasser von Bedeutung.

Versteckt und gefährlich: Die Bleileitung ist bei diesem Materialmix aus Kunststoff, verzinktem Stahl und Kupfer nicht sofort ersichtlich. Bild: Wiener Wasser

Bleianschluss an einem Wasserzähler.

 

Besonders Blei ist ein potenziell gesundheitsschädigendes Element, das im Trinkwasser auftreten kann, und vor allem für Ungeborene, Säuglinge und Kleinkinder ein Risiko darstellt [1]. Der gesundheitlich begründete Leitwert der Weltgesundheitsorganisation (World Health Organization – WHO) beträgt seit 1993 10 µg/l [1]. In der EG-Trinkwasser-Richtlinie und der TrinkwV 2001 wurde dieser Leitwert als verbindlicher Parameter- bzw. Grenzwert mit einer mehrjährigen Übergangsfrist übernommen. Diese Übergangsfrist endet am 1. Dezember 2013, und der Grenzwert für Blei wird dann von bisher 25 µg/l auf 10 µg/l reduziert.

Als Hauptursache von Blei im Trinkwasser gelten Bleirohre, die in Teilen von Deutschland Anfang des 20. Jahrhunderts für Hausanschlussleitungen und für Rohre in der Trinkwasser-Installation sehr gebräuchlich waren. Diese wurden teilweise noch bis in die 1970er-Jahre verbaut. Neben Bleileitungen als hauptsächlicher Grund einer Bleibelastung des Trinkwassers können auch bleihaltige Kupferlegierungen, die in Bauteilen wie Armaturen, Rohrverbinder und Wasserzähler verwendet werden, eine mögliche Quelle von Blei im Trinkwasser darstellen.

Faktoren der Bleiabgabe

Der neue Grenzwert von 10µg/l Blei im Trinkwasser kann bei vorhandenen Bleileitungen nicht eingehalten werden. Daher sind Bleileitungen vollständig auszutauschen. Für die überwiegende Anzahl der heute in den Bauteilen verwendeten Kupferlegierungen ist sichergestellt, dass der ab 1.12.2013 gültige Bleigrenzwert – und selbstverständlich auch alle anderen Grenzwerte – eingehalten werden. Das Umweltbundesamt veröffentlicht dazu eine „Lis­te der trinkwasserhygienisch geeigneten metallenen Werkstoffe“ auf seiner Internet­seite [2].

Auch bisher eingesetzte und dort nicht gelistete Kupferlegierungen, die eine verhältnismäßig hohe Bleiabgabe aufweisen, führen nicht zwangsläufig zu Überschreitungen des ab 1. 12. 2013 geltenden Bleigrenzwertes. Zur Beurteilung von Mess­ergebnissen und zur Ableitung von Maßnahmen bei erhöhten Konzentrationen ist es wichtig, die Faktoren zu kennen, welche die Abgabe von Blei ins Trinkwasser und damit die Bleikonzentration des Trinkwassers an der Entnahmestelle beeinflussen:

Beschaffenheit des lokalen Trinkwassers

Der pH-Wert und die Säurekapazität (KS4,3) gelten als maßgebliche wasserseitige Parameter für die Bleiabgabe. Neutrale Wässer mit einer hohen Säurekapazität führen zur Erhöhung der Abgabe aus bleihaltigen Kupferlegierungen. Im Falle von Bleirohren wird sich der ab dem 1.12.2013 geltende Grenzwert mit jedem Wasser – selbst bei Zugabe von Korrosionsinhibitoren – nicht einhalten lassen.

Ausführung der Trinkwasser-Installation

In der Hausanschlussleitung und in der Trinkwasser-Installation innerhalb von Gebäuden kommt Trinkwasser mit den relativ großen Oberflächen der Rohre und Armaturen in Kontakt. Einen maßgeblichen Einfluss auf die Bleikonzentration im Trinkwasser haben die dafür verwendeten Werkstoffe. Für sie gelten die strengsten Anforderungen. Unter ungünstigen Umständen führt auch die Kombination der Werkstoffe in der Trinkwasser-Installation zu einer verstärkten Metallabgabe. So kann beispielsweise ein unvollständiger Austausch einer Bleileitung bewirken, dass die Wechselwirkung einer neuen hygienisch geeigneten Metallleitung mit verbleibenden Reststücken der Bleileitung sogar zu einer Erhöhung der Bleikonzentration führt.

Die Bleikonzentration des Trinkwassers an der Entnahmestelle wird weiter durch dessen Kontaktzeit mit den Werkstoffen der Installation beeinflusst. Sollte der Aufbau der Installation z.B. durch überdimensionierte Rohrdurchmesser oder auch aufgrund einer Nutzungsänderung der Räume dazu führen, dass das Trinkwasser längere Zeit in dem Rohrsystem verbleibt, so kann hier ebenfalls eine erhöhte Bleikonzentration am Wasserhahn die Folge sein.

Betriebsweise der Trinkwasser-Installation

Die Kontaktzeit des Trinkwassers mit den Werkstoffen wird nicht nur durch den Aufbau der Installation, sondern auch entscheidend durch die Betriebsweise bestimmt. Aus diesem Grund hat das Entnahmeverhalten der Verbraucherinnen und Verbraucher einen Einfluss auf die Stagnationszeiten und damit auf die eventuell auftretenden Bleikonzentrationen des Trinkwassers.

Betriebsdauer der Installation

Die meisten metallenen Werkstoffe, die für den Kontakt mit Trinkwasser verwendet werden, sind deckschichtbildende Werkstoffe. Dies bedeutet, dass sich über die Betriebsdauer auf den wasserberührten Oberflächen eine Deckschicht ausbildet, die den weiteren Metalleintrag in das Trinkwasser verringern kann. Daher werden in der Regel bei Neuinstallationen in den ersten Wochen erhöhte Konzentrationen im Trinkwasser auftreten. Im Falle von hygienisch geeigneten Werkstoffen werden die Grenzwerte spätestens nach 16 Wochen eingehalten.

Probennahme zur Untersuchung des Trinkwassers

Für die Bewertung der Metallkonzentrationen nach der EG-Trinkwasserrichtlinie und der TrinkwV 2001 gilt der Parameter- bzw. Grenzwert von 10µg/l Blei im Trinkwasser für die durchschnittliche wöchentliche Konzentration, die durch die Verbraucherin oder den Verbraucher mit dem Trinkwasser aufgenommen wird. Diese Betrachtungsweise ist dadurch begründet, dass die Bleikonzentrationen je nach Entnahme auch an einem Wasserhahn sehr unterschiedlich sein können und eine mögliche Gefährdung der menschlichen Gesundheit nicht durch eine auftretende Maximalkonzentration gegeben ist. Das Umweltbundesamt hat eine Empfehlung zur Probennahme veröffentlicht, nach der die wöchentliche Aufnahme der Verbraucherin oder des Verbrauchers sicher ermittelt werden kann [3]: Durch eine gestaffelte Probennahme wird ermittelt, ob das Trinkwasser des Versorgers zu Beginn einer 4-stündigen Stagnationsdauer unbelas­tet ist (S0-Probe). Der nach der Stagnationszeit entnommene erste Liter (S1-Probe) ist maßgeblich durch die Entnahmearmatur beeinflusst, während der zweite Liter (S2-Probe) als eine Installationsprobe angesehen werden kann. Auf diese Weise können mögliche Probleme einer Ursache zugeordnet werden.

Verantwortlichkeiten

Im Hinblick auf die Sicherstellung einer einwandfreien Trinkwasserqualität gibt es verschiedene Verantwortlichkeiten:

Wasserversorgungsunternehmen

Wasserversorgungsunternehmen (WVU) sind nicht verpflichtet, das abgegebene Wasser so aufzubereiten, dass die Metallabgabe ins Trinkwasser möglichst gering ist. Vielmehr gilt in Deutschland der Grundsatz, dass die verwendeten Werkstoffe entsprechend der Wasserbeschaffenheit auszusuchen sind. Das Wasserversorgungsunternehmen ist jedoch verpflichtet, die für die Planung und die Ausführung erforderlichen Angaben hinsichtlich der Trinkwasserbeschaffenheit mit Schwankungsbreite der Analysewerte dem Planer und Anlagenersteller zur Verfügung zu stellen.

TGA-Planer

Der Planer ist als vom Bauherrn beauftragte, verantwortliche Fachkraft für sachverständige bauvorbereitende und baubegleitende Maßnahmen bei Neubauten und Bauten im Bestand verpflichtet, Trinkwasser-Installationen so zu planen, dass diese den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass die erstellte Installation den Anforderungen der Trinkwasserverordnung genügt.

Sanitärinstallateur

Der Installateur ist gegenüber seinem Auftraggeber verpflichtet, seine Arbeiten so auszuführen, dass eine einwandfreie Trinkwasserqualität zur Verfügung gestellt wird und bei der Ausführung mindestens die allgemein anerkannten Regeln der Technik berücksichtigt werden. Dazu sollte er nur Produkte und Verfahren verwenden, die für den Kontakt mit Trinkwasser von einem für den Trinkwasserbereich akkreditierten Branchenzertifizierer zertifiziert wurden.

Betreiber

Der Betreiber einer Trinkwasser-Installation (Eigentümer, in bestimmten Fällen aber auch der Pächter oder Vermieter) ist verantwortlich für die Trinkwasserqualität in dieser Anlage. Er hat dafür zu sorgen, dass die Trinkwasser-Installation ordnungsgemäß betrieben wird, eine entsprechende Instandhaltung erfolgt und Arbeiten fachgerecht durchgeführt werden. Bei Betriebsunterbrechungen von mehr als 3 Tagen hat der Betreiber die Maßnahmen nach VDI 6023 zu beachten (siehe Kas­ten). Im Falle eines Anschlusses an die zentrale Wasserversorgung ist er verpflichtet, dass er die Arbeiten nur durch ein Installationsunternehmen ausführen lässt, das im Installateursverzeichnis eines Wasserversorgungsunternehmens eingetragen ist.

Gesundheitsamt

Das örtliche Gesundheitsamt ist für den Vollzug der Trinkwasserverordnung zuständig. Hierzu zählt auch, dass das Amt Trinkwasser-Installationen, aus denen Wasser für die Öffentlichkeit (z.B. in Schulen oder Krankenhäusern) abgegeben wird, stichprobenartig überwacht. In Privathäusern oder Miethäusern ist eine Überwachung der Trinkwasserqualität durch das Gesundheitsamt nur anlassbezogen vorgesehen. Das örtliche Gesundheitsamt berät aber auch in Fällen, die nicht routinemäßig überwacht werden. Vermutete oder festgestellte Grenzwertüberschreitungen müssen in jedem Fall dem Gesundheitsamt mitgeteilt werden. Dieses wird dann die weiteren Maßnahmen festlegen.

Vorsorgliche Maßnahmen

Der ab dem 1.12.2013 geltende Bleigrenzwert kann nicht eingehalten werden, wenn das Trinkwasser durch Bleirohre fließt. Aus diesem Grund sind alle Bleileitungen vollständig auszutauschen. Der vollständige Austausch ist deshalb notwendig, da auch verbleibende kurze Teilstücke zu sehr hohen Bleikonzentrationen im Trinkwasser führen können. Das Umweltbundesamt hat eine Empfehlung veröffentlicht, in der die trinkwasserhygienisch geeigneten metallenen Werkstoffe aufgeführt sind [2]. Die Verwendung der dort gelisteten Werkstoffe stellt sicher, dass der ab Dezember 2013 geltende Bleigrenzwert eingehalten wird. Bei Neuinstallationen sollte schon vor diesem Datum darauf geachtet werden, dass nur noch Produkte aus gelisteten metallenen Werkstoffen eingesetzt werden.

Maßnahmen bei Überschreitungen

In der Praxis zeigt sich, dass der verschärfte, toxikologisch begründete Blei­grenzwert in manchen Fällen eine technische Herausforderung darstellt und unter Umständen nicht immer eingehalten werden kann. Im Falle einer Blei-Grenzwertüberschreitung muss die Ursache ermittelt werden. Die bereits zuvor erwähnte UBA-Empfehlung „Beurteilung der Trinkwasserqualität hinsichtlich der Parameter Blei, Kupfer und Nickel“ (Bundesgesundheitsblatt 2004) beschreibt dazu eine konkrete Vorgehensweise [3]. Lässt sich so die Quelle für die Überschreitung des Blei-Parameterwertes auf den Bereich der Trinkwasser-Installation eingrenzen, wird empfohlen, nach Tabelle 1 systematisch die möglichen Ursachen in der Reihenfolge von Nummer 1 bis 3 abzuprüfen. Zusätzlich sind in der Tabelle 1 Empfehlungen für Sofort- und Abhilfemaßnahmen aufgeführt.

Zusammenfassung

Das von zentralen Wasserversorgern verteilte Trinkwasser hat in Deutschland eine sehr gute Qualität. Damit diese in der Trinkwasser-Installation in Gebäuden nicht verschlechtert wird, sind in den letzten Jahren erhebliche Anstrengungen unternommen worden. Die Anforderungen an die Werkstoffe und Materialien im Kontakt mit Trinkwasser wurden konkretisiert, was zu Neuentwicklungen von verbesserten Werkstoffen und Materialien geführt hat. Das Technische Regelwerk zur Planung, Ausführung und dem Betrieb der Trinkwasser-Installation hat in der Zwischenzeit einen sehr hohen Standard und ermöglicht, dass eine einwandfreie Qualität des Trinkwassers bis zu den Entnahmestellen sichergestellt werden kann.

Blei ist eine gesundheitlich bedeutsame Verunreinigung des Trinkwassers, die maßgeblich bei der Verteilung des Trinkwassers und in der Trinkwasser-Installation ins Trinkwasser gelangen kann. Zum 1. 12. 2013 wird der Grenzwert für Blei im Trinkwasser gemäß der TrinkwV 2001 nach einer längeren Übergangsfrist auf 10µg/l reduziert. Dieser Grenzwert kann nur eingehalten werden, wenn noch vorhandene, alte Bleirohre in Hausanschlussleitungen und in Trinkwasser-Installationen vollständig ausgetauscht werden.

Eine Überschreitung des zukünftigen Bleigrenzwertes kann aber auch andere Ursachen haben. Diese Veröffentlichung gibt Hinweise für die Ermittlung der Ursache und empfiehlt entsprechende Abhilfemaßnahmen.

Maßnahmen bei Betriebsunterbrechung

Auszug aus VDI/DVGW 6023 (April 2013): Hygiene in Trinkwasser-Installationen – Anforderungen an Planung, Ausführung, Betrieb und Instandhaltung: „Eine Nichtnutzung von mehr als 72 Stunden stellt eine Betriebsunterbrechung dar und ist zu vermeiden. Soweit nachgewiesen werden kann, dass die Trinkwasserbeschaffenheit nach TrinkwV über längere Zeiten der Nichtnutzung erhalten bleibt und die Gebäude keinen besonderen Anforderungen unterliegen, darf diese Frist auf maximal sieben Tage verlängert werden. Eine längere Betriebsunterbrechung ist ein nicht bestimmungsgemäßer Betrieb der Trinkwasser-Installation…

  • Bei Trinkwasser-Installationen oder Anlagenteilen, bei denen der bestimmungsgemäße Betrieb unterbrochen wurde, ist bei Wiederinbetriebnahme durch Öffnen der Entnahmearmaturen der vollständige Trinkwasseraustausch der Anlage oder der Anlagenteile sicherzustellen.
  • Bei Trinkwasser-Installationen oder Anlagenteilen, deren bestimmungsgemäßer Betrieb länger als vier Wochen unterbrochen wird, sind die Leitungen vorher abzusperren und bei Wiederinbetriebnahme beispielsweise nach ZVSHK-Merkblatt zu spülen.
  • Bei Trinkwasser-Installationen oder Anlagenteilen, deren bestimmungsgemäßer Betrieb länger als sechs Monate unterbrochen wird, wird empfohlen, nach Anwendung der vorgenannten Maßnahmen mikrobiologische Kontrolluntersuchungen gemäß TrinkwV (Trinkwasser, warm und kalt) und auf Legionellen (Trinkwasser, warm und kalt) durchzuführen. Bei einer mikrobiologischen Belastung sind Maßnahmen nach DVGWW557 vorzunehmen. Bei Trinkwasser-Installationen, warm, sind zusätzlich Maßnahmen nach DVGWW551 erforderlich.
  • Der Rückbau nicht mehr benötigter Teile der Trinkwasser-Installation erfolgt durch deren Entfernung unmittelbar an der im bestimmungsgemäßen Betrieb weiterhin durchströmten Versorgungsleitung.“

Literatur:
[1]    World Health Organization (2011); “Lead in drinking water- background document for development of WHO Guidelines for Drinking-water Quality
[2]    Empfehlung des Umweltbundesamtes „Trinkwasserhygienisch geeignete metallene Werkstoffe
[3]    Empfehlung des Umweltbundesamtes (2004); „Beurteilung der Trinkwasserqualität hinsichtlich der Parameter Blei, Kupfer und Nickel
[4]    Umweltbundesamt Ratgeber (Juni 2007); „Trink was –Trinkwasser aus dem Hahn –gesundheitliche Aspekte der Trinkwasser-Installation"

Autoren: Dr. Thomas Rapp, Umweltbundesamt; Volker Meyer, DVGW; FIGAWA-Fachgruppe Wasserverwendung

 


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