Besondere Anforderungen verlangen besondere Lösungen - Rohrauswahl bei aggressiven Abwässern
Aggressive Abwässer greifen Rohre an oder verstopfen sie. Daher müssen für Großküchen, Labore, chemieverarbeitende oder andere Betriebe mit besonderen Anforderungen besondere Rohre verwendet werden. Die Firmen Düker, Geberit, Wavin und Saint Gobain HES sind wichtige Hersteller von Spezialrohren, die diesen Anforderungen gerecht werden.
Differenzierte Anwendungen
Christian Kemper von Wavin fasst das Problem aggressiver Abwässer in einem Satz zusammen: „Eine grundsätzliche Freigabe für chemische Beständigkeiten wird Ihnen seriös kein Hersteller geben können.“ Daher gebe es auch keine grundsätzliche Empfehlung für einen Hersteller oder ein Rohrsystem.
Das wachsende Umweltbewusstsein der Bevölkerung führt dazu, dass immer weniger Wasser verbraucht wird. Was der Umwelt zugute kommt, ist für die TGA-Branche ein zunehmendes Problem, denn die Konzentration von Schadstoffen in den Abwässern steigt an. Schwebstoffe werden aufgrund der geringeren Fließgeschwindigkeit abgelagert und können zu Verstopfungen in Leitungen führen.
Die DIN 1986 Teil 4 unterscheidet nach „häuslichem Schmutzwasser, einschließlich Niederschlagswasser“ und „anderem Abwasser“, bei dem im Einzelfall nachgewiesen werden muss, dass die Abwasserrohre und Formstücke anwendbar sind. Daher ist bei jedem Einzelfall zu prüfen, welches Rohr für das anfallende Abwasser geeignet ist. Das Problem wird bei fetthaltigen Abwässern deutlich. Hier ist zwischen pflanzlichen und tierischen Fetten zu differenzieren. Noch problematischer wird die Differenzierung bei chemisch verunreinigten Abwässern.
Zwei mögliche Rohrmaterialien
Es stehen zwei Materialien zur Wahl: gusseiserne Rohre und Rohre aus Polyethylen (PE). Die Firmen Düker und Saint Gobain HES bieten Rohrsysteme aus Gusseisen, Geberit und Wavin Rohrsysteme aus PE an.
Guss
Die gusseisernen Rohre von Düker („MLK-protec“) und Saint Gobain HES („Pam Global plus“) sind aus vier Ebenen aufgebaut. Die Innenfläche besteht aus zwei nacheinander aufgebrachten Schichten aus Epoxidharz. Düker verwendet Nassepoxid in einer Stärke von je 120 µm.
Beim Einbrennen verbinden sie sich zu einem dreidimensionalen Netz. Um eine optimale Haftung am Grauguss mit Lamellengrafit zu erreichen, ist die Metalloberfläche entsprechend vorbehandelt. Saint Gobain HES beschichtet seine Innenflächen ebenfalls mit zwei Schichten Epoxidharz, die zusammen 250 µm Stärke erreichen.
Zwischen dem Grauguss und der Außenschicht bringen beide Hersteller eine Spritzverzinkung von mindestens 130 g/m2 auf. Die äußere Ummantelung bildet bei Düker eine Epoxidbeschichtung mit einer Mindestdichte von 120 µm. Saint Gobain HES beschichtet seine Rohre außen mit einer 40 µµm starken Schicht aus Acrylharz. Die Formstücke erhalten eine Beschichtung mit Pulverepoxid, deren Stärke Saint Gobain HES mit 300 µm angibt.
Die Dimensionen gibt Düker mit DN 50 bis DN 400 bei einer Baulänge von 3 m an. Saint Gobain HES bietet seine Rohre zwischen DN 50 und DN 200 an. Auf Wunsch sind die meisten Teile als Sonderanfertigung in einem Durchmesser von DN 300 lieferbar. Die Verbindung der gusseisernen Rohre und Fittings erfolgt jeweils muffenlos, mit Schellen oder Krallen, die eine Längskraftstabilität gewährleisten. So sind Innendrücke von bis zu 10 bar möglich.
Eine Kürzung der Rohre auf der Baustelle ist bei den Rohren beider Anbieter möglich. Danach ist jedoch eine erneute Versiegelung der Schnittkanten notwendig. Dafür bietet Düker das Produkt „Pro-Cut Band“ an. Es besteht aus Butylkautschuk mit einer Deckfolie aus Fluor-Polyethylen (FPE). „Pro-Cut Band“ ist bei Temperaturen zwischen 5°C und 25°C zu lagern. Die Verarbeitung kann bei Temperaturen zwischen 5°C und 40°C erfolgen. Das Band ist auf die Schnittkante zu kleben und anschließend nach innen zu klappen.
Saint Gobain HES bietet für die erneute Versiegelung sein Produkt „Extrem 1K-Schnittkantenbeschichtung“ an. Dabei handelt es sich um eine lufttrocknende Einkomponentenbeschichtung auf Basis von Acrylharz.
Beide Rohre sind sowohl für die Innen- als auch Außenverlegung geeignet. Im Außenbereich dürfen sie bis zur Bodengruppe II (aggressiv) verarbeitet werden.
Seit dem 1. September 2009 müssen gusseiserne Abflussrohre, Formstücke und Verbinder zur Gebäude- und Grundstücksentwässerung entsprechend der EN 877 mit der CE-Kennzeichnung versehen sein. Beide Rohre entsprechen der A2-s1, d0. Das bedeutet, dass die Rohre „nicht brennbar“ (A2) sind, sie haben eine „Rauchklasse mit geringer Menge und Geschwindigkeit der Rauchentwicklung“ (s1), und sie haben keine „abtropfenden oder glühenden Bestandteile“ (d0).
Für „MLK-protec“ und „Pam Global plus“ gilt: Die Beständigkeit gegen aggressive Medien ist beim Hersteller zu erfragen oder den Produktbeschreibungen zu entnehmen.
Kunststoff
Einen anderen Weg gehen die Hersteller Geberit und Wavin. Sie bieten Rohre aus High Density Polyethylen (PE-HD – Geberit) und Astolan (mineralverstärktes Polypropylen – Wavin) an.
Geberit bietet sein System in den Dimensionen DN 30 bis DN 300 an. Die Rohre haben eine Länge von 5m und halten einem Druck von bis zu 10,3 bar stand. In einer verstärkten Version sind die Rohre mit DN 200 bis DN 300 und einer Druckbeständigkeit von bis zu 4 bar erhältlich. Die Rohre können sowohl in Gebäuden als auch im Außenbereich verlegt werden. Im Außenbereich sind sie für erdverlegte Abwasserkanäle und -leitungen entsprechend der DIN EN 12666 verwendbar. Das Material ist gegen wässrige Lösungen von Salzen, Säuren und Alkalien beständig, es sei denn, es handelt sich um starke Oxidationsmittel. Wässrige Lösungen wie Kalilauge und Natronlauge reagieren auch bei Temperaturen bis zu 60°C und hoher Konzentration nicht mit den Rohren.
„Geberit PE-HD“ ist beständig bei Heißwasser bis zu einer Temperatur von 80°C. Bei Raumtemperatur ist das Material nahezu unzerbrechlich. Eine hohe Bruchfestigkeit weist es bei Temperaturen bis zu -40°C auf. Wegen seiner hohen Flexibilität und Abriebfestigkeit ist PE-HD auch für die Verlegung durch Wände mit Dehnungsfugen geeignet. Bedingt ist das Geberit-Rohr auch witterungs- und UV-beständig. Mit denen vom Hersteller angebotenen Brandschutzmaterialien können Werte von F30 bis F90 und R30 bis R90 erreicht werden – auch bei schräger Verlegung durch Wände.
„Wavin AS“ bietet neben chemischer Beständigkeit zusätzlich durchgehenden Schallschutz für drucklose Entwässerung an. Es ist für kurzzeitige Belastungen von bis zu 95°C geeignet und hält einer Dauerbelastung von 90°C stand. Wavin empfiehlt den Einsatz auch bei besonders fetthaltigen Abwässern, wie sie in Großküchen oder Schlachthöfen anfallen. Für diesen Einsatz sind besondere Dichtungen erforderlich. Sollten längere Strecken vom Einlauf bis zum Fettabscheider zurückgelegt werden, ist es notwendig, eine Rohrheizung zu installieren, damit die Fette flüssig bleiben. Die Dauertemperatur der Rohrheizung darf 70°C nicht überschreiten.
Der Einsatz in Fotolaboren ist möglich. Die abfließenden Medien sollten eine Temperatur von 60°C dabei nicht überschreiten. Empfohlen wird ein ausreichendes Gefälle der Rohre, um die Kontaktzeit der aggressiven Abwässer mit der Oberfläche der Rohre so gering wie möglich zu halten. Auch der Einsatz in Zahnarztpraxen und die Belastung mit milchsäurehaltigen Abwässern bis zu einer Konzentration von 90% ist möglich.
Bedingt durch Temperaturschwankungen dehnt sich das Material unterschiedlich aus. Die Ausdehnungen können mit Biegeschenkeln und Fixpunktrohrschellen abgefangen werden. Alternativ stehen auch Langmuffen zur Verfügung, die eine Ausdehnung abfangen können.
Beim Transport der Rohre ist darauf zu achten, dass sie nicht durch äußere Einflüsse wie scharfkantige Gegenstände beschädigt werden. Werden die Rohre abgeladen, ist ein breiter Trageriemen zu verwenden. Bei der Lagerung ist darauf zu achten, dass die Rohre dauerhaft mit ihrer vollen Länge aufliegen und keiner teilweisen Sonnenbestrahlung ausgesetzt sind, da sie sich sonst leicht verformen könnten.
„Wavin AS“-Rohre werden in den Dimensionen DN 56 bis DN 200 angeboten, sie variieren in der Länge von 4 m (DN 56) bis 6,2m (DN 200). Ergänzend zu den genannten Rohren sind Passlängen in den DN 56 bis DN 150 in Längen von 0,15 m (alle DN) bis 2 m (bis DN 100) erhältlich. Die DN 125 und 200 sind ausschließlich in Längen von 0,15m im Angebot. Sollten die angebotenen Maße nicht ausreichen, ist es möglich, die Rohre mit handelsüblichen Werkzeugen zu kürzen. Bevor sie weiter verbunden werden, sind die Kanten zu glätten und zu entgraten. Danach ist eine sichere Verbindung erneut möglich.
Brandschutzlösungen
Das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) hat die Mindestabstände zwischen Bauteilöffnungen, die verschlossen werden müssen, seit dem 1. Januar 2013 neu festgelegt. Zusätzlich zu den bestehenden Regelungen sind die Abstände der Rohrsysteme inklusive der Brandschutzvorkehrungen untereinander (oder zu anderen Öffnungen und Einbauten) und die Herstellernachweise zu beachten. Nullabstände sind möglich, wenn entsprechende Brandschutzmaterialien, wie sie die Hersteller anbieten, verwendet werden.
Schlussbemerkung
Das Angebot an Rohren macht deutlich, wie wichtig es ist, vor Beginn der Installationen zu prüfen, welche Abwässer in welcher Konsistenz anfallen. Beide Bauarten haben Vor- und Nachteile. Gussrohre sind besonders stabil, was ein höheres Gewicht bedingt. Die beschriebenen Kunststoffrohre sind wesentlich leichter, und sie lassen sich besser schneiden und verbinden. Jedoch bieten sie eine geringere Stabilität bei Druck von außen und sind anfälliger gegen äußere Umwelteinflüsse wie Bewitterung und UV-Einstrahlung. Sowohl Schallschutz als auch Längskraftstabilität bieten alle vorgestellten Varianten. Gezielte Freigaben für bestimmte Chemikalien sind von den Herstellern in jedem Fall einzuholen.
Autor: Michael G. Schmidt, freier Journalist
www.geberit.de
www.wavin.de
www.dueker.de
www.saint-gobain-hes.de