Bad-Prognose 2030
Das Bad im Jahr 2030: Was Designer, Branchen-Insider und Zukunftsforscher erwarten
Was kommt morgen? Einen Blick über den Tellerrand zu wagen, gehört zu weitsichtiger Unternehmensführung. Auch in der Sanitärbranche ist Zukunftsorientierung unverzichtbar für den Erfolg. Wir haben daher Experten aus unterschiedlichen Disziplinen um ihre Prognosen zum „Bad im Jahr 2030“ gebeten.
„Das Standardbad ist passé“
„2030 ist das Standardbad passé. Individualisierung von Möbeln, Farbe und Keramik bildet hier dank Customizing genauso wie im übrigen Wohnbereich die Benchmark. Licht wird mit der Digitalisierung zum Schlüssel-Feature für das Wohlfühlbad. Größer wird es nur im Speckgürtel; im urbanen Raum wird das Bad kompakter und komfortabler: Da wird geklappt, verstaut, vereinfacht und ergonomisch durchdacht. Hygiene wird großgeschrieben und das etablierte Dusch-WC dank genormter ‚Plug and Play’-Technik beim Umzug einfach mitgenommen. Was flexibler wird, sind weniger die Raumfunktionen als die Produkte selbst, denn der Lifestyle der Generation Z (Generation der zwischen Ende der 90er Jahre und 2010 Geborenen; Anm. d. Red.) fordert nicht nur Originalität, sondern auch räumliche Integrität. Wer sein Leben freizügig öffentlich macht, lernt den Wert von Privatheit wieder schätzen. Da Trinkwasser kostbarer wird, könnte ich mir wasserlose Reinigungstechniken vorstellen. Die Dusche wird dann endgültig zum emotionalen Luxus des Private Spas, und das Badezimmer wird neu erfunden.“
Frank. A. Reinhardt, Design-Journalist und Trendforscher, FAR Consulting, Köln. Bild: FAR Consulting
www.far-consulting.de
„Das neue Wohnzimmer“
„Bäder sind das neue Wohnzimmer, denn die „Me-Generation“ (die Generation der zwischen 1980 und 2000 Geborenen; Anm. d. Red.) will Körper, Geist und Seele aktiv erleben. Den Ort des persönlichen Freiraums finden Individualisten im eigenen Zuhause. Ausgewählte Materialien mit inspirierendem Licht spiegeln die eigenen Bedürfnisse nach Gesundheit und Wohlbefinden im harmonischen Umfeld des Bades wider. Altersgerechte Raumkonzepte reagieren flexibel auf veränderte Lebensbedürfnisse und sorgen für die Sicherheit, heute und in Zukunft selbstbestimmt und eigenständig zu leben. Während intelligente „Plug and Play“-Produkte für die zeitnahe Realisierung auf der Baustelle sorgen, begeistert das individuelle Traumbad mit ultimativem Lifestyle-Status.“
Uta Kurz, Trend-Beobachterin für Wohnen, Küche und Bad, Werne. Bild: Uta Kurz
www.uta-kurz.de
„Das Achtsame Badezimmer“
„Der Wellness-Trend hat dazu geführt, dass das Bad fast ein zweites Wohnzimmer oder ein Ersatz dafür ist. Es wird viel mehr in seine Einrichtung investiert, und zwar in eine Einrichtung, die nichts mehr zu tun hat mit Sanitärbedarf, sondern immer mehr ein Möbel ist. Fliesen müssen nicht mehr sein. Es gibt Tapeten fürs Bad. Es gibt schöne Holzböden. Die Nasszelle ist passe´. Wir verstehen auch immer mehr, dass die materiellen Dinge, die uns umgeben, unseren Mind (Geist) und unseren Körper beeinflussen. Deshalb ist es wichtig, woher sie kommen und von wem sie stammen. Wir werden deshalb in der Zukunft mehr auf Achtsamkeit als auf sogenannte Smart Tech im Badezimmer Wert legen. Das Achtsame Badezimmer der Zukunft wird sich definieren als soziale, architektonische, ästhetische Intelligenz. Dabei spielen Design, Natur und Material eine größere Rolle als Technik. … Wir sehen, wie die Digitalisierung zunehmend unsere Aufmerksamkeit und Ästhetik in der Wohnküche und im Schlafzimmer übernimmt, und für viele wird das Badezimmer nun eine Art Badesalon: eine ‚screen-free’ Zone. …“
Oona Horx-Strathern, Zukunftsforscherin und Trendberaterin, Zukunftsinstitut, Frankfurt/M. Bild: Zukunftsinstitut
www.zukunftsinstitut.de
„Alleskönner und Chamäleon“
„Raumfunktionen werden in Zukunft mehr verschmelzen. Durch die zunehmende Digitalisierung sind Arbeits- und Freizeit längst nicht mehr sauber voneinander zu trennen – der Mensch im Mittelpunkt wird verstärkt versuchen, sich kleine Auszeiten zu nehmen. Das Bad muss also beides können: Während des Zähneputzens lese ich morgens meine Mails im Spiegel oder an der Duschtrennwand und kann per Sprachsteuerung antworten. Das Bad muss aber gleichzeitig das steigende Regenerationsdefizit kompensieren: So werden wohnliche und natürliche Design-Komponenten eine zunehmende Rolle spielen. Zum Entspannen könnte Licht zur Projektion werden, Temperatur und Musik passen sich an. Durch die ständige Reizüberflutung wird Zeit zum entscheidenden Gut, und das Bad als zentraler Baustein in unserem Tagesablauf zum Alleskönner und Chamäleon.“
Corinna Kretschmar-Joehnk, Innenarchitektin, JOI-Design, Hamburg. Bild: JOI-Design
www.joi-design.com
„Individualisierte Konzepte bis ins Detail“
„In den letzten Jahren hat man vielfältig versucht, das Bad im gehobenen Hotelbereich in die jeweiligen Zimmer durch offen gestaltete Lösungen zu integrieren. … Zumindest in Deutschland sehe ich diesen Trend als Fehleinschätzung der Wünsche des Gastes. … Offen und einsehbar wird aus meiner Erfahrung lediglich die Badewanne akzeptiert. Dusche und gerade Toilette sind sichtgeschützt zu realisieren. … Es sind immer mehr die individualisierten Konzepte, die es gilt auszuarbeiten und immer weiter ins Detail ‚zu spielen’. Auch im Hotel werden immer mehr gesundheitsfördernde Details verlangt. Das fängt bei der Seife ohne Phantenol an, erstreckt sich über Massageanlagen wie in der Wanne integrierte Massagedüsen oder Massageduschen bis hin zu kleineren Fitnessgeräten wie Hanteln. Gibt es den Platz und passt das Thema des Hotels, sind auch eine kleine private Sauna, eine Rotlichtkabine oder eine komplette Trainingseinheit (Gerät) denkbar. …“
Eva Herrmann, Geschäftsführerin „The Fritz“, Düsseldorf. Bild: Fotografieteam Hofgarten
www.the-fritz-hotel.de
„Das Wohnen muss neu erfunden werden“
„In meinen Augen muss in der Zukunft das Wohnen neu erfunden werden. Die typische 3-4 Zimmer Wohnung für die Familie stellt mittlerweile ein Relikt dar. Die Struktur der Gesellschaft ist in einem enormen Umbruch. Alleine die Anzahl der Singlehaushalte nimmt immer weiter zu. … Hier sind Bewegungsraum, Komfort und Praktikabiliät gefragt. Diese Anforderungen werden in der Regel nicht in den typischen Wohnungszuschnitten mit kleinen Bädern, die von dunklen Fluren aus erreicht werden, erfüllt. Das Bad sollte sich mehr zum Schlaf- und Ankleidebereich hin öffnen und eine Einheit bilden. Es gibt bereits viele brauchbare Konzepte, die in der Hotellerie umgesetzt werden, auch ohne gleich die Dusche direkt neben das Bett zu stellen. Die gestalterische Kunst liegt darin, die Bereiche so anzuordnen, dass eine mögliche Trennung gewährleistet wird und gleichzeitig maximale Offenheit mit viel Bewegungsraum geschaffen wird. … Die Zukunft des Bades liegt somit nicht in der Ausstattung des Raumes, sondern vielmehr in den Anforderungen, der insgesamt an den Wohnraum gestellt wird. …“
Christian Wadsack, Innenarchitekt, Hofmann + Wadsack Innenarchitektur, Bad Oeynhausen. Bild: ho.w Innenarchitektur
www.how-innenarchitektur.de
„Das ‚smarte’ Bad wird zur Normalität“
„Die menschlichen Grundbedürfnisse bleiben im Wesentlichen gleich – egal welchen optischen Trends wir folgen und folgen werden. Wichtiger als die Gestaltung der Wand- und Bodenbeläge oder der Form der Einrichtungsgegenstände – denn die sind mit verhältnismäßig wenig Aufwand austauschbar – ist das auf Größe, Proportion und die Öffnungen des Raumes abgestimmte Nutzer-Konzept. Denn die Trends der 2010er Jahre langweilen uns bald, und wir wollen in den 2020ern wieder etwas Neues. Wer das bereits jetzt berücksichtigt, wird vorausschauend in die Elektroinstallation investieren und in Produkte, die nachgerüstet werden können. … Das ‚smarte‘ Bad wird für alle, die individuell planen, zur Normalität mit benutzererkennenden Steuerungen für Licht, Wassertemperatur und -strahl, Waschbecken- und WC-Höhen. Licht, Wärme und Musik werden per Sprachsteuerung verändert. …“
Bettina Lämmlin, Architektin, Marx GmbH, Lörrach. Bild: Marx GmbH
www.marx-loerrach.de
„Das Beste aus zwei Welten“
„Im Jahr 2030 werden unser Lebensstil und die Technologie vollends harmonisch und nahtlos miteinander verschmelzen. Das Badezimmer im Jahr 2030 wird vor allem eines tun: sich um uns kümmern. Das vernetzte Leben wird das Haus in ein ganzheitliches Zentrum transformieren, in dem das Meditieren und die virtuelle Realität den Geist nähren und den Verstand trainieren werden. Das Erstere trifft wohl auf das Bad der Zukunft zu. Maßgeschneiderte ‚Made to pleasure’-Programme der persönlichen Vorlieben und Präferenzen werden in Zeiten des ‚Internets of Me’ vor allem im Badezimmer als einem Ort der hedonistischen Rückbesinnung exponentielle Relevanz erfahren. Dieser Technologiewandel bietet das Beste aus zwei Welten: eine Mischung aus der Intelligenz, Personalisierung und Anpassungsfähigkeit der digitalen Welt mit der interaktiven und immersiven (allumfassend, auch im Kontext neuer Digitaltechnik; Anm. d. Red.) Erfahrung der realen Welt, die wiederum weiterhin vor allem im Badezimmer einen sehr analogen Charakter der Smartness ausprägen wird, um uns sanftere, natürlichere und entspanntere Momente zu schenken.“
Andreas Diefenbach, Design Business Manager und Mitglied der Geschäftsleitung, Phoenix Design, Stuttgart. Bild: Phoenix Design
www.phoenixdesign.com
„Im Zeichen von Individualisierung und Gesundheit“
„Das Bad der Zukunft steht im Zeichen der Megatrends Individualisierung und Gesundheit. Dank der Digitalisierung können wir schon heute Wasseranwendungen genau auf die Bedürfnisse des Nutzers abstimmen. Dieses Potential werden wir weiter ausschöpfen, auch durch Verknüpfung mit anderen Systemen wie Fitnessgeräten oder -armbändern – Stichwort Konnektivität. So wird man durch Wasseranwendungen noch gezielter Gesundheitsprävention betreiben oder auch sein Training optimieren können. Zudem wird das Bad 2030 sehr viel mehr Komfort bieten. Statt vieler Handgriffe genügt ein Knopfdruck: Die Dusche merkt sich die persönliche Wohlfühltemperatur, die Badewanne befüllt sich von selbst und vieles mehr.“
Andreas Dornbracht, Geschäftsführender Gesellschafter der Aloys F. Dornbracht GmbH & Co. KG, Iserlohn. Foto: Dornbracht
www.dornbracht.com
„Wasser als Gesundheitselixier“
„Wir leben in einer Welt, die immer schneller wird, in der Stressfaktoren und Belastungen immer größer werden. …Doch sind wir diesen Herausforderungen gewachsen? … Die Zukunft liegt in der Prävention. Das Immunsystem muss gestärkt werden. Vorbeugung gegen jede Art von Krankheiten auf natürlichen Wege ist die Devise. Deswegen muss und kann das Bad der Zukunft nur ein Gesundheitsbad sein: Wasser als Gesundheitselixier. Kneippanwendungen am Waschtisch oder in der Dusche. Kalte Gesichts-, Arm- oder Beingüsse. Ob Sauna oder Dampfbad, Whirlpool oder Fußbäder. Alles ist möglich. … Jetzt kommt noch Licht hinzu. Ein ganz wesentlicher Faktor. Ob in der Sauna, im Dampfbad oder im Whirlpool. Haben Sie schon mal in rotbeleuchtetem Wasser gelegen? Oder in einer mit grünen Dampf gesättigten Sauna? Das ist vollkommene Entspannung. Und im WC-Bereich: In der Zukunft wird ein Dusch-WC nicht mehr wegzudenken sein. Allein die Möglichkeit zu haben, im Alter würdevoll auf Toilette zu gehen, ist schon ein Muss. …“
Wolfgang John, Inhaber Badplanungsstudio Port 1, Hamburg/Sylt. Bild: Katrin Schoening/Port1
www.port1-hamburg.de