Allgemeine Legionellenkontrolle: Die Trinkwasserverordnung dehnt die Pflicht zu Untersuchungen nach Legionellen weiter aus
Die Vorschriften zur Trinkwasserhygiene werden weiter ausgedehnt: Mit der Novellierung der Trinkwasserverordnung Ende letzten Jahres stehen nun auch Gebäude unter besonderer Beobachtung, die „Wasser für die Öffentlichkeit“ abgeben oder dem „gewerblichen Bereich“ zuzurechnen sind. Welche Auswirkungen dies auf den Handwerkeralltag hat, erfahren Sie an dieser Stelle.
Allgemeines
Die Novellierung der Trinkwasserverordnung bringt für Labore neue Untersuchungsorte mit sich. Neben der Untersuchung von Legionellen in „Wasser für die Öffentlichkeit“ (dies sind Kindergärten, Schulen, Hotels,…) werden nun nach § 14 TrinkwV 2011 auch Legionellen-Untersuchungen in gewerblichen Bereichen gefordert. „Gewerbliche Bereiche“ sind nach Definition der TrinkwV 2011 auch vermietete Immobilien. Betreiber von Großanlagen zur Trinkwassererwärmung in diesen Immobilien werden zu Betreibern von Wasserversorgungsanlagen. Sie sind somit zu Kontrolle und Qualitätseinhaltung verpflichtet, vergleichbar der Rolle eines Betreibers eines Wasserwerkes.
Die hohe Qualität unseres Trinkwassers soll fortan auch nach der Wasseruhr gewährleistet bleiben. Nach dem Willen des Bundesgesundheitsministers haben dafür vom 1. November 2011 an die Betreiber der Trinkwasser-Installation zu sorgen. Technische Regeln und Pflicht zu Hygienekontrollen gelten nach Übergabe des Trinkwassers nun für den Immobilienbesitzer.
Gründe für die Notwendigkeit
In der Praxis fanden die Regeln der Technik von der Wasseruhr bis zu den Zapfstellen bisher kaum Beachtung, wurden nicht oder nur teilweise umgesetzt. Ob Unkenntnis oder Sparmaßnahmen: Nach derzeitigen Schätzungen auf der Basis bisheriger Untersuchungen sind ca. 20% der Systeme belastet, das Risiko einer Infektion durch Einatmen feinster legionellenhaltiger Wassertröpfchen ist somit gegeben. Eine solche Legionellen-Infektion kann zu Lungenentzündungen führen, die bei immungeschwächten Personen unter Umständen auch tödlich verlaufen.
Die neue TrinkwV 2011 soll die Gesundheit der Nutzer noch konsequenter schützen: „Die Wahrung und nach Möglichkeit Steigerung des hohen Qualitätsstandards des Trinkwassers in Deutschland bleibt oberste Zielsetzung“ (Bundesrat Drucksache 530/10 vom 02.09.2010).
Um diese große Aufgabe bestmöglich zu erfüllen, müssen künftig Betreiber (Vermieter, Verwalter), Planer, Techniker, Hygieniker und Behörden eng zusammenarbeiten. Zur Aufgabe gehört die analytische Überprüfung des Warmwassers. Und die beginnt mit der Entnahme von Proben aus der Wasserleitung. In diesem Zusammenhang müssen wir zunächst zwei Dinge klarstellen.
• Erstens: Schnelltests auf Legionellen direkt am Wasserhahn mit Farbstreifen oder kleinen Messgeräten gibt es nicht. Sie wären auch untauglich, weil ungenau. Einige wenige Legionellen pro Milliliter Wasser erzeugen in solchen Vor-Ort-Messungen kein Signal. Sehr wohl aber Infektionen. In der neuen TrinkwV 2011 beträgt der Grenzwert 100 KBE (= Keim bildende Einheiten) in 100 ml Wasser. Das würde in der Testlogik der zuvor erwähnten Schnelltestes etwa einer lebenden Legionelle in 1 ml Wasser entsprechen – deutlich unter der Nachweisgrenze.
• Zweitens: „Probenahme“ ist kein simples Abfüllen von Leitungswasser in eine Flasche, sondern ein definierter Akt der sogenannten Präanalytik. Nicht selten erreichen die Labore Flaschen oder andere Gefäße mit Wasser mehr oder weniger bekannter Herkunft mit dem Wunsch auf Prüfung der Trinkwasserqualität. Oft genug müssen diese „Proben“ wieder zurückgewiesen werden, weil nicht sichergestellt ist, dass hygienische und wasserchemische Grundbedingungen bei der Probenahme erfüllt wurden.
Rechtlicher Rahmen
Der Gesetzgeber hat diese Gefahr erkannt und dementsprechende Maßnahmen eingeleitet. Sowohl die TrinkwV 2001 als auch die TrinkwV 2011 benennen die Voraussetzungen zur Probenahme von Trinkwasser im § 15. Demzufolge dürfen die Untersuchungen einschließlich der Probenahmen nur von Untersuchungsstellen durchgeführt werden, die
• nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik arbeiten,
• über qualifiziertes Personal verfügen,
• für Trinkwasseruntersuchungen akkreditiert sind,
• sich an internen und externen Qualitätssicherungsprogrammen beteiligen.
Für den Probenehmer bedeutet dies konkret:
• Probenehmer für Trinkwasser müssen nach Leitlinien der unabhängigen Stellen nach TrinkwV geschult werden, damit bestimmte inhaltliche Punkte einheitlich erfüllt sind,
• diese Schulung wird in einem ein- oder zweitägigen Kurs mit Praxisübungen und Abschlussprüfung durchgeführt,
• nach bestandener Prüfung ist der Teilnehmer berechtigt, Trinkwasserproben in Wasserwerken vor und nach Aufbereitung, Oberflächenwasser und Trinkwasserproben in Trinkwasser-Installationen in Gebäuden zu nehmen.
Vollständig rechtlich abgesichert ist diese Probenahme und das daraus resultierende Ergebnis allerdings erst dann, wenn der Probenehmer auch in das Qualitätsmanagementsystem eines Trinkwasserlabors eingebunden ist, das den Vorgaben der TrinkwV entspricht. Hierfür wird zwischen Labor und Probenehmer ein Vertrag abgeschlossen, in dem sich der Probenehmer verpflichtet, den Weisungen des Labors hinsichtlich der Qualitätsanforderungen Folge zu leisten.
Diese künftigen Ansprüche an die Probenehmer unterstreichen, wie wichtig die Prozesse rund um die Wasserentnahme vor der Laboruntersuchung mit Blick auf ein verwertbares Laborergebnis sind. Werden hier Fehler gemacht, ist jeder weitere Schritt ebenfalls mit Fehlern behaftet, die in der Regel nicht mehr korrigierbar sind.
Orte der Beprobung
Die TrinkwV 2011 fordert die Bereitstellung geeigneter Probenahmestellen an den Wasserversorgungsanlagen. Neben einer Auslaufarmatur und der Dusche ist auch aus der Versorgungsleitung nach dem Warmwasserbereiter und aus der Zirkulationsleitung unmittelbar vor dem Warmwasserbereiter eine Wasserprobe zu ziehen. Dies erfolgt am besten über abflammbare Probenahmeventile mit Auslaufröhrchen.
Die Anzahl und die Auswahl der repräsentativen Probenahmestellen erfolgt gemäß den allgemein anerkannten Regeln der Technik – in diesem Fall entsprechend DVGW Arbeitsblatt W551. Dies bedeutet für eine Großanlage (= Speicher-Trinkwassererwärmer > 400 l und/oder > 3 l in jeder Rohrleitung von Trinkwassererwärmer bis zur Entnahmestelle) mindestens folgende Prüfstellen:
• entfernteste Entnahmestelle pro Steigstrang,
• Ausgang des Trinkwassererwärmers,
• Zirkulationsleitung bei Eintritt in den Trinkwassererwärmer.
Bei kleinen Objekten mit nur einem Steigstrang ergeben sich daraus lediglich drei Probenahmestellen:
• Ausgang des Trinkwassererwärmers,
• Zirkulationsleitung bei Eintritt in den Trinkwassererwärmer,
• Zapfstelle am Ende des Steigstrangs (Waschtisch).
Duschen mit angeschlossenem Schlauch und Duschkopf eignen sich zur Erstuntersuchung als Probeentnahmestelle nicht, obwohl sie eigentlich im Fokus der TrinkwV 2011 stehen. Grund ist, dass bei Duschköpfen keine ausreichende Desinfektion vor der Probenahme durchgeführt werden kann, sodass bei einer Feststellung einer Kontamination (Belastung) nicht unterschieden werden kann, ob diese auf einen kontaminierten Duschkopf (endständige Kontamination) oder auf die Trinkwasseranlage (systemische Kontamination) zurückzuführen ist. Die erste (sogenannte orientierende) Untersuchung hat aber das Ziel, den Zustand der Anlage (des Systems) und nicht einzelner Endstellen zu überprüfen. Wer eine Duscharmatur dennoch als Probeentnahmestelle wählt, muss den Duschschlauch mit Duschkopf entfernen.
Bei großen Objekten mit einer Vielzahl an Steigsträngen sind zumindest in der Erstbegehung nicht nur Warmwasservorlauf und Zirkulationsleitung zu beproben, sondern auch jeder Steigstrang. Bei weiteren Probenahmen kann später die Zahl der Proben reduziert werden, sofern die Testergebnisse das zulassen. Diese Reduktion sollte jedoch mit einem Hygieniker und/oder dem Gesundheitsamt vorab besprochen werden.
Bei der Erstbeprobung sollten im Idealfall die Probenahmestellen festgelegt und das gesamte System anhand einer Checkliste und mit Fotos dokumentiert werden. Hier aus Zeit- oder Kostengründen zu sparen, kann sich später rächen. Zum Beispiel, wenn etwaige Grenzwertüberschreitungen bewertet und deren Ursache beseitigt werden müssen.
Vorgehensweise der Beprobung
Eine mikrobiologische Probenahme ist stets eine Stichprobe, die Momentaufnahme an einem bestimmten Ort. Nur in der Gesamtbetrachtung aller Proben ist eine Aussage über das System möglich. In der DIN EN ISO 19458, „Zweck b“, werden alle Bedingungen für die Probenahme zur Legionellenuntersuchung genau beschrieben. Beim Abfüllen ist Folgendes zu beachten:
•?nur sterile Probenahmegefäße verwenden,
•?Zapfhahn und Auslaufrohr des Probenahmeventils müssen sauber sein, Verschmutzungen ggf. beseitigen,
• Strahlregler oder andere Accessoires entfernen,
• Entnahmearmatur abflammen; das Abflammen sterilisiert und schließt Kontamination durch die Armatur aus,
• nach dem Abflammen gerade soviel Wasser ablaufen lassen, dass die Armatur abkühlt; so wird das ungewollte Abtöten (eventuell vorhandener) Erreger vermieden, hierbei maximal 3 l Wasser ablaufen lassen,
• steriles Probenahmegefäß samt Verschluss nie an den Innenseiten berühren, damit Sterilität bewahrt bleibt,
• Probengefäß unter den laufenden Strahl platzieren, auffüllen und sofort verschließen.
Mikrobiologieflaschen werden nur zu 4/5 gefüllt. Der Luftraum in der Flasche ermöglicht später im Labor das Schütteln vor der eigentlichen Analyse, das zur Homogenisierung (gleiche Verteilung der Inhaltsstoffe) der Probe notwendig ist.
Vor Ort werden bei der Beprobung auf Legionellen die sensorischen Parameter Geruch, Geschmack, Färbung und Trübung erfasst. Die Beurteilung der Sensorik wird in der Grundschulung praxisnah geübt.
Als weiterer Vor-Ort-Parameter spielt insbesondere die Temperatur bei Warmwassersystemen eine entscheidende Rolle. Entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik sind bestimmte Temperaturen im Warmwasserbereiter, im Vorlauf und in der Zirkulation einzuhalten. Abweichungen von Temperatur- und Zeitvorgaben geben wichtige Hinweise auf den Zustand des Systems. Liegen die Temperaturen in den Leitungen über einen längeren Zeitraum unterhalb der 55-°C-Grenze, fördert dies das Wachstum von Legionellen. Werden nach Ablauf der 3?l die Temperaturen von mindestens 55°C nicht erreicht, ist das ein wichtiger Fingerzeig für die Bewertung der späteren Ergebnisse.
Auch zu lange Einstellzeiten bis zum Erreichen der Temperaturkonstanz kündigen Probleme in der Anlage an. Die Wassertemperatur bei der Probenahme wird ebenfalls vor Ort gemessen, ebenso die Zeit bis zum Erreichen der Temperaturkonstanz. Nur wenn alle Regeln bereits vor Ort streng befolgt und die Messungen korrekt durchgeführt werden, kann das Labor reproduzier- und vergleichbare Analysen liefern und das Gesamtsystem zutreffend beurteilen.
Die gefüllten Gefäße werden transportgesichert ins Labor gebracht. Eine Kühlung während des Transports ist nicht notwendig.
Das akkreditierte Labor schließlich führt mit den eingetroffenen Wasserproben verschiedene Test-Ansätze durch. Bei Verdacht auf Legionellen erfolgen Subkultivierungen (weitere Überimpfungen/Übertragungen auf verschiedene Wachstumsmedien), bei positivem Befund werden die Keime gezählt.
Da nicht alle Legionellen gleichermaßen bedrohlich sind, kann das Fachlabor auf Wunsch die gefunden Keime nach Arten und sogenannten Serogruppen (bestimmtes Antigenmuster auf den Oberflächen der Bakterien) differenzieren. Am häufigsten unter den über 60 verschiedenen Typen findet sich die medizinisch relevante Legionella pneumophila Serogruppe 1. Aufgrund der Wachstumsgeschwindigkeit dieser Bakterien und der verschiedenen Bestimmungsschritte im Labor liegt das Analyseergebnis nach 8 - 10 Tagen vor.
Ergebnisse
Für die Bewertung der Ergebnisse benennt die TrinkwV 2011 den technischen Maßnahmenwert von 100 KBE/100 ml. Es handelt sich hierbei nicht um einen gesundheitlich begründeten Wert, sondern um den Wert, der Maßnahmen nach sich zieht. Bei Überschreitung fordert die TrinkwV eine Ortsbesichtigung und Gefährdungsbeurteilung der betroffenen Trinkwasser-Installation in Zusammenarbeit mit den Behörden.
Die Gefährdungsbeurteilung eines Systems und Maßnahmen zur Verbesserung hängen ab von der Qualität der Gesamtanalyse. Auch hier zahlt sich eine professionelle Zusammenarbeit von Technikern und Hygienikern aus: Eine gründliche Inspektion unter hygienischen und technischen Gesichtspunkten führt bei Problemen zu den richtigen Ursachen und damit zu erfolgreichen Lösungsansätzen.
Fazit
Ein Techniker, der Trinkwasser-Anlagen fachgerecht installiert und wartet, mit einem zuverlässigen Laborpartner arbeitet und auf diese Weise Legionellen langfristig aus „seinen“ Systemen verbannt, bringt echten Nutzen für seinen Auftraggeber, den Anlagenbetreiber. Die neue TrinkwV soll die Gesundheit der Mieter schützen. Daher sind Probenehmer künftig gern gesehene Gäste an Deutschlands Wasserhähnen. Legionellen nicht.
Autoren: Claudia Wagner (Produktmanagerin Trinkwasser),
Otto Theobald (Geschäftsführer),
Dr. Hendrik Borucki (Leiter Marketing),
alle synlab Umweltinstitut GmbH