Rückenwind für dezentrale Wärme
Seit Jahren ist die SHK-Branche darum bemüht, sich gegen die unfaire Bevorzugung der kommunalen Nah- und Fernwärme zur Wehr zu setzen: Gerade in Ballungszentren wie das Ruhrgebiet und die Rheinschiene oder der Frankfurter und Stuttgarter Raum sind mit bestimmten Verboten und Geboten überzogen. Mal sind es Anschlusszwänge, mal sind es Verbrennungsverbote, die dezentrale Wärmeerzeuger wie Öl- und Gaskessel oder Wärmepumpen ausbremsen. Begründet wird das häufig mit notwendigen Maßnahmen zur Luftreinhaltung. Das mag für bestimmte Regionen Deutschlands gerechtfertigt sein, etwa für Gebiete in Kessellagen oder Frischluftschneisen. Aber man darf anzweifeln, dass diese Begründung für mehr als 1000 Regionen gelten soll.
Die Nah- und Fernwärme ist nicht das seligmachende Allheilmittel im Umweltschutz. Zu diesem Ergebnis kommt jetzt auch eine Studie, die ökonomische und energetische Aspekte von zentraler und dezentraler Wärmeversorgung untersucht und gegenübergestellt hat1). Ganz im Gegenteil: Erst eine technologie- und energieträgeroffene Auswahl an Heizsystemen trägt der Energiewende bei, und das über einen kosteneffizienten Weg. Das lässt sich für Wärmenetze nicht immer behaupten. Nicht selten liegen die Preise für die Kilowattstunde Energie über denen von Öl, Gas oder Wärmepumpenstrom. Ein aktuelles Negativbeispiel stammt aus einem Freiburger Neubaugebiet: Hier liegt der Preis für 1 kWh Wärme bei 21 Cent, etwa drei Mal so viel wie für Gas oder Öl. Eine pauschale Bevorzugung der zentralen Wärmeversorgung ist also längst nicht immer gerechtfertigt.
Über die Studienergebnisse wird sich die SHK-Branche freuen. Denn sie belegen von unabhängiger Seite das, was ohnehin seit Langem vermutet wurde: dass Nah- und Fernwärme ihre engen Einsatzgrenzen haben. Den Branchenverbänden SHK liegt damit ein Papier auf dem Tisch, aus dem sie stichhaltige Argumente herausziehen können. Die wettbewerbsverzerrende Bevorzugung von Nah- und Fernwärme könnte damit mittel- und langfristig ein Ende finden. Bei fairen Ausgangsbedingungen kommt beim Endkunden die Technik mit dem besten Verhältnis aus Wirtschaftlichkeit und Umweltschutz zum Einsatz – und das ist diejenige, die das SHK-Handwerk favorisiert.
Detlev Knecht
stv. Chefredakteur IKZ-HAUSTECHNIK
d.knecht@strobel-verlag.de
1) Wir berichten auf Seite 14 in dieser Ausgabe unter der Überschrift „Studie zur Wärmeversorgung von Wohngebäuden: Fernwärme lohnt nicht“.