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Normenkonform reicht manchmal nicht

 

Seit einem Jahrhundert regeln DIN-Normen die Arbeitswelt in Deutschland. Wer allerdings annimmt, dass das Normungswesen seinen Ursprung im Land der Dichter und Denker hat, der irrt. Großbritannien gilt als Wiege der Normung. Dort wurde bereits im Jahr 1901 ein Normungsinstitut gegründet. Das deutsche Pendant – das Deutsche Institut für Normung – folgte 1917.

Doch ob Großbritannien, Deutschland oder anderswo: Heute gibt es kaum ein Produkt oder Verfahren, welches nicht in irgendeiner Weise genormt ist – Papierformat, Treppenstufen, Elektrostecker oder auch die Steigung von Gewinden. Das kommt nicht von ungefähr: Normen stehen für Sicherheit und Standards, sie gewährleisten Kompatibilität und ermöglichen internationalen Handel. Das gilt für industrielle Prozesse ebenso wie für Dienstleistungen, Prüfverfahren oder – um den Schwenk in die SHK-Branche zu machen – für die Planung und den Bau von haustechnischen Anlagen.

Dabei darf allerdings nicht verkannt werden, dass Normen die allgemein anerkannten Regeln der Technik wiedergeben können (und sollen), aber das nicht zwangsläufig auch tun. Mitunter hinken sie dem technischen Fortschritt hinterher. Als ein Beispiel sei die baurechtlich eingeführte Schallschutznorm DIN 4109 genannt, die über viele Jahre hinweg nicht aktualisiert wurde. Die Folge: Regelmäßig urteilten Gerichte, dass die genannten akustischen Maximalwerte in fremden schutzbedürftigen Räumen den Ansprüchen in Wohnungen mit erhöhtem Wohnstandard nicht genügen. Normenkonform reicht manchmal eben nicht.

Schwierig wird’s in der Praxis auch, wenn Normen auf europäischer Ebene harmonisiert werden. So wurden die in DIN 1988-200 genannten Anforderungen an die maximalen Ausstoßzeiten für Kalt- und Warmwasser aus der europäischen Norm DIN EN 806-2 übernommen. Für viele europäische Staaten mag das ausreichend sein. Doch für deutsche Komfortansprüche erscheinen die Werte wenig geeignet, zudem warnen Experten vor hygienischen Risiken (mehr dazu im Beitrag „Fehlinterpretationen vorbeugen“, ab Seite 30).

Bei der Anwendung von Normen ist daher stets zu prüfen, ob sie den allgemein anerkannten Regeln der Technik genügen oder ob es andere, „schärfere“ Regelwerke wie etwa VDI-Richtlinien oder DVGW-Arbeitsblätter gibt, deren Anwendung sich empfiehlt.

Angesichts der Masse an Regelwerken im Bereich der TGA keine einfache, aber eine notwendige Aufgabe für die Betriebe. Denn auch kleine Fehler können teuer werden. Müssen sie behoben werden, bindet das personelle Ressourcen, die aufgrund der guten Auftragslage nicht zur Verfügung stehen.

Markus Sironi

Chefredakteur und Handwerksmeisterm.sironi@strobel-verlag.de

m.sironi@strobel-verlag.de

 


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