Mehr Mut!
Viele Handwerker haben das Gefühl, in eine Bürokratiefalle getappt zu sein. Immer komplizierter, immer mehr Aufwand. Die Dokumentationen und Nachweise rund um die eigentliche Aufgabe, Handwerksleistungen für Kunden zu erbringen, sind keine Nebentätigkeiten mehr - sie sind eine Belastung, eine Bürde. Um nur einige zu nennen: die Dokumentation aller datenschutzrelevanten Betriebsprozesse, sämtliche Dokumentationen im Rahmen von Neuanlagen (z.B. gegenüber dem Bezirksschornsteinfeger), Sicherheitsunterweisungen des eigenen Personals, Entsorgungsnachweise von Gefahrstoffen und ganz aktuell: die GEG-Beratungspflicht gegenüber einem Kunden, der einen fossilen Wärmeerzeuger wünscht. Kein Wunder: Der Frust steckt tief.
Wahrscheinlich hat jede neue oder größere auferlegte Verwaltungsaufgabe einen tieferen Sinn. Handwerksbetriebe erkennen ihn oft gar nicht. Das können und wollen sie auch nicht. Gerade nicht in Zeiten, in denen sie mit neuen oder erweiterten Regelungen in kurzer Zeit überrascht werden, ist das der Fall. Hinzu kommen die Veränderungen in den bereits bestehenden Pflichten. Und es wird nicht weniger. Ganz im Gegenteil. Die Folge: Die Betriebsprozesse müssen ständig den neuen Vorgaben angepasst werden. Während die Politik ihre Erfolge beim Abbau der Bürokratie feiert, haben die meisten Betriebsinhaber das Gefühl, dass die Belastung weiter steigt. Das gesamte Konstrukt aus Überregulierung und Bürokratie ist lästig und unbefriedigend zugleich.
Befragungen bei Junghandwerkern mit Meisterausbildung haben ergeben, dass sie sich aufgrund der Masse an Regularien scheuen, einen eigenen Handwerksbetrieb zu eröffnen. Dabei ist es Aufgabe der politischen Entscheidungsträger, Rahmenbedingungen zu schaffen, die Investitionen stärken und damit Wachstum fördern. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist, dass die Junghandwerker und Junghandwerkerinnen sich sicher fühlen können, nicht ständig neue Vorgaben auf den Tisch gelegt zu bekommen, die sie in ihrer Handlungsfreiheit einschränken. Die aufstrebende, agile Generation darf nicht mit Ballast belegt werden. Sie sind die Zukunft.
Daher ist es an der Zeit zu handeln. Grundsätzlich sollte kritisch hinterfragt werden, welche der vielen Betriebspflichten unbedingt notwendig sind und welche man abschwächen kann. Ein Ansatz ist das aktuell (nur) im Referentenentwurf vorliegende Bürokratieentlastungsgesetz. Nach Meinung von Handwerksverbänden greift es nicht weit genug. Daher kann der Appell in Richtung Berlin nur lauten, Mut zu zeigen und das Handwerk von seinen Fesseln zu befreien.
Detlev Knecht
stv. Chefredakteur und Techniker