Gegenwind für die Innenrohrsanierer
Seit vielen Jahren schon wird kontrovers über die Rohrinnensanierung von Trinkwasserinstallationen mit Epoxidharz diskutiert. Grund ist die in dem Harz enthaltene gesundheitsgefährdende Chemikalie Bisphenol A (BPA). Ein hormonell wirksamer Stoff, der mit einer ganzen Reihe von Krankheiten in Verbindung gebracht wird und als fortpflanzungsschädigend gilt. Unbeeindruckt davon bewerben die einschlägigen Firmen das Verfahren als praxiserprobte und preisgünstige Alternative, versprechen ein dauerhaft funktionsfähiges Rohrleitungssystem und eine einwandfreie Wasserqualität nach der Sanierung. Selbst Bleileitungen – so heißt es bei einigen Anbietern – können beschichtet und somit versiegelt werden. Von Belastungen mit BPA wollen die Anbieter nichts wissen und verweisen auf Analysen von unabhängigen Instituten.
Fakt ist auf der anderen Seite: Allgemein anerkannte technische Regeln existieren derzeit nicht. Der DVGW hatte sein Regelwerk zur Epoxidharzinnensanierung in der Trinkwasserinstallation bereits im Jahr 2011 zurückgezogen. In der Beschichtungsleitlinie des Umweltbundesamtes ist aktuell ebenfalls keine Beschichtung auf Epoxidharzbasis für Rohre < 80 mm gelistet.
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) fordert deshalb, aus Vorsorgegründen auf Sanierungen von Trinkwasserleitungen mit BPA-haltigen Materialien zu verzichten. Auch der TÜV Nord warnt in einer aktuellen Mitteilung vor dem Einsatz dieses Verfahrens (mehr dazu in dieser Ausgabe). Einige Wasserversorger gehen einen Schritt weiter und verbieten das Verfahren sogar in ihrer Region. Längst schon beschäftigen sich die Gerichte mit der Thematik. Zwei aktuelle Urteile kommen zum Schluss, dass die Innenbeschichtung mit Epoxidharz im Trinkwasserbereich nicht den anerkannten Regeln der Technik entspricht. Die Recherchen der Redaktion zeigen, dass es bundesweit weitere Streitfälle und laufende Verfahren in Zusammenhang mit einer Epoxidharz-Innenrohrsanierung von Trinkwasserinstallationen gab und gibt.
Offensichtlich bläst den Innenrohrsanierern derzeit ein starker Gegenwind ins Gesicht. Einige Anbieter haben inzwischen reagiert und setzen statt Epoxidharz ein dem Bekunden nach lebensmittelechtes Keramik-Komposit ein. Ob dieses Material mitunter gesundheitsgefährdende Schwermetalle wie Cadmium oder Blei enthält, darüber schweigen sich die Anbieter aus.
Bleibt festzuhalten: Bei der nachträglichen Abdichtung von Gasinstallationen oder der Sanierung von Abwasserkanälen hat sich die Innenbeschichtung etabliert. Bei Trinkwasserinstallationen ist das Verfahren aber kritisch zu beurteilen. Ein Austausch der korrodierten Rohrleitungen ist derzeit die einzig professionelle und den anerkannten Regeln der Technik entsprechende Sanierungsmethode. Die oftmals vorhandenen überdimensionierten Leitungen lassen sich durch schlank dimensionierte Rohre bedarfsgerecht ersetzen, und zwar durch hygienisch unbedenkliche Werkstoffe. Dass die Sanierung auch großer Wohnkomplexe in puncto Belastung der Bewohner durch die baulichen Tätigkeiten inzwischen ein beherrschbares Unterfangen ist, belegen die Fachbetriebe ohnehin regelmäßig in der täglichen Praxis.
Markus Sironi
Chefredakteur
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