Auslegung einer Wärmepumpe [Seite 1 von 2]
Gebäude-Heizlast mit Augenmaß ermitteln
Große Leistungsreserven bei Wärmepumpen einzubauen ist nicht sinnvoll, denn die richtige Größe ist eine wesentliche Voraussetzung für einen effizienten Betrieb. Die Autoren, Tom Krawietz, Teamleiter Entwicklung Wärmepumpen, und Simon Sporer, Product Owner Digitalisierung, beide Wolf Heiztechnik, stellen im Gastbeitrag Methoden vor, mit der die Heizlast für die Angebotsphase ermittelt werden kann.
Eine korrekt ausgelegte Wärmepumpe ist nicht nur gut für die Umwelt, sondern gleichzeitig bei den Investitions- und Betriebskosten gut für den Geldbeutel. Zur Ermittlung des tatsächlichen Wärmebedarfs eines Gebäudes dient die Heizlastberechnung nach DIN 12831. Die Heizlast eines Gebäudes ist die Leistung, die erbracht werden muss, um die Innentemperatur in einem Haus bei einer definierten, extrem kalten Wetterlage aufrechtzuerhalten. Oder umgekehrt: Sie ist eine Angabe, wieviel Wärme ein Gebäude in einem solchen Fall verliert. Wärmeverluste entstehen, weil Wärme unter anderem über das Dach, die Wände, Fenster, Türen und den Boden abfließt. Mit der Heizlastberechnung nach DIN 12831 wird die maximale Heizlast für ein Gebäude ermittelt. Anhand der Heizlast kann jeweils die Größe
- des Wärmeerzeugers (Betrachtung des gesamten Gebäudes),
- der Wärmeabgabesysteme (Heizkörper/Flächenheizsysteme, raumweise Betrachtung) und
- der Wärmeverteilsysteme
des Heizsystems eines bestimmten Gebäudes ermittelt werden. Sie ist jedoch nicht zu verwechseln mit der Leistungsgröße einer Wärmepumpe, da die Leistung von Wärmepumpen von den Ein- und Ausgangstemperaturen abhängig ist.
Überschlägige Verfahren
Um die Heizlast und die zusätzlich benötigte Energiemenge für die Warmwasserbereitung zu ermitteln, unterscheidet man grundsätzlich zwischen überschlägigen und genauen Verfahren – je nach gewünschter Genauigkeit. In der Angebotsphase bieten sich für den Handwerker vor allem überschlägige Verfahren für die Ermittlung der Heizlast an:
- auf der Grundlage von Baujahr und Wohnfläche
- auf der Basis von Verbrauchsdaten der letzten drei Jahre
- über die spezifische Heizleistung oder
- nach DIN/TS 12831-1.
1. Ermittlung der Heizlast nach Baujahr und Wohnfläche
Zur überschlägigen Heizlastermittlung durch Baujahr und Wohnfläche werden folgende Daten erfasst:
- Gesamtwohnfläche (warme und kühlere Räume)
- Spezifischer Heizleistungsbedarf für
Gebäude gemäß Baujahr (siehe Bild). Die Wohnflächen werden mit dem spezifischen Heizleistungsbedarf multipliziert. Diese Berechnung erfasst jedoch nicht, ob seit dem Erstbezug bereits energetische Sanierungsmaßnahmen wie zum Beispiel der Einbau neuer Fenster oder die Dämmung der obersten Geschossdecke erfolgt sind. Die ermittelte Heizlast fällt deshalb oft zu hoch aus und birgt die Gefahr, dass eine zu große Wärmepumpe ausgewählt wird. Das Verfahren ist von den fünf oben aufgeführten am wenigsten präzise, weil sich die meisten Bestandsgebäude energetisch nicht mehr im Originalzustand befinden.
2. Ermittlung der Heizlast nach Verbrauch
Zur Ermittlung der Heizlast anhand des Verbrauchs der letzten drei Jahre sind folgende Daten erforderlich:
- Jährlicher Heizöl- oder Gasverbrauch der vergangenen drei Jahre
- Divisoren der Energieträger von Deutschland für den normalen Brauchwasserverbrauch von Ein- und Zweifamilienhäusern (für 1900 Vollbenutzungsstunden und einen Kesseljahresnutzungsgrad von 75 %).
Zunächst wird der Durchschnittsverbrauch aus den einzelnen Jahresverbräuchen ermittelt, um jährliche Schwankungen auszugleichen. Anschließend wird der Wert durch den entsprechenden Divisor geteilt (siehe Tabelle 1). Man erhält somit die Heizlast. Sind mehrere Energieträger vorhanden, werden deren individuelle Heizlasten addiert.
Dieses Verfahren berücksichtigt nicht, ob ein Gebäude komplett oder nur teilweise beheizt wurde. Es ist beispielsweise auch nicht nachvollziehbar, wie das Lüftungsverhalten auf den Verbrauch eingewirkt hat, wie ineffizient die Bestandsheizung arbeitet oder für wie viele Personen das Warmwasser erzeugt wurde. So könnte auch in diesem Fall die ermittelte Heizlast und damit die Wärmepumpe entweder zu klein oder zu groß ausfallen.
3. Ermittlung der Heizlast nach DIN/TS 12831-1 Abschnitt 7
Diese Methode ist deutlich präziser, aber auch aufwendiger. Um die Heizlast normgerecht nach DIN/TS 12831-1 Abschnitt 7 überschlägig zu ermitteln, werden folgende Daten benötigt:
- Endenergieverbrauch von Erdgas, Flüssiggas bzw. Heizöl in kWh
- Art und Alter der bestehenden Heizung (in Form von Faktoren)
- Energieverbrauch zur Trinkwassererwärmung (Warmwasserkomfort wird über die Personenanzahl geschätzt und nicht über die Wohnfläche bestimmt)
- Gradtagszahl
- Heizgrenztemperatur in Bestandsgebäuden (15 °C)
- Norm-Außentemperatur am Gebäudestandort.
Exkurs: Die Gradtagszahl (GTZ)
Die Gradtagszahl (= Heizgradtage) GTZ ergibt sich aus der Summe aller Tage, an denen die Temperatur unterhalb der Heizgrenze liegt, bei der normalerweise die Heizung in Betrieb geht. Außentemperaturen oberhalb der Heizgrenztemperatur fließen nicht in die Berechnung der Grad tagszahl ein. Sie berechnet sich also durch Aufsummieren der Produkte Di · Ni wobei Ni die Häufigkeit in Tagen, mit der eine Temperatur unterhalb der Heizgrenztemperatur Tgrenz innerhalb eines Jahres auftritt, beschreibt. Für Temperaturen unterhalb der Heizgrenztemperatur Tgrenz beschreibt Di die Differenz zwischen der Heizgrenztemperatur Tgrenz und der Normaußentemperatur DNorm.
Dabei geht man konservativ (für sehr schlecht gedämmte Gebäude) von einer Raumtemperatur von 20 °C aus. Entsprechend ist die Gradtagszahl hoch, wenn es draußen lange kalt ist. Zur korrekten Ermittlung hat das Institut Wohnen und Umwelt (IWU) ein kostenloses Excel-Tool entwickelt (Kurzlink: tinyurl. com/27jlw95j).
Vollbenutzungsstunden
Über die Norm-Außentemperatur, die Gradtagszahl sowie die Heizgrenztemperatur werden die Vollbenutzungsstunden tFLH ermittelt; also die Dauer, die ein Wärmeerzeuger mit Nennleistung theoretisch betrieben werden müsste, um den rechnerisch ermittelten Jahreswärmebedarf zu decken. In der Praxis liegt die Zahl der Betriebsstunden höher, da die Heizanlage in vielen Zeiträumen im Jahr mit reduzierter Leistung nur in Teillast betrieben wird.
Normaußentemperaturen in Deutschland
Da Deutschland verschiedene Klimabereiche hat, wird die Heizlast jeweils individuell für einen bestimmten Standort festgelegt. Als Grundlage dafür dienen sogenannte Normaußentemperaturen, die in DIN/TS 12831 festgelegt wurden. Die Normaußentemperatur eines bestimmten Standortes beschreibt in einer Kälteperiode die tiefste Außentemperatur, die 10mal mindestens an zwei aufeinanderfolgenden Tagen gemessen wurde.
Die entsprechende Deutschland-Karte ist in insgesamt 8199 Bereiche eingeteilt. Sie beruhen auf neuen meteorologischen Daten, welche die Auswirkungen des Klimawandels bereits berücksichtigen, und beziehen außerdem die durch hohe Bebauungsdichte entstehenden Wärme-Inseleffekte sowie Höhenlagen mit ein. Die Normaußentemperatur ist damit bezogen auf die Heizlastberechnung eines Gebäudes eine gebäudeunabhängige Größe.
Tipp: Der Bundesverband Wärmepumpe stellt auf seiner Internetseite www.waermepumpe.de eine Klimakarte bereit, die postleitzahlenscharf wahlweise die Jahresmittel- oder die Norm-Außentemperaturen visualisiert (Kurzlink: tinyurl.com/2bw2k2b2).
Erzeugernutzwärmeabgabe pro Jahr
Aus dem Endenergieverbrauch in kWh der alten Heizung, ihrer Art und ihrem Alter (in Form von Faktoren) sowie über den Energieverbrauch zur Trinkwassererwärmung wird die Erzeugernutzwärmeabgabe pro Jahr ermittelt.
Diese wird im Wesentlichen durch einen spezifischen Energieinhalt des jeweiligen Energieträgers ([kWh/l], [kWh/kg], [kWh/m3], …) multipliziert mit einem (gemittelten) Mengenverbrauch ([l/a], [m3/a], [kg/a], …) bestimmt.
Zu guter Letzt teilt man die Erzeugernutzwärmeabgabe durch die Vollbenutzungsstunden und erhält dadurch eine gute überschlägige Schätzung der Heizlast eines Gebäudes, die bereits die Warmwasserbereitung miteinschließt. Streng genommen erhält man auf diese Weise nicht die reine Gebäuderaumheizlast. Diese kann über den Verbrauch nur ermittelt werden, sofern der Energiebedarf zur Warmwassererzeugung herausgerechnet wird. Dazu existieren mehrere Verfahren, die wahlweise die Nutzerzahl, bestimmte Zapfprofile, die Wohnfläche oder auch Kombinationen heranziehen.
4. Verfahren der Norm DIN EN 12831-1 Abschnitt 6
Wer die Heizlast exakt ermitteln möchte, um zum Beispiel nach Auftragserteilung genau und raumweise eine Heizung und die Wärmeübertrager auszulegen, ist in der Regel auf die Unterstützung von Fachplanern angewiesen. Denn bei dieser Berechnung werden sämtliche Gebäudeteile betrachtet. Dies wird häufig über ein 3D-CAD-Abbild des Gebäudes realisiert, kann aber grundsätzlich auch tabellarisch erfolgen. Das im Vergleich zu den überschlägigen Verfahren deutlich aufwändigere Verfahren ist in der Norm DIN EN 12831-1 Abschnitt 6 beschrieben.
In die raumweise Berechnung der Heizlast ΦHL fließen sowohl Gebäude-als auch Umgebungsdaten ein:
- Transmissionswärmeverlust sämtlicher Bauteile pro Raum ΦT,i
- Lüft ungswärmeverlust pro Raum ΦV,i
- Zusätzliche Aufh eizleistung nach einer Heizpause ΦRH
- Erdreich (g)
- Äußere Umgebung (e)
- Beheizter Raum (l)
- Normaußentemperatur PLZ-genau zwischen-17 und -7 °C (diese sind auch Bestandteil der einfachen Verfahren)
- Unbeheizter Raum (u).
Die Heizlast ergibt sich aus der Summe aller Transmissionswärmeverluste und Lüftungswärmeverluste sowie der zusätzlichen Aufheizleistung. Die Werte, die in diese raumweise Heizlastberechnung einfließen, stammen entweder vom Gebäude und wie beim überschlägigen Verfahren von den Norm-Außentemperaturen des Standortes, oder sie sind von den Wünschen der Nutzer hinsichtlich der zu erreichenden Raumtemperatur abhängig. In der Regel wird für alle Wohnräume einschließlich Flure eine Raumtemperatur von 20 °C angesetzt, während für Bäder und Ankleideräume 24 °C veranschlagt werden.
- 1
- 2