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Substanziell für die Wärmewende, elementar für ein gesundes Raumklima [Seite 1 von 2]

Die unlängst in Kraft getretene Novelle der europäischen Gebäuderichtlinie – kurz EPBD – wird dem Thema „Raumklimaqualität“ künftig mehr Aufmerksamkeit verschaffen. Das dürfte der Wohnungslüftung neuen Schwung verleihen

Ralf Lottes ist seit März 2022 Geschäftsführer des Bundesverbandes für Wohnungslüftung (VfW) mit Sitz in Berlin. (VfW)

Die Effizienz einer Wohnungslüftung mit WRG wurde in der 2022 veröffentlichten „COP-Äquivalenzstudie“ nachgewiesen. Wegen der bei sinkenden Temperaturen stark steigenden Effizienz stellt sie die perfekte Komplementärtechnologie zur Wärmepumpe dar. (ITG/VfW)

Vergleich zentrale und dezentrale Wohnungslüftung. (Wolf)

Die Vorteile einer Wohnungslüftung im Vergleich zur Fensterlüftung sind oft noch nicht ausreichend bekannt. Mitunter bestehen veraltete, nicht mehr zutreffende Vorstellungen zu Kosten, Schall, Effizienz, Hygiene und Wartung. (VfW)

Schutz vor Außenlärm, Vermeidung oder zumindest Linderung bei Allergien in der Pollenzeit, Feuchte- und damit Bauschutz, Energieeinsparung – es sprechen viele Argumente für die kontrollierte Wohnraumlüftung mit WRG. Einfach, aber wichtig ist die regelmäßige Wartung – hier im Bild der Tausch des Luftfilters. (Stiebel Eltron)

 

Aufgrund der Luftdichtheit moderner Gebäude sind lüftungstechnische Maßnahmen wie eine kontrollierte Wohnungslüftung mit Wärmerückgewinnung eigentlich ein Muss. Gleichwohl zeichnet die Praxis ein anderes Bild. Die Zahl der Installationen ist noch deutlich ausbaufähig. Im Interview mit unserer Redaktion benennt Ralf Lottes, Geschäftsführer des Bundesverbandes für Wohnungslüftung, die Gründe und erläutert warum die Wohnungslüftung das maßgebende Instrument für ein gesundes Raumklima und die Erreichung der Klimaziele ist.

IKZ: Diverse Studien haben sich bereits mit dem Potenzial von Wohnungs lüftungssystemen mit Wärmerückgewinnung (WRG) zur Einsparung von Energie und Treibhausgasen befasst. Danach geht – will man die gesteckten Klimaziele erreichen – an der Wohnungslüftung kein Weg vorbei. Die Praxis zeichnet allerdings ein anderes Bild, betrachtet man rein die Absatzahlen des BDH. Längst nicht jeder Neubau wird mit einem Lüftungssystem ausgestattet. Und auch bei Bestandssanierungen scheint noch viel Luft nach oben. Welche Gründe sehen Sie?

Ralf Lottes: Im vermieteten Bestand dürfte das InvestorNutzerDilemma der wichtigste Grund sein. Vielen Vermietern sind die Vorteile der Lüftung, darunter der Einspareffekt der Lüftung mit WRG, durchaus bewusst. Sie scheuen jedoch die Mehrinvestition gegenüber einer einfachen Abluftanlage in Verbindung mit einem Außenluftdurchlass im Fenster oder gar einer reinen Fensterlüftung, denn von der Energieeinsparung profitiert ja nur der Mieter. Privaten Bauherren sind dagegen die Vorteile oft noch nicht ausreichend bekannt. Auch bestehen teilweise noch veraltete, nicht mehr zutreffende Vorstellungen zu Kosten, Schall, Effizienz, Hygiene und Wartung. Außerdem spielt Lüftungstechnik bei der Sanierung leider oft nur die vierte oder fünfte Geige nach der Heizung, verschiedenen Maßnahmen an der Gebäudehülle usw.

IKZ: Schutz vor Außenlärm, Vermeidung oder zumindest Linderung bei Allergien in der Pollenzeit, Energieeinsparung – es sprechen viele Argumente für die kontrollierte Wohnraumlüftung mit WRG. Es hat zumindest den Anschein, als dass die bauverantwortlichen Planer die Vorteile nicht ausreichend kommunizieren. Braucht es eine gemeinschaftliche Initiative mit Akteuren aus anderen Disziplinen – Ärzte, Innenraumhygieniker, Klimaspezialisten, Bauphysiker, damit die Wohnungslüftung an Fahrt gewinnt? Oder sehen Sie andere wirksamere Instrumente?

Ralf Lottes: Nicht zu vergessen: der Schutz vor Feuchte, Schimmel und sonstigen Schadstoffen der Innenraumluft! Das erhält die Gesundheit der Bewohnenden und den Gebäudebestand. Die gerade in Kraft getretene Novelle der europäischen Gebäuderichtlinie – kurz EPBD – wird dem Thema Gesundheit und Innenraumluftqualität bzw. „Raumklimaqualität“ künftig mehr Aufmerksamkeit verschaffen. Die neue Fassung der Richtlinie ist bis Ende Mai 2026 umzusetzen und schreibt z. B. vor, dass die Mitgliedstaaten bei der Festlegung der Anforderungen an Gebäudekomponenten gemäß Artikel 5 EPBD der optimalen Raumklimaqualität Rechnung zu tragen haben, um u. a. unzureichende Belüftung zu vermeiden. Das zieht bereits Kreise. So haben sieben europäische Dachverbände der Lüftungs, Kälte- und Klimabranche in einem Manifest von Juni 2024 die politisch Verantwortlichen in der EU aufgefordert, Zugang zu guter (Innenraum) Luft zu einem Menschenrecht in den EU-Verträgen zu machen und sie genauso stark zu berücksichtigen wie die Außenluftqualität.1) Auch wir werden uns verstärkt mit einigen der genannten Gruppen vernetzen, z. B. mit Entscheidungstragenden und Stakeholdern der Gesundheitspolitik. Darüber hinaus werden wir die Kommunikation über Fachkreise hinaus weiter ausbauen. Der VfW unterstützt beispielsweise bereits seit 2023 die „Initiative Gute Luft“ von Lüftungsherstellern, BDH und FGK, die sich mit Fakten und Beispielen zur Wohnungslüftung an Endkunden richtet.

IKZ: Blicken wir einmal auf den Invest. In der Bundesförderung für effiziente Gebäude – kurz BEG – werden Wohnungslüftungssysteme mit WRG in der Sanierung als Einzelmaßnahmen mit 15 % Zuschuss gefördert. Dazu braucht es aber auch einen Energieeffizienzexperten, der die Durchführung der Maßnahme und die Einhaltung der geforderten Effizienzkriterien gegenüber dem BAFA bestätigt, und der natürlich ein Honorar fordert. Ist der Zuschuss gegenüber einer neuen Heizung, sprich Wärmepumpe, nicht viel zu gering? Für eine Wärmepumpe gibt es allein eine Grundförderung von 30 %, maximal sind 70 % drin. Und die Bestätigung nach dem Einbau kann vom SHK-Fachbetrieb selber vorgenommen werden.

Ralf Lottes: Wir gönnen der Wärmepumpe als Heizungstechnologie der Zukunft und mehr und mehr auch der Gegenwart die hohe Förderung von Herzen. Da die Lüftung mit WRG eine höhere Effizienz als die bereits sehr effiziente Wärmepumpe vorweisen kann, wünschen wir uns aber mindestens deren Fördersatz. Die hohe Effizienz der Lüftung mit WRG wurde vom Institut für Technische Gebäudeausrüstung Dresden (ITG) et al. in der 2022 veröffentlichten, vom VfW beauftragten „COPÄquivalenzstudie“ nachgewiesen.2) Dabei wurde eine der Wärmepumpe äquivalente Leistungszahl daher der Studienname – von 11 bis 25 nachgewiesen. Wegen der bei sinkenden Temperaturen stark steigenden Effizienz stellt die Lüftung mit WRG ferner die perfekte Komplementärtechnologie zur Wärmepumpe dar.

IKZ: Um den Nutzen moderner Wohnungslüftungsanlagen einmal einordnen zu können: Wie hoch ist das Einsparpotenzial bei Anlagen mit WRG im Vergleich zur reinen Fensterlüftung?

Ralf Lottes: Auch dazu gibt es eine ITG-Kurzstudie. In der wurde 2023 ein enormes Einsparpotenzial von bis zu 69 % Energie und Treibhausgase gegenüber der Fensterlüftung im Neubau nachgewiesen. Im Bestand liegt diese Einsparung immer noch bei bis zu 20 %, allerdings mit einem – in absoluten Zahlen – wesentlich höheren Einsparpotenzial wegen der höheren Basisverbräuche.3) Im Bestand entscheidet sich der Erfolg der Wärmewende, wie wir alle wissen. Die höhere relative Einsparung im effizienten Neubau ergibt sich aus den dort im Vergleich zu den Transmissionswärmeverlusten steigenden Lüftungswärmeverlusten. In heute üblichen energieeffizienten Gebäuden erreichen die Lüftungswärmeverluste bei Fensterlüftung eine Größenordnung von 50 % und mehr des gesamten Wärmeverlustes eines Gebäudes. Schaut man auf das Einsparziel des Gebäudesektors in Deutschland bis 2045 von 100 Mio. t CO2eq/a gegenüber 2023, so könnte die ventilatorgestützte Wohnungslüftung mit WRG bei entsprechendem Ausbau (45%ige Ausstattung des Wohnungsbestandes) allein ca. 10 % davon erbringen. Das ist substanziell für die Wärmewende und grandios für eine einzelne Technologie!

IKZ: Insbesondere im Sommer stellt sich die Frage: Kann man mit einer KWL-Anlage auch kühlen?

Ralf Lottes: Eine kontrollierte Wohnraumlüftung – KWL – kann im Sommer dazu beitragen, eine gute Innenraumluftqualität bei angenehmen Temperaturen zu erhalten. Grundsätzlich funktioniert der Wärmeübertrager einer Lüftungsanlage ähnlich wie im Winter, aber halt rückwärts. Das bedeutet, dass die in der Regel kühlere Luft der Wohnräume im Wärmetauscher die wärmere Außenluft abkühlt. Und damit ist die Lüftung mit Wärmerückgewinnung u. a. auch eine perfekte Unterstützung einer Klimaanlage. Da eine Klimaanlage technisch gesehen ja auch eine Wärmepumpe ist, gilt also Sommer wie Winter, dass die Lüftung mit Wärmerückgewinnung eine geniale Komplementärtechnologie zur Wärmepumpe darstellt.

 

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