Möglichkeiten und Chancen mit intelligenten Gebäuden
Smart Building: Ein zukunftsträchtiger Markt für das Handwerk
Smart Buildings, oder intelligente Gebäude, sind eine aktuelle Entwicklung in der Bau- und Gebäudebranche. Sie bieten eine Vielzahl von Möglichkeiten und Chancen, unter anderem für Handwerksbetriebe, die diesen neuen Markt erschließen möchten. In diesem Artikel werden die Grundlagen von Smart Buildings erläutert, die Vorteile und Herausforderungen speziell für das Handwerk dargestellt und der mögliche Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) hervorgehoben.
Was sind Smart Buildings?
Smart Buildings sind Gebäude, die mit intelligenter und vernetzter Technologie ausgestattet sind, um in erster Linie Betriebsabläufe zu optimieren und die Betriebskosten mit dem damit verbundenen Energieverbrauch und CO2-Emissionen zu reduzieren. Sie integrieren verschiedene Systeme und Komponenten wie Beleuchtung, Heizung, Klima/Lüftung, Sicherheit oder auch Verwaltungs- und Kommunikationssysteme in ein zentrales, vernetztes Gesamtsystem. Diese Integration ermöglicht eine nahtlose Steuerung und Überwachung aller vernetzten Gewerke des Gebäudes.
Der Begriff Smart Building ist erstmal allgemein gehalten, darunter können zum Beispiel Bürogebäude (Smart Office) oder öffentliche Gebäude wie Bildungsstätten, Krankenhäuser, Flughäfen etc. zählen. Unterschiedliche Gebäudetypen haben unterschiedliche Ansprüche an die eingesetzten Systeme. Im Privatgebrauch spricht man eher vom Smart Home, welches aber auch viele Technologien des Smart Buildings enthält, jedoch in kleineren Dimensionen. Bei Fabriken und Produktionsgebäuden spricht man hingegen von der Smart Factory als Teil der Industrie 4.0.
Elementare Bestandteile eines Smart Buildings
Smart Buildings benötigen Hardware. In erster Linie sind es zwei Gerätegruppen.
1. Sensoren und Aktoren (IoT-Geräte)
IoT-Geräte (Internet of Things) sind miteinander vernetzt und ermöglichen eine Echtzeit-Kommunikation und -Steuerung. Dies umfasst sowohl Sensoren als auch Aktoren. Sensoren erfassen zum Beispiel Daten über Temperatur, Luftfeuchtigkeit und -Qualität, Lichtintensität, Bewegung, Raumbelegung und andere Umweltparameter. Aktoren setzen Befehle in physische Aktionen um, typische Aufgaben sind das Öffnen oder Schließen von Beschattungstechnik, Regulieren der Klimatechnik oder das Schalten von Beleuchtung.
2. Zentralsysteme
Diese Systeme bilden das Gehirn des Smart Buildings. Unter anderem sammeln sie gewerkeübergreifend Daten von den Sensoren, bereiten diese grafisch auf und steuern die Aktoren entsprechend. Diese Daten können auch vom Facility Management genutzt werden, um einen detaillierten Einblick über den aktuellen Gebäudezustand zu erhalten.
Ein Zentralsystem kann beispielsweise die Heizung automatisch herunterregeln, wenn kein Nutzer im Gebäude ist, oder die Beleuchtung anpassen, um Energie zu sparen. Diese Systeme sind entscheidend für die Optimierung des Gebäudebetriebs und die Reduzierung der Betriebskosten.
Neben zentralen Lösungen gibt es auch einzelne Sensoren und Aktoren, welche sogar KI-Anwendungen und maschinelles Lernen (ML) beinhalten und so deren Funktion verbessern. Wenn diese Systeme eigenständig und ohne die Anbindung an andere Geräte oder Systeme arbeiten (stand-alone), spricht man von einer KI in einer Edge-Umgebung. Eine lokal arbeitende und dedizierte KI-Anwendung am Rande des Netzes, sozusagen.
Integration und Interoperabilität
Ein wesentlicher Aspekt bei der Implementierung von Smart Buildings ist die Integration und Interoperabilität der verschiedenen Systeme. Dies erfordert Standards und Protokolle, die eine nahtlose Kommunikation zwischen unterschiedlichen Geräten und Plattformen ermöglichen. Protokolle wie KNX, BACnet, Modbus oder Z-Wave, aber auch offene Standards- und Schnittstellen (Open-Source), spielen hierbei eine entscheidende Rolle. Sie ermöglichen es, dass Geräte verschiedener Hersteller vernetzbar sind und zusammenarbeiten können. Durch die Nutzung standardisierter und etablierter Protokolle können Handwerksbetriebe sicherstellen, dass die von ihnen installierten Systeme zukunftssicher und skalierbar sind. Die Anzahl an verschiedenen Protokollen und Übertragungsarten sowie deren Eigenschaften sind umfangreich, dennoch sollte man sich auch hier als Anbieter vollumfänglich informieren, sowohl für ältere als auch neuere Standards.
Ein weiterer wichtiger Aspekt der Integration ist die Benutzerfreundlichkeit. Smart Building-Systeme sollten so gestaltet sein, dass sie einfach zu bedienen und zu verwalten sind. Dies erfordert eine intuitive UI (User-Interface dt.: Benutzeroberfläche) und klare Anleitungen für die Nutzer. Handwerksbetriebe können ihren Kunden Schulungen, Infomaterial und Support anbieten, um sicherzustellen, dass sie das volle Potenzial ihres intelligenten Gebäudes ausschöpfen können.
Der Einfluss von Künstlicher Intelligenz (KI)
Künstliche Intelligenz spielt eine entscheidende Rolle in der Zukunft von Smart Buildings. Hier sind einige Aspekte, welchen Einfluss KI auf diese Technologie hat:
1. Vorausschauende Planung und Wartung
Die große Anzahl an anfallenden Daten können zur Erzeugung eines digitalen Zwillings genutzt werden, welcher das Gebäude basierend auf diesen Daten und den Gebäudeparametern digital abbildet. KI kann diese großen Datenmengen analysieren und vorhersagen, wann Wartungsarbeiten erforderlich sind oder welcher Ressourcenverbrauch absehbar ist. Dies verbessert die Ressourcenplanung und den damit verbundenen Einsatz, reduziert Ausfallzeiten und kann meist kostspieligen und außerplanmäßigen Ausfällen vorbeugen.
Handwerksbetriebe können ihren Kunden vorausschauende Wartungsdienste (predictive maintenance) anbieten, die gegebenenfalls auf den Analysen einer KI basieren. Gerade in der Industrie können Ausfallzeiten und nicht aufeinander abgestimmte Arbeitsabläufe zu einer verminderten Produktivität führen; predictive maintenance ist deshalb nicht nur für die Smart Factory ein wichtiges Element, sondern auch für das Smart Building.
Smart Buildings für das Handwerk
Mit der Verbreitung von Smart Buildings sind drei zentrale Vorteile für das Handwerk verbunden, die es für sich nutzen kann.
1. Neue Geschäftsmöglichkeiten
Die Nachfrage nach Smart Buildings steigt stetig. Handwerksbetriebe, die sich in diesem Bereich spezialisieren, können neue Geschäftsfelder erschließen. Die Installation, Wartung und Integration von intelligenten Systemen bieten zahlreiche Möglichkeiten neue Aufträge zu generieren. Insbesondere spezialisierte Installations- und Wartungsdienste für intelligente Gebäudetechnologien sind stark gefragt.
2. Nachhaltigkeit und Energieeffizienz
Smart Buildings tragen zur Nachhaltigkeit und Energieeffizienz bei. Handwerksbetriebe können sich als Experten für energieeffiziente und automatisierte Lösungen positionieren und damit einen wichtigen Beitrag zum Umweltschutz leisten. Die Installation von beispielsweise energieeffizienten Klimasystemen sowie intelligenten Beleuchtungslösungen sind heutzutage gefragte Dienstleistungen.
3. Zukunftssicherheit
Durch die Spezialisierung auf Technologien für Smart Buildings sichern sich Handwerksbetriebe zukunftssichere Arbeitsplätze. Die Technologie entwickelt sich stetig weiter, und die Nachfrage nach modernen, vernetzten Gebäuden wird weiter steigen. Handwerksbetriebe, die frühzeitig in diesen Markt einsteigen, können sich einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Die kontinuierliche Weiterentwicklung und Anpassung an neue Technologien stellen sicher, dass Handwerksbetriebe langfristig erfolgreich bleiben und nicht abgehängt werden.
2. Automatisierung und Effizienz
Durch den Einsatz von KI können viele Prozesse automatisiert werden, was die Effizienz erhöht. Beispielsweise kann KI die Heizung und Klimaanlage basierend auf der Raumbelegung und den Vorlieben der Nutzer automatisch anpassen. Dies spart Energie und erhöht den Komfort.
Handwerksbetriebe und Systemintegratoren, die sich mit diesen Systemen auskennen, können ihren Kunden maßgeschneiderte Lösungen anbieten. Die Automatisierung führt zu einer erheblichen Reduzierung des Energieverbrauchs und der Betriebskosten. Die Umsetzung ist aufgrund der hohen Komplexität und Individualität aber mit gewissen Kosten verbunden. Standardisierte Lösungen werden mit zunehmender Verbreitung von Smart Buildings erschwinglicher.
3. Erhöhte Sicherheit
KI-unterstützte Sicherheitssysteme können potenzielle Bedrohungen in Echtzeit erkennen und entsprechend reagieren. Dies umfasst zum Beispiel die Überwachung des Gebäudes und Firmengeländes, etwa Brandschutz, Einbruchschutz, Arbeitsschutz oder auch die Erkennung ungewöhnlicher Aktivitäten und die Benachrichtigung zuständiger Stellen oder gar die automatische Einleitung von Maßnahmen. Handwerksbetriebe können durch die Installation und Wartung dieser fortschrittlichen Sicherheitssysteme zusätzliche Dienstleistungen anbieten. Durch die Integration von KI in Sicherheitslösungen können Gebäude sicherer gemacht werden und das Risiko von Einbrüchen, Unfällen oder anderen Sicherheitsvorfällen wird minimiert.
Herausforderungen
Trotz der zahlreichen Vorteile gibt es auch Herausforderungen bei der Implementierung von intelligenter Gebäudetechnologie. Eine der größten Hürden sind die hohen Anfangsinvestitionen für die Installation der benötigten Systeme. Diese Investitionen umfassen nicht nur Hardware und Softwarekomponenten, sondern auch die Qualifizierung des Personals und die eventuelle Integration in bereits bestehende Systeme.
Zudem sind Datenschutz und Sicherheit wichtige Elemente, die keinesfalls vernachlässigt werden sollten, da vernetzte Systeme anfällig für Cyberangriffe sein können. Ausfälle solcher Systeme können hier schwerwiegende Folgen haben, bis hin zum kompletten betrieblichen Stillstand.
Auch die Akzeptanz der Nutzer sollte bedacht werden. Da zum Beispiel mit einem flächendeckenden Zutrittskontrollsystem detaillierte Bewegungsprofile von Mitarbeitern und Nutzern erstellt werden können, ist hier natürlich die Privatsphäre der Personen zu wahren.
Die Komplexität der Integration verschiedener Systeme und die Notwendigkeit von qualifiziertem Personal für Betrieb und Wartung sind beim heutigen Fachkräftemangel weitere Herausforderungen.
Ein weiteres Problem für Errichter stellt die fortlaufende Anpassung an technologische Neuerungen dar. Handwerksbetriebe müssen kontinuierlich in Weiterbildung investieren, um mit den neuesten Entwicklungen Schritt zu halten und diese für sich zu nutzen. Dies kann besonders für kleine und mittelständische Unternehmen eine finanzielle und organisatorische Herausforderung darstellen. Zudem ist die Kompatibilität zwischen alten und neuen Systemen häufig problematisch oder anspruchsvoll umzusetzen.
Lösungen
Trotz höherer Anfangsinvestitionen bieten Smart Buildings ein enormes Potenzial und hohe Einsparmöglichkeiten in puncto Energie- und Personalbedarf – dies ist jedoch immer abhängig von der Nutzungsart des Gebäudes. Krankenhäuser, Einkaufszentren oder Flughäfen werden in Zukunft nicht ohne diese Systeme auskommen.
Handwerksbetriebe können sich durch gezielte Schulungen und Weiterbildungen auf die neuen Technologien vorbereiten. Eine erste gute Anlaufstelle bietet das Angebot des Mittelstand-Digital Zentrum Handwerk, welches mit verschiedenen Schulungsformaten und umfassenden Expertenwissen, bei der Digitalisierung im Betrieb und bei der Erschließung solcher neuen Geschäftsfelder unterstützt – und dies deutschlandweit, kostenfrei und anbieterneutral.
Autor: Mattis Menge, Mittelstand-Digital Zentrum Handwerk, Schaufenster Oldenburg, Bundestechnologiezentrum für Elektro- und Informationstechnik e. V.
www.handwerkdigital.de www.mittelstand-digital.de
Deutschlandweiter Partner bei der Digitalisierung im Handwerk – Das Mittelstand-Digital Zentrum Handwerk
Das Mittelstand-Digital Zentrum Handwerk unterstützt Handwerksbetriebe und Handwerksorganisationen seit 2016 dabei, die Chancen digitaler Technologien, Prozesse und Geschäftsmodelle zu nutzen – kostenfrei, anbieterneutral und deutschlandweit. Es bietet praxisnahe Ratgeber und Seminare, zahlreiche interaktive Tools sowie einen Digitalisierungscheck, der zur digitalen (Weiter-) Entwicklung des eigenen Betriebs dient.
Regionale Technologie-Erlebniswelten laden zum Ausprobieren ein, Experten und Expertinnen unterstützen Betriebe mit vielfältigen Innovations- und Umsetzungsformaten und stehen für Fragen bereit. Mit dem monatlichen Newsletter bleiben Handwerksbetriebe informiert.
Mehr dazu unter www.handwerkdigital.de
Das Mittelstand-Digital Zentrum Handwerk gehört zur Förderinitiative Mittelstand-Digital. Mit dem Mittelstand-Digital-Netzwerk unterstützt das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz die Digitalisierung in kleinen und mittleren Unternehmen und im Handwerk.