Wann ist leise leise genug?
Geräuschentwicklung von Wärmepumpen: Ein Blick auf aktuelle Herausforderungen und an welchen Stellschrauben in der Entwicklung gedreht werden kann
Die Schallemission von Wärmepumpen ist eine von vier großen Herausforderungen, mit denen sich die Entwickler dauernd befassen. Doch wie „laut“ sind aktuelle Wärmepumpen? Welche gesetzlichen Vorgaben gibt es für die Lautstärke? Und wie lässt sich eine Geräuschoptimierung bereits in der Entwicklung berücksichtigen? Welche psychoakustischen Aspekte spielen eine Rolle?
- Derzeit sind es vier Herausforderungen, die den Wärmepumpenmarkt beeinflussen:
- Umweltschutz: Verwendung alternativer Kältemittel aufgrund der F-Gase-Verordnung,
- Konnektivität: die Wärmepumpe als Systemkomponente im Zusammenspiel mit Photovoltaik, Energiespeicher und Ladesäule für E-Fahrzeug,
- Erhöhung der maximalen Vorlauftemperatur: die Wärmepumpe im effizienten Zusammenspiel mit herkömmlichen Heizkörpern in unrenovierten Bestandsgebäuden,
- Geräuschentwicklung: Reduzierung der Wärmepumpen-Betriebsgeräusche (Bild 1).
Schallleistung versus Schalldruck
In der Akustik ist es wichtig, zwischen Schallleistung Lw und Schalldruck Lp zu unterscheiden, um Missverständnisse zu vermeiden, weil beide Werte in dB angegeben werden. Das ist insbesondere auch relevant, wenn es um die Messung der Betriebsgeräusche von Wärmepumpen geht.
Der Schallleistungspegel Lw charakterisiert das Gerät und ist ortsunabhängig. Demgegenüber stellt sich ein Schalldruckpegel Lp abhängig von der Entfernung und den individuellen Umgebungsbedingungen (schallreflektierenden beziehungsweise -absorbierenden Oberflächen in der Nähe der Schallquelle) ein. Ohne Ortsangabe und Quellenbezug ist er nichtssagend.
Im Detail:
- Die Schallleistung oder der Schallleistungspegel (Lw) ist eine typische Größe für die Schallquelle. Sie lässt sich rechnerisch aus Messungen in einem definierten Abstand zur Schallquelle ermitteln und beschreibt die gesamte Schallenergie, die in alle Richtungen abgegeben wird. Anhand des Schallleistungspegels sind Geräte schalltechnisch miteinander vergleichbar.
- Der Schalldruck beschreibt die Änderung des Luftdrucks infolge der in Schwingung versetzten Luft durch die Geräuschquelle. Je größer die Änderung des Luftdrucks, desto lauter wird das Geräusch wahrgenommen. Der gemessene Schalldruckpegel hängt immer von der Entfernung zur Schallquelle ab. Er ist die messtechnische Größe, die beispielsweise für die Einhaltung der immissionstechnischen Anforderungen gemäß TA Lärm (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm) maßgebend ist.
Einheitliche Vorgaben gefragt
Betrachtet man die gesetzlichen Anforderungen in der EU an den maximal erlaubten Schalldruck einer Wärmepumpe, ergibt sich ein sehr heterogenes Bild, denn der Messort zur Definition des maximal erlaubten Schalldrucks variiert je nach Land (Bild 2). In Deutschland, Österreich, der Schweiz und Dänemark gelten im Vergleich die niedrigsten Grenzwerte für Schallemissionen.
In Deutschland regelt die TA Lärm, wie anhand von Richtwerten die Lärmimmissionen ermittelt und beurteilt werden. Die Betreiber sind dafür verantwortlich, dass ihre Anlagen die Grenzwerte einhalten. Je nach Gebietstyp schreibt die TA Lärm unterschiedliche Grenzwerte vor, die nicht überschritten werden dürfen. In einem Industriegebiet liegen diese höher als in Wohngebieten oder einem Kurgebiet (Tabelle). Zudem spielen bei der Einhaltung der TA Lärm bereits vorhandene Schallquellen und die Tageszeit eine Rolle.
50 dB(A) Schallleistung im Nachtmodus reichen meist aus
Wärmepumpenhersteller müssen diese Grenzwerte – etwa 35dB(A) Schallpegel nachts für ein reines Wohngebiet – in sinnvolle Entwicklungsziele übersetzen. Bauherren, Architekten und Installateure wiederum brauchen Entfernungsangaben für die Aufstellung von Wärmepumpen: Hierfür kann der Schallrechner des Bundesverbands Wärmepumpe (BWP) eine wertvolle Hilfe sein (www.waermepumpe.de/schallrechner).
Als Faustregel gilt: Mit drei Metern Abstand zum benachbarten (oder eigenen) Fenster lassen sich die meisten Bausituationen abdecken (Lw 49,5 dB(A) bei Aufstellung an einer Hauswand). Zwei Meter Abstand erfordert eine leisere Wärmepumpe (Lw 46 dB(A) bei Aufstellung an einer Hauswand), deckt dann aber nahezu alle Anwendungsfälle ab (ausgenommen Kurgebiete).
Wichtig ist: Die TA Lärm bezieht die Schallimmissionen nicht auf eine einzige Schallquelle, sondern betrachtet die Gesamtbelastung des schutzbedürftigen Raumes. Dazu ist in der Regel ein schalltechnisches Gutachten erforderlich. Darauf kann jedoch verzichtet werden, wenn die Wärmepumpe den jeweiligen Immissionsrichtwert um mindestens 6 dB(A) unterschreitet. Dann ist eine Einzelanlage im Sinne der TA Lärm irrelevant für den Schallschutznachweis.
Entwicklung: Geräuschoptimierung an vielen Stellen
Bei der Entwicklung leiser Wärmepumpen kommt es darauf an, den Fokus konsequent von Beginn bis Ende auf Geräuschoptimierung zu legen. Nur dann lassen sich Bestwerte erzielen. Hierfür spielen mehrere Schritte und Komponenten eine Rolle:
- Wahl leiser Komponenten,
- Optimierung des Diffusors und der Luftführung am Verdampfer,
- Kapselung des Kompressors,
- Optimierung des Transferpfades (Weiterleitung des Schalls von der Geräuschquelle – Körperschall – über die Gehäusekonstruktion bis zum menschlichen Ohr – Luftschall).
Simulationen und Sound-Visualisierungen
Simulationsmodelle werden in der Entwicklung verwendet, um schnell viele unterschiedliche Varianten zu beurteilen. Designs lassen sich miteinander vergleichen, optimieren und der Messaufwand kann reduziert werden. Dazu ist es erforderlich, Messungen und Simulationen abzugleichen, um die Modelle zu verfeinern und zu validieren. Ein Anwendungsbeispiel ist, das Schwingverhalten der Wärmepumpen-Bodenplatte vorherzusagen und daraus Rückschlüsse auf die optimale Bauform und Positionierung des Kompressors zu ziehen (Bilder 3 und 4).
Eine weitere Aufgabe auf dem Weg zu einer möglichst leisen Wärmepumpe ist es, Luftschall-Lecks zu orten. Das gelingt per Soundvisualisierung im Prüflabor (Bild 5).
Psychoakustik wird wichtiger
Mit der Optimierung von Wärmepumpenkomponenten, die Schall verursachen oder weiterleiten, ist es jedoch nicht getan. Auch die Psychoakustik spielt in der Entwicklung leiser Wärmepumpen eine Rolle. Dabei geht es um die subjektiv empfundene Lautstärke, abhängig von anderen Faktoren als der tatsächlichen Lautstärke – beispielsweise vom Design des Gerätes. Ein Beispiel: Sieht jemand den Ventilator einer Wärmepumpen-Außeneinheit, kommt ihm der Ton meist lauter vor, als wenn der Ventilator hinter einer Abdeckung liegt. Die Lästigkeit einer Wärmepumpe, also wie unangenehm der Schall empfunden wird, kann somit stark abweichen von deren Schallpegel. In einem Bosch-internen Hörversuch ließ sich das bestätigen (Bilder 6 und 7). Gezeigt hat sich dabei auch, dass die Schallabstrahlung auf der Rückseite als deutlich lästiger empfunden wurde als nach vorne.
Fazit
Die Geräuschentwicklung von Wärmepumpen ist eine von vier hauptsächlichen Herausforderungen, mit denen sich die Hersteller derzeit befassen. EU-weit uneinheitliche Vorgaben in Bezug auf die erlaubte Lautstärke erschweren teils die Entwicklung. Eine Vereinheitlichung würde zu mehr Rechtsverbindlichkeit führen. Dennoch sind heutige Wärmepumpen um 10 bis 15 dB leiser als vor rund fünf Jahren. In der aktuellen Entwicklung spielen verstärkt auch Aspekte der Psychoakustik eine Rolle; Modelle zur Ermittlung der Lästigkeit leisten hier wertvolle Dienste.
Autor: Dr. Jürgen Herbst, Bosch Thermotechnik GmbH