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PV-Alternative Mikro-BHKW

Eigenstrom aus der Brennstoffzelle – ein Erfahrungsbericht

Eigenheim von Marc Alzen in Ibbenbüren. Es handelt sich um einen Bungalow aus dem Jahr 1958 (plus Anbau aus dem Jahr 1962) mit insgesamt rund 250 m2 Wohnfläche. (Marc Alzen)

Die Remeha „eLecta 300“ ist eine fertige Einheit, bestehend aus einer Brennstoffzelle (r.), einem Gas-Brennwertgerät (l.) sowie einen 300-l-Pufferspeicher plus Anbausatz. Das Bild zeigt die Innenansicht des Gerätes. Links unten befindet sich der Anbausatz des Brennwertgerätes. Hier sind beide Heizkreise mit Pumpen verbaut. (Marc Alzen)

Hauptplatine der Brennstoffzelle. Alle Daten werden hier auf einem USB-Stick gespeichert. Somit kann man die Historie der Anlage auf lange Zeit nachverfolgen. (Remeha GmbH)

Einer der beiden Luftfilter der Brennstoffzelle, welche nach 5 Jahren im Rahmen der Wartung gewechselt werden müssen. (Remeha GmbH)

Das Herzstück der eLecta, der silberfarbene Brennstoffzellen-Stack (hinten links). Hier wird der Wasserstoff hineingegeben und dann gespalten. (Marc Alzen)

H2- und CH4-Sensoren der Brennstoffzelle, welche bei der Wartung nach 5 Jahren getauscht werden müssen. (Remeha GmbH)

Unscheinbar und doch elementar, der Reformer: Hier entsteht aus Erdgas der sogenannte graue Wasserstoff. (Remeha GmbH)

Mischer mit Pumpe aus dem Heizkreis. (Remeha GmbH)

Zufriedene Gesichter: Henk Sundag (l.), Firma Remeha, und Marc Alzen (r). (Remeha GmbH)

 

So um das Jahr 2010 waren kleine Blockheizkraftwerke (BHKW) fürs Eigenheim relativ angesagt. Danach aber wurde es um die Mikro-BHKW wieder stiller. Das Thema Eigenstrom wird heute vor allem von der Photovoltaik (PV) dominiert. Gleichwohl könnten die stromerzeugenden Geräte eine interessante Alternative sein, zumal in Form einer Brennstoffzelle. Ein Beispiel aus dem westfälischen Ibbenbüren zeigt das anschaulich.

Marc Alzen bewohnt mit seiner Frau und den drei Kindern in Ibbenbüren einen relativ alten Bungalow mit rund 250 m2 Wohnfläche aus dem Jahr 1958. Das Heizsystem, das zum Austausch anstand, war ein in die Jahre gekommener Gaskessel mit einer Nennheizleistung von 23 kW aus dem Jahr 1999. Bei den Vorbereitungen kam zunächst auch die Kombination aus neuer Gastherme plus Photovoltaik (PV), letztere in Richtung einer Nulleinspeiseanlage, in Betracht. Bei dieser Variante wurde überlegt, mit dem überschüssigen PV-Strom, der nicht als Eigenstrom genutzt werden kann und sonst ins Netz eingespeist worden wäre, eine Brauchwasserwärmepumpe zu betreiben. Als Alternative wurde in diesem Szenario auch ein Heizstab im Warmwasserspeicher in Betracht gezogen, um darüber überschüssigen PV-Strom zur Warmwassererzeugung zu nutzen. Von einer Wärmepumpe wurde ihm aufgrund des Alters des Hauses und des unsanierten Zustands sowie aufgrund der Vorlauftemperaturen von damals 75° C abgeraten. Alzen wurde dann im Internet auf das Thema Brennstoffzellenheizung aufmerksam.

Umgekehrte Elektrolyse

Am Markt gängige Brennstoffzellenheizgeräte wandeln mithilfe eines Reformers Erdgas, welches eine wasserstoffreiche Verbindung ist, in reinen Wasserstoff und CO2 um. Der gewonnene Wasserstoff reagiert dann mit zugeführtem Sauerstoff aus der Luft in einer umgekehrten Elektrolyse zu Wasser. Bei diesem Prozess entstehen Wärme und Strom. Der Vorgang wird auch als „kalte Verbrennung“ bezeichnet. Im Bungalow in Ibbenbüren läuft seit Ende September 2021 das Mikro-BHKW „eLecta 300“ von Remeha.

Das Brennstoffzellen-Heizsystem besteht aus einem Brennstoffzellen-Modul, einem 300-l-Pufferspeicher und einem Vormontage-System, welches am Pufferspeicher installiert wird. Im Vormontagesystem sind der Brennwert-Spitzenlastkessel und ein Hydraulikmodul integriert. Letzteres besteht aus einem gemischten Heizkreis (ein zweiter ist optional nachrüstbar) und einer Frischwasserstation für die Trinkwassererwärmung. Als Schüttleistung werden 230 l/10min angegeben. Die Brennstoffzelle erbringt eine elektrische Leistung von 0,75 kWel sowie eine thermische von 1,1 kWth, der Brennwertkessel moduliert zwischen 4,9 und 21,8 kWth. Die „eLecta“ kann zwar bereits eine Beimischung von 20 % Wasserstoff vertragen, aber bei Marc Alzen sind die Voraussetzungen dafür von Seiten des regionalen Gasversorgers noch nicht gegeben.

KfW und BHKW-Wartung

Marc Alzen erhielt für sein Projekt 11200 Euro Zuschuss von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) über das Förderprogramm KfW 433 (siehe Infokasten „Aktuelle Entwicklung“). Das tangiert auch ein wichtiges Thema, das in der Vergangenheit immer wieder im Fokus stand: das der Wartung von BHKW. Das Förderprogramm KfW 433 verlangt den Abschluss eines 10-Jahre-Vollwartungsvertrages und die Wartung der Brennstoffzelleneinheit. Hersteller Remeha bietet das in zwei Ausgestaltungen an: Die Funktions- und Leistungsgarantien Sicherheitspakete 1 und 2 beinhalten alle Reparaturen an der Brennstoffzelleneinheit, um den Betrieb sicherzustellen. Im Sicherheitspaket 2 ist zudem eine Wartung der Brennstoffzelle enthalten.

Die Laufzeit der Funktions- und Leistungsgarantie beginnt ab Inbetriebnahme. Sie umfasst 4000 Starts oder 85000 Betriebsstunden der Brennstoffzelle. Die jährliche Wartung des Gas-Brennwertgeräts ist nicht enthalten, sie erfolgt auf Rechnung durch den Fachhandwerker. Diese Kosten wären auch in dem anderen durchexerzierten Fall einer neuen Gastherme entstanden. Die Kosten für den Wartungsvertrag waren laut Marc Alzen bereits in den Gesamtkosten für das Mikro-BHKW eingepreist.

Mehrere interessante Fragestellungen

An dem Projekt sind in der laufenden Praxis gleich mehrere Fragestellungen interessant. Die erste: Ob und inwiefern können Mikro-BHKW beim immer populärer werdenden Thema Eigenstrom im Eigenheim eine Alternativtechnologie zur Photovoltaik sein? Das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG) ordnet Anlagen mit bis zu 2 kWel in die Mikro-BHKW-Klasse ein. Die zweite: Kann über solche Mikro-BHKW das Thema Brennstoffzelle zur Energieversorgung von Eigenheimen Einzug halten? Perspektivisch ist damit auch das Thema grüner Wasserstoff verbunden. Dieses scheitert derzeit noch an der Verfügbarkeit. Die technische Umsetzung ist aber bereits in vollem Gang. Die Remeha „eLecta“ verträgt heute bereits Wasserstoff-Beimischungen von 20 % und es gibt diverse Pilotprojekte in Deutschland, die die Tauglichkeit von Erdgasnetzen auf die Umstellung und Verteilung von Wasserstoff untersuchen. Last but not least die Frage der Wirtschaftlichkeit: Wie stehen in der Kalkulation die vermiedenen Strombezugspreise im Verhältnis zu den Kosten für das eingesetzte Erdgas?

Hohe Eigenverbrauchsquote

Interessant vor diesem Hintergrund zu sehen ist, wie sich die Brennstoffzelle im Haus der Familie Alzen präsentiert. Nach einem Jahr akribischer Datenaufnahme beziffert Marc Alzen die Eigenverbrauchsquote Strom aus seinem Mikro-BHKW auf 55 bis 75 %. Ein Spektrum, das üblicherweise nur in Verbindung von PV mit Solarstromspeichern erzielt wird. Die Brennstoffzelle produziert pro Stunde 750 bis 770 Wh Strom. Die Grundlast des Haushalts liegt bei ca. 250 bis 350 Wh, dazu kommt der normale Verbrauch. Das Gerät lief im ersten Betriebsjahr 7448 h. Da ein Jahr ja bekanntlich 8760 h hat, stand die Brennstoffzelle rein rechnerisch ca. 54 Tage im ersten Betriebsjahr still. Das lässt sich wie folgt aufschlüsseln: Pro 45 h entfallen ca. 1,5 h auf die Regeneration (in Summe ca. 11 Tage), und es gab auch eine Störung Ende 2021 von knapp einer Woche. Das noch verbleibende Delta ist darauf zurückzuführen, dass irgendwann mangels Wärmeabnahme der Wärmespeicher durchgeladen war und die Brennstoffzelle dann jeweils in den Standby-Betrieb ging. Trotzdem ist eine hohe Auslastung des Systems zu verzeichnen.

 

Wirtschaftlichkeitsberechnung

  • Gesamtkosten der „eLecta 300“ = 35674,66 Euro
  • Alternativ-Angebot nur Brennwertheizung gesamt = 13387,81 Euro
  • KFW 433 Förderung = 11200,00 Euro
  • Mehrkosten = 11086,85 Euro

 (Die Ersparnis durch den hydraulischen Abgleich kann konkret nicht beziffert werden. Marc Alzen schätzt diese auf 500,00 €, Kosten ohne Grundgebühr/Netzgebühr)

  • Verbrauchskosten Strom/Gas p.a. vorher = 3923,00 Euro
  • Verbrauchskosten Strom/Gas im ersten Betriebsjahr = 2740,06 Euro
  • Einspeisevergütung/Energiesteuererstattung im ersten Jahr 442,35 Euro

 

Mehrkosten Anschaffung = 11086,85 Euro

Ersparnis im ersten Jahr = 1625,29 Euro

Bei gleichbleibender Einsparung Amortisation nach 6,82 Jahren.

(Angaben: Marc Alzen)

 

 

Betriebskosten

(Ist-Werte vom 24.09.2021 bis zum 24.09.2022) Änderungen zum Vorjahr: Hydraulischer Abgleich und Einbau Remeha „eLecta 300“.

  • Stromeinkauf: 2518 kWh à 0,27 € = 679,86 € (ohne Grundgebühr)
  • Gaseinkauf: 43834 kWh à 0,047 € = 2060,20 € (ohne Grundgebühr)

(Davon Mehrverbrauch Brennstoffzelle gegenüber Gastherme: 6297 kWh à 0,047 € = 295,96 €)

Summe Ausgaben: 2740,06 € (ohne Grundgebühr)

  • Strom Einspeisung: 2103 kWh = 346,35 Euro
  • Energiesteuer Rückerstattung ~ 96,00 Euro

Summe Einnahmen Brennstoffzelle 442,35 Euro

 

Endsumme 2297,71 Euro

(Angaben: Marc Alzen)

 

Das Thema entwickelt sich weiter

Bei der Wirtschaftlichkeitsberechnung muss man sehen, dass Marc Alzen sein Erdgas derzeit zu einem äußerst günstigen Preis von 4,7 ct/kWh einkauft (siehe Infokasten „Betriebskosten“). Höhere Brennstoffkosten würden allerdings auch bei einer reinen Brennwertheizung anfallen. Hinzu kommt, dass der Strompreis derzeit sehr viel dynamischer steigt und die der Alzen-Berechnung zugrunde gelegten 27 ct/kWh heute Makulatur sind. Am Ende ist es eine sich aktuell ständig verschiebende Arithmetik, die von den Preisen für Strom und Erdgas getrieben wird.

Ein anderer bedenkenswerter Aspekt kommt hinzu: Eine PV-Anlage produziert auf einen Schlag eine hohe Stromleistung von 8 bis 10 kW. Viel Strom wird trotz Solarstromspeicher ins Netz gegeben. M it d en 7 50 W d es Micro-BHKW wird die Grundlast komplett abgedeckt. Zusätzlich produziert die Anlage auch nachts Strom, was eine PV-Anlage nicht tut. Das Thema Mikro-BHKW/Brennstoffzelle entwickelt sich somit weiter, nicht zuletzt vor dem Hintergrund energiepolitischer Vorgaben. Marc Alzen ist mit seiner Wahl jedenfalls zufrieden.

 

Förderung – aktuelle Entwicklung

Zum Ende des Jahres 2022 wurde die Förderung für Brennstoffzellen über das KfW-Programm 433 eingestellt. Seit Januar dieses Jahres werden Brennstoffzellen-Anlagen nun über die BEG gefördert. Der Haken an der Sache ist, dass dort als Fördervoraussetzung der Einsatz von grünem Wasserstoff oder Biomethan vorgegeben ist. Grüner Wasserstoff und Biomethan sind am Markt derzeit und wohl auf Sicht nur schwer verfügbar. Biomethan ist auch nicht gleichzusetzen mit Biogas. Chemisch gesehen ist Biomethan identisch mit Erdgas. In Deutschland produziert nur eine Minderheit von Biogas-Anlagen Biomethan. Unklar ist derzeit auch, wie die Erfüllung der Fördervoraussetzungen nachgewiesen werden müssen. Allerdings wird es hier in der nächsten Zeit Bewegung geben. Nach eigener Auskunft ist das BAFA im Gespräch mit dem Bundeswirtschaftsministerium.

Die Förderung im Rahmen der BEG beträgt maximal 35 %. Alternativ zur BEG besteht die Möglichkeit, die Investition in eine Brennstoffzelle steuerlich geltend zu machen. Über den Steuerbonus können insgesamt 20 % der Investitionskosten einer Modernisierung über 3 Jahre verteilt von der Einkommenssteuer abgezogen werden. Interessant bei diesem Weg ist, dass es hier nicht die Bedingung des Einsatzes von grünem Wasserstoff oder Biomethan gibt.

Was auch noch aktuell in der Klärung ist: Wie sieht es mit der KWKG-Umlage aus? Dazu hat sich die Regierung Stand Ende Januar noch nicht geäußert. Sollte diese wieder für die Brennstoffzelle aktiviert werden – zuvor war sie in der KfWFörderung enthalten – dann wird es für den Nutzer der Anlage wieder richtig interessant, denn dann ist eine zusätzliche Förderung möglich.

 


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