Stundenverrechnungssatz ermitteln [Seite 2 von 2]
Zentraler Kalkulationsfaktor für die Zukunftssicherung des Betriebes
Im zweiten Schritt wird die Belegschaft in unproduktive und produktive Mitarbeitende unterteilt: Produktive Mitarbeitende sind die, die unmittelbar Leistungen für den Kunden erbringen in der Werkstatt oder beim Kunden selber – nur für solche zahlt der Kunde. Die in diesem Sinne unproduktiven Mitarbeitenden erledigen die genauso erforderlichen Arbeiten im Hintergrund, wie z. B. Personalsachbearbeitung, Auftragssteuerung, Kalkulation, Lager, Rechnungen. Dabei sind verschiedene Gestaltungen möglich:
- Mitarbeitende sind gar nicht in der Arbeit beim Kunden tätig: Diese Arbeitszeiten werden nicht angesetzt.
- Mitarbeitende sind anteilig in der Arbeit beim Kunden tätig: In die maximal abrechenbare Stundenzahl werden nur die Stunden mit direkter Arbeit für die Kunden einbezogen. Im Berechnungsschema werden die so errechneten Stunden auf Vollzeitstellen umgerechnet.
- Führungskräfte (Inhaber und auf der zweiten Ebene Abteilungs- oder Gruppenleiterinnen): Arbeiten diese beim Kunden Aufträge mit ab, werden diese Zeiten anteilig mit einbezogen.
Unproduktive Zeiten
Im dritten Schritt geht es um die sog. „unproduktiven Zeiten“. Klar ist: Wer acht vertraglich vereinbarte Arbeitsstunden beim Kunden verbringt, ist nicht 480 Minuten am Tag gleich produktiv tätig. Ein bestimmter Prozentsatz an unproduktiven Zeiten ist „normal“, wobei zu klären wäre, was für den Betrieb akzeptabel ist (siehe Kasten).
Unproduktive Zeiten sind eine entscheidende Stellschraube für die weitere Berechnung: Sie mindern die maximal abrechenbare Stundenzahl. Das bedeutet: Je mehr unproduktive Zeiten angesetzt werden, desto höher der errechnete Stundenverrechnungssatz (Kosten geteilt durch abrechenbare Stunden).
Damit besteht an dieser Stelle die Versuchung, den Betrieb besser darzustellen als er ist: Der Prozentsatz für die abzuziehenden unproduktiven Zeiten wird niedriger angesetzt, als es der Realität entspricht. Die kalkulatorische Folge: Der auf dieser Basis errechnete Stundenverrechnungssatz wird niedriger. Im Vergleich mit dem aktuell im Markt berechneten Stundenverrechnungssatz bedeutet das: Der errechnete Stundenverrechnungssatz liegt ggf. unter dem aktuell berechneten oder nur wenig drüber. Damit wird der Handlungsdruck zur Erhöhung geringer. Aber hilft das wirklich, die Zukunft zu bewältigen? Der vorsichtige Kaufmann und Handwerker wird doch eher einen höheren Prozentsatz für die unproduktiven Zeiten ansetzen. Und natürlich mit seiner Mannschaft darüber reden, wie man gemeinsam diese senken kann (siehe Kasten). Ein durchschnittlicher Satz von 20 % oder mehr ist vermutlich nicht unrealistisch. Ergebnis ist die maximal abrechenbare Stundenzahl.
Die Berechnung geht davon aus, dass der Betrieb diese auch am Markt verkaufen kann – Vollauslastung. Eine Unterauslastung müsste zu einem weiteren Aufschlag auf den Stundensatz führen.
Eigenen Stundenverrechnungssatz ermitteln, Entscheidungen treffen
Für die Berechnung des eigenen Stundenverrechnungssatzes ist im „Stundensatz_ Rechner_IKZ.xlsx“ das „Rechenblatt“ vorgesehen, zur Erläuterung dienen die Blätter „Beispielrechnung“ und „Vorgehen“.
Ermittelt wird der Stundenverrechnungssatz netto, also vor Umsatzsteuer. Danach liegen für den eigenen Betrieb Ergebnisse vor:
a) Der aktuell beim Kunden angesetzte Stundenverrechnungssatz
b) Der berechnete Stundenverrechnungssatz („Arbeitsblatt“, C68 oder C69, je nach Berechnungsvariante)
c) Stundenverrechnungssatz des Wettbewerbs gemäß LGH-Betriebsvergleich1
Nach Vergleich dieser drei Zahlen können Entscheidungen getroffen werden, z. B.:
- Alles belassen, wie es ist – z. B. weil a) größer b) und in etwa auf Niveau von c)
- Stundenverrechnungssatz erhöhen – z. B. weil a) kleiner b) und auch kleiner c);
- Sofort in einem Betrag die Differenz zwischen a) und b) aufschlagen, wenn das mit Blick auf c) im Markt durchsetzbar erscheint
- Die Differenz zwischen a) und b) in zwei oder drei Schritten mit entsprechendem zeitlichen Abstand aufschlagen
Darüber hinaus stehen weitere Entscheidungen an:
- Wann das nächste Mal rechnen?
- Künftig regelmäßig erhöhen? (Einmal im Jahr – bzw. aktuell öfter? – um die laufenden Kostensteigerungen aufzufangen?)
- Wie abstimmen mit der Ausrichtung des Betriebes am Markt (Struktur der Dienstleistungen und Struktur der Kunden und Kundengruppen)? Wo stärkere Schwerpunkte setzen (weil dort die Erträge höher sind und das Marktpotenzial wächst)?
- Weitere Fragen, die sich aus der Situation des eigenen Betriebs ergeben.
Verbesserungspotenzial: unproduktive Zeiten
Die Beispiele zeigen die weite Bandbreite unproduktiver Zeiten auf, und sind doch nicht vollständig:
- Garantiearbeiten ohne Erstattung
- Fehlendes Material, fehlende Werkzeuge (ungenügende Arbeitsvorbereitung)
- Bewusste/unbewusste Pausen der Mitarbeitenden neben den vertraglich vereinbarten (vielleicht durchaus gewollt z. B. zur Förderung der informellen Kommunikation)
- Veraltete Technik: Werkzeuge, EDV-Hardware und -Software
- Unterbrechungen jeder Art
- Social-Media und private Handy-Nutzung
- Telefon/Messenger: betrieblich hilfreich oder ohne konkreten Nutzen?
- Unnötige Aufgaben: Wie viele Dinge werden getan, ohne diese noch zu hinterfragen?
- Besprechungen: vertane Zeit, analog wie digital
Die Beschäftigung mit den beim Kunden abrechenbaren Stunden kann ein Anlass sein, mit der Mannschaft über diese Themen zu sprechen und gemeinsam als sinnvoll erkannte Verbesserungen auf den Weg zu bringen und zu leben.
Weitere Ausbaumöglichkeiten zum Stundenverrechnungssatz
- Errechnen von Stundensätze für Teilbereiche des Betriebes. Dann sind Kostenteilungen erforderlich:
- Die einem Bereich direkt zurechenbaren Kosten werden in voller Höhe angesetzt
- Die anderen Kosten („Overhead-Kosten“) werden nach Schlüsseln auf die Bereiche verteilt. Diese Schlüssel sind oft Gegenstand ausgiebiger Diskussionen. Gefahr dabei: sich in Zahlendetails zu verzetteln. Ein pragmatisch erzielter Konsens über die Schlüssel ist der bessere Weg.
- Errechnen des Stundensatzes ohne Berücksichtigung des Aufschlags auf den Wareneinsatz, etc.
Tipp der Redaktion:
Nutzen Sie für Ihre Berechnungen den Excel-Stundensatzrechner des Autors auf ikz.de (bit.ly/Std-Rechner).
Dieses „Spielen mit den Zahlen“ ist kein Selbstzweck. Es bildet die Situation des Betriebs ab und zeigt dem Inhaber oder Geschäftsführer seinen Entscheidungsspielraum für wirtschaftliche Weichenstellungen. Wer hierzu Beratungsbedarf hat, kann z. B. die kostenlose Betriebsberatung der Handwerkskammern nutzen. Umfangreiche Unterstützung bieten auch die SHK-Innung bzw. der Fachverband.
1) Betriebsvergleiche der Landes-Gewerbeförderungsstelle des nordrhein-westfälischen Handwerks (LGH), Ausgabe für das Sanitär-Heizung-Klima-Handwerk NRW 2020 zum Download verfügbar unter bit.ly/Bvg_SHK
2) www.existenzgruender.de, Checklisten zur Preiskalkulation und Rechnungswesen zum Download verfügbar unter bit.ly/Pre-Re
3) Themenseite zum Unternehmenskonzept, zum Download verfügbar unter bit.ly/U-Konzept
4)„Stundensatz_Rechner_IKZ.xlsx“, zum Download verfügbar unter bit.ly/Std-Rechner
5)Z.B. diese zwei kostenfreien Excel-Tools:
„Gründungsplaner HWK Düsseldorf“, zum Download verfügbar unter bit.ly/Gr-Planer
„Stundensatzrechner“ des Softwareanbieters Lexware, zum Download verfügbar unter bit.ly/Std-R
Autor: Dipl.-Kaufm. Carl-Dietrich Sander, UnternehmerBerater
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