Zukunft Wasserstoffheizung [Seite 1 von 2]
Wasserstoff als Teil der Energiewende in der Heiztechnik? – Teil 3
In den ersten beiden Teilen unserer Serie zur „Zukunft Wasserstoffheizung“ ging es um Grundlagen zum Energieträger Wasserstoff, politische Wasserstoffstrategien und aktuelle Forschungsprojekte. Im dritten und letzten Teil dreht sich nun alles um die kommenden Heizgeräte-Generationen.
Wasserstoff hat Zukunftspotenzial. Deswegen setzen immer mehr Länder auf Wasserstoff-Strategien – mit dem Ziel, den CO2-Ausstoß weiter zu reduzieren und so ihre Klimaziele zu erreichen. In der Wärme- und Warmwasserversorgung bietet Wasserstoff, wie in den ersten beiden Teilen der Serie erläutert, zusätzlich zur Wärmepumpen-Technologie einen möglichen Hebel für eine konsequente Dekarbonisierung des Gebäudesektors. Alle großen Heiztechnik-Hersteller arbeiten an Technologien und Heizgeräten, die in der Lage sind, Wasserstoff sowohl in Form von Beimischung zu Erdgas als auch als Energieträger in Reinform zu nutzen.
Technisch können Heizgeräte bereits jetzt ein Gemisch von Erdgas und Wasserstoff verbrennen. Denn Wasserstoff ist letztendlich auch nur ein brennbares Gas. Und damit bleibt das technische Grundprinzip des Heizgerätes gleich. Beachtet werden müssen jedoch die abweichenden physikalischen Eigenschaften von Wasserstoff im Vergleich zu Erdgas.
„Nach unseren derzeitigen Tests bieten auch unsere älteren Gas-Brennwertgeräte die Möglichkeit, einen Wasserstoffanteil im Gasnetz störungsfrei zu verarbeiten“, so Sven Hanfland, Director Group R & D Wall Hung Appliances in der Vaillant Group. „Denn Wasserstoff hat einen vergleichbaren Wobbe-Index wie Erdgas. Je mehr Wasserstoff dem Erdgas beigemischt wird, desto höher steigt die Luftzahl im Gerät. Und genau hier liegt eine technische Besonderheit, denn wir müssen künftig mit einem fluktuierenden Anteil an Wasserstoff im Gasnetz rechnen. Im Hinblick auf Altgeräte in den Häusern und Wohnungen muss für die Wasserstoff-Beimischung geklärt werden, ob und bis zu welcher Grenze ein Betrieb der Geräte ohne technische Anpassungen möglich ist.“ Dies betreffe auch atmosphärische Gas-Heizgeräte, die noch im Bestand anzutreffen sind. Jedoch deuteten die stattfindenden Versuchsreihen des Remscheider Unternehmens darauf hin, dass auch atmosphärische Gas-Heizgeräte eine Beimischung von Wasserstoff verarbeiten könnten, so Hanfland.
Ungeklärt ist jedoch nach wie vor die Frage, wie hoch der Wasserstoffanteil im Erdgasnetz in Zukunft sein soll. Aktuell liegt die mögliche Beimischquote in Deutschland bei 10 %. Diese wird allerdings nicht ansatzweise ausgeschöpft. Hier sind die Gesetzgeber auf Länderebene und in der EU gefordert, eindeutige Regelungen zu treffen, die sowohl dem Ziel der Reduzierung von CO2-Emissionen als auch der Gerätesicherheit dienen.
Aktuelle Gas-Brennwertgeräte passen sich automatisch an Gasarten an
Die Wasserstoff-Beimischung bewirkt, dass durch die CO2-freie Verbrennung des Wasserstoffanteils der CO2-Ausstoß von Gas-Brennwertgeräten unmittelbar sinkt. Möglich ist dies, da moderne Gas-Brennwertgeräte mit einer Wasserstoff-Beimischung in der Regel keine Probleme haben. Denn sie verfügen über Technologien, die für eine automatische Anpassung auf Gasarten, -qualitäten und -zusammensetzungen sorgen. Auch die derzeit stattfindende Marktraumumstellung in West- und Norddeutschland von L- auf H-Gas hat für derartige Gas-Brennwertgeräte keine Auswirkungen. Sind hier bei älteren Geräten in der Regel Austausch- und Einstellungsarbeiten notwendig, adaptieren neue Gas-Brennwertgeräte einfach die Qualität des bereitgestellten Gases im Verbrennungsprozess.
Beispiele dafür sind die wandhängenden Gas-Brennwertgeräte „ecoTEC plus 1-5“ und „ecoTEC exclusive 1-7“ von Vaillant. Beide verfügen serienmäßig über die Verbrennungsregelung „IoniDetect“. Diese erkennt über den Ionisationsstrom Gasarten automatisch und gleicht Qualitätsschwankungen aus. Die kontinuierliche Anpassung des Gas-Luft-Gemisches sorgt für einen hocheffizienten Betrieb mit einer stets optimierten Energieausbeute. Das System arbeitet komplett automatisch. Diese Technologie funktioniert auch bei einer Beimischung von Wasserstoff sicher und effektiv. „Unsere Gas-Brennwertsysteme der neuesten Generation1) sind bereits heute in der Lage, Gas mit einer 20%igen Beimischung von Wasserstoff zu verbrennen. In unseren Laboren konnten wir sogar Beimischungen bis zu 30 % erfolgreich erproben“, so Hanfland dazu.
Doch wie sieht es bei Gas-Brennwertgeräten aus, die ausschließlich mit Wasserstoff betrieben werden sollen? Realistisch könnte das schon mittelfristig sein, in geschlossenen H2-Netzen, die regional betrieben werden. Nicht nur in Deutschland, sondern auch in Ländern der EU und in Großbritannien sind solche Wasser stoffinseln in der Planung. Hierbei stehen zunächst geschlossene Konzepte der Erzeugung von grünem Wasserstoff innerhalb von Wohnquartieren, Stadtteilen oder ganzen Städten und der direkte Verbrauch des dort produzierten grünen Wasserstoffs im Fokus. Hierfür werden mittelfristig Gas-Brennwertgeräte benötigt, die ausschließlich mit Wasserstoff betrieben werden können.
Bei der Entwicklung von Gas-Brennwertgeräten für reinen Wasserstoff stehen vor allem zwei Aspekte im Mittelpunkt: die Konstruktion des Brenners und die Flammenüberwachung. Im Vergleich zu Erdgas hat Wasserstoff eine fünf- bis zu siebenfach höhere Verbrennungsgeschwindigkeit. Wird unter diesen Voraussetzungen ein Brenner für Erdgas eingesetzt, gerät schnell das Gleichgewicht zwischen Ausström- und Flammengeschwindigkeit ins Wanken. Ziel ist es deswegen, wasserstofftaugliche Gasbrenner zu entwickeln und einzusetzen, die speziell für die Verbrennungsgeschwindigkeit von Wasserstoff geeignet sind und ebenso hohen Sicherheitsanforderungen genügen, wie reguläre Gas-Brennwertgeräte dies tun.
In puncto Flammenüberwachung sind derzeit erhältliche Gas-Brennwertgeräte zwar mit der bereits beschriebenen Ionisationstechnologie ausgerüstet. Beim Einsatz von reinem Wasserstoff ist der Ionisationsstrom aber um mehrere Zehnerpotenzen geringer als bei Erdgas. Im unteren Teillastbereich der Wärmeerzeugung tendiert er sogar fast gegen null. Die Konsequenz: Der Ionisationsstrom kann nicht zur Flammenüberwachung eingesetzt werden. Alternative technische Lösungen sind Bestandteil fortgeschrittener Entwicklungsprojekte. Der Heiztechnikspezialist Vaillant beispielsweise testet derzeit ein seriennahes Gerät für eine 100 % H2-Nutzung im Dauerbetrieb.
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