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Deutsche Meister für internationale Einsätze

Fortbildung zum „Internationalen Meister“ macht SHK-Meister fit für Hilfen in Schwellen- und Entwicklungsländern

Christopher Bunch (4. v. li) mit einem Teil der angehenden Ausbilder und Ausbilderinnen.

Praktische Übungen im Löten von Kupferrohren.

Praktische Übungen zu Aufputz- und Unterputzinstallationen.

 

Das vielfältige Know-how des deutschen Handwerks ist in Entwicklungs- und Schwellenländern eine begehrte Ressource und kann dort viel zur nachhaltigen Entwicklung beitragen. Die berufsbegleitende Fortbildung zum „Internationalen Meister“ der Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main ist in Deutschland noch einzigartig. Sie vermittelt wichtige Inhalte, etwa Berufsbildungssysteme und Arbeitsbedingungen in Entwicklungsländern sowie internationales Projektmanagement. Und auch ein kurzzeitiger Auslandseinsatz gehört zum Lehrplan.

Speziell für den Einsatz in der Entwicklungszusammenarbeit führt die Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main eine berufsbegleitende Fortbildung durch, die Kompetenzen von langjährigen Handwerks- und Industriemeistern im Hinblick auf internationale Tätigkeiten erweitert. Vermittelt werden insbesondere interkulturelle Kompetenzen, internationales Projektmanagement, Berufs- und Ausbildungssysteme im Ausland, Unternehmensgründungswissen und Außenhandel sowie Leben und Arbeiten in fragilen Staaten.

Bereits bewährte Fortbildung

Die Fortbildung beinhaltet 200 Unterrichtseinheiten innerhalb von zehn Monaten und findet am Wochenende in Präsenz in Frankfurt oder Augsburg statt – weitere Standorte sind in Planung. Seit Kurzem bietet auch die HWK Südwestfalen die Qualifizierung berufsbegleitend in Teilzeit an. Diese Fortbildung endet mit Abschluss „Geprüfte/r Fachmann/Fachfrau in der internationalen Zusammenarbeit nach der Handwerksordnung“. Vielen in der Branche ist diese Möglichkeit der Fortbildung noch unbekannt. „Dabei läuft in diesem Jahr bereits der achte Jahrgang in Frankfurt an“, sagt Erik Ruh von der HKW Frankfurt-Rhein-Main.

Schon während der Fortbildung erfolgt ein erster internationaler Einsatz. „Bisher haben unsere Internationalen Meister mehr als 170 weltweite Auslandseinsätze absolviert“, ergänzt Ruh. Der Schwerpunkt liege bisher auf Afrika, aber Einsätze sind auch in Asien und Lateinamerika möglich.

Handwerk hat Nachholbedarf bei der Internationalisierung

Auf die Frage, wie es zu der Fortbildung kam, antwortet Ruh: „Wir führen seit 20 Jahren Projekte in der Entwicklungszusammenarbeit durch. Wir, genauso wie die Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ), haben zunehmend Bedarf an Fachkräften für unsere Auslandsprojekte verzeichnet. Ideal sind Menschen, die an einer internationalen Arbeit Interesse haben und die ohne lange Vorbereitung für solche Einsätze zur Verfügung stehen.“

So wurde mit Unterstützung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) der „Internationale Meister“ ins Leben gerufen. „Das Handwerk hinkt anderen Wirtschaftssektoren in puncto Internationalität hinterher. Mit dem Internationalen Meister haben wir diese Lücke nun schließen können“, erläutert Erik Ruh, vom BMZ entsandter Business Scout an die HWK Frankfurt-Rhein-Main. Denn gerade das Handwerk kann mit wertvoller Expertise zur Entwicklung von Schwellen- und Entwicklungsländern beitragen. Die Rückmeldungen der HWK-Projektleiter seien unisono positiv.

Dass das Handwerk noch in der Internationalisierung zurückhinkt, überrascht nicht, herrscht doch im Inland kein Mangel an Aufträgen – und unter den Meistern Vollbeschäftigung. Doch die Fortbildung verändere die Einstellung in den Betrieben zu mehr Offenheit und Neugier gegenüber Geschäftsbeziehungen mit dem Ausland, weiß Ruh.

Prüfungsvoraussetzungen

Die Qualifizierung zum „Internationalen Meister“ schließt mit einer schriftlichen und mündlichen Prüfung sowie einer Projektarbeit zum Erfahrungsaufenthalt im Ausland ab. Voraussetzungen für eine Teilnahme an der Prüfung sind:

  • eine Meisterausbildung oder
  • ein anerkannter Fortbildungsabschluss nach einer Regelung des Berufsbildungsgesetzes zum Industriemeister oder
  • ein Abschluss zum Staatlich geprüften Techniker oder
  • ein Hochschulabschluss und eine mindestens einjährige Berufspraxis oder
  • Fortbildungsabschluss und eine mindestens dreijährige Berufspraxis.

Auslandspraktikum in Guatemala

Die HWK Frankfurt-Rhein-Main führt ein über die sequa gGmbH finanziertes Berufsbildungspartnerschaftsprojekt mit der guatemaltekischen Berufsbildungsbehörde Intecap in Guatemala-Stadt, der Hauptstadt des mittelamerikanischen Landes, durch. Weitere Partner sind die guatemaltekische Baukammer sowie Unternehmen aus dem Bausektor. Das Projekt kümmert sich um die Ausbildung von Ausbildern.

An dieser Schule absolviert Christopher Bunch, SHK-Anlagenmechaniker, im Rahmen der Fortbildung zum Internationalen Meister seinen Auslandseinsatz. Die Armut in Guatemala ist groß. Eine duale Ausbildung wie in Deutschland gibt es hier nicht. Generell bleibt eine Berufsausbildung den meisten Jugendlichen verwehrt.

Christopher Bunch’s Herz schlägt schon länger für Lateinamerika und er greift zu, als die Handwerkskammer ihm den Platz bei Intecap anbietet. Zwei Wochen dauert sein Aufenthalt. Er bereitet sich schon zuhause darauf vor. In der ersten Woche seines Praktikums arbeitet er weiter an seinem Trainingsprogramm, welches zu einem Viertel aus einem Theorieteil und zu drei Viertel aus einem praktischen Teil besteht. In der zweiten Woche steht er dann vor elf angehenden Ausbildern und lehrt zu unterschiedlichen Installationsarten, -materialien und Arbeitsgängen. Unterstützt wird er dabei von einem Dolmetscher.

Vor Ort stellt er fest, dass es im Land nur eine Art der Rohrverlegung gibt, die zudem nicht genormt ist. „Die große Herausforderung ist die ganz andere Bauweise wie in Deutschland, die unterschiedlichen Materialen, die verwendet werden, mit denen ich mich auch erst einmal bekannt machen musste“, sagt Bunch. Anpassungsfähigkeit ist also gefragt. „Das, was ich vorbereitet habe, muss ich spontan in der Schulung immer wieder anpassen“, erläutert er. „Waren, die geliefert werden, sind häufig nicht die, die man bestellt hat und auch Lieferengpässe sind in Guatemala an der Tagesordnung“. Das erfordere zusätzliche Flexibilität.

Es dauert nur wenige Tage, bis er mit den Schülerinnen und Schülern ein Vertrauensverhältnis aufgebaut hat. Denn er ist sich nicht zu schade, auch bei unliebsamen Aufgaben wie Reinigungsarbeiten mit anzupacken. Es herrscht zudem eine große Wärme und Herzlichkeit, die Christopher Bunch aus anderen Aufenthalten in Lateinamerika bereits kennt und schätzt. So ist er auch von seinem Aufenthalt in Guatemala begeistert und sieht seine langfristige Zukunft in einem Land wie diesem.

Vom Handwerk und seinen Möglichkeiten, Wirtschaft und Gesellschaft in Entwicklungs- und Schwellenländern zu entwickeln, ist er fest überzeugt. „Ich habe viele Freunde, die studieren. Bei ihnen breche ich oft eine Lanze für das meiner Ansicht nach unterschätzte Handwerk“, so der 28-Jährige. Er möchte seine Passion fürs SHK-Handwerk, für fremde Länder und Kulturen und für die Entwicklung von jungen Menschen auch in seinem weiteren Lebensweg miteinander verbinden. Der SHK-Betrieb, bei dem Bunch seit einigen Jahren arbeitet, unterstützt ihn dabei und hat ihn auch in der Vergangenheit mit unbezahltem Urlaub bereits einige Male ziehen lassen. Wenn SHK-Betriebe so agieren, machen sie die Ausbildungen im Handwerk für junge Menschen wesentlich attraktiver und werden es leichter haben, Azubis und angehende Meister zu finden.

Autorin: Angela Kanders, freie Journalistin

Bilder: Alejandra Carías de Marroquin

 


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