Reichlich Optimierungspotenzial – nicht nur bei Erdgasheizungen
Unnötig hoch eingestellte Heizkurven, hydraulisch nicht abgeglichene Systeme, fehlende oder mangelhafte Rohrleitungsdämmung, ungeregelte Umwälzpumpen… – schon auf den ersten Blick offenbart so mach eine Kesselanlage reichlich Optimierungspotenzial. Angesichts der stark gestiegenen Energiepreise sind viele Verbraucher inzwischen gewillt, dieses Potenzial zu heben. Insofern kommt die am 1. Oktober dieses Jahres in Kraft getretene Mittelfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung – kurz EnSimiMaV – unter diesem Gesichtspunkt zum richtigen Zeitpunkt. Sie sieht unter anderem die Prüfung und Optimierung von mit Erdgas betriebenen Heizungen vor. Gas-Zentralheizungssysteme für Wohngebäude mit mindestens 6 Wohneinheiten sind darüber hinaus hydraulisch abzugleichen.1)
Auf der anderen Seite sind die Auftragsbücher im SHK-Handwerk prall gefüllt. Neue Wärmepumpen und Bäder warten auf die Einbringung beim Kunden. Freie Kapazitäten sind in vielen Betrieben Mangelware. Dass die SHK-Branche nun – wenn auch indirekt – in die Pflicht genommen wird, ist die andere Seite der Medaille. Sicher, die visuelle Prüfung der Heizungsanlage als ersten verpflichtenden Baustein lässt sich im Rahmen ohnehin anfallender Arbeiten quasi nebenbei durchführen. Also beispielsweise bei der Wartung oder einer Reparatur. Dafür gibt es spezielle Checklisten, die genutzt werden können. Für die dann tatsächlich erforderlichen Optimierungsarbeiten wie der Tausch der Heizungspumpe oder ein hydraulischer Abgleich von Heizungen in Mehrfamilienhäusern sind aber weitere, freie Kapazitäten notwendig.
Man darf sich überdies gleichwohl die Frage stellen, warum explizit Erdgasheizungen in die Pflicht genommen werden? Heizöl oder Flüssiggas sind ebenfalls fossile Energieträger. Und in Heizungsanlagen mit diesen Energieträgern dürften sich die eingangs beispielhaft aufgeführten energetischen Defizite ebenso finden wie in Erdgas betriebenen Heizungsanlagen. Insofern greift die Fokussierung auf nur einen Brennstoff zu kurz, auch wenn die Gründe dafür – die politisch motivierte Unabhängigkeit vom Erdgas – durchaus nachvollziehbar sind. (Heiz-) Energie ist generell wertvoll. Eine verpflichtende Heizungsprüfung unabhängig vom Energieträger wäre mitunter zielführender gewesen. Zumindest hätte sie im Hinblick auf die zu realisierenden Einsparpotenziale deutlich mehr Wirkung entfalten können.
Markus Sironi
Chefredakteur und Handwerksmeister
m.sironi@strobelmediagroup.de
1) Siehe Bericht „Beschlossene Sache“ in dieser Ausgabe ab Seite 12 ff.