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Neuer Anwendbarkeitsnachweis in Mischinstallationen für Versorgungsleitungen Trinkwasser und Heizung
Bei Versorgungsleitungen (Trinkwasser und Heizung) ist ein Materialwechsel von Strang- auf Anschlussleitungen eine durchaus übliche Praxis: Edelstahl- oder Kupferrohr im Steigstrang, die Etagenanbindung wird in vielen Fällen mit Mehrschicht-Verbundrohren ausgeführt. Das bedeutet: Nichtbrennbare und brennbare Komponenten werden innerhalb eines Rohrleitungssystems montiert. Über deren Auslegung und Anwendung gab es in jüngster Vergangenheit Unsicherheiten. Durch neue allgemeine Bauartgenehmigungen (aBG) gibt es jetzt jedoch Klarheit in diesem wichtigen Brandschutz-Thema.
Was ist überhaupt eine Mischinstallation?
Unter einer Mischinstallation versteht man allgemein die Verwendung mehrerer Werkstoffe, etwa Rohrleitunen aus Guss und Kunststoff. In der Sanitärtechnik ist der Begriff ebenfalls bereits seit mehreren Jahrzehnten belegt. Stichwort: Einhaltung der Fließregel bei Rohren und Bestandteilen aus Kupfer und Stahl. Werden verschiedene Materialien in einer Trinkwasser- oder Heizungsanlage eingesetzt, die aufgrund ihrer Bestandteile unter bestimmten Einbaubedingungen zu Korrosionsvorgängen führen können, spricht man ebenfalls von einer Mischinstallation.
Heute meint man mit Mischinstallation immer öfter auch ein Rohrsystem, in dem Komponenten (Rohre und Verbindungsteile) verschiedener Hersteller verwendet werden. Im Brandschutz wird darunter bei der Rohrinstallation ein Materialwechsel von brennbaren und nichtbrennbaren Baustoffen verstanden. Der Begriff Mischinstallation wird also in vielen unterschiedlichen Bereichen verwendet.
Mischinstallation in der wasserführenden Gebäudetechnik
Der Einsatz verschiedener Materialien ist gängige Praxis bei der Rohrführung von Trinkwasseranlagen. Das ist die logische Konsequenz aus den verschiedenen Anforderungen: So ist bei Leitungen mit größeren Dimensionen im Keller nicht die Biegefähigkeit gefragt, sondern größere Befestigungsabstände für eine einfache Verlegung. Im Strangbereich hingegen ist die Längenausdehnung ein wichtiges Kriterium. Damit einhergehend ist die Biegefähigkeit der Leitungen in der Etage.
Dort wird vom Leitungsmaterial entsprechende Flexibilität verlangt.
Das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt), hat für Deutschland in 2012 den Begriff Mischinstallation eingeführt. Die Beschreibung bezog sich im DIBt-Newsletter 02/2012 auf metallene Hauptleitungen und Anschlussleitungen aus Kunststoff. In der Anlage wurde dann der Begriff „Fallleitungen“ aufgeführt. Es wurde darüber informiert, dass ab 1. 1. 2013 für Mischinstallationen als Anwendbarkeitsnachweis für Rohrabschottungen allgemeine bauaufsichtliche Zulassungen (abZ) zu erbringen sind. Seit Juli 2017 ist aus der abZ eine aBG geworden – die allgemeine Bauartgenehmigung.
In der Sanitärbranche hat sich diese Vorgabe seither im Bereich der Entwässerung durchgesetzt. Auf Antrag eines Herstellers wurde erstmals 2018 vom DIBt eine aBG für die Mischinstallation im Versorgungsbereich ausgestellt. In der Fachwelt hat diese aBG für Unverständnis gesorgt, denn damit wurden zwei unterschiedliche Systeme miteinander in Verbindung gebracht: In Entwässerungssystemen herrschen andere physikalische Voraussetzungen als in Versorgungssystemen. Diese sind daher auch unterschiedlich zu bewerten. Entwässerungssysteme sind nach oben hin immer offene Rohrleitungssysteme, die nicht unter Druck (Wasserdruck) stehen. Alle Versorgungssysteme (Trinkwasser und Heizung) sind geschlossene Rohrleitungssysteme, die in der Regel immer mit Wasser gefüllt sind und unter Druck stehen.
Was passiert im Brandfall?
Abwasserleitungen
In Entwässerungssystemen – egal ob nicht brennbar (Metall) oder brennbar (Kunststoff) – entsteht im Brandfall immer ein Kamineffekt, da sich zusätzliche Öffnungen im Brandbereich bilden. Diese werden zum Beispiel durch die Zerstörung der WC- oder Waschtischkeramik und die damit einhergehende Öffnung der Anschlussleitungen oder durch abbrennende Anschlussleitungen aus Kunststoff erzeugt. Bei metallenen Fallleitungen erzeugt nun der Kamineffekt (bei weiterhin offenem Querschnitt) erhöhte Temperaturen in dem darüber liegenden Brandabschnitt. Diese können zu Sekundärbränden führen, wenn dem nicht mit geeigneten Maßnahmen gemäß einer aBG entgegengewirkt wird, um damit die Schutzziele erreichen zu können. Bei Fallleitungen aus Kunststoff wird der Kamineffekt durch die notwendige Rohrabschottung in der Decke (Verschluss der Öffnung) nach kürzester Zeit verhindert, sodass die Schutzziele erfüllt werden.
Trinkwasser- und Heizungssysteme
In Versorgungssystemen entsteht im Brandfall kein Kamineffekt und damit keine erhöhte Temperaturweiterleitung, da es sich dabei immer um geschlossene Systeme handelt. Bei der Mischinstallation kann zwar im Brandbereich die brennbare Anschlussleitung zerstört werden, sodass eine Öffnung des Rohrleitungssystems erfolgt, aber es kann dadurch kein Kamineffekt entstehen. Das Rohrsystem ist nach oben hin weiterhin geschlossen und aus der zerstörten Trinkwasserleitung wird Wasser unter Druck freigesetzt. Diese Tatsache wird in der Praxis dann eher zu einem Löscheffekt führen, keinesfalls jedoch zu einer Gefährdung der benachbarten Brandabschnitte.
Diesen Eigenschaften entsprechend werden Abwasserrohre (brennbare oder mit brennbaren Anschlüssen) als offenes Rohr am oberen Ende geprüft. Bei einem Einbau mit einer nach oben bis über das Dach verlaufenden Lüftungsleitung ist dies auch logisch. Daher wird es auch als offenes System beschrieben. Versorgungsleitungen entsprechen hingegen einem geschlossenen System und werden auch anders geprüft. Demnach sind für Entwässerungsleitungen und Versorgungsleitungen die Materialwechsel einer Mischinstallation jeweils unterschiedlich zu bewerten. Grundsätzlich sind folgende Fragen wichtig: Können heiße Rauchgase in das Rohr eindringen oder nicht? Können diese oberhalb der abzuschottenden Decke unzulässige Temperaturen erzeugen?
Da das DIBt für die Mischinstallation nur noch aBGs als Anwendbarkeitsnachweis zulässt – und um den formalen Anforderungen der Mischinstallation zu entsprechen – wurden und werden Prüfungen an metallenen Versorgungsleitungen mit brennbaren Anschlüssen unterhalb und oberhalb der Decke durchgeführt.
Darstellung verschiedener Varianten einer Mischinstallation
Wesentlich bei der Erstellung von Abschottungen von Versorgungsleitungen mit einer Ummantelung ist die Ausführung: Wird nur im Bereich der Deckendurchführung eine begrenzte Länge notwendig – die sogenannte Streckenisolierung, zum Beispiel 0,5 m Dämmung beidseitig – oder muss die gesamte Leitung ummantelt werden? Das mag auf den ersten Blick zwar unbedeutend erscheinen, ist es aber nicht. Wird in einer aBG zum Beispiel eine 1 m lange Streckenisolierung gefordert, ist der Installateur nur dafür verantwortlich – inklusive Drahtumwicklung und Verschluss der Restöffnung. Muss der ganze Strang gedämmt werden, weil dies in der aBG so hinterlegt ist, hat der Installateur die Verantwortung für die gesamte Dämmung inklusive Drahtumwicklung. Das betrifft dann auch die Anschlüsse. Bei einer begrenzten Streckenisolierung im Bereich der Decke sind die oberhalb der Dämmstoffschale angeordneten Anschlüsse einfach zu montieren, da sich der Anschluss ja außerhalb der Abschottungsmaßnahme befindet. Bei einer durchgehenden Dämmung sind alle Anschlüsse entsprechend der aBG auszuführen.
Mittlerweile liegen von verschiedenen Herstellern mehrere aBGs für Mischinstallationen für Versorgungsleitungen vor. In der Mehrzahl entsprechen die neueren aBGs den Vorgaben der bisher geltenden allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnisse (abP) dieser Hersteller. Damit wird untermauert, dass es bei der Mischinstallation (Versorgung) nicht zu zusätzlichen Gefahren kommen kann wie bei den Entwässerungssystemen, sondern dass es sich hauptsächlich um eine formale Anforderung für die Art der Zulassung handelt (abP versus aBG), die erfüllt werden muss.
Neue Geberit aBG
Titel: Feuerwiderstandsfähige Abschottung für Rohrleitungen aus Metall mit Anschluss von Kunststoffrohren „Geberit Mischinstallation Versorgung“ aBG Nr. Z-19.53-2427. Diese allgemeine Bauartgenehmigung gilt für die Errichtung der Abschottung von Geberit-Mischinstallation in der Versorgung als Bauart zum Erhalt der Feuerwiderstandsfähigkeit von Rohrdurchführungen in feuerwiderstandsfähigen Decken. Die Abschottung besteht vorwiegend aus einer Streckenisolierung aus Mineralwolle-Rohrschalen (von 0,5 bis 1,0 m pro Seite, abhängig von der Leitungsdimension) und einem Fugenverschluss.
Auf Basis dieser aBG können Rohrabschottungen R 30, R 60, R 90 und R 120 bis zum Leitungsdurchmesser d = 108 mm erstellt werden, egal ob der Anschluss der brennbaren Leitungen innerhalb oder außerhalb der notwendigen Streckenisolierung liegt. Im Wesentlichen entsprechen die Vorgaben der neuen aBG denen des abPs für „Mapress“ (abP Nr. P-BWU03-I 17.6.5.), sodass für bisher danach ausgeführte Bauvorhaben keine Risiken existieren.
Um die geforderten Brandschutzbestimmungen zu erfüllen, muss die Rohrabschottung also, wie gehabt, gemäß der aBG umgesetzt werden und beinhaltet die erforderliche Streckenisolierung sowie den Verschluss der Restöffnung in der Decke. Für die Isolierung der darüber hinaus reichenden Abschnitte der Steigleitung oder Anschlussleitungen ist die weiterführende Dämmung frei wählbar, da sie nicht für den Brandschutz relevant ist. Die bisher bestehende Praxis hat damit auch weiterhin Bestand. Zudem werden für den Verschluss der Restöffnung in der Decke keine maximalen Grenzen vorgegeben.
Die Abschottung darf an Durchführungen von geraden, senkrecht zur Bauteiloberfläche angeordneten Rohren aus „Mapress C-Stahl“, „Mapress Edelstahl“ und „Mapress Kupfer“ errichtet werden, die als Teil eines Trinkwasser- bzw. Heizungssystems mit dem Geberit-Systemrohr „Mepla“ sowie mit Anschlussleitungen der Geberit-Systemrohre „PB“ und „ML“ in der Anwendung „PushFit“ und „FlowFit“ versehen sind.
Fazit
Die neue aBG mit Nr. Z-19.53-2427 (Geberit Mischinstallation Versorgung) deckt die bisher geltenden abPs ab: Der Materialwechsel bei Trinkwasser- und Heizungsleitungen ist mit der aBG umsetzbar, da weiterhin nur einfache Regeln beachtet werden müssen. So können auf der Baustelle Fehler vermieden werden, da der gewohnte Montageablauf nicht unterbrochen wird.
Die neue aBG unterstreicht bzw. bestätigt zudem die breite Fachmeinung über die unterschiedlichen Bedingungen der Rohrabschottungen für Entwässerungs- und Versorgungssysteme. Als geschlossene Systeme kommt es bei Versorgungsleitungen nicht zu einem Kamineffekt wie bei offenen Abwassersystemen. Sie stellen daher kein zusätzliches Brandschutzrisiko dar.
Autor: Mario Eschrich, Produktmanager für Sanitärsysteme und Brandschutzfachmann der Geberit Vertriebs GmbH
Bilder: Geberit