Kaltwasser-Zirkulation – ein Bericht aus der Praxis
Nach einem Umbau im Königin-Mathilde-Gymnasium wird bei niedrigen Betriebskosten die Trinkwasserhygiene sichergestellt
Beobachtungen aus der Praxis zeigen, dass besonders hohe Umgebungslufttemperaturen die Einhaltung der normativ geforderten Kaltwassertemperaturen erschweren. Diese Erfahrung hat auch Frank Sperber in vielen Gebäuden gemacht, die durch ihn verwaltet werden. Aus diesem Grund hat er beim Umbau des Königin-Mathilde-Gymnasiums in Herford (NRW) präventiv eine Kaltwasser-Zirkulation vorgesehen.
Frank Sperber verwaltet bei der IAB (Immobilien und Abwasserbetrieb Herford) über 40 öffentliche Gebäude. Er ist dort seit dem Jahr 2009 für die hygienegerechte Planung, Ausführung und den Betrieb der Immobilien verantwortlich. In seiner Tätigkeit hat er die Erfahrung gemacht, dass in vielen Gebäuden zu hohe Kaltwassertemperaturen herrschen. Erschwerend kommt hinzu, dass bei Hauseintrittstemperaturen von über 20 °C in den Sommermonaten eine Temperaturhaltung des Kaltwassers auf ‹ 25 °C häufig nur durch temperaturgeführte Spülmaßnahmen möglich ist. Dies ist jedoch in Zeiten, in denen es immer heißer und trocke ner wird, aus ökologischen Gründen kaum noch vertretbar. Zudem machen Publikationen spätestens ab Mitte 2010 deutlich, dass erhebliche Kontaminationen mit Legionellen nicht nur im Trinkwasser Warm (PWH), sondern auch im kalten Trinkwasser (PWC) erwartet werden müssen. Logische Schlussfolgerung beim Umbau des Königin-Mathilde-Gymnasium in Herford war daher der Einbau von Technik zur Kühlung von Kaltwasser.
Unzulässig hohe Kaltwassertemperaturen
Alles beginnt mit dem Eintritt des Trinkwassers in die Gebäudeinstallation. Ab hier ist es den Umgebungseinflüssen ausgesetzt. Hohe Wärmelasten in Installationsbereichen durch warmgehende Leitungen der Sanitär- und Heizungstechnik und Bauteile der Elektro- und Lüftungstechnik sorgen für eine Erwärmung der Kaltwasserleitung. Verschärft wird dieses Problem in den Sommern, wenn schon hohe Außenlufttemperaturen in nicht klimatisierten Gebäuden für Umgebungslufttemperaturen › 25 °C sorgen und bei oberflächennaher Trinkwassergewinnung in den Sommermonaten höher temperiertes Wasser (> 20 °C) in die Trinkwasserinstallation eingespeist wird. Dadurch wird die maximal tolerierbare Stagnationszeit nochmals deutlich verringert. Kaltwassertemperaturen unter 25 °C sind dadurch nur noch schwer erreichbar.
Um eine Erwärmung des kalten Trinkwassers zu vermeiden, muss der Wärmeübergang auf die Kaltwasserleitung reduziert werden. Hierzu müssen zunächst alle passiven Maßnahmen zur thermischen Entkopplung genutzt werden, z. B. die Leitungsführung in getrennten Schächten, die Erzeugung einer Temperaturschichtung in den Installationsvorwänden usw. Oft stoßen diese Maßnahmen aber an ihre Grenzen, wie auch im König-Mathilde-Gymnasium in Herford. Da es sich bei dem Bauvorhaben um einen Umbau handelte, waren die Installationsbereiche bereits vorgegeben. Die Rohrleitungen wurden in den Zwischendecken verlegt, in denen passive Maßnahmen zur Temperaturhaltung wie eine thermische Trennung nicht umgesetzt werden konnten. Die dort entstehenden Umgebungsluft temperaturen liegen oft weit über 25 °C. Daher war zu befürchten, dass auch die Temperatur des kalten Trinkwassers längerfristig über 25 °C ansteigt.
In diesem Zusammenhang wird gerne der bestimmungsgemäße Betrieb genannt, der für einen Abtransport der aufgenommenen Wärmelasten sorgen soll. Dieser reicht jedoch häufig nicht aus, um die vom Kaltwasser aufgenommenen Wärmelasten abzuführen. Zudem ergeben sich durch den Schulbetrieb unterschiedlich lange Stagnationszeiten nach Schulschluss sowie an den Wochenenden und in den Ferienzeiten, in denen die Wärmelasten ebenfalls nicht abgeführt werden können.
Lösungsansatz: aktive Kühlung
Damit in der Trinkwasserinstallation der Schule die gewünschte Temperaturgrenze für das kalte Trinkwasser ( ≤ 20 °C) zu jedem Zeitpunkt bis zur Wandscheibe eingehalten werden kann, hat Frank Sperber sich für eine Kaltwasser-Zirkulation in Kombination mit Strömungsteilern (Bild 1) entschieden. Strömungsteiler-Installationen haben den Vorteil, dass kein zusätzliches Rohrsystem in den Nasszellen- und Verteilleitungsabschnitten für die Zirkulation erforderlich ist.
Über den Kaltwasserkühler „KHS CoolFlow“ aus dem Hygienesystem von Kemper wird dem erwärmten Kaltwasser die Wärme entzogen und abgeführt (Bild 2). Die vormontierte Kompakteinheit mit integrierter Zirkulationspumpe beinhaltet bereits alle benötigten Komponenten der Trinkwasserseite, ist diffusionsdicht gedämmt und vorkonfiguriert. Die Kühlmittelversorgung erfolgt über einen separaten Kaltwassererzeuger.
Die Trinkwasser-Installation des Gymnasiums ist in zwei Kreise unterteilt, die untereinander hydraulisch abgeglichen wurden. Messergebnisse zeigen, dass aufgrund der geringen Temperaturdifferenzen zwischen der Umgebungsluft und dem kalten Trinkwasser der Wärmeeintrag gering ist und dadurch auch die zur Temperaturhaltung erforderlichen Zirkulationsvolumenströme (PWC-C) dementsprechend gering ausfallen (Bild 3). Die Kühlleistung beträgt lediglich 1,2 kW. Aus diesem Grund weisen die für den hydraulischen Abgleich benötigten Regulierventile (Bild 4) auch sehr niedrige kV-Werte auf.
Außerhalb der Schulzeiten muss mit längeren Stagnationszeiten gerechnet werden, in denen das Wasser in Kontakt mit den Rohrleitungs- und Armaturenwerkstoffen steht. In dieser Zeit kann es zu einer Aufkonzentration von Nährstoffen durch Migration von Werkstoffbestandteilen in das Trinkwasser kommen. Die Kombination aus Werkstoffqualität (z. B. nicht DIN EN 16421 geprüfte Materialien), Stagnation und Wasserbeschaffenheit ist ursächlich für eine starke Biofilm-Entwicklung, in dessen Schutz sich auch Krankheitserreger vermehren können.
Nicht zuletzt unterbleibt in Stagnationsphasen der Abtransport der in den Wasserkörper gelangten Nährstoffe und Mikroorganismen. Der Aufkonzentration der Wasserinhaltsstoffe muss daher durch einen gezielten Wasseraustausch entgegengewirkt werden. Das verwendete Kaltwasser-Regulierventil von Kemper bietet für diese Aufgabenstellungen neben den Funktionen Regulieren und Absperren auch die Funktion Spülen an. Dadurch werden die einzelnen Zirkulationskreise einmal täglich gespült, während andere Zirkulationskreise abgesperrt sind.
Die Berechnung und anschließende Simulation der Trinkwasser-Installation wurden mit der Software „Dendrit Studio“ durchgeführt. Sie bietet auch für die Kaltwasser-Installation entsprechende Berechnungs- und Simulationsmodule, auf deren Basis im Verlauf der Planung der rechnerische Nachweis der Temperaturhaltung bis an die Entnahmestelle geführt werden kann. Durch die Berücksichtigung der örtlichen Umgebungslufttemperaturen bei der Berechnung des Wärmeeintrags wurde die Planungssicherheit nochmals deutlich erhöht.
Fazit
Zur Reduzierung des Wärmeübergangs auf das kalte Trinkwasser müssen zunächst alle passiven Maßnahmen zur thermischen Entkopplung genutzt werden. Im Königin-Mathilde-Gymnasium in Herford ist der Betreiber jedoch mit den Maßnahmen aufgrund der örtlichen Gegebenheiten an seine Grenzen gestoßen. Er ist davon ausgegangen, dass sich in den Sommermonaten Wassereintrittstemperaturen in das Gebäude › 20 °C und Raumlufttemperaturen › 25 °C einstellen und dadurch die Temperatur des kalten Trinkwassers längerfristig über 25 °C ansteigt. Damit die normative vorgegebene Temperaturgrenze für das kalte Trinkwasser zu jedem Zeitpunkt eingehalten werden kann, hat er die Kühlung und Zirkulation des kalten Trinkwassers in Kombination mit einer Strömungsteiler-Installationen gewählt. Mit der definierten Durchströmung aller Leitungsteile im Kemper Hygiene System (KHS) kann zu jeder Zeit – auch in den Sommermonaten – eine Temperatur des kalten Trinkwassers von J ‹ 20 °C an jedem Armaturenanschluss sichergestellt werden, ohne dass Wasserverluste durch Spülmaßnahmen zur Temperaturhaltung entstehen. Dadurch konnten, neben der aktiven Absenkung des Temperaturniveaus im PWC, in einem Jahr mehr als 1500 m3 Trinkwasser eingespart werden, welche sonst bei Spülmaßnahmen zur Temperaturhaltung angefallen wären. Und genau hier werden neben den hygienischen Vorteilen die wirtschaftlichen Vorteile einer Kaltwasser-Zirkulation deutlich.
Autoren: Timo Kirchhoff M. Eng., Leiter Produktmanagement bei Gebr. Kemper GmbH + Co. KG; Thomas Spöler M. Eng., stv. Leiter Produktmanagement bei Gebr. Kemper GmbH + Co. KG