Hoher Kosten-Nutzen-Faktor
Die Betonkernaktivierung kommt vor allem bei gewerblich genutzten Gebäuden zum Einsatz. Unser Interview mit dem Geschäftsführer der auf Planung und Ausführung spezialisierten Keiltec GmbH zeigt auf, worauf es dabei zu achten gilt
Die in Garching bei München ansässige Keiltec GmbH ist spezialisiert auf Flächentemperierungen aller Arten. Dazu gehört insbesondere die Betonkernaktivierung. Mehr als 400 Projekte unterschiedlicher Art und Größe wurden von den mehr als ein Dutzend Montageteams des bundesweit tätigen Unternehmens bereits realisiert. Wir sprachen mit dem Geschäftsführer Christopher Keil über planerische Herausforderungen und Stolpersteine im Projektgeschäft mit der Betonkernaktivierung.
IKZ-FACHPLANER: Sie haben sich auf die Planung und den Bau von Anlagen zur Betonkernaktivierung spezialisiert. Wie groß ist Ihr Team und wie viele Projekte haben Sie bislang realisieren können?
Christopher Keil: Unser Unternehmen besteht seit 2009. Seit 2014 sind wir spezialisiert auf Flächentemperierung. Seither ist unser Team stetig gewachsen und besteht derzeit aus ca. 10 technischen und kaufmännischen Mitarbeitern, die bundesweit etwa 15 Montagepartner koordinieren. Wir realisieren so rund 80 Projekte im Jahr und haben seit unserer Spezialisierung bereits über 400 Projekte realisiert.
IKZ-FACHPLANER: In welcher Tiefe begleiten Sie die Projekte – technisch wie auch organisatorisch?
Christopher Keil: Am liebsten von A - Z, also so tief wie möglich. So kommen unsere Spezialisierung, Erfahrung und unser Know-how am besten zur Geltung. Wir legen viel Wert auf eine lückenlose Arbeitsvorbereitung und wollen planerisch alles im Vorfeld mit unseren Partnern klären, sodass wir uns später auf der Baustelle auf die Ausführung konzentrieren können. Im gleichen Sinne organisiert sich auch unsere Projektleitung, indem diese frühzeitig und zielgerichtet Lösungen sucht – ob bei technischen, organisatorischen oder logistischen Aufgabenstellungen.
IKZ-FACHPLANER: Wo liegen aus Sicht eines TGA-Planers die besonderen Herausforderungen bei einer Betonkernaktivierung, welche Stolpersteine gilt es zu beachten?
Christopher Keil: Hier gilt es, vor allem die Schnittstellenkoordination zu Hochbau sowie Gebäudetechnik und deren Feinheiten zu beachten. Konkret geht es hier hauptsächlich um Betonier-Abschnitte, Höhenlage der Betonkernaktivierung und Tabuzonen, welche in Einklang mit der Planung & Ausführung der Betonkernaktivierung gebracht werden müssen. So muss zum Beispiel die exakte Höhenlage der Betonkernaktivierung mit anderen Einbauteilen auf der Decke, der gesamten Bewehrung und der max. zulässigen Einbohrtiefe für die Ausbaugewerke geplant, organisiert und kommuniziert werden.
Gemäß DIN 1264-4 müssen Bohrungen und Öffnungen sogar vor dem Einbau der Flächentemperierung erfolgen, um ein späteres Anbohren zu vermeiden – nur ist das in der Praxis nicht immer möglich. Um eine möglichst reibungslose, schnelle und kupplungslose und somit wirtschaftliche Ausführung einer Flächentemperierung/Betonkernaktivierung zu erreichen, sollten Arbeitsfugen, Betonierabschnitte etc. bei der Ausführungsplanung berücksichtigt werden und die entsprechenden Heizkreise und Verteilerstandorte darauf abgestimmt sein. Hier trifft die TGA also direkt auf Rohbau, Statik und Architektur.
Weitere wichtige Punkte sind die Verteilerstandorte und die passende Art der Ausfädelung der Leitungen zu den Verteilern. Wenn das alles Hand in Hand zwischen den beteiligten Planern und ausführenden Gewerken klar kommuniziert wird, ist das die beste Basis für eine reibungslose und einwandfreie Ausführung.
IKZ-FACHPLANER: Schauen wir auf die Technik: Betonkernaktivierung in Kombination mit einer raumlufttechnischen Anlage – und das als alleiniges Heiz- bzw. Kühlsystem, funktioniert das in der Praxis?
Christopher Keil: Ja, durchaus. Die Betonkernaktivierung kann als alleiniges System für das Heizen & Kühlen ausgelegt werden. Sie kann aber auch prima mit anderen Heizsystemen, vor allem zur Abdeckung von Spitzen im Heizbedarf, kombiniert werden. Im Fall der Kühlung reicht die Betonkernaktivierung für Büroräume meist aus, kann aber bei Bedarf mit zum Beispiel Kühlsegeln ergänzt werden. Ein großer Vorteil der Betonkernaktivierung ist der sehr hohe Kosten-Nutzen-Faktor gegenüber anderen Systemen wie Kühldecken, etc. Die Betonkernaktivierung wird in eine sowieso benötigte Betondecke eingelegt, Kühldecken müssen z. B. extra abgehängt werden und benötigen zusätzlichen Platz. Im Zusammenspiel mit einer RLT-Anlage sorgt die Betonkernaktivierung für ein sehr angenehmes Raumklima. Dazu kommt: Sollten für die Lüftungsanlage Verteil-Rohre oder -Kanäle in die Betondecke eingelegt werden müssen, übernehmen wir diese Betoneinlegearbeiten als Leistungsumfang gleich mit.
IKZ-FACHPLANER: Also wird mittlerweile immer mehr Technik in die Betondecken eingelegt?
Christopher Keil: Ja, meines Erachtens geht hier der Trend hin. Es ist sinnvoll, die immer umfangreichere (Gebäude-)Technik bauablauf- und zeittechnisch zu entzerren, so werden letztendlich Schnittstellen, zeitliche und personelle Kapazitäten und somit nicht unerhebliche Kosten in der Bauphase gespart. Über das gesamte Projekt betrachtet gewinnt man so Zeit & Geld, was seit eh und je natürlich zwei sehr gute Argumente für Auftraggeber und Bauherren sind. Des Weiteren verschaffen wir hier Planern und unseren Auftraggebern noch einen weiteren großen Pluspunkt: Die ganzheitliche TGA-Planung, Ausschreibung und Vergabe kann in zwei Schritten erfolgen. Erstens: TGA im Rohbau (kleiner Teil). Und zweitens: TGA im Ausbau (großer Teil). Oftmals ist die finale Planung im Detail in einer so frühen Phase des Bauprojekts (Rohbau) noch gar nicht final möglich und führt dann nur zu Problemen und Umplanungen, sodass es den Projektbeteiligten einen großen Vorteil bietet, dies zu einem späteren Zeitpunkt exakter und vor allem nur einmal zu machen. Wir als Spezialisten für technische Betoneinlegearbeiten sind hier die Lösung.
IKZ-FACHPLANER: Wer ist der optimale Partner einer Betonkernaktivierung?
Christopher Keil: Da die Systemüber- bzw. -untertemperaturen sowohl bei der Beheizung als auch bei der Kühlung gering sind, eignen sich vor allem regenerative Energien als optimale Partner für die Betonkernaktivierung.
IKZ-FACHPLANER: Aufgrund des oftmals engen Zeitplans werden mitunter Fertigbauteile oder vorgefertigte Deckenelemente eingesetzt. Wie sind Ihre Erfahrungen damit?
Christopher Keil: Wir sind grundsätzlich offen gegenüber Fertigbauteilen und Vorfertigung. Aufgrund unseres hohen Spezialisierungsgrads sehen wir aber mit unserer gerade beschriebenen Arbeitsweise vor allem in Sachen Flexibilität und Zeit viele Vorteile – auch bei einer konventionellen Bauweise.
Es gibt unabhängig davon regelmäßig Situationen, wo auch wir auf industrielle Vorfertigung zurückgreifen, zum Beispiel im Bereich der Verteilerlösungen und bei einer oberflächennahen Betonkernaktivierung, welche direkt auf der Schalung liegt und somit teilweise brandschutztechnische Anforderungen hat. Ob der Einsatz vorgefertigter Elemente sinnvoll ist, muss individuell für jedes Projekt entschieden werden.
IKZ-FACHPLANER: Wie ist die Akzeptanz der Nutzer? Anlagen mit Betonkernaktivierung fahren ja bekanntlich nicht auf Strich, sondern die Raumtemperatur bewegt sich in gewissen Bereichen ... das führt mitunter zur Unzufriedenheit.
Christopher Keil: Die Betonkerntemperierung wird aufgrund der moderaten Heiz- und Kühltemperaturen von den Nutzern sehr gut angenommen und die erzielten Raumtemperaturen im Sommer als auch im Winter als sehr behaglich empfunden. Zugerscheinungen wie bei der Klimatisierung über Luft entfallen über die Klimatisierung mit einer Betonkerntemperierung komplett. Über bspw. eine himmelsrichtungsabhängige und nach Nutzung abgestimmte bedarfsgerechte Regelung wird ermöglicht, dass trotz äußerer klimatischer Einwirkungen sowie interne Lasten die erwartete Raumtemperatur über die Heiz- und Kühlperiode gesehen sehr gut eingehalten werden kann.
Mit der oberflächennahen Betonkerntemperierung, in der das Rohr sehr nah an der Deckenoberfläche liegt, kann noch mehr Heiz- sowie Kühlleistung erzielt werden. Zudem ist eine Einzelraumregelung und damit ein unmittelbarer Einfluss durch den Nutzer damit möglich. So kann die Raumtemperatur noch besser auf die individuellen Nutzerbedürfnisse abgestimmt werden. In Bauvorhaben mit diesen Systemen erhalten wir durchweg positives Feedback.
IKZ-FACHPLANER: Gibt es weitere Regelstrategien, mit denen sich die Raumtemperaturen optimieren lassen?
Christopher Keil: Aufgrund der allgemeinen Trägheit des Systems könnte eine raumtemperaturabhängige Regelung inklusive Wetterprognose und Sensorik für Licht- bzw. Sonneneinstrahlung und Windstärke ein interessanter Lösungsansatz sein.
IKZ-FACHPLANER: Abschließende Frage: Welches Prestigeprojekt bearbeiten Sie derzeit und wo liegt die besondere Herausforderung?
Christopher Keil: Unser größtes Projekt liegt momentan direkt vor der Haustür: das Bürogebäude im LabCampus am Münchener Flughafen. Bei diesem Projekt führen wir neben der Betonkernaktivierung auch noch die im Beton liegenden Anbindeleitungen zu den Kühlsegeln sowie Lüftungsverteilleitungen aus. Der Deckenaustritt von den Anbindeleitungen für die Kühlsegel und der Luftverteilleitungen wurde über einen speziell durch uns gefertigten Deckenauslasskas ten gelöst. Hier ist also jede Menge Technik platzsparend in die Betondecke integriert, muss gleichzeitig aber auch „just-in-time“ koordiniert und im Zusammenspiel mit den anderen Gewerken für eine termintreue Betonage ausgeführt werden.
Bilder: Keiltec GmbH